F. F. von Raet von Bögelscamp: Bey­trä­ge zur Geschich­te West­pha­lens – Teil 2


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Bey­trä­ge

zur Geschich­te

West­pha­lens

zugleich

Ver­such einer Pro­vin­zi­al­ge­schich­te

der merk­wür­di­gen

GRAFSCHAFT BENTHEIM

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Aus Urkun­den und gleich­ar­ti­gen Nach­rich­ten

von

F. F. von Raet von Bögels­kamp.

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ZWEITER THEIL.

Burg­stein­furt 1805

[Gleich­zei­ti­ge Zweit­aus­ga­be: Müns­ter 1805, Aschendorff’sche Buch­hand­lung. (In Com­mis­si­on.)]

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III

 

§. 1 Graf Ever­win I. Dynast von Güters­wyk erhält Bent­heim und Stein­furt. 1

§. 2 Sein ältes­ter Sohn Ber­nard 2. suc­ce­di­ret in Bent­heim, der Jüngs­te Arnold in Stein­furt 2

§. 3 Bei­der respek­ti­ve Söh­ne, bei­de Ever­win 2. gen­ant, fol­gen in ihre väter­li­che Län­der und errich­ten 1487 eine Erb­ei­ni­gung.

§. 4 Nach der­sel­ben ver­stirbt Bent­heim 1530 auf Stein­furt, die Bent­hei­mi­sche Grä­fin Maria heu­ra­tet den Gra­fen Arnold ihren Vet­ter zu Stein­furt. 8

§. 5 Die­ses Gra­fen ältes­ter Sohn Ever­win 3. erhält Bent­heim, der Jüngs­te Arnold Stein­furt, die­ser ver­stirbt ohne Erben 9

§. 6 Ein­füh­rung der Refor­ma­ti­on in bei­den Graf­schaf­ten. 11

§. 7 Graf Ever­win 3. v. Bent­heim und Stein­furt heu­ra­tet die Erb­grä­fin Anna v. Teck­len­burg, so auf ihn 1558 ver­stirbt. 13

§. 8 Gesch. des Teck­lenb. Amtes Lin­gen, so an Preus­sen ver­er­bet, das Teck­lenb. vom Hau­se Solms kau­fet, so daß nur Rhe­da beym Hau­se Bent­heim bleibt. 14

§. 9 Stif­tung des illüs­tern Gym­na­si­ums zu Burg­stein­furt 1591 durch den Gra­fen Arnold von Bent­heim, Teck­len­burg und Stein-

III

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IV

furt, der letz­te­re Grafsch. von sei­nem gleich­na­mi­gen Ohei­me, erer­bet, und mit sei­ner Gema­lin Mag­da­le­na Nüen­aar, Lim­burg, Alpen, Hel­fen­stein, Bedbur, Len­nep, nebst der Erb­vog­tey zu Köln bekömt. 16

§. 10 Gr. Arnold Jobst von Bent­heim u. Stein­furt bestä­ti­get 1613 den Bent­hei­mi­schen Ober­kir­chen­rath, Bent­hei­mi­sche Land­tags-Reces­se u. Bent­hei­mi­sche Drangsa­le im drei­ßig­jäh­ri­gen und Spa­nisch Nie­der­län­di­schen Krie­ge. 21

§. 11 Die Her­kunft der Ger­trud von Zelst Gema­lin des Gr. Ernst Wil­helm von Bent­heim. Schutz der­sel­ben wider ihren Schwa­ger den Gra­fen Phil­ip Con­rad von Stein­furt, jün­gern Bru­der ihres Gema­les, durch den Müns­teri­schen Fürst­bi­schof Chris­toph Bern­hard von Galen. 39

§. 12 Der Graf v. Bent­heim ernen­net sei­ne Söh­ne noch bey sei­nem Leb­zei­ten zu Mit­be­sit­zern sei­ner Graf- und Herr­schaf­ten durch ein Con­sti­tu­tum Pos­ses­so­ri­um. 49

§. 13 Die Grä­fin v. Bent­heim wird mit vier edelen Ahnen durch den Kai­ser in den Reichs­gra­fen­stand erho­ben. 50

§. 14 Der Graf v. Stein­furt und sein Schwie­ger­va­ter der Graf v. Teck­len­burg über­fal­len den Gr. v. Bent­heim in sei­nem eige­nen Schlo­ße, und erprrs­sen [sic!] von ihm eine Pri­vat-Erklä­rung zum Nacht­hei­le sei­ner Kin­der, die er her­nach wider­ruft, wor­auf sein Bru­der, der Graf v. Stein­furt stirbt und sei­nen Sohn Arnold Moritz Wil­helm auch in den ver­mein­ten Bent­hei­mi­schen Ansprü­chen zum Nach­fol­ger hat. 53

§. 15. Der Graf v. Bent­heim wird durch Ver­an­stal­tung des Müns­teri­schen Fürst­bi­sch­ofes

IV

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V

Chris­toph Bern­hard v. Galen von der Land­stra­ße auf­ge­ho­ben und catho­lisch. 58

§. 16 Die Grä­fin schickt ihre Kin­der nach Hol­land, Bent­heim wird mit Mün­te­ri­schem Mili­tär besetzt, die Grafsch. durch Müns­teri­sche regiert; die Grä­fin wird mit mili­tä­ri­scher Gewalt­t­hä­tig­keit nach Müns­ter gebracht, wovon Sie nach den Haag ent­flieht. 62

§. 17 Bent­hei­mi­sche Land­ta­ge 1647 und 1655. Errich­tung des Bent­hei­mi­schen Hof­ge­richts. 76

§. 18 Ver­mit­te­lung der Bent­hei­mi­schen Strei­tig­kei­ten durch die Gene­ral-Staa­ten und den Frie­dens-Con­greß zu Köln 1674. 80

§. 19 Der Fürst­bi­schof Chris­toph Bern­hard von Galen tren­net die Bent­hei­mi­sche ehe, hat den Kai­serl. Reichs-Hof­rath auf sei­ner Sei­te, der Gr. v. Bent­heim ver­mä­let sich ander­weit mit Isa­bel­la Grä­fin von Lim­burg Styrum, woge­gen sei­ne Gema­lin pro­testi­ret, aber 1678 so wohl als der Bischof von Müns­ter stirbt. 84

§. 20 Bent­hei­mi­sche Lan­des-Con­corda­ten von 1680 Gerichts-Ord­nung. Die Strei­tig­kei­ten in der Gräfl. Fami­lie dau­ern fort. 86

§. 21 Der durch frem­den Ein­fluß gelei­te­te, betag­te und zuletzt blin­de Gr. Ernst Wil­helm v. Bent­heim, enter­bet sei­ne Kin­der und setzt sei­nen catho­lisch gewor­de­nen Vet­ter Arnold Moritz Wil­helm v. Stein­furt zu sei­nem Erben ein, weil er mit sei­ner zwei­ten Gema­lin nur eine Toch­ter erzeu­get hat­te. Schwan­ken­des unbe­stim­tes Ver­fah­ren des Reichs Hof­raths. Die catho­li­schen und pro­tes­tan­ti­schen Mäch­te in Teutsch­land und Euro­pa ver­wen­den sich, Jene für Stein­furt, die­se für die Bent­hei­mi­schen gräfl. Söh­ne. Bie­le­fel­der Ver­trag 1691. Tod des Gr. Ernst wil­helm

V

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VI

von Bent­heim 1693. 95

§. 22 Ankunft des ältes­ten Soh­nes des­sel­ben, des Gr. Ernst in Bent­heim, das sein Vet­ter von Stein­furt schon im Besitz genom­men, und in Stein­furt. Stein­fur­ti­sche Irrun­gen mit dem Hoch­stif­te Müns­ter. 108

§. 23 Bent­hei­mi­sche und Stein­fur­ti­sche Strei­tig­kei­ten über die Vol­zie­hung des Bie­le­fel­der Ver­tra­ges. Strei­tig­kei­ten der Bent­hei­mi­schen Land­stän­de aufm Land­ta­ge 1695. 112

§. 24 Strei­tig­kei­ten des Gr. Arnold Moritz Wil­helm mit dem Eng­li­schen Köni­ge u. Hol­län­di­schen Statt­hal­ter Wil­helm 3., dem die Obe­rys­se­li­schen Staa­ten ihre Bent­hei­mi­schen Rech­te über­tru­gen. 117

