Bent­hei­mer Sand­stein liegt 350 Jah­re auf dem Mee­res­bo­den

Von Hel­mut Schön­rock

Bad Bent­heim Die „Bata­via“, das Flagg­schiff der Nie­der­län­di­schen Ost­in­di­en-Kom­pa­nie (VOC), sinkt auf der Jung­fern­fahrt nach Bata­via (heu­te Jakar­ta), der Haupt­stadt der nie­der­län­di­schen Ost­in­di­en-Kolo­nien. Am Mor­gen des 4. Juni 1629 läuft sie auf das Mor­ning Reef nahe Bea­con Island, einem Teil der Hout­man Abrol­hos vor der west­aus­tra­li­schen Küs­te.

Im April 1840, bei einer Ver­mes­sung der Nord­west­küs­te der Abrol­hos-Inseln für die bri­ti­sche Admi­ra­li­tät, berich­tet Kapi­tän John Lort Sto­kes, dass an der Süd­west­spit­ze einer Insel die Bal­ken eines gro­ßen Schif­fes ent­deckt wur­den. Es wird ange­nom­men, dass es sich um die 1727 gestran­de­te „Zeewi­jk“ han­delt. Für Kapi­tän Sto­kes gibt es jedoch kaum Zwei­fel, dass es die Res­te der 1629 gesun­ke­nen „Bata­via“ sind, da die Über­le­ben­den der „Zeewi­jk“ berich­te­ten, „an die­ser Stel­le ein Schiffs­wrack gese­hen zu haben“.

Nach umfang­rei­chen Recher­chen in den 1950er-Jah­ren ver­mu­tet die His­to­ri­ke­rin Hen­ri­et­ta Dra­ke-Brock­man jedoch, dass die „Bata­via“ in der Wal­la­bi-Insel­grup­pe lie­gen muss. Erst 1963 wird die Unglücks­stel­le von Fischer David John­son und Tau­cher Max Cra­mer auf der Wal­la­bi-Grup­pe der Hout­man Abrol­hos, 35 Kilo­me­ter vor der Küs­te West-Aus­tra­li­ens, ent­deckt.

Nach einer sys­te­ma­ti­schen archäo­lo­gi­schen Unter­su­chung beginnt die Ber­gung von Tei­len des Schif­fes und sei­ner Ladung. Das West­aus­tra­li­sche Mari­ti­me Muse­um Fre­mant­le ist auf­grund eines 1972 geschlos­se­nen Abkom­mens mit den Nie­der­lan­den über die Rech­te an den vor West­aus­tra­li­en gestran­de­ten VOC-Schif­fe berech­tigt, die Über­res­te der „Bata­via“ zu sichern und soweit ange­bracht zu ber­gen.

Bei den ers­ten Erkun­dun­gen wer­den neben Kano­nen, Gold- und Sil­ber­stü­cken und dem noch gut erhal­te­nen Heck auch zahl­rei­che bear­bei­te­te Stein­blö­cke aus­ge­macht. In den Jah­ren 1970 bis 1974 wer­den unter der Lei­tung von Jere­my Green vom Wes­tern Aus­tra­li­an Muse­um eini­ge Kano­nen, ein Anker und vie­le Arte­fak­te gebor­gen, dar­un­ter Holz von der Back­bord­sei­te des Hecks. 1972 beginnt die eigent­li­che Ber­gung des Schif­fes. Es ist eines der größ­ten und ehr­gei­zigs­ten mari­ti­men archäo­lo­gi­schen Pro­jek­te des Wes­tern Aus­tra­li­an Muse­ums.

In vier Jah­ren – 447 Tagen vor Ort und 1617 Tauch­stun­den – wer­den die Wrack­tei­le und Gegen­stän­de gebor­gen, foto­gra­fiert, archi­viert und ans Fest­land gebracht. Auch das Heck wird voll­stän­dig gebor­gen. Wei­ter­hin wer­den von 1972 bis 1976 Zie­gel­stei­ne und 137 bear­bei­te­te Stein­blö­cke mit einem Gesamt­ge­wicht von rund 37 Ton­nen geho­ben. Es stellt sich her­aus, dass die Blö­cke aus Sand­stein sind. Ihre Her­kunft ist noch unbe­kannt.

Nach fast 350 Jah­ren wird nun ver­sucht, den Bau­satz des Por­tals zusam­men zu setz­ten. Eini­ge Blö­cke sind mar­kiert, die Blö­cke für den Gie­bel, die Spit­ze der Fas­sa­de, sind jedoch unmar­kiert. Erst mit einem Modell im Maß­stab von 1:10 fin­det man her­aus, dass man die Blö­cke zu einem sie­ben Meter hohen Por­tal zusam­men­stel­len kann. Auf zwei Halb­säu­len ruht der Archi­trav, der einen fla­chen Drei­ecks­gie­bel trägt. Ins­ge­samt bestehen die Säu­len, ein­schließ­lich Fuß und Kapi­tell, aus neun Lagen. Aus einer Viel­zahl von keil­för­mi­gen Sand­stei­nen wird zwi­schen den Säu­len ein Rund­bo­gen gebil­det. Der Schluss­stein des Rund­bo­gens ist mit dem Reli­ef eines Löwen­kop­fes ver­se­hen.

Heu­te steht das Por­tal im Wes­tern Aus­tra­li­en Muse­um in Gerald­ton. Das Wrack der „Bata­via“ ist in der Ship-Wrack-Gale­rie Fre­mant­le aus­ge­stellt, zusam­men mit einer ori­gi­nal­ge­treu­en Replik des Por­tals.

Da die Fas­sa­de sehr groß ist, ver­mu­te­te man eine Ver­wen­dung des Por­tals für ein bedeu­ten­des Gebäu­de. Tage­buch­auf­zeich­nun­gen des Nie­der­län­ders Pie­ter van den Broe­cke, der sich 1629 in Bata­via auf­hielt, las­sen ver­mu­ten, dass das Por­tal für das Was­ser­tor der Fes­tung in Bata­via vor­ge­se­hen war. Geo­lo­gi­sche Unter­su­chun­gen zei­gen, dass es sich bei den Blö­cken um Bent­hei­mer Sand­stein han­delt.

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