Neues
westphälisches
MAGAZIN
zur
Geographie, Historie und Statistik
herausgegeben
von
P. F. Weddigen,
Magister der Philosophie, Lehrer des Gymnasiums zu Bielefeld,
und ordentlichen Mitgliede der naturforschenden Gesellschaft
zu Halle.
Erster Band.
Heft 1–4.
BIELEFELD auf des Herausgebers Kosten.
LEMGO und LEIPZIG in der Meyerschen Buchhandlung.
Bückeburg, 1789.
gedruckt vom Hofbuchdrucker Johann Friedrich Althaus.
Sr. Excellenz
dem Herrn
Geheimen Etats-Minister
FREYHERRN VON WOELLNER
wiedmet [sic!]
ehrfurchtsvoll
diesen Band seines Westphälischen Magazins
der Herausgeber.
Bielefeld 20. März 1789.
unp. (2)
VORBERICHT.
Der Engeländer, schrieb jüngst ein auswärtiger Gelehrter, unterstützet diejenigen Schriften, die seinem Vaterlande gewidmet sind, mit einem patriotischen Eifer, der seinem Charakter Ehre macht. Ob man aber auch in Westphalen bey literarischen Unternehmungen, auf Patriotismus rechnen könne, daran zweifle ich, und wette, daß auch die GEMEINNÜTZIGSTE PERIODISCHE Schrift, nicht drey Jahre in diesen Gegenden Freunde, Beförderer und Liebhaber finden werde.
Der gute Mann hätte mich fast abgeschreckt, meine Bemühungen, die mit nicht geringen Kosten verbunden sind, für Westphalen fortzusetzen, wenn ich mich von dem Grunde seines Zweifels hätte überzeugen können.
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Im Vertrauen auf meine edeldenkende Landesleute, denen es wahrscheinlich Vergnügen machen wird, daß ihr bisher UNBEKANNTES Vaterland Ihnen und dem AUSLÄNDER bekannter werde, wage ich es diese periodische Schrift, in einer zahlreichen Gesellschaft schätzbarer Gelehrten, zum Besten des Publikums fortzusetzen. Es wird jedem Freunde Westphalens angenehm seyn, daß die vier ersten Jahrgänge dieses Magazins selbst von Französischen Gelehrten in Paris nicht nur mit Beyfall öffentlich beurtheilet, sondern auch zum Theil ausgeschrieben worden sind. Der reiche Vorrath an Materialien, Und die fortdaurende Unterstützung, welcher mich selbst einige fürtrefliche [sic!] Staatsmänner, die AN DER QUELLE sitzen, gewürdiget haben, erhalten mir die Hofnung [sic!], daß auch die Fortsetzung dieses Werks den Beyfall Westphalens und der Ausländer erhalten werde. Schon aus den vorigen 16 Heften des Westphälischen Magazins, welche nicht weniger als 9 Alphabete GRÖSZTENTHEILS BISHER NIE GEDRUCKTER geographischer und statistischer Nachrichten enthalten, wird man den Schluß machen können, welche weite Lücken in der Beschreibung der Westphälischen Provinzen bisher übrig
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unp. (4)
geblieben sind. — Ich hoffe, daß jeder patriotische Landsmann, der den AMTSDISTRIKT, die STADT, das DORF worin er lebt, vollständig beschreiben kann, zum Besten der Erdkunde sein Scherflein mit Vergnügen in diese vaterländische Schrift niederlegen werde. Es würde mch schmerzen, wenn ich mich in Ansehung des guten Willens meiner Landsleute, GEMEINNÜTZIGE Bemühungen zu unterstützen, sollte geirret haben. — -
Der Plan dieses NEUEN WESTPHÄLISCHEN MAGAZINS unterscheidet sich von dem vorigen durch keine wesentliche Abänderung. LAGE, GRÄNZEN, EINWOHNER, SPRACHE, SITTEN, LEBENSART, INDUSTRIE, ERZIEHUNGSWESEN, LANDESREGIERUNG, LANDESGESETZE, PRODUKTE aus den drey Reichen der Natur, FELDBAU, MÜNZFUSZ, KULTUR DER WISSENSCHAFTEN, HANDLUNG, SCHIFFAHRT, POSTWESEN, BESCHREIBUNGEN VON FABRIKEN, NACHRICHTEN von verstorbenen und noch lebenden WESTPHÄLISCHEN GELEHRTEN, merkwürdigen KAUFLEUTEN, OEKONOMEN und KÜNSTLERN, kurz, alle Nachrichten, die zu einer künftigen historischen, geographischen und statistischen Beschreibung
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des Wesphälischen [sic!] Kreises erfordert werden, sind willkommen. Nur bitte ich das BEKANNTE von dem UNBEKANNTEN, das NÜTZLICHE von dem UNNÜTZEN, das WAHRE von dem UNWAHREN zu sichten wie die Spreu von dem Waitzen [sic!]. Freymüthige Urtheile über GEBRECHEN und MÄNGEL, wenn sie auf Wahrheit gegründet sind, werden jedem Freunde des Guten willkommen seyn, wenn die Absicht durchleuchtet, Männer darauf aufmerksam zu machen, welche das Uebel heben können.
Gott gebe der Fortsetzung dieses Werks seinen Segen.
BIELEFELD im März 1789.
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ENTWURF
zu
einer topographisch-statistischen Beschreibung der
Reichs-Grafschaft Bentheim.
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LAGE UND GRÖSZE.
Die zu dem Niederrhein-Westphälischen Kreise gehörende, und in dem nordwestlichen Theile desselben belegene Reichsgrafschaft BENTHEIM ist gegen Norden zum Theil von der zu dem [sic!] verbündeten Niederlanden gehörigen Landschaft Drenthe, theils aber von dem Hochstifte MÜNSTER, an der Ost- und Südseite gleichfalls von besagtem Hochstifte, und gegen Westen von der Niederländischen Provinz Overyssel eingeschlossen. Sie ist auf der alten Special Charte, welche Sanson und Faillot zu Paris im Jahre 1681. von dem Ober- und Niederbißthum Münster in zweyen Blättern herausgegeben haben, verzeichnet. Besser aber, jedoch nicht ohne Fehler, ist die von Joan Westenberg verfertigte, von Schenck und Valck zu Amsterdam edirte Special-Charte der Grafschaft Bentheim, auf welcher auch der me- und immediate Bezirk der Grafschaft Steinfurt zu sehen ist. Ihre Länge nach Nordwesten, und zwar von der Bentheimischen Bauerschaft OHNE bis nahe vor der Drentherschen Festung Coeverden beträgt 14 bis 15 Stunden, die Breite aber ist verschieden, und hält
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3 bis 6 Stunden. Man theilet sie zwar in die Ober- und Niedergrafschaft, es hat aber diese Eintheilung keine Beziehung auf derselben Administration, Rechte und Gebräuche.
GRUND UND BODEN, ACKERBAU, VIEHZUCHT.
Das Gericht Bentheim hat in verschiedenen Gegenden schweren, leimigten — und zum Theil steinigten Boden, sonst aber ist der Grund in der Grafschaft fast durchgängig entweder leicht und sandig oder moorig, mithin durch eine gute Vermischung des Erdreichs und fleißige Cultur zum jährlichen Kornbau (indem von dem Säelande selten etwas gebraaket wird) vornemlich an Nocken und Buchweitzen so bequem und einträglich, daß diese beiden Sorten von Kornfrüchten zur Landeskonsumtion auch in schlechtern Jahren wohl hinreichen, bey mittelmäßigen und reichen Erndten aber ein guter Ueberschuß an die Nachbaren, vornemlich in den Niederlanden überlassen werden kann. Es wäre dabey sehr zu wünschen, daß man von den vielen, in den Gerichten SCHÜTTORF, NORDHORN, EMLICHEIM und UELSEN noch wüste liegenden Gemeinheitsgründen einige abgelegene und füglich zu entbehrende Refiere [sic!], wie mit leichter Mühe und dem besten Erfolge würde geschehen können, gleichfalls arthaft zu machen, und des Endes mit neuen Anbauern zu besetzen suchte, da bey der nicht unbeträchtlichen Größe der hiesigen Grafschaft die gegenwärtige Volcksmenge sich nur auf 22 bis 23000 Seelen beläuft.
In dem Gerichte Velthausen ist solches schon mit gutem Erfolg bewerkstelliget worden, indem daselbst auf einem sehr großen, vorhin fast unzugänglich, gewesenen Moore nach gerade drey Colonien angeleget sind, und der Herr Graf von Bentheim allda selbst ein Jagdschloß zum Sommeraufenthalt hat bauen lassen. Zwar werden in den andern Gerichten die größeren Moore oder Venne, wie sie hier genannt werde, seit verschiedenen Jahren noch auf die Art genutzet, daß sie vor und nach in Aecker abgetheilet, mit kleinen Abzugsgraben versehen, und wenn die obere Narbe umgehacket, getrocknet und verbrannt ist, ohne weitere Düngung mit Buchweitzen besaamet werden. Allein diese Nutzungsart kann nur 5 bis 6 Jahre dauern, indem
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alsdenn die Aecker wegen fehlender Mistung so ausgemergelt sind, daß sie wieder eine geraume Zeit wüste liegen müßen, und in den erstern Jahren nicht einmal Heide zur Schaafhude hervorbringen. Eine ununterbrochene Cultur wird also auf diese Weise nicht erhalten, noch weniger die Volksmenge dadurch vermehret, sie erstrecket sich auch nur auf eigentliche Moorgründe, nicht aber auf andere sandige Heidefelder, und leztlich tritt noch der nachtheilige Umstand hinzu, daß die Moor-Aecker öfters an Ausländer vermiethet werden, die das Stroh aus dem Lande führen, welches mit mehrerem Vortheil in der Graftschaft zu Vermehrung der Viehzucht und Verbesserung des übrigen Ackerbaues genutzet werden könnte.