§. 25 Stein­fur­ti­sche Hän­del mit Müns­ter. 119

§. 26 Der König von Eng­land und Statt­hal­ter von Hol­land belehnt den Gr. Ernst 1696 mit Neu­en­haus und Zube­hör in der Nie­der­grafsch. Bent­heim. 120

§. 27 Strei­tig­kei­ten über die Hul­di­gung des Gr. Arnold Moritz Wil­helm in der Grafsch. Bent­heim. 122

§. 28 Der Eng­li­sche König und Hol­län­di­sche Statt­hal­ter Wil­helm 3. läßt 1696 in Sep­tem­ber Neu­en­haus mili­tä­risch beset­zen und dem Gr. Ernst in der Nie­der-Grafsch. Bent­heim hul­di­gen. 131

§. 29 Des­sen Com­pro­mis­sa­ri­scher Aus­spruch der Strit­tig­kei­ten zwi­schen den Herrn Gr. v. Bent­heim und Stein­furt, u. Ent­scheid. der Lan­des-Ange­le­gen­hei­ten vom J. 1701; Königl. Preus­si­sche Gua­ran­tie des­sel­ben vom Jah­re 1704, der Gene­ral-Staa­ten der Ver­ei­nig­ten Nie­der­lan­de vom Jah­re 1707; Kai­serl. Geneh­mi­gung des­sel­ben in allen Kai­serl. Beleh­nun­gen der Lini­en Bent­heim

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VII

u. Stein­furt des Gesamt­hau­ses Bent­heim, mit den Grafsch. Bent­heim u. Stein­furt, zur gesam­ten Hand, nebst dem dar­in bestä­tig­ten Rück­fal­le in bei­de respek­ti­ve Län­der, bey Erlö­schung einer die­ser Lini­en, zu Fol­ge des Bie­le­fel­der Ver­tra­ges. 137

§. 30 Ehe­ma­li­ger Zustand der unmit­tel­ba­ren Reichs­herrsch. uud [sic!] jet­zi­gen Grafsch. Stein­furt, beson­ders in Rück­sicht des Hoch­stifts Müns­ter. Eigent­li­che Gegen­stän­de der Miß­hel­lig­kei­ten Stein­furts mit Müns­ter. Feind­see­li­ges Betra­gen des Müns­teri­schen Fürst­bi­schofs Chris­toph Bern­hard v. Galen wider Stein­furt. 145

§. 31 Ver­trag der Herr­schaft mit der Stadt Burg­stein­furt vom Jahr 1616. Neu­er Ver­trag zwi­schen den­sel­ben vom J. 1717. 157

§. 32 und 33. Ver­gleich zwi­schen Müns­ter und Stein­furt vom J. 1716. Durch die­sen Ver­gleich geht die ehe­ma­li­ge Lan­des­ho­heit in der vor­ma­li­gen Ober­grafsch. Stein­furt ver­lo­ren, wel­che zum Medi­at-Dis­trict der Graf­schaft Stein­furt her­ab­sinkt. 164

§. 34 Abster­ben des Gra­fen Arnold Mau­ritz Wil­helm von Bent­heim. Erwer­bung der Chur­pfäl­zisch. Ober­amt­manns­stel­le zu Ger­mers­heim, in der Fol­ge zu Umstadt und Otz­berg. 179

§. 35 Noch eini­ge Dif­fe­re­nen über den Schie­des­rich­ter­li­chen Aus­spruch des Eng­li­schen Köni­ges und Hol­län­di­schen Statt­hal­ters. Ver­gleich zu Cam­pen vom Jahr 1715. 182

§. 36 Graf Her­mann Fried­rich v. Bent­heim. Münst. Admi­nis­trat. der Grafsch. Bent­heim. 186

§. 57 [sic!] Graf Fried­rich Karl v. Bent­heim. Bent­hei­mi­sche Pri­mo­ge­ni­tur. 186

§. 38 Pro­ceß wegen des Oxen­stir­ni­schen Fidei­com­mis­ses. 187

VII

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VIII

Acten­mäs­si­ge Geschich­te der Ver­pfän­dung der Reichs-Graf­schaft Bent­heim, nebst den Vor­fäl­len der neu­es­ten Zeit.

§. 39 Ver­an­las­sung zur Ver­pfän­dung. 193

§. 40 Inhalt des Pfand­schafts-Con­tracts. 195

§. 41 Abbe­zah­lung der Schul­den gegen cedir­te Rech­te. Sus­pen­si­on des Pfandsch.-Contr. wäh­rend dem sie­ben­jäh­ri­gen Krie­ge. 202

§. 42. Vort­hei­le wel­che Chur­han­no­ver von der Ver­pfä­dung gehabt hat. 206

§. 43. Frucht­lo­se Beschwer­den über Ver­let­zung des Pfand­schafts­con­tracts. 211

§. 44. Ent­wür­fe zur Wie­der­ein­lö­sung vor Ablauf der Ver­satz­zeit. 230

§. 45. Ver­ei­tel­te Wie­der­ein­lö­sung der Grafsch. Bent­heim nach Ablauf der Ver­satz­zeit. 230

§. 46. Bege­ben­hei­ten der Grafsch. Bent­heim nach Ablauf der Ver­satz­zeit. 240

§. 47. Abster­ben des Grafeu [sic!] Fried­rich Karl von Bent­heim. Suc­ces­si­on des Hrn. Reichs­gra­fen Lud­wig von Bent­heim-Stein­furt in die Grafsch. Bent­heim. Anhang. Schluß. Genea­lo­gi­sche Tabel­len. 246

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Noch dazu gekom­me­ne Sub­scri­ben­ten.

Herr Amts-Rath Grim­mell zu Schott­mar im Lip­pi­schen.

Herr Regie­rungs-Secre­ta­ir Stein zu Det­mold.

Herr Advo­kat Heyl in Meppen.

Herr W. B. Don­cker­mann, Apo­the­ker zu Lin­gen.

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zweiter_band_unpaginiert_001

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(1)

§. 1.

Hat­te Graf Ever­win I. zu Fol­ge sei­ner Ehe­stif­tung mit Met­ta Dynas­tin von Stein­furt vom Jah­re 1404, durch den aus­ser die­ser sei­ner Toch­ter unbe­erb­ten Todes­fall sei­nes Schwie­ger­va­ters Ludolphs von Stein­furt, des Letz­ten die­ses uralten Hau­ses, die damals so wich­ti­ge Herr­schaft Stein­furt I) 1421, so wie im näm­li­chen Jah­re durch Abster­ben sei­nes Groß-Oheims müt­ter­li­cher Sei­te des Gra­fen Ber­nards, die Graf­schaft Bent­heim erhal­ten, so bekam Er mit sei­ner zwei­ten Gema­lin Gis­ber­ta Toch­ter des Gra­fen Otto von Bron­khorst und der Grä­fin Agnes von Solms zu Otten­stein, die­se Solm­sisch-Otten­stein­schen Güter.

§. 2.

Nach sei­nem 1454 erfolg­ten Tode 2) suc­ce­dir­ten von sei­nen bei­den aus sei­ner zwei­ten Ehe

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I) Wozu auch Gro­nau unter andern verl­ohr­nen Per­ti­nen­ti­en gehört. [lt. Druck­feh­ler­ver­zeich­nis muss es hier hei­ßen: gehör­te]
2) Er hat­te in den Strei­tig­kei­ten des Müns­teri­schen Bisch­ofes Hen­rich von Mörs 2. Th.

(1)

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2

erzeug­ten Söh­nen der Ael­tes­te Ber­nard in Bent­heim, Arnold der Jüngs­te in Stein­furt. Jener war mit der Grä­fin Anna von Egmond, die­ser mit der Dynas­tin Catha­ri­na von Geh­men ver­mä­let. Bei­de erzeug­ten mit die­sen ihren Gema­lin­nen einen Sohn, wel­che Bei­de Ever­win der Zwei­te gen­ant wur­den und in Bent­heim und Stein­furt respec­ti­ve suc­ce­dir­ten. Nur war in der Stein­fur­ti­schen Linie noch eine Toch­ter Agnes ver­mä­let mit dem Gra­fen Jacob von Bron­khorst.

Ihre respec­ti­ve Väter, Ber­nard von Bent­heim starb 1473, Arnold von Stein­furt 1466 I).

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mit den Stän­den des Hoch­stif­tes es mit Letz­tern gehal­ten, das Bünd­niß zwi­schen den Hoch­stif­tern Uet­recht und Müns­ter 1445 mit unter­schrie­ben, auch thä­ti­gen Ant­heil an den Hoja­i­schen Uuru­hen [sic!] im Müns­teri­schen, und an der Schlacht beim Klos­ter Varlar genom­men; die Stein­fur­ter zer­stör­ten das von den Müns­teri­schen neu erbau­te Schloß zu Bil­ler­beck. A MATTHAEI ANALECT. T. V. P. 82. 84. 108.

