Was Grafschafter vor 200 Jahren über ihre Geschichte lernen sollten, das zeigt ein altes Schulbuch. Der Wilsumer Pastor Wessel Friedrich Visch lässt darin einen Vater seine Kinder unterrichten. Jetzt soll das Buch in einer Neuauflage erscheinen.
Bad Bentheim. Die 2013 gegründete Bürgerstiftung Bad Bentheim hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Entwicklung von Kunst und Kultur, Bildung und Erziehung, Jugend und Altenpflege, aber auch die des traditionellen Brauchtums und der Heimatpflege in der Stadt Bad Bentheim nachhaltig zu fördern. Dafür hat sich die Stiftung nun ein neues, ungewöhnliches Projekt vorgenommen: Sie will ein altes Schulbuch zur Grafschafter Geschichte wieder allgemein zugänglich machen.
Der bekannte Heimatforscher Wessel Friedrich Visch hat dieses „Schulbuch über die Geschichte der Grafschaft Bentheim“ 1821 veröffentlicht. Bekannt ist Visch für sein Buch „Geschiedenis van het Graafschap Bentheim“, das in einer hochdeutschen Neuauflage bis heute erhältlich und weit verbreitet ist. Dass Visch seinerzeit auch ein Schulbuch verfasst hat, ist hingegen weniger bekannt. Zugänglich ist es heute kaum noch.
Das will die Bürgerstiftung ändern. Ihr liegt ein Original vor, das von der Bad Bentheimer Druckerei Hellendoorn neu aufgelegt werden soll. Auf ihrer Internetseite hat die Stiftung bereits eine Abschrift des Buches bereitgestellt. Darüber hinaus finden sich dort die Grafschaft betreffende Auszüge aus Dr. Anton Friderich Büschings „Neuer Erbbeschreibung“ von 1770.
Ziel der Stiftung ist es, ihre Internetseite interessanter zu gestalten, Lesestoff zu schaffen und regionale Geschichte für jedermann zugänglich zu machen. Die Liste der Bücher, die dort verfügbar sind, soll daher kontinuierlich wachsen, kündigt Dr. Angelika Rieckeheer für die Stiftung in einem GN-Gespräch an.
Das Schulbuch von Wessel Friedrich Visch soll zudem als klassisches Buch neu aufgelegt werden. Geplant ist eine aufwändige Produktion, die jeweils auf einer Doppelseite das Original sowie eine moderne Abschrift bietet. Um ermitteln zu können, ob an einer solchen Veröffentlichung Interesse besteht, bittet die Stiftung um Rückmeldungen an die E‑Mail-Adresse info@buergerstiftung-badbentheim.de.
Das Schulbuch ist ganz anders aufgebaut als das bekannte Geschichtsbuch von Visch. Der Wilsumer Pastor beschäftigt sich zwar auch hierin mit der Historie der Grafschaft. Er fasst sie jedoch nicht sachlich zusammen, sondern erzählt die Geschichte dieses Landstrichs in einem fiktiven Gespräch zwischen einem Vater und dessen drei Kindern. Darin geht es um die Tubanten als Vorfahren und Namensgeber der Bentheimer, natürlich um die Grafen und um Kriege. Aber es geht auch um die Frage, wie es um den Alltag hierzulande in früheren Generationen – also in der Zeit vor Erscheinen des Schulbuches 1821 – bestellt war. Welche Kleidung haben die Menschen getragen, welche Bildung haben sie genossen, wovon haben sie sich ernährt?
Vergnügliche Lektüre
Aus heutiger Sicht bietet dieses alte Schulbuch keine neuen Erkenntnisse. Manches, was Visch seinerzeit den fiktiven Erzähler sagen lässt, ist sogar längst widerlegt. Gleichwohl ist dieses Buch ein einzigartiges Zeugnis seiner Zeit, des frühes 19. Jahrhunderts in der Grafschaft – und es ist deshalb ein ganz besonderes Vergnügen, diesem gebildeten Vater und seinen allzu untertänigen Kindern bei ihren abendlichen Gesprächen über ihre Heimat, die Grafschaft Bentheim, zu lauschen.
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