Von dem Buchweitzen wird im Lande eine große Quantität geschroten, ausgesichtet, und das Mehl zu Pfannkuchen, welche blos mit saurer oder Buttermilch eingerühret, und mit ein paar Speckscheiben, oder in Oel gebacken werden, verbraucht, da dieselben und die Kartoffeln die tägliche Kost des Bürger- und Bauerstandes sind; doch wird auch vieler Buchweitzen an die ausländischen Müller verkauft, und zuerst Grütze, darauf aber das feine so genannte Grützemehl daraus verfertiget.
Die Zuzucht von Pferden, Hornvieh, Schweinen, Schaafen, Bienen und Gänsen wird, wie aus dem am Schluße angehängeten Verzeichnisse zu ersehen ist, fleißig getrieben; auch werden, um eine schönere Race von Pferden zu erhalten, von Zeit zu Zeit gute Beschäler aus dem Oldenburgischen und Holsteinischen angeschaffet. Die Schaafe aber bestehen fast sämmtlich aus Heidschnucken, die zwar nicht die beste Wolle, doch in guter Quantität, auch schmackhaftes Fleisch liefern.
FLIESZENDE WASSER.
Außer einigen kleinen unbedeutenden und im Sommer mehrentheils austrocknenden Bächen, hat die Grafschaft
I) die Vechte, welche im Münsterschen Amte Horstmar entspringt, ohnweit Billke die Steinfurtische Aa aufnimmt, bey Ohne in die Grafschaft tritt, und darauf selbige der Länge nach von Südosten nach
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Nordwesten durchströhmet, hiernächst der Provinz Overyssel zu Theil wird und ohnweit Zwoll sich in die Südersee ergießet. Bey naßen Sommern und starken Regengüßen tritt sie zwar bisweilen und zur Unzeit aus ihren Ufern, und verursachet durch solche Ueberströmungen an Korn und Wiesewachs, imgleichen durch Ueberschwemmungen des Landes einigen Schaden, welchem jedoch dadurch in etwas vorgebeuget werden könnte, wenn eines Theils die annoch vorhandenen Krümmungen des Flußes, wie schon mit einigen geschehen ist, durchstochen würden, und man damit dem Wasser einen geschwindern Ablauf verschaffete, und andern Theils das von einigen gewinnsüchtigen Einwohnern gar zu sehr beengte Flußbette wieder hinlänglich erweiterte.
Indessen wird jenem, durch unzeitige Ueberströmnngen bisweilen entstehende Schaden durch die vielfältigen Vortheile, welche die Vechte dem Lande gewähret, bey weitem überwogen und ersetzet. Denn sie wird, die trocknen Jahrszeiten ausgenommen, schon von BILLCKE und OHNE ab zum Holtzflößen genutzet, und von NORTHORN ab mit kleinen, mit Mast und Segeln versehenen Fahrzeugen bis nach ZWOLL befahren. Diese Schiffahrt würde zu Beförderung des Commerzes und des Steinhandcls selbst bis Schüttorf ausgedehnet werden können, wenn zu Northorn eine Schleuse angeleget, und das Flußbette etwas ausgeräumet würde. Ferner treibt die Vechte zu Schüttorf und Northorn zwo ansehnliche, der Herrschaft gehörende Korn- Oel- und Walke-Mühlen, und liefert gute schmackhafte Fische, als Hechte, Barse, Braßen und Gründlinge etc. Der größeste Vortheil aber bestehet in den vielen am Strome belegenen Wiesen und Weidegründen, welche davon gewässert werden, und von dem besten Ertrage sind; wie denn im Gerichte Northorn ohnweit Frenswegen dieser Fluß im Monath Junius jährlich durch einen hineingelegten Erddamm ganz aufgestauet, und dadurch eine große herrschaftliche Wiese nebst vielen andern privat Grundstücken einige Wochen lang mit Nutzen geflößet werden.
2) Die im Amte Horstmar gleichfalls entspringende Dinkel berühret anfänglich nur an der Westseite des Gerichts Bentheim die Grafschaft auf eine kurze Distanz, setzet sodann ihren Lauf in der
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Provinz Overyssel fort, und tritt an der südöstlichen Ecke des Gerichts Ulsen [sic!] völlig in die Grafschaft, fließet durch die, von der Grafschaft eingeschlossene, dem Herrn Grafen von Wassenaes-Twickel gehörende freye Herrlichkeit Lage nach und durch die Stadt Neuenhaus, und ergießet sich ohngefähr eine Viertelstunde unterhalb derselben in die vorgeschriebene Vechte. Auch an diesem kleinen Fluße haben die grafschaftlichen Eingeseßenen verschiedene fruchtbare Wiesen. Er ist ziemlich fischreich, treibet zu Neuenhaus eine einträgliche herrschaftliche Korn- Oel- und Walke-Mühle, und giebt den dasigen Einwohnern zu einer ansehnlichen Linnenbleiche hinlängliches Wasser und guten Verdienst. Die auf der Vechte gehende Fahrzeuge können, vermittelst der Dinkel, bis dicht an die Stadt fahren, ihre Waaren löschen, und die Landesprodukte, auch das auswärts auf der Achse dahin gebrachte Holz, mit zurück nehmen; nur fehlet es noch zur Zeit an einem Kraan zur bequemern Ein- und Ausladung der Schiffe.
STEINBRÜCHE.
Die Grafschaft Bentheim ist ferner mit guten Steinbrüchen an drey Orten, nemlich ohnweit dem Flecken Bentheim, in dem Kirchspiele Gildehaus, Gerichts Bentheim, und am Ysterberge, Gerichts Schüttorf gesegnet, deren Nutzung um so vortheilhafter ist, da in den hiesigen Gegenden dergleichen Steinbrüche nicht befindlich sind, wenigstens solche große Werkstücke, wie hier nicht gebrochen werden. Die Bentheimer Gruben liefern einen rothen und gelblichen Sandstein, welcher zum Theil so fest ist, daß er in Oel- und einigen andern Arten von Mühlen gebraucht werden kann. Auch werden viele Bau- und Flursteine, Viehtröge, Krippen, Goßensteine und große Kümpe zu Wasserbehältern, letztere das Stück zu 20, 30 und mehrere Gulden, darin verfertiget. Von der weichern Sorte wird vieles zu Schleifsteinen verbraucht. Der mehreste Stein wird aus diesen Gruben in der Grafschaft und den benachbarten Westphälischen Landen abgesetzet, und von diesen durch eigene Spanne größtentheils abgeholet; doch gehet auch vieles davon in die vereinigten und selbst bis in die Oesterreichischen Niederlande. Der mehreste Absatz bestehet in Grund-
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steinen unter den Gebäuden, weil wegen des in hiesigen Gegenden zunehmenden Holzmangels das Grund- oder Schwellholz längstens abgeschaffet ist, und dazu in der Grafschaft niemanden etwas verwilliget wird. Denn die Hauptpfosten werden auf die bloßen Grundsteine ohne weitere Befestigung gesetzet, welches bey der hiesigen, in Ansehung der gemeinen Bürger- und Bauerhäuser eingeführten Bauart mit völliger Sicherheit geschehen kann, ob gleich hier zu Lande bey weitem so viel Zimmerholtz zu den Gebäuden nicht verbraucht wird als in den östlichen Gegenden von Westphalen dazu — ich möchte wol sagen, oft verschwendet wird.
Die Gildehäuser Gruben liefern gleichfalls sehr gute gelbe und weiße Steine zum Bauen und andern ökonomischen Bedürfnissen, und ist besonders die weiße Sorte zu Säulen, Leisten- und Bildhauerarbeit sehr brauchbar. Sie werden aus diesen Gruben mehrentheils in die benachbarten Niederländischen Provinzen bis Northorn auf der Achse gebracht, und von da zu Wasser weiter gefahren. Die weichere Sorte, unter dem Namen von Bickstein bekannt, wird zu Amsterdam zerschlagen, und als Scheursand theuer verkauft. Auf dem dritten Steinberge, am Ysterberge ist bishero noch wenig gebrochen, da an ersteren beyden Orten die Gruben noch auf viele Jahre hinlänglich sind. Uebrigens würde der Absatz aus sämmtlichen Gruben nach dem Holländischen wahrscheinlich sich sehr vermehren, mithin auch den Entreprenneurs, Steinbrechern, Tagelöhnern, Fuhrleuten und Schiffern mehr zu verdienen gegeben werden, wenn die sehr hohe Rekognition auf ein Drittel gemindert würde, welcher Abgang durch den stärkern Vertrieb wohl würde ersetzet werden, und alsdann auch der Schleichhandel, als minder vortheilhaft, nach gerade aufhören würde.
ZIEGELÖFEN.
Backsteine und Dachziegel werden in der Obergrafschaft in vier Oefen, als bey Schüttorf, am Ysterberge und zu Langen, und in der Niedergrafschaft zu Lemke, Gerichts Ulsen [sic!], in einem Ofen, in hinlänglicher Menge und zum Theil von vorzüglicher Güte verfertiget, und in den vier obergrafschaftlichen Oefen gewöhnlich auch etwas Kalck
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mit mit gebrannt, wozu aber das Gestein aus dem benachbarten Münsterschen Amte Rheine herbeygeholet werden muß. Aus der Obergrafschaft kann man von den gebrannten Waaren noch etwas an Ausländer überlassen, dagegen nehmen die niedergrafschaftlichen Eingesessenen wegen des wohlfeilern Transports zu Wasser das benöthigte zu Zeiten aus den benachbayten Holländischen Provinzen, weil wegen des Thonmangels die einländischen Brennereyen in der Niedergrafschaft nicht zu erweitern noch zu vermehren sind.