I) Der Müns­teri­sche Fürst­bi­schof Her­zog Johann von Bai­ern löse­te Rhei­ne wie­der von Stein­furt und Geh­men 1455 ein; sons­ti­ge etwa­ige Strei­tig­kei­ten soll­ten durch BEIDERSEITIGE COMMISSARIEN aufm Los­ser-Furth ent­schie­den wer­den.

ANT. MATTHAEI ANALECT. TOM. V. P. 134. Das Ori­gi­nal die­ser Urkun­de ist aufm Rath­hau­se der Stadt Deven­ter. — Ber­nard Graf von Bent­heim unter­schrieb als Vor­mund

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§. 3.

In der Bent­hei­mi­schen Linie war Ever­win 2. unter dem Kai­ser­li­chen Statt­hal­ter Her­zog Georg von Sach­sen Gou­ver­neur von Fries­land in der Nie­der­län­di­schen Geschich­te sehr berühmt und bekam den Zuna­men des Rei­chen und Wei­sen. Er erwarb der Graf­schaft Bent­heim, wel­che Er von ihren Schul­den befreye­te, die Herr­lich­keit und das Gericht Emblich­eim zurück, wel­che mit der Graf­schaft Bent­heim zu einem beson­dern Reichs­leh­ne erho­ben wur­de. Mit sei­ner Gema­lin Ingel­burg Her­zo­gin von Meck­len­burg Star­gard zeug­te Er erst­lich zwei Töch­ter, Anna ver­mä­let mit dem Gra­fen Johann von Hon­stein, Chris­ti­na Abtis­sin zu Wiet­mär­schen, dann einen bald ver­stor­be­nen Sohn Ber­nard, ver­mä­let mit der Grä­fin Mar­ga­re­ta von Wied, end­lich eine Toch­ter Maria, die ins Stein­fur­ti­sche Haus heu­ra­te­te, da das Bent­hei­mi­sche jetzt erlosch.

In der STEINFURTISCHEN Linie war Ever­win II. I) mit der Grä­fin Adel­heid von Hoja ver-

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sei­nes Bru­ders Soh­nes Ever­wyns 2. von Stein­furt 1466 das Müns­teri­sche Pri­vi­le­gi­um. KINDLINGER I. 41ste Urkun­de.

I) Unter­schrieb das Bünd­niß zwi­schen den Fürst­bi­schö­fen Her­zog David von Bur­gund zu Uet­recht und der Rit­ter­schaft und den Haupt­städ­ten von Obe­rys­sel, einer, und Hen­rich von Schwar­zen­burg zu Müns­ter

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mälet, womit Er einen ein­zi­gen Sohn Arnold erzielete, der durch sei­ne Heu­rat mit Maria von Bent­heim wie­der bei­de Graf­schaf­ten Bent­heim u. Stein­furt zusam­men bekam und Stamm­va­ter der neu­ern Gra­fen von Bent­heim, Stein­furt und Teck­len­burg zu Rhe­da wur­de.

Sein Vater Ever­win 2. von Stein­furt bekam 1438 vom Kai­ser Fried­rich dem Drit­ten, ganz im Style eines Kai­sers an einen unmit­tel­ba­ren Reichs-Regent, ein Anschrei­ben, mit den Sei­ni­gen zu Roß I) und zu Fuß, sei­nen Sohn, den Römi­schen König Max aus der Gefan­gen­schaft zu Brüg­ge in Flan­dern zu ret­ten, des­glei­chen 1494 wider den König in Frank­reich nach Metz und wie­der die Tür­ken. Die uralte Reichs unmit­tel­ba­re Herr­schaft Stein­furt wur­de 1495 aufm Reichs­ta­ge zu Worms zu einer Reichs­graf­schaft mit Sitz und Stim­me im West­phä­li­schen Gra­fen-Col­le­gio und auf den West­phä­li­schen Kreis­ta­gen beför­dert. Noch vor die­ser Erhe­bung der Dynas­tie Stein­furt zur Graf­schaft hat­ten die Brü­der Ever­win der Zwei­te zu Bent­heim und Ever­win der Zwei­te zu Stein­furt, 1487 Mon­ta­ges nach Ocu­li, jene merk­wür­di­ge Fami-

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Admi­nis­tra­tor von Bre­men, und den Müns­teri­schen Dom­ca­pi­tel, Rit­ter­schaft u. Städ­ten ande­rer Sei­te 1484. S. 196.

I) Auch Rit­ter des nie­dern Adels.

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lien und Erb­ver­ei­ni­gung geschlos­sen, die nach­her in allen Kai­ser­li­chen Gesamt­be­leh­nun­gen der Lini­en Bent­heim und Stein­furt des Gesamt­hau­ses Bent­heim, wozu jetzt das Haus Teck­len­burg Rhe­da noch NICHT gehör­te, bestä­ti­get und zum Grund-Geset­ze bei­der Graf­schaf­ten Bent­heim und Stein­furt auch dadurch gewor­den ist, daß die Land­stän­de und Untertha­nen bei­der Län­der sie mit nuter­zeich­net [sic!] und besie­gelt haben, wodurch sie eine Staats-Acte die­ser bei­der Län­der, und nur die­ser allein gewor­den ist, und die Eigen­schaft einer Reichs-Acte durch die Kai­ser­li­che Bestä­ti­gung zum Ueber­flu­ße erhal­ten hat.

Von Bent­hei­mi­scher Sei­te beur­kun­de­ten die­se Staats-Acte die Burg­män­ner Schot­te von Bever, Her­mann Voet, Her­mann Wul­len, Mat­thä­us von Schon­e­feld gen­ant Grastorp, Hen­rich von Müns­ter und Are­nd von Dedem der Alte, dann die drey Städ­te Schüt­tor­pe, Nord­horn und Nien­hus, wel­che hier wohl zum ers­ten male in die­ser Eigen­schaft vor­kom­men, da der Geist der Zeit noch mehr nach dem Mit­tel- als neu­ern Alter schmeck­te, um Frens­we­gen und Wiet­mär­schen, als unwehr­haf­te geist­li­che Stif­tun­gen, schon unter die Mäch­ti­gern des Lan­des und Haus­ge­no­ße­nen des Lan­des­herrn zu fin­den. Von I) Stein­fur­ti­scher Sei­te kom­men die Burg-

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I) UNSER BEDER LANDE UND HERLIGHEITEN

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män­ner Bernd von Lan­gen, Sun­dag von Müns­ter, Johann von Sche­den, Wiem Heven, Gerd von Schwen und Johann von Rhei­ne mit den Städ­ten Stein­furt und Gro­nau vor. Dann wur­de in die­sem Fami­li­en-Ver­tra­ge fest­ge­set­zet, „daß in bei­den Län­dern und Häu­sern der Manns­stamm, und zwar, der Erb­sohn oder die Söh­ne, in jedem Lan­de unge­teilt suc­ced­iren soll­ten, stür­be in einem die­ser Län­der und Häu­ser der Manns­stamm aus, so soll­ten der Erb­sohn oder die Söh­ne des andern Hau­ses bei­de Län­der unzer­tei­let beer­ben. Von den Töch­tern in bei­den Häu­sern und Län­dern soll­te die ältes­te mit drei tau­send gol­de­nen Rhei­ni­schen Gul­den, die zwei­te mit zwei­tau­send, die drit­te mit ein­tau­send sol­cher Gul­den I) an Ihres glei­chen oder meh­re­re Stan­des-Per­so­nen ver­mä­let wer­den, aber dabey auf die Erb­fol­ge in Län­der und Leu­te Ver­zicht leis­ten, wobey noch bestim­met ward, daß die zwei­te und drit­te Toch­ter auch die vier­te u. s. w. in adli­chen Stif­tern und Kapi­teln nach des 2) Adels Stand ver­sor­get wer­den soll­ten, um des­to bes­ser ihre Par­tie zu fin­den. Wäre

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BORCHMANNE UND STEDEN. Burg­män­ner, Minis­te­ria­len, EIGENHÖRIGE, ADELICHE Offi­zie­re und Beam­ten.

I) Ein Beweis, daß das Ver­mö­gen von Stein­furt jenem von Bent­heim damals gleich kam.
2) Hohen Adels.

