Flücht­lin­ge ler­nen in Bent­heim von Ehren­amt­lern

Von Susan­na Aus­trup

Spra­che ist der Schlüs­sel zur Inte­gra­ti­on. Seit acht Wochen unter­rich­ten ehren­amt­li­che Sprach­be­treu­er in Bad Bent­heim Flücht­lin­ge in Deutsch. Ein müh­sa­mer Job, der viel Geduld erfor­dert. 

Bad Bent­heim. „Wie geht es dir?“, fragt Gui­do Oppel. „Mir geht es gut“, ant­wor­tet Men­tor Gashi. Der jun­ge Mann ist einer von acht Schü­le­rin­nen und Schü­lern in der Grup­pe der Elf- bis Sech­zehn­jäh­ri­gen von Gui­do Oppel und Gesi­ne Ven­ne­ka­te. Die bei­den ertei­len den Kin­dern und Jugend­li­chen aus Bent­hei­mer Flücht­lings­fa­mi­li­en ein­mal pro Woche Sprach­un­ter­richt in der ört­li­chen Grund­schu­le. Ins­ge­samt sind 22 ehren­amt­li­che, durch den Arbeits­kreis Zuwan­de­rung orga­ni­sier­te Sprach­be­treu­er im Ein­satz und betreu­en Flücht­lin­ge in ver­schie­de­nen Alters­grup­pen.

Es gehe in ganz klei­nen Schrit­ten vor­an, erklärt Gui­do Oppel, denn die Vor­aus­set­zun­gen der Kin­der sei­en sehr unter­schied­lich. Der pen­sio­nier­te Leh­rer aus Bad Bent­heim beginnt den Unter­richt mit klei­nen Inter­views, in denen es ums gegen­sei­ti­ge Vor­stel­len geht. Ein lang­haa­ri­ges Mäd­chen mit rot­blon­den Strähn­chen steht auf. „Ich hei­ße Mer­si­da Tai­ri und kom­me aus Ser­bi­en“, sagt sie und geht auf ein ande­res Mäd­chen zu. Die bei­den machen sich, wie gera­de gelernt, mit­ein­an­der bekannt.

Ver­spre­cher wer­den von den Jugend­li­chen mit einem Lachen quit­tiert. Gedul­dig kor­ri­giert Gui­do Oppel alle Aus­rut­scher. Bei der nächs­ten Übung stol­pern sei­ne Schü­ler immer wie­der über die Kon­ju­ga­ti­on des Verbs, beson­ders bei den unre­gel­mä­ßi­gen Ver­ben, die den Stamm­vo­kal ändern. „Ich spre­che“, setzt Shaha an und nennt als nächs­tes: „du sprechst“. Oppel erklärt ihr, wie es hei­ßen muss. Shaha wie­der­holt „du sprichst“ und jetzt klappt es auch mit den übri­gen Ver­ben.

Bür­ger­stif­tung kauft Lehr­bü­cher

Wenn die Übun­gen zu schwer fal­len, begibt sich Gesi­ne Ven­ne­ka­te zu dem betrof­fe­nen Kind und hilft wei­ter. Oppel bin­det spie­le­ri­sche Ele­men­te und Bewe­gung beim Ler­nen ein. Grund­la­ge für sei­ne Arbeit sind Lehr­bü­cher, die dank einer groß­zü­gi­gen Pri­vat­spen­de von der Bad Bent­hei­mer Bür­ger­stif­tung ange­schafft und zur Ver­fü­gung gestellt wer­den konn­ten. „Wir haben fast 900 Euro für Bücher für den Deutsch­sprach­er­werb aus­ge­ge­ben. Jedes Buch wur­de gekenn­zeich­net, um es nach Mög­lich­keit mehr­fach zu ver­wen­den“, erklär­te die Vor­sit­zen­de der Bür­ger­stif­tung, Dr. Ange­li­ka Rieck­e­heer.

Das „ABC“ klappt bei allen schon ganz gut. Doch zwi­schen­durch ist die Luft raus, die Mäd­chen fan­gen an her­um­zu­al­bern und ihr Leh­rer ord­net eine kur­ze Pau­se an. War­um enga­giert er sich für die Kin­der? Oppel braucht nicht lan­ge zu über­le­gen. „Das Ehren­amt ist eine gute Sache“, sagt er, und dass er ger­ne sei­ne Erfah­rung ein­setzt, auch um etwas zurück­zu­ge­ben. Aber das ist nicht alles. Oppel möch­te außer­dem, indem er sich für Flücht­lin­ge enga­giert, ein deut­li­ches Zei­chen gegen Aus­län­der­feind­lich­keit set­zen. Gesi­ne Ven­ne­ka­te fin­det es gut, die Flücht­lin­ge über ihr Ehren­amt ken­nen­zu­ler­nen. „Wenn wir uns in der Stadt tref­fen, dann grü­ßen wir uns und reden mit­ein­an­der“, sagt sie.

Zum Abschluss der Deutsch­stun­de sol­len die Kin­der sich mit dem Fin­ger gegen­sei­tig Buch­sta­ben auf den Rücken schrei­ben und den rich­ti­gen her­aus­fin­den. Das macht ihnen sicht­bar Spaß. Und weil die Oster­fe­ri­en vor der Tür ste­hen, weiht Gui­do Oppel sei­ne Schütz­lin­ge in einen deut­schen Oster­brauch ein und ver­teilt Scho­ko­la­den­os­ter­ei­er.

© Graf­schaf­ter Nach­rich­ten 2015. Alle Rech­te vor­be­hal­ten 
Ver­viel­fäl­ti­gung nur mit Geneh­mi­gung der Graf­schaf­ter Nach­rich­ten GmbH & Co. KG.