Uebrigens werden alle Ziegelöfen mit Torf von der leichtesten Sorte gefeuert. Der gewöhnliche Preis der Waaren ist außer einem Stüver Zahlgeld, von einer Tonne Kalck 30 Stüver, von l00 Dachpfannen eben so viel, und von 100 Back- oder Mauersteinen 20 Stüber, oder ein Gulden holländisch, welches gegen die, in den weiter nach Osten belegenen Provinzen, z. B. im Osnabrückischen, gängigen Preise, etwas gering zu seyn scheinet. Es ist aber dabey zu merken, daß die hiesigen Ziegelwaaren wohl um ein Drittheil kleiner und leichter sind, mithin die Pfannen ein Gebäude nicht so sehr beschweren, und von den kleinen Backsteinen, (zumalen bey maßiven Gebäuden, wo sie doppelt auch wohl dreyfach geleget, und die Ecken, Thüren- und Fensteröfnungen mit gehauenen Steinen eingefaßet werden,) viel egalere und festere Wände aufgeführet werden können.
FORSTEN.
Von den Grafschaftlichen Forsten ist nicht viel zu rühmen. Sie sind durch das unwirthschaftliche Verfahren, versäumtes Zupflanzen und schlechte Aufsicht in vorigen Zeiten, und durch das fortdauernde und immer zunehmende schädliche Plaggenstechen so herunter gekommen, daß von verschiedenen ehedem vorhanden gewesenen interessanten Forsten weder Stumpf noch Stiel zu sehen, und in den übrig gebliebenen Resten einiger andern gemeinen Refiere nur noch etwas struppiges aus den alten Stammwurzeln ausgeschlagenes Buschwerk, welches man aber ja nicht aufwachsen läßt, zu finden ist.
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Die annoch vorhandene herrschaftliche Hauptforst ist der Bentheimer Wald und das daran stoßende Wengselm Bruch, hebet sich im Gerichte Schüttorf an, gehet Bentheim vorbey, und endiget sich im Kirchspiele Gildehaus. Die Länge beträget ohngefähr zwo Stunden, und die verschiedene Breite 1/2 bis 1 1/2 Stunden: bestehet größesten Theils in alten ausgewachsenen und nach gerade absterbenden Eichen mit untermischten Kopf-Hagebüchen und etwas Unterbüsche au Wacholdern, Schwarzdorn etc. Während der Königlichen Pfandschaft sind zwar viele Kosten auf die allmählige Wiederbepflanzung der großen Holtzblößen verwendet worden; wegen des fast durchgängigen schweren thonigten Bodens aber, und weil alle benachbarte Einwohner ihre Pferde und Hornvieh ohne Hüter darin weiden lassen, hält es sehr schwer, die gepflanzeten Heister in die Höhe zu bringen, und wird also, zumahlen bey dem höchst verderblichen Plaggenmachen, noch eine geraume Zeit, anhaltender Fleiß und beständige Aufsicht nöthig seyn, ehe diese Forst einigermaßen wieder hergestellet werden wird. Beßer ist es mit einigen darin neu angelegten Zuschlägen und Besaamungen sowohl von Laub- als Nadelholze gelungen. Auch sind die in und an dem Walde belegenen herrschaftlichen privativen Büsche und Kämpe gut besetzet.
Es wird in dieser Forst auch ein Wildstand von rothem Wildprett geduldet, welcher in vorigen Zeiten wohl auf 2 bis 300 Stücke gestiegen seyn soll; bey der Abnahme des Waldes aber zu nicht geringer Freude und Nutzen der angränzenden Einwohner, sich ziemlich vermindert hat.
Und endlich hat der Wald eine Viertelstunde von Bentheim auch einen guten Gesundbrunnen aufzuweisen, welcher mit einem den Aachener Schwefelwasser einige Ähnlichkeit haben soll, von vielen Personen aus der Nachbarschaft mit gutem Erfolg gebraucht wird, und bey dem in hiesigen Gegenden vorhandenen Mangel an mineralischen Quellen wahrscheinlich einen starken Zulauf haben würde, wenn zur Bequemlichkeit der Patienten einige Wohnungen und ein Badehaus bey dem Brunnen errichtet würden.
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Außer der vorerwehnten herrschaftlichen Forst sind noch einige andere kleinere Holzungen, vornemlich in der Obergrafschaft vorhanden, welche theils den adelichen Höfen, geistlichen Stiftungen und einigen Particulieren gehören, theils in gemeinen und interessenten Forsten unter der Aufsicht ihrer Holzrichter bestehen. Der Mangel an gutem Bau- und Nutz- auch Brennholtze nimmt aber, und am meisten in der Niedergrafschaft, sehr zu, weshalben auch seit ein paar Jahren darauf Bedacht genommen ist, für jeden der sämmtlichen Landeseingesessenen kleine privative Zuschlags, um zu eigenen Behuf allerley Holtz darin anzuziehen, auszumitteln; nur ist zu bedauren, daß die Einwohner selbst, und hauptsächlich der Bauernstand, ihr eigenes Beste so wenig beherzigen, und die Ausführung dieses heilsamen Vorhabens durch ungegründete Einwendung zu erschweren suchen‑, da doch an den mehresten Orten an Gemeinheitsgründen kein Mangel ist, und sie das angezogene und etwan entbehrliche Holz demnächst in die vereinigte Niederlande mit den größesten Vortheil würden absetzen können.
TORFMOORE.
In Rücksicht auf die Feurung würde der Holtzmangel noch empfindlicher seyn, wenn solchem nicht durch die vorhandenen Torfmoore guten Theils abgeholfen werden könnte; wiewohl dasselbe bey naßen Jahren auch mislinget, und die Eingesessenen dadurch in nicht geringe Verlegenheit gerathen. Von den Mooren sind zwar schon einige, vornemlich an den Landesgrenzen, mehrentheils ausgestochen und ausgemoddert, wie solches der Fall mit einigen Ortschaften in den Gerichten Schüttorf und Northorn ist; hingegen sind in den übrigen Gerichten noch solche ansehnliche Moordistrikte vorhanden, daß, wenn damit nur wirthschaftlich verfahren, und die Ausfuhr außerhhalb Landes da, wo es nöthig, bey Zeiten eingeschränket wird, das Land noch auf viele Jahrhunderte mit der nöthigen Erdfeurung daraus versehen werden kann.
Wenn auf dem [sic!] Moorplätzen kein zusammenhängender Torf mehr gestochen werden kann, so werden die unten übrig gebliebenen Reste
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in eine flache Grube zusammen gescharret, das nöthige Wasser darauf gelassen, und mit den Füßen, anch wohl durch Pferde tüchtig durch einander getreten, alsdenn auf den daran stoßenden trocknen und abgeebneten Grund ohngefähr 3/4 Fuß dick geschlagen, oben glattgemacht, mit einem hölzernen Stabe in Stücke getheilet, und hernach zum völligen Abtrocknen aufgesetzet. Andere formen diesen so genannten Klüen auch in kleinen hölzernen, mit einem Handgriffe versehenen runden Gefäßen, und setzen sie zum trocknen hin. An Orten, wo der Torf fehlet, werden auch auf den Heidefeldern alle nur etwas moorigte Plätze aufgesuchet, und auf vorbeschriebene Art Klüen daraus gemacht, welcher aber etwas sandig zu seyn pfleget. Die Torf- und Klüenenasche wird im Frühjahre mit grossen Nutzen auf die Wiesen gebracht.
STEINKOHLEN, TÖPFER- UND PFEIFENERDE, AUCH EISENMINERAL.
Vor einigen Jahren wurde in der Bauerschaft Syringhoek auch nach Steinkohlen geschürfte; der Entreprenneur fand aber nicht dienlich, das Werk fortzusetzen, obgleich die Kohlen von guter Qualität waren.
Guter Töpferthon und Pfeifenerde wäre in der Gegend von Bentheim auch wohl ausfindig zu machen.
In den Gerichten Northorn und Velthausen ist vieler Ohrstein, der sehr eisenhaltig seyn soll, zu finden, welcher, wenn anders eine Schmeltzhütte mit Torf betrieben werden könnte, fortheilhaft [sic!] zu nutzen stünde, und den dasigen Eingesessenen dadurch mancherley Verdienst zufließen würde. Das zu den Kohlen erforderliche Ellernholtz würde in den dasigen niedrigen und sumpfigen Gegenden leicht und bald angezogen, die Hütte selbst aber an der Lee, oder dem so genannten Holländer Graben vermuthlich wohl angeleget werden können. Wenn man auch nur bloß für die Landeseingesessenen, die Oefen zu ihren Spinn- und Weberstuben, woran es ihnen so sehr fehlet, allerhand Töpfe gießen, und ihnen zu einem mäßigen Preise liefern könnte, so wäre schon viel damit gewonnen. Durch einen, oder mehrere bemit-
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telte Partikulieren, woran es uns nicht fehlet, würde das Werk am besten zu unternehmen seyn.
FABRIKEN UND HANDWERKER.
Es fehlet der Grafschaft nicht an den nothwendigsten Handwercksleuten, die zum Theil sehr gute Arbeit verfertigen und selbst außer Landes debitiren. Zu letzern gehören unter andern, Böttcherarbeit, Stühle, Körbe und eine Menge gemeine Wagenräder, welche nach den Niederlanden transportiret werden, um sie auf den großen Mooren zu Anfahrung des Torfes an die Kanäle, zu gebrauchen. Von den Steinmetzen, Mautern, Ziegelmachern und Linnenwebern gehen im Frühjahre gleichfalls viele nach den Niederlanden, und kommen im Herbste mit gutem Verdienst zurück.
Einige Fabriken und Manufakturen sind auch vorhanden; sie müßten aber und könnten auch füglich erweitert und vermehret werden, wenn die in den Städten und Dörfern wohnenden bemittelten Einwohner und Krämer, deren es verschiedene giebt, nur mehr Lust hätten, sich mit dem Verlage abzugeben, und anstatt ihre Kapitalien in und außerhalb Landes zu geringen Zinsen zu belegen, solche mit mehrerm Vortheil zur Aufnahme des Vaterlandes benutzeten.