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in einem der bei­den Häu­ser eine ein­zi­ge Toch­ter so daß der Manns­stamm des andern Hau­ses ihr tand beerb­te, so soll­te sie mit acht­tau­send Rhei­Ni­schen Gul­den aus­be­stat­tet wer­den, aber auch auf Land und Leu­te renun­zü­ren. Wür­den in jeder Linie nur eine Toch­ter oder meh­re­re Töch­ter gebo­ren, so soll­te oder soll­ten die­sel­be jede ihr Land behal­ten, wie in ers­te­rem Fal­le die Söh­ne, jedoch an Ihres Glei­chen oder Meh­re­ren heu­ra­ten, wel­ches aber in Rück­sicht der Söh­ne gar nicht fest­ge­sey­et wur­de.” Die­ser Fami­li­en-Ver­trag des Hau­ses Bent­heim ist ein äch­ter Ueber­gang des Mit­tel­al­ters zum Neu­ern. Um den Manns­stamm auf­recht zu hal­ten, muß­ten die Töch­ter noch Römi­sche und Cano­ni­sche Rech­te durch Ver­zicht­lei­si­un­gen ent­kräf­ten, unter den Söh­nen wur­de der Erb­sohn wie­wohl noch mit eini­gen Zwei­feln schon ange­zei­get, da unter den Chur­fürs­ten durch die gol­de­ne Bul­le Kai­sers Karls des Vier­ten schon die Erst­ge­burt fest­ge­set­zet war, der Kai­ser Wahl und jener Län­der ver­si­chert zu seyn, wor­auf die Chur­stim­me haf­te­te.

Töch­ter, vor­züg­lich Erb­töch­ter muß­ten an Herrn vom hohen Adel heu­ra­ten, wenn sie Ihnen unmit­tel­ba­re Reichs-Gebie­te zubrach­ten, bey den Söh­nen hieß es noch, so viel die Ter­ri­to­ri­al-Hoheit betraf, eine Rit­ters Frau hat Rit­ters Ehre.

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§. 4.

Die Fol­ge jener Erb­ver­ei­ni­gung wür­de sich geäu­ßert haben, hät­te auch Ever­win der Zwei­te von Bent­heim, da Er sei­nen ein­zi­gen jung ver­stor­be­nen Sohn Ber­nard I) über­leb­te und 1530 starb 2), sei­ne Toch­ter Maria nicht mit dem ein­zi­gen Soh­ne Arnold Ever­wins des Zwei­ten von Stein­furt ver­mä­let, wie­wohl der­sel­be zum zwei­ten male mit Wal­burg aus dem berühm­ten Nie­der­län­di­schen Dynas­ti­schen Hau­se Bre­de­rode heu­ra­te­te. Wider jene Erb­ver­ei­ni­gung such­te ihm zwar sei­ne ältes­te Schwie­ge­rin Anna mit ihrem Gema­le, dem Gra­fen Johann von Hon­stein die Suc­ces­si­on in Bent­heim strei­tig zu machen, allein das Fami­li­en und Lan­des-Gesetz war zu bestimt, obschon Er mit sei­ner Bent­hei­mi­schen Gema­lin kei­ne Erben hat­te, wie­wohl er auch nach dem Suc­ces­si­ons-Rech­te Teut­scher hoher Häu­ser und nach dem uralten Sali­schen Geset­ze, ganz dem natür­li­chen Staats-Rech­te, und der Auf­recht­hal­tung der Län­der gemäß, ohne alle Fami­li­en-Ge

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I) War zwar mit der Grä­fin Mar­ga­re­ta von Wied ver­mä­let, starb aber 1528 unbe­erbt.
2) Nach­dem Er in der zwei­ten Ehe 1529 mit Car­da Grä­fin von Schö­ne­burg ohne Kin­der ver­heu­ra­tet gewe­sen war, wel­che den Gra­fen Gum­precht von Nüwen­aar zum zwei­ten Gema­le bekam.

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set­ze, als Bent­heim-Stein­fur­ti­scher Manns­stamm zur Suc­ces­si­on in Bent­heim berech­ti­get war I).

§ 5.

Mit sei­ner zwei­ten Gema­lin Wal­burg von Bre­de­rode bekam Er Ever­win den Drit­ten, der in Bent­heim als ältes­ter Sohn, nach dem Bei­spie­le Ber­nards, Groß-Oheims sei­nes Vaters Arnold, und Arnold den Drit­ten, der in Stein­furt, nach­dem Bei­spie­le Arnolds des Ers­ten, jün­ge­ren Bru­ders des gedach­ten Ber­nards, in Stein­furt suc­ced­iren soll­te; da es in den Häu­sern Bent­heim und Stein­furt schon ein Her­kom­men war, daß bey Erlö­schung des Manns­stam­mes eines die­ser

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I) Er besie­gel­te 1538 mit dem Fürst­bi­sch­ofe Franz von Wal­deck, dem Dom­ca­pi­tel, dem Land-Mar­schal Mor­ri­en und der Stadt Müns­ter den Land­tags­schluß zur Rüs­tung wider die Wie­der­täu­fer. KINDLINGER MÜNSTERISCHE BEITRÄGE I. Theil 99te Urkun­de.

Im Jah­re 1533 den vier­ten Hor­nung unter­schrieb Er mit sei­nem Vet­ter, dem Land­gra­fen Phil­ip v. Hes­sen den Reli­gi­ons-Frie­den des Hoch­stif­tes Müns­ter. Sieh die Urkun­de bey ANT. MATTH. T. V. P. 142.

In erst erwähn­ter Urkun­de zei­get sich der Graf von Stein­furt als ein mäch­ti­ger, mehr als die Rit­ter­schaft bedeu­ten­der Müns­teri­scher Land­stand, in der zwei­ten als ein benach­bar­ter Reichs­stand des Hoch­stifts Müns­ter.

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die­ser Häu­ser, der ältes­te Sohn des fort­blü­hen­den Stam­mes Bent­heim, der Jün­ge­re Stein­furt bekam. Da nun ein Her­kom­men die Kraft eines Geset­zes hat, beson­ders wenn die­ses Her­kom­men durch ein Gesetz, wie die Bent­heim-Stein­fur­ti­sche Erb­ver­ei­ni­gung des Jahrs 1487, deut­lich genug bestä­ti­get wird, so konn­te in der Fol­ge der Zeit kei­ne umge­kehr­te Suc­ces­si­ons Ord­nung statt fin­den.

Der zum Gra­fen von Stein­furt desi­gnir­te Arnold der Drit­te, der auch schon auf die­se Erb­fol­ge mit der Fürs­tin Mag­da­le­na von Braun­schweig-Lüne­burg ver­mä­let wor­den war, ver­starb aber ohne Erben vor sei­nem Vater Arnold dem Zwei­ten von Stein­furt und dem Ers­ten in Bent­heim. So daß nun gewis­ser­ma­ßen zum zwei­ten Male das Haus I) und die Linie Stein­furt des Hau­ses Bent­heim, aus­ge­stor­ben war, wie eben vor­her die Linie Bent­heim, wel­che jetzt der Arnold 2. von Stein­furt auch in Bent­heim als Arnold I. bis zu sei­nem Tode 1553 fort­setz­te. So wie auch in unsern Tagen das Haus Stein­furt, zur Ver­gü­tung des ihm im sieb­zehn­ten Jahr­hun­dert zuge­fü­ge­ten schrei­en­den Unrech­tes,

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I) Das Haus Stein­furt fiel mit Met­ta von Stein­furt an Ever­win I. von Bent­heim, wie oben ver­mel­det ist.

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den Rück­fall dee Graf­schaft Bent­heim auf sein Stein­fur­ti­sches Stamm­haus bele­bet hat.

§. 6.

