Die Resonanz nach dem ersten Aufruf war erfreulich: 30 Geschichten von Senioren aus Bad Bentheim liegen schon vor. Aber der Seniorenbeirat sucht weitere Geschichten zu spannenden Themen. Im November erscheint das Buch.
Bad Bentheim.30 Geschichten hat Ernst-Dieter Oehler in seinem Computer bereits gespeichert, ein gutes halbes Dutzend weitere sind ihm für das Buch „Senioren erinnern sich“ versprochen worden. Er selber geht mit gutem Beispiel voran und hat zwei Artikel verfasst: Über seine Erfahrungen als Fünfjähriger auf der Freilichtbühne in einem der ersten Stücke nach dem Zweiten Weltkrieg im „Wilhelm Tell“, wo er nicht alles ganz richtig machte, weil er die Nähe zu seiner zehnjährigen Schwester suchte. Außerdem hat er nie den „Schroerschen Laden“ an der Unterstraße vergessen, wo es von Butter bis zur Klobürste alles gab, in offenen Säcken zum Beispiel auch Linsen, Bohnen oder Kartoffeln. Diese Geschichte hat er Tochter und Sohn der Familie Schroer zum Gegenlesen gegeben. „Ich wollte nicht, dass mir jemand hinterher sagt, da ist nach 65 Jahren aber ganz schön die Fantasie mit dir durchgegangen“, sagt der Schriftführer des Bad Bentheimer Seniorenbeirates. Natürlich war er erleichtert, als die Antwort lautet: Genau so war es damals in unserem Krämerladen mit den Naturholzregalen und dem Holzfußboden.
Ganz viele schöne Geschichten sind jetzt schon zusammengekommen, viele amüsante und manch sehr aufschlussreiche. Aber Ernst-Dieter Oehler setzt darauf, dass bis Ende August noch das eine oder andere Thema dazu kommt. Manchmal braucht es auch ein bisschen Überzeugungskraft und längere Telefonate, bis sich mögliche Autoren bereitfinden, etwas aufzuschreiben. Oehler ist aber auch gern bereit, aus Erzählungen oder Stichpunkten die Geschichten zu formulieren, wenn das den Betroffenen zu mühselig ist. Sie erhalten die Artikel dann zum Gegenlesen.
Einige Themen fehlen noch
„Merkwürdigerweise liegt über Schützenfeste in Bad Bentheim noch gar nichts vor“, wundert sich der 70-Jährige, obwohl das doch in der Stadt seit jeher ein großes Thema sei und es bestimmt denkwürdige Feste gegeben haben dürfte. Die Feuerwehr ist bisher ebenfalls nicht vertreten. Auch über die „Gaststätte Bürgergarten“ der Familie Averes dürfte es seiner Ansicht nach viel zu erzählen geben, denn dort gab es unzählige Vereinsfeste, Tanzkurse und Erste-Mai-Feiern, „die bisweilen schon um 6 Uhr starteten“. Auch die erste Spielbank in Bad Bentheim hatte in Gildehaus ihren Sitz in angemieteten Räumen in der „Gaststätte Averes“ – wie sie im Volksmund hieß. Auch diverse Behörden müssten doch ihre Spuren hinterlassen haben, meint Oehler. Das Katasteramt zum Beispiel oder die Kreisverwaltung, die erst nach Kriegsende nach Nordhorn abgezogen wurde. Viele Erfahrungen gebe es auch mit den so genannten „Hamsterern“, die nach dem Krieg Industrie- gegen Agrarprodukte umtauschten. Und schließlich habe in Bad Bentheim jeder gewusst, dass in „Schlüters Kuhle“ eine besondere Form der Müllabfuhr praktiziert worden sei. Insofern habe sich mit den dort eingeleiteten Maßnahmen die Geschichte zum Besseren gewendet.
Ganz begeistert ist der Seniorenrat über das bisher vorliegende Material, das zu dem geplanten 150-Seiten-Buch nach dem Vorbild der Gemeinde Ganderkesee (die GN berichteten) entstehen soll. Mit gemacht haben unter anderem Alt-Bürgermeister Horst Winkler, die 88-jährige Lehrerin Friedel Ostermann und Hannelore Selker, Bernhard Heddendorp, Bernhard Schulte-Westenberg, die Gebrüder Kroll, Heinrich und Hermann Bardenhorst, Herta Krupke und Fia Becker sowie ein an Historie überaus interessierter Bad Bentheimer, der in seinen Erzählungen in die Rolle von Wilhelm Soddemann schlüpft, dem legendären Kalfaktor des Schlosshotel Bellevue und späteren Eisenbahner und Betreiber der Gaststätte „Bahnhof Süd“. Wilhelm Hoon ist ebenso vertreten wie Mühlenexperte Weinand Holtkamp, der kürzlich verstorbene ehemalige Achterberger Ortsvorsteher Heinrich Kalverkamp hat das plattdeutsche Gedicht „Der Waschdag“ verfasst.
Unvergessliche Geschichten sind zusammengekommen
So sind unvergessliche Geschichten zusammengekommen über Themen wie: die Gildehauser Kirmes, den Wandel vom Smuddenhoek zum Nordhang, ein Sparfest in der Gaststätte Bremer, ein Kalb auf dem Weg zur Deckstation, die Schulzeit, den Ziegenbockverein, das alte Freibad, eine Kindheit an der Wilhelmstraße, zweifelhafte Wintervergnügen eines Mädchens aus dem Ruhrgebiet, die Vosskuhle als Badeanstalt und Eislaufparadies, eine ehemalige Konservenfabrik, „Der Torfbauer kommt“, die letzten Jahre im Gildehauser Rathaus, der frühere Schlossgarten als Schulweg, das Rodeln in der Brennereistraße, Fahrten zum Gymnasium nach Nordhorn als es in Bad Bentheim eine solche Schulform noch nicht gab – und unvergessliche Besuche in der für Kinder unheimlichen Lukasmühle. In der Nachkriegszeit diente ein mit Wasser vollgelaufener Panzergraben in Gildehaus eine Zeit lang Badefreuden, dort gab es auch trotz Verbots der englischen Besatzungsmacht wieder das erste Osterfeuer und die ersten Fußballspiele nach dem Zweiten Weltkrieg zwischen „wilden Mannschaften und englischen Besatzungssoldaten“. Es soll dabei äußerst fair abgelaufen sein. Zudem war es die hohe Zeit der Fußballstraßenmannschaften, die den Vergleich suchten.
Wer solche Geschichten kennt, der kann sich bei Ernst-Dieter Oehler unter 05924–1257 oder edoehler@gmx.de melden. Dann kann im Einzelfall immer noch besprochen werden, wie man solche Artikel gestalten kann, der Autor muss nicht im Mittelpunkt stehen. Bisher sind mehr Geschichten aus Gildehaus eingegangen als aus Bad Bentheim. Die Autoren sind meist über 70 Jahre alt – schöpfen also aus einem reichhaltigen Erfahrungsschatz.
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