Zu Gildehaus ist seit ein paar Jahren eine Ledergärberey angeleget, die guten Fortgang hat. Die bemittelten Schuster bereiten das ordinaire Leder mehrentheils selbst; doch muß noch viel Sohlleder angekaufet werden; daher es von großen Nutzen seyn würde, wenn in den dreyen, hiezu sehr gelegenen Städten, wie auch zu Emlicheim noch einige Gerbereyen angeleget würden, da jetzo noch eine große Menge roher Häute außer Landes gehet. Ein anderer fleißiger Bürger zu Gildehaus läßet geblümten Triep, gute Pferdedecken und grobes dickes Zeug zu Scheuertüchern, wozu die schlechteste Wolle und Heede genutzet werden kann, verfertigen.
In der Stadt Schüttorf ist eine ansehnliche Pergamentfabrik, die von vier Meistern und einigen 20 Gesellen und Lehrjungen betrieben wird, und ihre sehr guten Waaren weit und breit versendet.
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Durch den jetzigen sehr hohen Preiß der Kalbfelle aber wird das Werk etwas erschweret.
Außerdem wird daselbst von der schwarzen Heidschnuckenwolle ein grobes aber sehr festes Tuch, unter den Namen von Pye, für den Bauernstand, imgleichen schwarzes Hosenzeug, gestreiftes Zeug zu Frauenkleidung, und wollene Bettdecken verfertiget; hingegen ist eine, von dreyen Einwohnern vor einigen 20 Jahren gemeinschaftlich unternommene Baumseidenfabrik, der erhaltenen vielen Unterstützung ohngeachtet, wahrscheinlich wegen schlechter Behandlung, wieder eingegangen. ’
Ohnweit Schüttorf, in der Bauerschaft Quendorf, ist an der Vechte ein [sic!] kleiner Schifs-Zimmerwerft; bey den Städten Northorn und Neuenhaus aber werden mehrere, und am letztern Orte so große Fahrzeuge erbauet, daß sie zu entfernten Seereisen gebraucht werden können.
Zu Northorn, in der Vorstadt vor Neuenhaus, und bey Ulsen haben sich auch drey Hutfabrikanten etabliret, wovon besonders der zu Neuenhaus sehr feine und gute Waare verfertiget, und in und außerhalb Landes absetzet.
HANF- UND FLACHSBAU, SPINN- UND WEBEREY.
Die beste Fabrik für den Westphälinger aber, und woran ein jeder fleißiger Einwohner Theil nehmen kann, beruhet ohnstreitig auf dem Hanf- und Flachsbau, auf dem Garnspinnen und desselben Verwebung. Der Hanfbau ist bisher nicht stark betrieben, ob es gleich an einigen Orten, als zu Schüttorf, wo es nicht an Ackerlande fehlet, mit Nutzen geschehen konnte [sic!]. Man hat deshalben im vorigen Jahre durch Prämien dazu aufgemuntert; es fehlen uns aber noch die Bockemühlen, ohne deren Beyhülfe der Hanf bekanntlich nicht gut verarbeitet werden kann. Flachs wird auf gutem Kornlande wenig, sondern meistens nur in den Gärten und kleinen Kämpen gezogen. Auch werden viele Wiesen und Weide-Ländereyen, wenn es mit dem Graswuchse nicht fortwill, zur Herbstzeit umgebrochen, und im Frühjahre mit Lein besäet, welche bey guten, nicht zu trocknen Sommern
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langen und starken Flachs zu liefern pflegen. Da jedoch das Erzielete selten hinreichet, und, deshalben auswärts gemeiniglich zugekaufet werden muß; so ist die Erweiterung des Hanf- und Flachsbaues, als des besten Nahrungszweiges, den Landeseingesessenen sehr zu wünschen und zu empfehlen.
Von dem gesponnenen Garn wird zwar im Lande eine gute Quantität zu Linnen verwebet, gebleichet und zu Gelde gemacht; allein vieles, und man mögte wohl sagen, der größte Theil, wird von den geringen Einwohnern für Thee, Kaffee und einige nöthigere Lebensmittel an die vielen Krämer vertauschet, und diesen durch die auswärtigen Garnhändler abgenommen, wozu der seit einigen Jahren sehr hoch gestiegene Preis des Kaufgarns viel anreizet, wie denn im gegenwärtigen Winter ein hiesiges, auf einem Haspel von 2 1/4 Brabandschen Ellen gewundenes Stück Garn von 40 Binden zu 50 Faden, zu 7 bis 8 Stüver Holländisch, oder 5 Gutegroschen, verkauft worden ist.
Die einländische Spinn- und Weberey würde noch ungleich stärker seyn, wenn die Einwohner mit guten zu heitzenden Wohnstuben versehen wären; allein daran fehlet es hier fast gänzlich, und wird deswegen bey anhaltender und starker Kälte, so wie wir diesen Winter gehabt haben, manche Stunde am Küchenfeuer vergeblich hingebracht, oder verschlafen, die in einer warmen Spinn- und Weberstube weit nützlicher hätte verwendet werden können. Auch wäre sehr zu wünschen, daß das weibliche Geschlecht, so wie im Osnabrückischen, Ravensbergischen und mehrern Westphälischen Provinzen mit großem Vortheil geschiehet, sich auf das Leinwandmachen legete, um wenigstens die gröbern Garnsorten im Frühjahre zu verweben, zumahlen es an Webern sehr zu fehlen pfleget.
Einige andere Fehler bestehen noch darin, daß der Flachs nicht genugsam sortiret, und nicht feiner verarbeitet, sondern das meiste mit Schaden zu grobem Garn, von 1 1/2 bis 2 der oberwehnten Stücke aus einem Pfunde, verschwendet wird, anstatt daß 3, 4. und mehrere Stücke daraus gesponnen werden könnten: welches auch viel den kalten Küchen zuzuschreiben ist, in welchen sie mit den steifen Fingern nicht fein spin-
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nen können. Ferner sind die Haspel in der Grafschaft nicht einförmig, sondern fast jeder Ort, ja wohl gar mancher Eingesessene hat seinen unterschiedenen Haspel. Auch wird auf das Vollhaspeln keine Aufsicht geführet, welches dem Garnhandel auf beyden Seiten sehr nachtheilig ist.
An guten Tisch-Drellwebern fehlet es fast gänzlich. Die wenigen, welche da sind, verfertigen mehrentheils dünnes und loses Werk, können nur die gemeinsten Muster nachmachen, und lassen sich gleichwohl theuer bezahlen. Gute und geschickte Tisch-Drellweber würden also in der hiesigen Grafschaft reichlichen Verdienst haben können, und auf beygebrachte glaubwürdige Zeugnisse [es fehlt: “würde”] es ihnen an Unterstützung nicht fehlen.
Linnenbleichen sind an dreyen Orten, als ohnweit Gildehaus, zu Schüttorf, und die> größeste zu Neuenhaus vorhanden; auch machen viele Bürger- und Bauerinnen auf ihren kleinen Bleichen das Linnen selbst weiß; weil aber die Holtzasche rar ist, so wird wegen des wohlfeilern Preises noch vieles Linnen auswärts im Hochstifte Münster, zu Steinfurt und Gronau etc. gebleichet.
Die hauptsächlichsten Artikel also, welche ins Ausland gehen, sind Rocken und Buchweitzen, allerley fettes und mageres Vieh, Gänse, Hüner und Eyer, Butter, Unschlitt, Schinken, Speck und Schweineborsten, eine beträchtliche Quantität rohen Wachses, welcher vielleicht mit Vortheil im Lande gebleichet werden könnte, nebst etwas Honig, rohe Häute, bereitetes Leder und Pergament, allerley Sorten von gehauenen Steinen, auch Ziegel- und Mauersteine, etwas Schiff-Bauholtz, Rademacher- und Böttcherarbeit, Stühle, große und kleine Schiffe, einige Manufakturwaaren, Garn und Leinewand, Wolle, Torf und Klüen, etwas Kornbranntewein etc. Vieles wird von de» Eingesessenen selbst ausgeführet und verkauft, oder auch auswärts abgeholet, das Vieh mehrentheils auf den häufigen Jahrmärkten verhandelt, das Garn und Linnen aber guten theils an die einländischen Krämer, deren es eine gute Menge giebt, verkauft, oder gegen allerley, zum Theil wohl entbehrliche Lebensmittel und sonstige Sachen vertauschet. Im Frühjahre und den Sommer durch beschäftigen sich
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verschiedene Personen mit dem Viehhandel, besonders mit dem Akauf von magern Hornvieh und Schweinen, welche sie selbst aus den Chur-Braunschweigischen Landen herbey holen, und die Zimmerleute, wenn zur Winterszeit ihre gewöhnliche Arbeit ruhet, treiben nebst andern den Holtzhandel, vornemlich zum Schifbau, welches sie gleichfalls mehrentheils außerhalb der Grafschaft zusammen suchen, und an die Holländer mit Gewinn wieder absetzen. Die Torfbauern führen zu eben der Zeit ihren im Sommer gesammelten Vorrath nach den benachbarten Overysselschen Orten, woselbst es an Feurung sehr fehlet; und im Frühjahre werden aus der Niedergrafschaft zu Wasser den reichen Einwohnern Amsterdams große Quantitäten von Hünern und Eyern zugeführet.
BIERBRAUEN UND BRANDTWEINBRENNEN.