Unter eben gedach­tem Gra­fen Arnold dem Zwei­ten in Stein­furt und Arnold dem Ers­ten in Bent­heim nahm die Luthe­ri­sche Leh­re in bei­den Graf­schaf­ten seit 1544 die Ober­hand und der Graf bekann­te sich selbst dazu. Da fast alle Untertha­nen dem Bei­spie­le ihres Lan­des­herrn in bei­den Graf­schaf­ten folg­ten, so schei­net die­se Reli­gi­ons-Ver­än­de­rung kei­ne Erschüt­te­rung ver­ur­sa­chet zu haben; noch weni­ger merk­lich war in bei­den Graf­schaf­ten der Ueber­gang von der Luthe­ri­schen zur Reform­ir­ten Leh­re unter der Regie­rung des Sohns­soh­nes die­ses Arnolds, des Gra­fen Arnold von Bent­heim, Teck­len­burg und Stein­furt, da die­ser Herr auch die Reform­ir­te Leh­re annahm. Die auf weni­ge Häu­ser aus­ge­stor­be­nen adli­chen Lan­des­stän­de, wel­che zum Thei­le im benach­bar­ten Müns­teri­schen wohn­ten, blie­ben aus gegrün­de­ten auch poli­ti­schen Ursa­chen gro­ßen Thei­les Catho­lisch, wie das Got­tes­haus Frens­we­gen, und das jetzt in ein welt­li­ches Damen­stift ver­wan­del­te vor­ma­li­ge Klos­ter Wiet­mär­schen sich selbst all­ge­mach so ver­än­dert hat­te. Die Reli­gi­ons-Ver­än­de­rung des Bent­hei­mi­schen Gra­fen Ernst Wil­helms unterm Betrieb des Müns­teri­schen Fürst­bi­sch­ofes, Chris­toph Ber­nards von Galen ver­ur­sach­te im

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sieb­zehn­ten Jahr­hun­dert hin­ge­gen die erschüt­ternds­ten Catho­li­schen Gegen-Anstal­ten, woge­gen der Geist der Ein­tracht im gan­zen sechs­zehn­ten und in der ers­ten Hälf­te des sieb­zehn­ten Jahr­hun­derts in dem [lt. Druck­feh­ler­ver­zeich­nis muss es hier hei­ßen: den] Bent­hei­mi­schen Land­tags-Reces­sen außer­or­dent­lich auf­fal­lend absticht, da in die­ser gan­zen Peri­ode die zeit­li­chen Prio­ren von Frens­we­gen, des dem Augus­ti­ner Orden eige­nen Geis­tes der Mäßi­gung und ihrer Kent­niße wegen, einen gro­ßen Ein­fluß in den Lan­des-Ange­le­gen­hei­ten hat­ten. Im poli­ti­schen Betrach­te ver­schlim­mer­ten sich die West­phä­li­schen hohen Häu­ser durch die Annah­me der Refor­ma­ti­on äußerst. Die säcu­la­ri­sir­ten Hoch­stif­ter Bre­men, Ver­den, Min­den u. s. w. wur­den mäch­ti­gern Häu­sern zu Thei­le, zu den Geblie­be­nen Müns­ter, Pader­born u. s. w. ver­sper­re­te ihnen der West­phä­li­sche Frie­de, wie zu den catho­li­schen Damen­stif­tern Vre­den, Borg­horst, Wiet­mär­schen u. s. w. den Zugang. Wohin­ge­gen der Catho­li­sche nie­de­re Adel die reich­hal­tigs­te Quel­le der Ver­sor­gung sei­ner nach­ge­bor­nen Söh­ne und Töch­ter aus­schließ­lich in ganz West­pha­len hat­te, wenn im gan­zen Mit­tel­al­ter kaum ein Fürst­bi­schof oder auch nur ein Dom­prä­lat aus einem andern, als hohen Adel gewe­sen war. Kein Haus hat die­ses wohl mehr gefü­let, als das vom Müns­teri­schen umge­be­ne Haus Stein­furt, das sich durch so vie­le geist­li­che, ihm jetzt ver­wehr­te Stif­tun­gen, auch an der Mal­te­ser-Com­men­de zu Stein­furt, fast erschöpf­et hat­te.

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Indes­sen ist die­ses das gan­ze Staats­recht erschüt­tern­de, alle Begrif­fe von Lan­des­ho­heit und Untert­hä­nig­keit ver­wir­ren­de Ueber­ge­wicht des nie­dern Adels über den hohen, durch die Säcu­la­ri­sa­tio­nen unse­rer Zeit wie­der ins alte gehö­ri­ge Glei­se gebracht. Ver­bin­dun­gen, Erb­ver­brü­de­run­gen unter den neu­ern West­phä­li­schen hohen Häu­sern mit den vor­her dor­ten bestan­de­nen, güns­ti­gen [lt. Druck­feh­ler­ver­zeich­nis muss es hier hei­ßen: güns­ti­ge] Alli­an­zen kön­nen auch die zu gro­ße Dis­pro­por­ti­on zwi­schen den mehr und min­der Mäch­ti­gen, zu grö­ße­rer Fes­tig­keit des Teut­schen Reichs weni­ger merk­lich machen.

§. 7.

Arnolds ein­zi­ger noch übri­ger Sohn, der als ältes­ter zum Erben der Graf­schaft Bent­heim bestimmt war, folg­te ihm in bei­den Graf­schaf­ten Bent­heim und Stein­furt. Die­ser Graf Ever­win der Drit­te war mit der Grä­fin Anna von Teck­len­burg, wie sei­ne ein­zi­ge Schwes­ter Agnes erst mit dem Gra­fen Johan von Riet­berg, dann mit dem Gra­fen Otto von Hoja ver­mählt. Sein Schwie­ger­va­ter Graf Con­rad von Teck­len­burg, ver­mählt mit der Land­grä­fin Mech­tild von Hes­sen, starb 1557 vor ihm mit Hin­ter­las­sung sei­ner ein­zi­gen Toch­ter, der gedach­ten Grä­fin von Bent­heim und Stein­furt ohne allen wei­tern Teck­len­bur­gi­schen Manns­stamm. Wor­aus man mit einem Blick über­sieht, daß die gan­ze Teck­len­bur-

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gische dama­li­ge Ver­las­sen­schaft auf das ein­zi­ge Teck­len­bur­gi­sche Kind, in so weit Land und Leu­te betrifft, näm­lich auf die Grä­fin von Bent­heim und Stein­furt, nicht aber auf ihre Vaters Schwes­ter Anna, ver­mählt mit dem Gra­fen Phil­ipp v. Solms hät­te ver­er­ben müs­sen, da kei­ne Regre­di­ent-Erb­schaft oder Rück­tritt an Land und Leu­ten unter dem weib­li­chen Geschlech­te statt­fin­det, weil eine Toch­ter näher ist, als eine Schwes­ter.

§. 8.

Indes­sen wur­de das Teklen­bur­gi­sche Amt Lin­gen durch den Kai­ser Karl den Fünf­ten dem gedach­ten letz­ten Gra­fen Con­rad von Teck­len­burg, wegen sei­ner Theil­nah­me am Schmel­kal­di­schen [lt. Druck­feh­ler­ver­zeich­nis muss es hier hei­ßen: Schmal­kal­di­schen] Bun­de, nebst Ibben­bü­ren und noch drey andern Teck­len­bur­gi­schen Kirch­spie­len, abge­nom­men, und dem Aus­füh­rer die­ser Exe­cu­ti­on, dem Gra­fen Maxi­mi­li­an von Büren aus dem Hau­se Egmond als eine von allen Reichs­las­ten befrey­te Grafsch. ver­lie­hen. Sei­ne Toch­ter Anna von Büren ver­erb­te die­se Graf­schaft zwar auf ihren Gemahl, den Prin­zen Wil­helm den Ers­ten von Nas­sau-Ora­ni­en, ihr Vor­mund ver­kauf­te sie aber dem Kai­ser Carl dem Fünf­ten, der sie mit allen Nie­der­län­di­schen Län­dern 1555 sei­nem Soh­ne, dem Spa­ni­schen Köni­ge Phil­ipp dem Zwei­ten über­ließ, wel­cher sie auch aller Teck­len­bur­gi­sche Gegen-Vor­stel­lun­gen unge­ach­tet bis 1597 behielt, da

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Prinz Moritz von Nas­sau-Ora­ni­en, des­sen Vater eben gedach­ter Prinz Wil­helm der Ers­te sie 1578 von dem erwähn­ten Spa­ni­schen Köni­ge zum Geschenk bekom­men hat­te, sol­che wie­der erober­te. Von 1605 bis 1632 hat­ten die Spa­ni­er zwar wie­der Lin­gen in Besitz , nach deren Abzug bemäch­tig­ten sich jedoch das Haus Ora­ni­en und die Staa­ti­schen Trup­pen des­sel­ben wie­der, bis es mit dem Abster­ben des Eng­li­schen Königs und Hol­län­di­schen Statt­hal­ters Wil­helms des Drit­ten, mit der übri­gen Ora­ni­schen Erb­schaft an Preus­sen fiel, wenn das illüst­re Gym­na­si­um zu Lin­gen noch ein Andenken an die Ora­ni­sche Erb­schaft ist. Durch die­ses Hin- und Her­zie­hen der Spa­ni­schen und Sta­ti­schen Trup­pen aus den Nie­der­lan­den durch die Graf­schaft Bent­heim nach Lin­gen und zurück hat­te die­se Graf­schaft, wie nicht weni­ger die Graf­schaft Stein­furt des dreis­sig­jäh­ri­gen zugleich mit dem Nie­der­län­di­schen acht­zig­jäh­ri­gen Krie­ge I) wüten­den teut­schen Krie­ges wegen unbe­schreib­lich zu lei­den. Hat­te Preus­sen übri­gens die­se Teck­len­bur­gi­schen Bestandt­hei­le von Ora­ni­en geer­bet, so erhielt Es das übri­ge Teck­len­bur­gi­sche durch Kauf vom Hau­se Solms 2) bis auf die Herr­lich­keit oder Graf­schaft Rhe­da, wel­che beym Hau­se Bent­heim-Teck­len­burg geblie­ben ist.

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I) Mit Ein­schluß des zwölf­jäh­ri­gen Bestan­des oder Waf­fen­still­stan­des.
2) Nach unend­li­chen Strei­tig­kei­ten zwisch. den Häu­sern Bent­heim u. Solms bey bey­den höchs­ten Reichs­ge­rich­ten zu Wetz­lar u. Wien.

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§. 9.

Ever­win der Drit­te Graf von Bent­heim und Stein­furt und seit 1558 auch von Teck­len­burg starb 1562 mit Hin­ter­las­sung einer Toch­ter Wal­burg Gema­lin des Gra­fen Her­mann von Wind und eines Soh­nes Arnold. Da die­ser Ever­win der Drit­te ein Sohn des Gra­fen Arnold von Stein­furt war, so ersieht man, daß das Haus Stein­furt das Stamm­haus der Häu­ser Bent­heim uud [sic!] Teklen­burg-Rhe­da ist, so wie jene Erb­ver­ei­ni­gung zwi­schen den Brü­der­kin­dern Ever­win dem Zwei­ten von Bent­heim u. Ever­win dem Zwei­ten von Stein­furt vom Jah­re 1487 zwei Gene­ra­tio­nen frü­her geschlos­sen wur­de, und die Häu­ser Bent­heim und Stein­furt sich über ein Jahr­hun­dert frü­her wech­sel­sei­tig suc­ce­dir­ten als das eigent­lich aus­ge­stor­be­ne Haus Teklen­burg durch eine Erb­toch­ter an das Haus Bent­heim zu Stein­furt kam. Wohl fog­lich [sic!] müs­sen die Rhe­dai­schen Besit­zun­gen bei der Erlö­schung des neu­ern Teck­len­bur­gi­schen Manns­stam­mes an den Güters­wyk­schen ori­gi­nel­len Manns­stamm zu Stein­furt, auch ohne alle Erb­ver­ei­ni­gun­gen zurück­fal­len, wenn hin­ge­gen der­ma­len bey Erlö­schung des Bent­hei­mi­schen Zwei­ges des Hau­fes Stein­furt, das Haus Teck­len­burg-Rhe­da nur erst nach dem Aus­ster­ben des Hau­ses Stein­furt in Bent­heim suc­ced­iren kann, da alle Erb­ver­ei­ni­gun­gen und Beleh­nun­gen zur gesamm­ten Hand zwar ein Suc­ces­si­ons-Recht gewä­ren, aber die Ord­nung und Fol­ge in der Suc­ces­si­on nicht umkeh­ren kön­nen.

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Arnold der Drit­te zn [sic!] Stein­furt und der Zwei­te zu Bent­heim, der zwei­te Graf von Teck­len­burg aus die­sem Bent­hei­mi­schen Hau­se Stein­fur­ti­scher Linie beför­der­te die Reform­ir­te Leh­re und stif­te­te 1591 das illüst­re Gym­na­si­um zu Stein­furt für fünf Pro­fes­so­ren und sechs Prä­cep­to­ren, wel­ches von ihm Arnol­dinum genannt wird.

Hat­te sein Vater Ever­win III Teck­len­burg erheyra­thet, so bekam Er mit sei­ner Gemah­lin Mag­da­le­na Toch­ter des Gra­fen Gum­precht von Nue­nar und der Grä­fin Anna von Lim­burg oder Hohen-Lim­burg die­se Graf­schaft Lim­burg samt den Herr­schaf­ten Alpen, Hel­fen­stein, Len­nep und Bedbur nebst der Erb­vog­tey zu Cölln, wel­che Errun­gen­schaf­ten also den bei­den jetzt noch übri­gen Lini­en Stein­furt und Rhe­da die­ses Stein­furt-Bent­heim-Teck­len­bur­gi­schen Hau­ses gemein­schaft­lich zufie­len.

So vie­le teut­sche Reichs­ge­bie­te hat­te bis­her noch kein Graf von Bent­heim und Stein­furt beses­sen. Was aber das Glück ver­lie­hen hat­te, das ging durch den Aber­glau­ben an Römi­sche und Cano­ni­sche Rech­te gro­ßent­heils wie­der ver­lo­ren. Denn statt dem Geis­te des teut­schen hohen Adels und teut­scher Suc­ces­si­ons-Rech­te in Land und Leu­te gemäß eine Erst­ge­burt in die­ser unget­heil­ten Mas­se der Reichs­län­der zu errich­ten, nahm Arnold eine Thei­lung unter sei­nen Söh­nen vor.

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Von sei­nen im Jahr 1573 leben­den sie­ben Söh­nen und vier Töch­tern starb näm­lich der ältes­te Sohn schon im fol­gen­den Jah­re, der zwei­te Eber­win Mirich [lt. Druck­feh­ler­ver­zeich­nis muss es hier hei­ßen: Wirich] 1596 noch unver­heyra­thet, so daß die Län­der unter den fünf noch übri­gen Söh­nen nach eben so vie­len Gebie­ten vert­hei­let wur­den. Die Töch­ter hoher Häu­ser wur­den in den Thei­lun­gen mit ihren Brü­dern schon immer mehr von Län­dern und Leu­ten abge­fun­den, wor­auf sie ganz über­flüs­sig Ver­zicht leis­ten muß­ten, weil man sich vor­stell­te, sie hät­ten dadurch frei­wil­lig auf den Spruch des Apos­tels, sind wir Kin­der so sind wir auch Erben, wie auf die geist­li­chen und Römi­schen Rech­te ren­un­cirt. Man fühl­te es immer mehr, daß die Soh­ne zur Erhal­tung des Stam­mes und Namens, und des Glan­zes der Fami­li­en zur Regie­rung bestimmt wären, wes­we­gen man Reichs Allo­dien und Stamm­gü­ter immer mehr zu Leh­nen mach­te, da man die Söh­ne zur Tra­gung der Lehns­pflich­ten, beson­ders der mili­tä­ri­schen geschick­ter hielt, als die Töch­ter, deren Ehe­herrn kein ange­bohr­nes Recht an den Län­dern ihrer Gemah­lin­nen hat­ten. Aber auch der Nacht­heil der ste­ten Thei­lun­gen unter den Söh­nen beson­ders pro­tes­tan­ti­scher hoher Häu­ser, denen die geist­li­chen Stif­tun­gen immer mehr ent­gin­gen, offen­bar­te sich für die Fami­li­en und Län­der, wie für das teut­sche Reich immer mehr, so vie­le Mühe es auch kos­te­te, den Apos­to­li­schen Spruch: Ist er ein Sohn, so ist er auch ein Erbe, und

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die frem­den Rech­te auf ihre eigent­hüm­li­che Gegen­stän­de, näm­lich im höhern geist­li­chen Sin­ne respec­ti­ve auf beweg­li­che und nicht unbe­weg­li­che Güter anzu­wen­den. So führ­ten Zeit und Umstän­de, ja die Natur selbst und das Bei­spiel des alten Tes­ta­ments auf die Errich­tung der Erst­ge­burt, wenn der Erst­ge­bohr­ne sonst die zu sei­nem Beru­fe nöthi­gen Eigen­schaf­ten hat­te.