Das Bierbrauen kann in den Städten, Flecken und Dörfern von jedem Bürger, wenn er nur die geringe Malz-Accise bezahlet, frey, auch zum Verkauf getrieben werden. Es wird auch hin und wieder noch sehr gutes Bier verfertiget; allein seit dem die verderblichen warmen Getränke aus Ost- und Westindien bey uns bekannt geworden sind, und in allen Häusern, den Bauernstand nicht ganz ausgenommen, drey, vier und mehrmahlen des Tages mit Kosten und großem Zeitverlust aufgetischet werden, hat die Braunahrung sehr abgenommen, und wird dagegen, um den geschwächeten Magen vermeintlich wieder zu stärken, desto mehr Fusel oder Kornbranntewein, oder auch wohl Wein getrunken, und damit das Uebel ärger gemacht. Außer verschiedenen in der Grafschaft befindlichen und starken Abgang habenden Weinhändlern, und dem Debit der auswärtigen Weinverkaufer [sic!] also, haben auch die im Lande wohnenden Fuselbrenner einen guten Absatz, und fahren um so beßer dabey, da die Schatzpflichtigen das ganze Jahr durch von einer jeden Blase kaum vier Thaler teutscher Wehrung bezahlen, von den Fuselkesseln auf den freyen Höfen aber gar nichts entrichtet wird. Was von dem Kornbrannte-
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wein etwa außerhalb Landes debitiret wird, muß wegen subsistirenden Verbote, oder schweren Imposten mehrentheils heimlich ausgeführet werden.
FAKTOREYEN, FRACHTFAHREN, BRÜCKEN UND LANDSTRASZEN.
Zu Unterhaltung des starken Verkehrs zwischen den Niederländern und dem nordlichen [sic!] Theile des Westfälischen Krayses sind zu Northorn, Hestrup, Ohne, Engden etc. verschiedene Faktoren, so die ihnen zugeschickte Waaeen weiter spediren, und dazu mehrentheils die Grafschaftlichen Fuhrleute gebrauchen, welche bis Zwoll, Deventer, Wesel, Münster, Wahrendorf, Osnabrück und weiter fahren. Auch sind zu noch mehrerer Beförderung des Commerzes die mäßigen Zölle (wovon keine Handlung treibende Einwohner, wenn sie ihre selbst gezogenen Produkte ausführen, oder zur eigenen Nothdurft etwas herein kommen lassen, frey sind) in einigen Stücken während der königlichen Pfandschaft noch herunter gesetzet; imgleichen nach geendigtem siebenjährigen Kriege die Durchfuhren durch Erbauung verschiedener Brücken und Anlegung neuer Wegdämme auf gemeine Landeskosten erleichtert; und die Unterhaltung dieser Landstraßen den benachbarten Commünen zugetheilet, welche aber von einigen zu ihrem eigenen Schaden etwas versäumet wird.
ORDINAIRE POSTEN UND FUSZBOTEN.
Nicht weniger vortheilhaft ist es, daß eine reitende und zwo fahrende Posten wöchentlich zweymal durch die Grafschaft paßiren, als: I) die reitende Post von Hannover und Hamburg über Wildeshausen, Lingen, Neuenhaus auf Zwoll, Amsterdam etc. 2) Die fahrende Post von Hannover, Hamburg und Bremen auf Leese, und von da über Osnabrück, Bentheim und Deventer nach Naerden, und 3) die fahrende Post von Zwoll über Neuenhaus, Lingen, Ibbenbühren und Lienen auf Bielefeld. Und überdem gehen wöchentlich zween von der Herrschaft besoldet werdende Fußboten von Bentheim auf Neuenhaus und Münster hin und zurück, um die mit den Reichs- und jenen reitenden Posten eingehende Depeschen abzuholen, und in der
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Grafschaft zu vertheilen, auch die abgehenden Sachen dahin zu bringen.
HOLLANDSGÄNGER.
Endlich darf ich nicht unbemerkt lassen, daß aus der geringern Volksklasse beyderley Geschlechts jährlich im Frühling eine große Menge nach Holland gehet, daselbst 3, 4, 5 Monate und länger verbleibet, und durch Torfstechen, Grasmehen, Heumachen, Waschen und Bleichen manchen baaren Gulden verdienet und ins Land zurückbringet. In diesem Stücke haben viele von ihnen vor den entlegenen Gegenden einen großen Vorzug, indem sie nicht nur an der Hin- und Herreise viel Zeit und Kosten ersparen, sondern auch ihre Lebensmittel guten theils mitnehmen, mithin im Holländischen wohlfeiler zehren können. Auch vermiethet sich eine Menge Mädchens im Holländischen, wovon zwar manches dort bleibet und sein Glück macht, doch auch viele nach einigen Jahren mit einem guten Verdienst nach den Ihrigen zurückkehren.
Was wir hingegen für allerley Lebensmittel, als Weißweitzen und feines Mehl, Gersten Graupen, Wein und vornemlich für den vielen Kaffee, Thee, Zucker, Gewürze, Toback, Seefische und der gleichen zum Theil sehr unentbehrliche Maaren, für grobe und feine Tücher, Serge, Cattun, Nesseltuch, Batist, Kanten, Strümpfe, seidene Zeuge und Bänder und mehrere zum Luxus gehörende Artikel, für Kupfer, Eisen, Zinn, Bley, Farben, Glas, Porcellain, Stein- und Irden-Zeug, auch einiges hölzernes Geräthe etc. an die Ausländer zurück zahlen müßen, das wird eine ganz beträchtliche Summe jährlich ausmachen; wie sich aber Aktiv- und Paßivhandel gegen einander verhalten, vermag ich, da es mir dazu an den nöthigen Datis fehlet, nicht anzugeben, und wird auch wohl schwerlich von einem andern ausfindig gemacht werden können, da wie hier, Gott Lob, von keinen Zoll- und Accise-Registern, Thorschreibern und Controleuren etc. etwas wißen, sondern jedermann, selbst die ausländischen Packenträger und mit allerhand Galanterie-Waaren hausiren gehende oder auf den Jahrmärkten ausstehende Krämer, wenn sie nur dahin die Erlaubniß erhalten haben, einen freyen ungestörten Handel durch die ganze Graf-
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schaft führen können, ohne daß man von dem Werthe und Debit ihrer Waarren etwas Zusammenhängendes erfähret. Indessen zweifle ich nicht, daß wir nicht bey den vielen einträglichen Exportations-Artikeln und bey den mannigfaltigen übrigen Erwerbmitteln das Uebergewicht im Handel haben, und daß also die Landeseigesessenen [sic!], wenn sie anders nur Lust zu arbeiten haben und eine ordentliche Haushaltung führen, nicht nur ihr Auskommen wohl haben, sondern noch etwas verübrigen können, zumalen die gemeinen Landesbeschwerden mäßig, und in jüngern Jahren noch um ein gutes Theil vermindert sind.
GEMEINE LANDES ANLAGEN.
Die städtischen Einwohner bezahlen an die Landeskasse nur blos die extraordinairen Schatzungen, einen kleinen Beytrag zu den Cammergerichts-Zielern und Unterhaltung des hiesigen Hofgerichts und etwas weniges an Accise. Das Landgeld von den städtischen Läudereyen [sic!] ist wegen einiger in vorigen Zeiten übernommenen Kapitalien ihnen zur Selbsterhebung überlassen. Sie haben also davon, und von ihrer Bürgerschaft, auch von sonstigen Gefällen jährlich ansehnliche Einnahmen, und dennoch stecken sie zum Theil in Schulden. Es hat aber keinen Zweifel, daß, wenn ihr Finanz-Etat von Herrschaftswegen einmal gründlich untersuchet, die eingeschlichenen Misbräuche abgestellet, wegen der künftigen Verwaltung zweckdienliche Vorschriften ertheilet, und die städtischen, wie auch die Flecken- und Derf-Rechnungen jährlich höhern Orts eingebracht und justificiret werden müßten, sie von ihren Schulden zum Besten der Last tragenden Bürgerschaften bald befreyet werden, und zu ihrem vorigen Flor gelangen würden, welches besonders der Stadt Schüttorf zu wünschen wäre.
Der Flecken Benlheim erhebet gleichfalls das Landgeld von den alten Bürgerländereyen, zahlet aber dafür jährlich ein Aequivalent in die Domainen — Rechnungen.
Von den Ländereyen der Dorf- und Bauerschaften hingegen wird solches an die Landeskasse in monatlichen Terminen entrichtet, und betrug vor dem von einem Müdde Säelandes zu 256 Rheinländischen Quadratruthen à 12 Fuß, oder von 480 Ruthen Wiesen- und Weide-
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delandes 42 Stüver Holländisch, ist aber seit dem Jahre 1776. allmählig bis auf 30 Stüver heruntergesetzet, ohne deshalben die extraordinairen Schatzungen zu erhöhen. Von einigen schlechteren Ländereyen wird noch weniger bezahlet, übrigens aber von diesen Landgeldern auf den Landtägen jährlich eine den Umständen angemessene Summe zu allmähliger Abbauung der ältern Landes-Schulden ausgesetzet Und verwendet. *)
Die extraordinairen in gedachte Casse fließenden Schatzungen werden von den Personen, so über 14 Jahre alt sind, (jedoch mit Freylassung der Armen und Unvermögenden) ferner von den Feuerstädten und vom Viehe der Schatzpflichtigen, einmal jährlich bezahlet, solche gleichfalls auf den Landtägen bestimmet, und hernach die jedesmalige Anzahl von der Landesherrlichen Commißion und ständischen Deputation aufgenommen. Nur ist zu bedauren, daß durch die zwar sehr verpönten, aber dennoch nicht unterbleibenden unrichtigen Angaben der Schatzpflichtigen die Landeskasse vielfältig lediret wird, und daß selbst in Ansehung der Landgelder noch viele Unrichtigkeiten obwalten, welchen nicht anders, als durch eine neue allgemeine Ausmeßung der Ländereyen abgeholfen werden kann. Zu wünschen wäre es auch, daß nach dem Beyspiel der in einem großen Königreiche zu erwartenden merkwürdigen Revolution, die vielen Freyheiten und Exemtionen von den gemeinen Landesbeschwerden eingezogen werden könnten; so würde den jetzigen Contribuenten ihre Last sehr erleichtert werden, und sie die übrigen Landes- und gutsherrlichen Prästanda desto richtiger abführen können. Jedes Mitglied participiret ja von dem Schutze und von allen übrigen Vortheilen der großen Familie, und die aus den öbern Ständen in viel reicherem Maaße, als die aus der niedern Volksklasse. Wie billig wäre es also, daß auch ein jeder ohne Ausnahme zu den gemeinen Beschwerden sein Antheil beytrüge. Von 22 bis
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*) Alle in die Herrschaftlichen, Landes- und übrigen öffentlichen Kassen fiiessende Gefälle müssen in holländischem Gelde bezahlet, auch kann im Handel und Wandel niemanden gegen Willen eine andere Münzsorte aufgedrungen werden.