Von die­ses Gra­fen Arnold vier Töch­tern ward Anna mit dem Fürs­ten Chris­ti­an von Anhalt, Amö­na Ama­lia auch mit einem Fürs­ten von Anhalt Namens Lude­wig, Mag­da­le­na mit dem Gra­fen Georg Ernst von Styrum ver­mählt, Ama­lia Amö­na aber starb in ihrer blü­hen­den Jugend. Von sei­nen noch übri­gen fünf Söh­nen bekam der nun­meh­ri­ge ältes­te Adolph ver­mählt mit Mar­ga­re­tha Grä­fin von Nas­sau, Teck­len­burg, der Zwei­te Arnold Jobst oder Jodoc, ver­mählt mit Anna Ama­lia Grä­fin von Isen­burg, Bent­heim, der drit­te Wil­helm Hen­rich, ver­mählt mit Anna Eli­sa­beth Fürs­tin von Anholt, [lt. Druck­feh­ler­ver­zeich­nis muss es hier hei­ßen: Anhalt] Stein­furt, der vier­te Con­rad Gum­precht, ver­mählt mit der Grä­fin Johan­na Eli­sa­beth von Nas­sau, Lim­burg, der fünf­te Fried­rich Ludolf, Alpen. Der vier­te ver­starb aber 1618 unbe­erbt I) und der fünf­te 1629 unver­heyra­thet, so daß Lim­burg und Alpen wie-

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I) Sein Sohn Wil­helm gehö­ren 1617 starb 1618 vor dem Vater.

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der an die drey Lini­en Teck­len­burg, Bent­heim und Stein­furt zurück­fie­len. So daß nun schon zum drit­ten male Stein­furt einem jün­gern, Bent­heim hin­ge­gen einem ältern Bru­der, nach der Obser­vanz des Bent­heim-Stein­fur­ti­schen Hau­ses zuge­wie­sen wur­de, ob schon der Ueber­groß­va­ter die­ser Brü­der Arnold aus dem Stein­fur­ti­schen Hau­se gewe­sen war, wie des­sen Gemah­lin Maria aus dem Bent­hei­mi­schen. — — Zwar war Arnold Jobst, der Bent­heim bekam, jetzt der zwei­te Bru­der, indes­sen war Wil­helm Hein­rich, der Stein­furt erhielt, doch der drit­te, und der nun­meh­ri­ge ältes­te Adolf, da sei­ne bey­den ältern Brü­der ver­stor­ben waren, hat­te an Teck­len­burg nicht zu viel, da das schö­ne Amt und die Graf­schaft Lin­gen nebst jenen vier Teck­len­bur­gi­schen Kirch­spie­len davon abge­ris­sen waren, wegen des übri­gen Teck­len­bur­gi­schen, wovon Rhe­da nur übrig geblie­ben ist, aber ein schwe­rer Pro­ceß mit dem Hau­se Solms im Gan­ge war. Der Vater die­ser Brü­der Arnold war übri­gens an jener Bent­heim-Stein­fur­ti­schen Erb­ver­ei­ni­gung vom Jah­re 1487, ver­mö­ge wel­cher der in Bent­heim und Stein­furt respec­ti­ve bestehen­de Manns­stamm damals Jeder für sich fort­blü­hen soll­te, nicht mehr ver­bun­den, da er bey­de Graf­schaf­ten zusam­men nebst gro­ßen Errun­gen­schaf­ten besaß und eine Pri­mo­ge­ni­tur wenigs­tens in Rück­sicht der Lan­des­ho­heit in allen die­sen Län­dern unget­heilt hät­te errich­ten kön­nen; woll­te er aber die­sel­ben

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thei­len, so muß­te er Bent­heim nach dem Her­kom­men einem respec­tivm ältern, und Stein­furt einem jün­gern Soh­ne zuwei­sen, wie er that.

§. 10.

Graf Arnold leb­te übri­gens noch bis 160x, wo ihm sei­ne Söhn­ne in den ihnen ange­wie­se­nen Län­dern nach­folg­ten, bis 1618 Lim­burg, u. 1629 Alpen, mit dem Abster­ben der dar­in regie­ren­den Söh­ne schon wie­der an die drey übri­gen Söh­ne und Gra­fen von Teck­len­burg, Bent­heim und Stein­furt zurück fie­len. Wie­wohl auch die Graf­schaft Stein­furt mit dem Abster­ben des Gra­fen Wil­helm Hein­rich, des­sen Sohn im Jah­re sei­ner Geburt 1662 schon vor ihm gestor­ben war, 1632 schon wie­der an sei­nen jün­gern Bru­der Arnold Jobst von Bent­heim, in Rück­sicht auf den ältern Bru­der Graf Adolph von Teck­len­burg, ver­mö­ge jener mehr erwähn­ten Bent­heim-Stein­fur­ti­schen Erb­ver­ei­ni­gung vom Jah­re 1387 [lt. Druck­feh­ler­ver­zeich­nis muss es hier hei­ßen: 1487] zurück ver­erb­te. Graf Adolph von Teck­len­burg war zwar schon 1625 mit Tode abge­gan­gen, allein Er hat­te schon einen Sohn Moritz hin­ter­la­ßen, der jetzt in den Teck­len­bur­gi­schen Län­dern regier­te und mit der Fürs­tin Johan­na Doro­thea von Anhalt ver­mä­let war. So daß der Bent­hei­mi­sche Graf dem ver­stor­be­nen Gra­fen v. Stein­furt als Bru­der zwar näher ver­want war, wie sein Bru­ders Sohn von Teck­len­burg, aber doch

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wohl schwer­lich und noch weni­ger ganz allein zur Stein­fur­ti­schen Suc­ces­si­on gelan­get seyn wür­de, wenn man die jet­zi­ge Teklen­bur­gi­sche Linie des Hau­ses Bent­heim als die ältes­te betrach­tet hät­te; wel­ches nicht statt fin­den konn­te, da das Teck­len­bur­gi­sche Haus jetzt erst in der zwei­ten Gene­ra­ti­on im Bent­heim-Stein­fur­ti­schen Manns­stam­me des Hau­ses Güters­wyk ver­heu­ra­tet war, wie dann jene Bent­heim-Stein­fur­ti­sche Erb­ver­ei­ni­gung auch über ein Säcu­lum frü­her errich­tet war, als Teck­len­burg durch eine Teck­len­bur­gi­sche Erb­toch­ter an einen Gra­fen Eber­win III von Bent­heim und Stein­furt, Sohn des Stein­fur­ti­schen Gra­fen Arnold, gekom­men war; so wie die­ser Eber­win III noch das Andenken an Ever­win I. von Güters­wyk Gra­fen von Bent­heim und Herrn von Stein­furt erhielt. Die­ser Vor­gang wür­de schon jetzt die Suc­ces­si­on des Gra­fen v. Stein­furt in die Grafsch. Bent­heim als ein Her­kom­men des Gesamt­hau­ses Bent­heim-Stein­furt zum Geset­ze gemacht haben, wenn die­ser Suc­ces­sious-Fall [sic!] auch nicht durch die bekan­tes­ten Ver­trä­ge bereits bestim­met, und wenn der jet­zi­ge Graf von Stein­furt auch kein Abköm­ling der Gra­fen von Bent­heim und mit dem letzt ver­stor­be­nen Gra­fen von Bent­heim auch nicht viel näher ver­wandt wäre, als der Graf von Teck­len­burg-Rhe­da, wovon bald mehr.

Graf Arnold Jobst von Bent­heim seit 1606

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und von Stein­furt seit 1632 erzielete mit sei­ner Gema­lin Grä­fin Anna Ama­lia von Isen­burg, außer drey­en Töch­tern Anna Mag­da­le­na, wel­che ins gräf­li­che Haus Velen heu­ra­te­te, Anna Ama­lia nach­he­ri­ge Grä­fin von Effern, und Amö­na Eli­sa­bet nach­mals Grä­fin von Solms Lau­bach, drey Söh­ne, wovon der Ael­tes­te Wolf­gang Arnold unmün­di­gen Alters starb, der Zwei­te und nun­meh­ri­ge Ael­tes­te Ernst Wil­helm der Stamm­va­ter des heu­ti­gen Gra­fen von Stein­furt die Graf­schaft Bent­heim, der drit­te Phil­ip Con­rad, der Stamm­va­ter des letzt ver­stor­be­nen Gra­fen Frie­de­rich Karl von Bent­heim, hin­ge­gen Stein­furt bekam; so daß die­ses das vier­te Bei­spiel des Her­kom­mens im Bent­hei­misch-Stein­fur­ti­schen Hau­se war, daß ein älte­rer Bru­der immer Bent­heim, ein jün­ge­rer aber Stein­furt erhal­ten muß­te, wenn man bei­de Graf­schaf­ten nicht der Pri­mo­ge­ni­tur unter­wer­fen woll­te, wel­ches man ohne Ver­let­zung jener Bent­hei­misch-Stein­fur­ti­schen Erb­ver­ei­ni­gung von 1487 thun konn­te, da sol­che damals errich­tet war, wie in bei­den Häu­fern ein Manns­stamm existir­te, der Geist die­ser Erb­ver­ei­ni­gung führ­te bey meh­re­rer Auf­klä­rung hin­ge­gen auf eine Pri­mo­ge­ni­tur in bei­den stets zu ver­ei­ni­gen­den Län­dern, da nach die­ser Erb­ver­ei­ni­gung der Manns­stamm des einen Hau­ses das ande­re beer­ben soll­te, wenn der Manns­stamm des­sel­ben erlö­schet seyn wür­de.