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23000 Seelen bezahlet nur ohngefähr die Hälfte die Personensteuer, woraus also folget, daß wenn keine Exemtion statt fände, sondern nur bloß die würklich Armen und zur Arbeit Unfähigen frey gelassen würden, diese Schatzung fast auf die Halbschied heruntergesetzet werden könnte. Eine ähnliche Bewandniß würde es mit dem Landgelde und der Viehschatzung haben.
Oberwehnte extraordinaire Schatzung beträgt gewöhnlich:
Von einer Person 14 Stüver.
Von einer Feuerstätte 18 Stüver.
Von einem Pferde und jährigem Füllen 20 Stüver.
Von einem Stück Hornvieh 10 Stüver.
Von einem Schweine. 6 Stüver.
Von einem Schaafe 1 1/2 Stüver.
Von einer Gans 1 Stüver.
Von einem Bienenstocke, nachdem selbige im vorigen
Jahre zur Beförderung dieses sehr nützlichen und
niemanden nachtheiligen Nahrungszweiges auf die
Hälfte herunter gesetzet ist, auch nur 1 Stüver.
In Ansehung des Feuerstättengeldes ist jedoch zu merken, daß solches nicht blos von dem Küchenheerde oder Schornsteine, sondern auch von den übrigen Caminen im Hause, imgleichen von den Backöfen, Braupfannen und Malzdarren entrichtet wird, welches erstere aber den Nachtheil mit sich führet, daß in den Städten, Flecken und Dörfern wenige Häuser mit Nebenkaminen versehen, und nicht bequem ausgebauet sind, mithin es besser seyn dürfte, die ohnedem nicht viel betragende Schatzung von solchen Nebenkaminen ganz nachzulassen, und solche blos von dem Küchenheerde einer jeden, ihre besondere Haushaltung habenden Familie, oder eines jeden, in gleichem Falle sich befindenden Individui einzufordern, wodurch die bessere Einrichtung der Gebäude und Herbeyziehung mehrerer Einwohner und Heuerlinge sehr würde befördert werden.
Weil oberwähnte extraordinaire Schatzungen nebst dem Landgelde nicht zureichen: so werden gewöhnlich noch fünf Matrikular-Schatzun-
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gen in dreyen Terminen jährlich, jede ohngefähr zu drittehalb tausend Gulden holländisch nach einem festgesetzten Fuße aufgebracht, und dazu von den Städten der zehnte Theil kontribuiret. Und endlich ist eine mäßige Landesaccise von Bier, Wein, Brandtewein und Toback im einzelnen Verkauf eingeführet, die aber nicht administriret, sondern jährlich an die mit diesen Sachen handelnde Krämer und Wirthe verpachtet, und das Locarium unter einander vertheilet, mithin das Commerz dadurch nicht verhindert wird. Das Pachtgeld von dieser Accise beträgt aus der Grafschaft jährlich nur ein Paar tausend Gulden Holländisch.
Die Einwohner des Fleckens Bentheim, und der Dorfschaften haben gleichfalls bürgerliche Freyheiten und Nahrung, doch müßen von den Dorfschaften einige Dienste geleistet, und an die Landesherrschaft ein mäßiges MORTUARIUM unter dem Namen des EINEN BESTE bezahlet werden, welches auch die in den Bauerschaften wohnende freye Leute zu entrichten haben.
Der Bauernstand ist theils blutfrey, theils leibeigen oder eigenhörig. Von leztern sind viele der Landesherrschaft, und die übrigen den adelichen Höfen, geistlichen Stiftungen und Partikulieren zuständig. In der Niedergrafschaft haben auch des Herrn Erbstatthalters, Prinzen von Nassau-Oranien Hochfürstliche Durchlaucht viele Bauerhöfe, welche Hochdenenselben von der Provinz Overyssel bey Uebertragnng der Statthalterwürde zur Benutzung überlassen worden, und deshalben auch von Ihnen der hiesige Landtag, dem Range nach auf dem ersten Platze, beschicket wird.
Die Eigenhörige und einige andere Blutfreye Meyer müßen an ihre Gutsherren eine jährliche ständige Pacht an Naturalien und an Gelde entrichten, und einige Dienste leisten, daneben erstere ihre Kinder ein halbes Jahr ohnentgeltlich dienen lassen, solche, wenn sie selbst wollen, frey kaufen, und bey Sterbfällen und Veränderungen der Hauswirthe und Wirthinnen Versterb, Erbwinnnng und Auffarth verdingen. Die freyen Bauern sind zwar solcher Abgaben enthoben; man kann aber doch überhaupt genommen nicht sagen, daß sie besser, wie jene bestehen. Viele von ihnen stecken auch in Schulden, und die Creditoren
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setzen sie öfters mehr in Contribution, als von einem billig denkenden Gutsherrn zu besorgen ist, da des leztern eigenes Interesse es erfordert, seine eigenbehörigen Höfe im Stande zu erhalten.
An den mehresten Orten wohnet der Landmann in den Bauerschaften sehr zerstreuet und von einander entfernet, welches für die Wirthschaft nicht übel ist, und die Bestellung der um den Höfen mehrentheils herumliegenden Ländereyen sehr erleichtet. Diese Lage aber giebt ihm auch Gelegenheit, die daran stoßende Gemeinheit Jahr ein und aus durch Plaggenmähen heimzusuchen, und vornemlich die grünen Grasplaggen zu nicht geringem Nachtheil der gemeinen Weide wegzuholen, worunter jedoch vor etlichen Jahren einige Einschränkung gemacht ist. Die größeren Bauern achten nicht viel auf den, der gemeinen Weide dadurch zugefügeten Schaden, da sie für das Milchvieh aus ihren Höfen gemeiniglich einige privative Weidegründe haben; für die kleinem, damit nicht versehenen Eingesessene aber ist der Schaden desto empfindlicher. Es kann zwar seyn, daß durch die Plaggen der Acker etwas erfrischet, und durch eine gute Vermischung des Erdreichs das Wachsen der Kornfrüchte befördert wird; es muß aber, wie nach der Versicherung mehrerer verständigen Ackerleute hier zu Lande genug geschiehet, nicht übertrieben, und die Viehzucht dadurch nicht zurückgesetzet werden, da ohne solche der Ackerbau nicht bestehen kann, und der Stalldünger noch immer das Beste thun muß. Die Sache würde am füglichsten dadurch berichtiget werden können, daß man die sämmtlichen Gemeinheitsgründe unter die Interessenten nach einer billigen Proportion vertheilete, und die Stallfutterung [sic!] einzuführen suchte, wodurch die wilden Gründe zu einem weit höhern Ertrage gebracht, und zu neuen Anbauern, mithin zur Vermehrung der Volcksmenge die beste Gelegenheit würde gegeben werden, da viele der Interessenten die ihnen zu abgelegenen Plätze entweder zu verkaufen, oder selbst mit kleinen Kotten und Heuermannshäusern zu besetzen suchen würden. Es ist auch dieser Vorschlag schon vor einigen Jahren zur Erwegung [sic!] gekommen und approbiret, aber mit der Ausführung bis jetzt kein Anfang gemacht worden.
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Schließlich ist noch zu bemerken, daß vor 14, 15 Jahren zum Besten der Landeseingesessenen auch eine Brand-Versicherungs-Gesellschaft errichtet worden, welche auch bey benachbarten Ausländern Beyfall gefunden, und sie zum Eintritt in diese Societät bewogen hat.
Was sonst noch von der neuern Landesgeschichte und der Verfassung im geist- und weltlichen Fache anzuführen seyn mögte, das überlasse ich einer geschicktern Feder, und endige hiemit diese allgemenen Nachrichten, um noch eine kurze topograpische Beschreibung beyzufügen, und dabey die Anzahl der Wohnungen, der Personen und des Viehes vom vorigen Jahre zu bemerken.
Die drey Städte, deren Bürgermeister mit zu Landtage gehen, jedoch zusammen nur eine Stimme haben, sind Schüttorf und Northorn in den [sic!] Ober- und Neuenhaus in der Nieder-Grafschaft.
I) Die Stadt SCHÜTTORF lieget im Gerichte gleiches Namens an der Vechte, eine Stunde von Bentheim und 4 von Northorn, ist mit einer alten Stadtmauer und 3 Thoren versehen, und hat 250 Reihehäuser, *) wovon aber über zwanzig leer stehen. Von der daselbst befindlichen alten Gräflichen Burg Altena ist ein Theil eingestürzet, der Rest wird noch von einem Forstbedienten bewohnet, und in einer kleinen Capelle daselbst von den Catholiken Gottesdienst gehalten. Außerdem sind vier freye Höfe daselbst. Die Stadt hat eine große Kirche, welcher 2 reformirte Prediger vorstehen, und sind verschiedene Bauerschaften des Gerichts Schüttorf daselbst eingepfarret. So wohl die Herrschaft als geistliche Stiftungen und die Bürgerschaft haben daselbst viele Ländereyen, und treiben auch die mehresten Einwohner Ackerbau. Die Stadt hat auch gute Armenmittel, welche nicht besser angewendet werden könnten, als wenn von den vielen ledig stehenden Häusern ein oder mehrere zu Arbeitshäusern für die Bedürftigen eingerichtet, und ihnen darin Verdienst verschaffet, und wenn für andere geringere Burger zur Winterzeit einige warme Spinn- und
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*) Dieser Ausdruck ist hier unbekannt. Sollen Reihehäuser so viel als numerirte Häuser anzeigen? d. H.
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Weberstuben gehalten würden. Auch wäre dem Magistrat zu empfehlen, das zu Gewinnung der Bürgerschaft bestimmte Quantum, welches für ein fremdes Ehepaar funfzig Gulden beträgt, herunter zu setzen, und in Fällen, wo es auf die Herbeyziehung eines guten Handwercksmannes oder Fabrikanten ankommt, dasselbe ganz nachzulassen, und die zu Gewinnung der Gilden eingeführte Kosten möglichst zu mäßigen. In einer andern Stadt wird so gar nach einem angeblichen Statut von einem Fremdling vor der Reception eine Bürgschaft von 500 Gulden verlanget, daß er in der Folge den Armenmitteln nicht zur Last fallen wolle. Wie sehr ein solches Verfahren der Bevölkerung entgegen stehe, lässet sich leicht erachten.
Die Stadt Schüttorf hat auch ein altes, doch geräumiges Rathhaus, worin von dem Landesherrlichen Richter unter Zuziehung der beyden Bürgermeister, als Scheffen, das Stadt- und Gohgericht gehalten wird, auch wurde hier vor dem das Landes-Archiv bewahret. Uebrigens sind angegeben: 494 theils schatzfreye, theils freygelassene und 469 schatzpflichtige, zusammen 963 Personen. 28 Pferde, 353 Stück Hornvieh, 173 Schweine, 215 Bienenstöcke.
2) Die Stadt NORTHORN im Gerichte gleiches Namens, und ebenfalls an der Vechte, 4 Stunden von Bentheim und 2 Stunden von Neuenhaus belegen, hat 190 Reihehäuser, eine alte, ehemals dem Landesherrn zuständig gewesene, hernach an des Kloster Erenswegen [sic!] überlassene Burg, woselbst in einer Capelle, von einem Geistlichen aus besagtem Kloster, katholischer Gottesdienst gehalten wird. Auch ist hier ein gutes und maßiv erbauetes Rathaus, worin unten die Stadtschule ist. Im obern Stockwerke wird das Gericht so, wie zu Schüttorf gehalten. Die Pfarrkirche, sowohl für die Stadt, als die dahin gehörende Bauerschaften, worin zween reformirte Prediger stehen, ist außerhalb, doch nahe bey der Stadt im Altendorfe. Die Stadt ist von der Vechte, welche sich in 2 Arme theilet, ganz umgeben, und hat wegen der sich bis dahin erstreckenden Schiffahrt viele Nahrung und Verkehr. Zur Niederlage für die angefahrnen Steine und Holtz ist nahe bey der Stadt ein geräumiges Grundstück an der
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Vechte, mit einem Kraan zum Ein- und Ausladen der Schiffe. Es sind hier 372 freye und 526 schatzpfiichtige, zusammen 898 Personen; also nur 65 Personen weniger, wie zu Schüttorf, da doch an lezterm Orte 60 Häuser mehr sind. Ferner 13 Pferde, 209 Stück Hornvieh, 107 Schweine, 101 Bienenstöcke und 585 Gänse.
3) Die Stadt NEUENHAUS ist von den Gerichtsbezirken Uelsen und Velthausen eingeschlossen, lieget am Dinckelfluße, und hat noch einige Ueberbleibsel von Wall und Graben aufzuweisen. Ferner 216 Reihehäuser, am Marktplatze eine neue gute Kirche, woran zween reformirte Prediger stehen, und am Kirchhofe ein altes Rathhaus, worin unten die Schule, und eben so, wie in den ersten beyden Städten, das Gericht gehalten wird.
Innerhalb der Stadt ist auch der Landesherrliche Amthof, worauf in vorigen Zeiten die Herrschaften sich aufgehalten haben. Jetzo ist in dem Gebäude nur noch eine Capelle für die katholischen Einwohner, und eine Remise: das Uebrige ist altershalben abgebrochen. Der katholische Pastor wohnet auf dem Amthofe in einem Nebengebäude.
Daß sich hier eine ansehnliche Linnenbleiche, und ein Schifszimmerwerft [sic!] befinde, ist bereits oben angezeiget. Doch giebt es, der vortheilhaften Lage dieses Orts ohngeachtet, noch viele bedürftige Einwohner, welchen man die Erbwerbmittel [sic!] zu vermehren, hingegen die Stadtlasten durch ine [sic!] genaue Haushalt möglichst zu vermindern, und die Armenmittel auf das zweckdienlichste zu benutzen suchen müßte. Hier sind 525 freye und 544 schatzpflichtige, zusammen 1069 Personen.— 24 Pferde, 180 Stück Hornvieh, 89 Schweine, 60 Bienenstöcke und 167 Gänse. Vergleicht man die Personenzahl in den dreyen Städten mit ihrer Größe oder Anzahl der Reihehäuser, so ist Neuenhaus die Volkreicheste, Schüttorf aber am wenigsten bevölkert. An lezterm Orte gebricht es nicht an gutem Säelande, auch nicht an Wiesenwachs zum Unterhalt der Menschen und des Viehes; nur an Handlung und Industrie fehlet es. Diesen Mängeln muß durch Herbeyziehung guter Fabrikanten und Handwerker, und durch gute Verwaltung der Stadtgüter und Armen-Intraden abgeholfen werden.
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Auch müßte die Stadt mit allem Ernste auf die Anziehung des Holzes, wenigstens zur Feurung, bedacht seyn, wozu es ihr au Gelegenheit nicht fehlet. Eine Verlängerung der Schiffahrt von Northorn bis Schlüttorf würde ebenmäßig ersprießlich seyn.
Die Grafschaft ist ferner in sechs Land- oder Gohgerichte eingetheilet, davon sind:
IN DER OBERGRAFSCHAFT.
I.) DAS GERICHT BENTHEIM
worin zu merken:
I) Das uralte Residenz-Schloß, in hiesiger Gegend gemeiniglich das HAUS ZU BENTHEIM genannt, lieget auf einem schmalen, ziemlich hohen, felsigten Berge, welcher gegen Osten im Gerichte Schüttorf sich anhebet, nach Westen zu erstrecket, und im Flecken Bentheim sich endiget. Das Schloß ist mit starken, hohen Mauern von gehauenen Steinen umgeben, und hat zween Plätze oder Abtheilungen. Ueber dem Thore und der Auffahrt zu dem vordersten Platze ist ein kleines maßives Gebäude, worin vor dem das Hofgericht gehalten wurde, und unten ein Gefängniß ist. Auf dem Platze selbst ist ein großer Lustgarte [sic!], und neben demselben noch ein kleiner Küchengarte [sic!]. Durch ein weites Thor gehet man auf den großen Schloßplatz, woselbst gleich anfänglich an der rechten, oder Nordseite ein altes Kirchengebäude mit einem Thurm, dessen Kuppel aber vor einigen Jahren Alters halber hat abgenommen werden müssen, stehet, und neben demselben ein kleines Gebäude zur Wachstube für die Officiere ist. An der Südseite ist unten die Schloßwache, und über derselben und dem Thore die Commendanten Wohnung. Unmittelbar daran stoßet das maßive Canzley-Gebäude von 2 Stockwercken, worin unten das Herrschaftliche Archiv und die Zimmer für das Cameral-Collegium, oben aber für die Regierung und die Registratur sich befinden. Etwas weiter nach Süden stehet ein hoher maßiver viereckigter Thurm, der oben platt und auf den 4 Ecken mit kleinen
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Wachtthäuschen gezieret ist. In dem Thurm selbst ist vordem die Munition verwahret worden. Ferner stehet auf der Südseite des Schloßplatzes ein langes vor etwan 15 Jahren neu errichtetes maßives Gebäude, worin unten der Marstall etc. über demselben der Kornboden, und über diesem Wohnzimmer für die Herrschaft und Domestiken sich befinden. Dieses neue Gebäude hänget mit den alten gegen Westen belegenen Schloßgebäuden zusammen, worin unten die Küche, geräumige Keller und Wohnungen für Bediente, und oben die Zimmer für die Herrschaft, imgleichen eine kleine Capelle vorhanden sind. Auch stehet daselbst auf der südwestlichen Ecke der dritte, starke und rund gebauete Thurm, in welchem oben herrschaftliche Zimmer, unter demselben ein Gewölbe zur Rosmühle, und weiter unten ein Paar Criminal-Gefängnisse anzutreffen sind. Endlich ist an der Nordseite ein großer, tiefer und durch den Felsen gehauener Brunnen mit einem Dache darüber und einer Maschine zum Aufziehen des Wassers. Die Land- und Poststraße gehet unten nahe an der Südseite des Schloßes her, und ist daselbst vor ein Paar Jahren durch ein neues Steinpflaster bequemer gemacht; an der Nordseite aber ist am Fuße des Berges ein großer herrschaftlicher Küchengarten, mit einigen Fischbehältern, guten Obstbäumen, vielen Hecken und Wegen zum spatziren versehen. Uebrigens gewähret die hohe Lage des Schloßes rund herum die treflichste Aussicht auf 7, 8 und mehrere Stunden weit.
2) Der Flecken Bentheim lieget unmittelbar am Schloße, doch etwas niedriger auf vorbeschriebenem Berge, und zwar vornemlich am südlichen Abhange desselben, ist allenthalben offen, eine gute Viertelstunde lang, und der größeste Ort in der Grafschaft, indem er 298 Reihehauser hat, wovon aber einige herrschaftliche und Partikuliergebände frey sind. Es befinden sich daselbst eine reformirte und eine katholische Kirche, bey jener stehen zwey, und bey dieser ein Prediger. Ferner ein vor 25 Jahren errichtetes neues maßives Gebäude, worin die Landtagsversammlung und das Hofgericht gehalten, und das Landes-Archiv aufbewahret wird. Aus dem Berge gegen Osten ist eine herrschaftliche steinerne Windmühle mit 2 Gängen. Die Angabe hält 663 freygelassene und 713 schatzpflichtige, zusammen 1376 Per-
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sonen. — 27 Pferde, 380 Stück Hornvieh, 185 Schweine, 279 Immenstöcke und 63 Gänse.
Eine Viertelstunde von Bentheim nach Westen lieget das adeliche landtagsfähige Lehn- und Burgmannsgut Langen, dessen jetzige Besitzerinn [sic!] die verwittwete Freyfrau von Elberfeldt, gebohrne Freyin von Etzbach ist. Weiter nach Westen eine kleine Stunde von Bentheim ist,
3) das Dorf und Mersch Gildehaus, theils auf, theils an einem Berge und zwischen den dasigen Steingruben belegen; hat eine Kirche und zween reformirte Prediger und 216 Reihehäuser. Auf dem Berge, welcher gleichfalls eine trefliche Aussicht in die umliegende Gegend darbietet, stehen zwo herrschaftliche maßive Windmühlen, jede von zwey Gängen. Die Angabe hält 396 freye und 544 schatzpflichtige, zusammen 913 Personen. — 4 Pferde, 353 Stück Hornvieh, 71 Schweine, 254 Bienenstöcke und 28 Gänse.
Ferner folgende 8 Bauerschaften, wovon die erstere zu Bentheim und die übrigen zu Gildehaus eingepfarret sind.
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Uebrigens lieget in dem Bezirk der obgedachten Bauerschaft Barel auch das Landtagsfähige, dem Herrn Grafen von Bentheim-Steinfurth gehörende Lehngut Ravenshorst.
II.) DAS GERICHT SCHÜTTORF.
Darin sind die beyden Kirchspiele Schüttorf und Ohne. Zu Schüttorf sind eingepfarret die Bauerschaften Quendorf, Wengsel, Neerlage, Suddendorf und Samern zum größesten Theil, zu Ohne das Dorf und die Bauerschaft Ohne, und der Rest der Bauerschaft Samern, deren Prediger in der Bauerschaft Ohne wohnet. Die Eingesessenen der Bauerschaft Hestrup gehen nach Brandlecht, und die katholischen Einwohner der beiden Bauerschaften Drivorden und Engden, an welchem leztern Orte eine Capelle ist, nach Embsbühren [sic!] im Hochstifte Münster zur Kirche, und stehen auch unter dem dasigen
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Gohgerichte, welches das Gräfliche Haus Bentheim von dem Hochstifte Münster zu Lehn träget, und die von Hamm damit subinfeudiret hat.
Zu Beförderung des Commerzes ist zu Ohne vor etwan 20 Jahren eine Fahrbrücke über die Vechte erbauet, und von da ein neuer Wegdamm nach Bentheim, so 2 Stunde davon entfernet ist, angeleget, imgleichen daselbst vor ein Paar Jahren eine neue herrschaftliche Windmühle mit zween Gängen maßiv erbauet worden.
Zu Suddendorf ist ein herrschaftlicher freyer Hof, und zu Samern ein dergleichen bewohnter Spieker.
III.) DAS GERICHT NORTHORN.
worinn die beyden Kirchspiele Northorn und Brandlecht. Zu Northorn sind die Bauerschaften Frensdorf, Bockholt, Backelde, Bimolten, Hasepe, Hohenkörben zum Theil, Altedorf, Orth und Deegfeld,
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und zu Brandlecht dieser Ort selbst nebst der Schuttorfischen [sic!] Bauerschaft Hestrup eingepfarret, und zu Hesepe ist eine Kapelle. Weiter befinden sich:
I.) zu Brandlecht ein Landtagesfähiges adeliches Lehngut, dem Freyherrn Droste zu Vischering, Erbdrosten des Hochstifts Münster zuständig, welcher auch das Patronatrecht über die reformirte Pfarre zu Brandlecht hat, deren Prediger aber in der Bauerschaft Hestrup wohnet. Auf dem adelichen Hofe ist eine katholische Capelle.
2.) In der Frensdorfer Mark an der Vechte das ansehnliche katholische Kloster Frenswegen, weißen Augustiner Ordens, so mit einem Prior und 12 Canonicis besetzet, mit einer guten Kirche, verschiedenen wohl unterhaltenen Gebäuden und einträglichen Grundstücken versehen ist, einige andere Kirchen mit Seelsorgern versiehet, und auf dem Landtage Sitz und Stimme hat.
3.) Das adeliche, weltliche Fräuleinstift Wiethmarschen, katholischer Religion, an der Münsterschen Grenze belegen, hat eine Aebtissin und dermahlen 7 Capitularinnen, außer einigen auf Anwartschaft sich daselbst aufhaltenden Fräuleins. Die Kirche und übrigen Gebäude sind zum Theil alt. Die dasige Bauerschaft gehöret nebst einer daselbst befindlichen hölzernen Windmühle mit an das Stift, auch schicket dasselbe einen Deputirten zum Landtage. Wegen des geringern Ertrages der dasigen Grundstücke bezahlet die Bauerschaft zufolge eines zwischen der Landschaft und dem Stifte vor etwan 36 Jahren geschlossenen, aber noch nicht zur völligen Exekution gebrachten Vergleichs nur 3/8 des gewöhnlichen Landgeldes und der extraordinairen Schatzungen; zu der Accise und jeder Matrikular-Schatzung aber werden von dem Stifte und der Bauerschaft gewisse festgesetzte Summen entrichtet.
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IN DER NIEDERGRAFSCHAFT.
IV. DAS GERICHT UELSEN
ist seinem Umfange nach zwar das größeste, enthält aber noch viele weitläuftige und nicht genug benützete Gemeinheits-Gründe, und in der Itterbecker und Wylener Mark eine große Sandwüste, deren Flugsand schon in die Bauerschaft Itterbeck getrieben, und den Einwohnern am Ende zum äußersten Nachtheil gereichen wird, wenn sie die öftern Erinnerungen, dem einreißenden Uebel durch Zupflanzungen u. s. w. vorzubeugen, nicht befolgen werden. In andern Gegenden der Grafschaft haben sich dergleichen Sandstüren [sic!] gleichfalls hervorgethan, die aber beyzeiten mehrentheils gedämpfet sind.
Die Kirche, wobey zween reformirte Prediger stehen, ist in dem Dorfe Uelsen, und sind daselbst alle zum Theil sehr entlegene Bauer-
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schaften dieses Gerichts eingepfarret: doch ist in vorigen Zeiten der Bauerschaft Wilsum eine besondere Kirche mit einem Prediger zugestanden, sie müßen aber ihre Todten noch zu Uelsen beerdigen.
Nahe bey dem Dorfe Uelsen sind eine Herrschaftliche maßive Windmühle von 2 Gängen, und 2 kleine Wassermühlen, auch befinden sich in drey Bauerschaften noch eben so viele kleine Fallmühlen, so an Particuliere gehören.
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V. DAS GERICHT VELTHAUSEN.
hat nur eine Pfarrkirche im Dorfe Velthausen, worin zween reformirte Prediger stehen.
Nahe bey dem Dorfe ist eine alte Herrschaftliche hölzerne Windmühle, an deren statt im gegenwärtigen Jahr eine neue steinerne zu zween gängen wird erbauet werden.
In der Bauerschaft ALTE PICCARDIE stehet ein Gräfliches Jagd-Schloß, und
In der Bauerschaft Grosdorf [sic!] sind, das Adelich freye Guth Schülenburg, der Familie von Coeverden gehörig, und zween andere freye Höfe GEMENBURG und ALTHAUS genannt, und
In der Bauerschaft Eehe das Adelich freye Guth OEdinghoff, der Familie von Langen zu Spinck zuständig.
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VI.) DAS GERICHT EMLICHEIM
hat zwo Kirchen, eine in dem Dorfe EMLICHEIM, wobey zween reformirte Prediger stehen, und woselbst die Gildschaften EMLICHEIM, RINGE und SCHEERHORN eingepfarret sind, die andern zu Laar für die Gildschaft Laerrald [sic!], hat einen reformirten Prediger, der von der Landesherrschaft, als nunmehrigen völligen Eigenthümer des der Lehn-Cammer heimgefallenen Landtages fähigen Lehngutes Laar angeordnet wird. Außerdem ist zu Emlicheim eine Catholische und zu Arckel eine reformirte Capelle.
Außer oberwehntem Herrschaftlichen Gute Laar ist in besagter Gildschaft Laerwald auch noch das Adeliche allodial Guth WOLDA, dem Freyherrn VON BENTINCK zuständig, der deshalben auf dem [sic!] Landtagen Sitz und Stimme hat, imgleichen ein freyer Hof in der Bauerschaft Echlelen. Ohnweit Emlicheim stehet eine der dasigen Kirche gehörende, und vor einigen Jahren Neuerbauete maßive Windmühle von einem Gange.
Bey naßen Sommern leidet das Gericht Emlicheim mannigmahl vielen Schaden durch Ueberschwemmung der Vechte, welchem Uebel viellelcht dadurch abzuhelfen stünde, wenn von Eehe ab ein Canal aus der Vechte geleitet, und durch die dasige niedrige Gegend, ohngefähr entlangs der Grenze zwischen den Gerichten Uelsen und Emlicheim, wo sich bereits einige Abwäßerungsgraben befinden, in möglichst gerader Linie bis an die Holländische Grenze gezogen würde, um sich daselbst wieder mit der Vechte zu vereinigen, durch welchen Canal nicht nur bey Fluthen vieles Wasser abgeleitet werden, sondern auch denselben zum leichtern Transport der Kaufmannswaare in trocknen Jahrszeiten dienen, und selbst die Gemeinheits-Gründe, wodurch der Canal würde gezogen werden, aus demselben würden geflößet, und mit vielem Vortheil zu Wiesen- und Weide-Gründen gebrauchet werden können.
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zum Beschluß also folgende
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Und beläuft die ganze Personen Zahl sich auf 21896.
Bentheim im März Monat 1789
Wedekind.