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§. 11.

Von der Regie­rung des gedach­ten Gra­fen Arnold Jobs­ten, der die Reform­ir­te Kir­chen­ord­nung bestä­tig­te und 1613 den 13 Octo­ber den Ober­kir­chen­rath instal­lir­te, auch 1619 und 1624 ver­schie­de­ne Syn­odal Schlü­ße der Reform­ir­ten Kir­che con­firm­ir­te I), haben sich eini­ge Land­tags-Reces­se nach der heu­ti­gen Form erhal­ten.

Das ältes­te kur­ze Docu­ment ist vom 12ten Junii 1627 vom Lan­des­herrn, von einer unle­ser­li­chen Hand, von Jean Albrecht de Rede 2), Arnold von Laar, von einer unle­ser­li­chen Hand, wahr­schein­lich des Pri­o­rs zu Frens­we­gen, Ple­chelm Nytert Ampt­mann 3), dann von Klaes Nie­hof, Derk van Lut­ten und Hen­rich Münz, wohl die Abge­ord­ne­ten der drey­en Städ­te Schüt­torf, Nord­horn und Neu­en­haus, zu Frens­we­gen, wo der Land­tag gehal­ten wur­de, unter­schrie­ben und besie­gelt. Man beruft sich in die­sem Reces­se auf Land­tags-Reccs­se der Jah­re 1622 und 1610. Die Stän­de wer­den dar­in Adli­che, Geist­li­che Stän­de und Abge­ord­ne­te der Städ­te gen­ant. Dann wird über die durch die Kriegs­tru­beln und Aus­steu­ern ent­stan­de­ne Schul­den­last des Lan­des ge-

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I) Sieh KERKEN ORDRE DER GRAAFSCHAP BENTHEM und wei­te­re Anla­gen, Druck­schrift.
2) Zu Brand­lecht.
3) Zu Wiet­mär­schen.

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kla­get, und zur Abtra­gung der Pen­sio­nen oder Zin­sen der­sel­ben wur­de dahin „ver­gli­chen erklä­ret und ein­ge­wil­li­get, daß die in Anno 1620 den 2ten Julii ein­ge­wil­lig­te sechs­jäh­ri­ge Schat­zung noch auf vier Jah­re, von abge­wi­che­nem Janu­a­r­io zu rech­nen, lau­fen­den Jahrs con­ti­nuirt, also die­sel­be auch wie im Jah­re 1610, auf eine zehn­jäh­ri­ge Schat­zung gestelt, und dahe­ro von einem voll Erbe neun Reichs­tha­ler I), von den hal­ben, item Kot­ten und Brink­sit­zers nach Adven­ant gefor­dert, und von den drey­en Städ­ten jahr­lichs hun­dert Reichs­tha­ler auf vori­ge Ter­mi­nen erlegt wer­den sol­len.” Im Jah­re 1632 am 25 Junii wohn­ten zu Gil­de­haus Beve­ren, Etz­bach, Laar, Pas­tor in Wit­mar­schen, Fra­ter Her­man wegen Frens­we­gen und zwey­er Städ­te Nort­horn und Neu­en­haus Bür­ger­meis­ter dem Land­ta­ge bey. Herr Cantzler Pagen­ste­cher NOMINE GENEEROSI pro­po­nirt: u. s. w. Hen­rich Müntz führ­te für die Lan­des­stän­de das Wort, begehr­te: die Rich­ter mög­ten die Schat­zungs-Rech­nun­gen rich­tig machen, klag­te über die Drangsa­le des Krie­ges u. d. m. Der Kanz­ler woll­te die alten Lan­des­schul­den von Tür­ken und Fräu­lein Steu­ern ger­ne abge­tra­gen haben. End­lich wur­de nach vie­lem hin und her Deli­bri­ren, wobey die Stän­de abtra­ten, und Hen­rich Müntz zwi­schen dem Kanz­ler und den Stän­den ging, belie­bet, daß die drey Zalungs-Ter­mi-

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I) Hol­län­disch.

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ne noch in dem lau­fen­den Jah­re 1632 bestim­met wür­den, wie der Hof ver­lang­te, die Stän­de aber noch ger­ne ins fol­gen­de Jahr ver­zö­gert hät­ten, jedoch mit dem Bedin­ge, daß das Kriegs­we­sen ein wenig ces­si­ren wür­de. Cantzler Pagen­ste­cher thut wegen Ihrer Gräf­li­chen Gna­den Danks­sa­gung.

Auf dem 1633 den 18/8 Febru­ar aufm gräf­li­chen Schlo­ße Bent­heim gehal­te­nen Land­ta­ge trug Herr Kantzler Pagen­ste­cher von wegen hoch­wohl­ge­boh­ren Gräf­li­chen Gna­den den ver­sam­le­ten Stän­den und inter­es­sir­ten Guts­herrn vor: „Wel­cher­ge­stallt die Graf­schaft Bent­heim von Anfang die­ses lei­di­gen annoch wäh­ren­den Kriegs-Wesens I) bis­her noch zu star­ke Ein­quar­ti­run­gen, Lauf- und

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I) So viel den Spa­nisch Nie­der­län­di­schen Rrieg betrift, so fiel die soge­nann­te Har­den­ber­ger Schlacht 1580 auf dem Stahl­brink an der Gren­ze der Nle­der­graf­schaft Bent­heim, zwi­schen den Spa­ni­ern unter Schenk, und den Staa­ti­schen unter Hohen­lo, zum Nach­tei­le der Letz­tern vor. Der Spa­ni­sche Obers­te De la Vega lag 1591 mit drey­tau­send Mann Infan­te­rie und acht­hun­dert Caval­le­rie am 23 August zu Uel­sen, am fol­gen­den Tage zu Emblich­eim.

Ver­du­go nahm 1593 die Schan­ze zu Ven­ne­brüg­ge ein und schlug im Octo­ber des näm­li­chen Jah­res sein Lager zu Escher­brüg­ge auf, wo er jenen Damm zur Ein­schlie­ßung von Coe­ver­den anle­gen ließ, der

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Mus­ter­plät­ze aus­ge­stan­den, bevor­an [lt. Druck­feh­ler­ver­zeich­nis muss es hier hei­ßen: bevor­ab] in dem ver­wi­che­nen 1632 Jah­re, da die Grafsch. Bent­heim und Teck­len­burg mit samt dem Städt­lein Stein­furt drey Kai­ser­li­che Regi­men­ter, als das Leu­ter­sam­sche, War­ten­bur­gi­sche und Ohri­sche ver­pfle­gen müßen, nach­ge­hends auch gemel­dte Graf­schaf­ten und Stadt neben der Mar­schalk­schen Com­pa­gnie zu Fus, und Sim­mer­schen zu Pfer­de, mit dem Wes­ter­hol­ti­schen Regi­ment belegt wor­den, wodurch, da die Con­tri­bu­tio­nen nicht so bald erho­ben wer­den kön­nen, Ihre Gräfl. Gna­den SALVO CALCULO über die zwey und drei­ßig tau­send Reichs­tha­ler zur Ret­tung des Lan­des auf Ihre Tafel­gü­ter auf­neh­men müßen u. s. w.” Die an-

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noch der Spa­ni­sche Teich oder Damm gen­ant wird. PICARDT DRENTISCHE CHRONYK. Sei­ten 341. 350. 358.

Graf Ernst Casi­mir von Nas­sau ließ durch den Obers­ten Cas­par von Eusum zu Nye­noort Drost von Dren­te und Coe­ver­den 1626, nach­dem die­ser Graf von Nas­sau im Julio des­sel­bi­gen Jah­res Olden­zel erobert hat­te, die Spa­ni­sche Gar­ni­son unter KETTELER aus LAGE IN DER GRAFSCHAFT BENTHEIM, wor­aus die Spa­ni­er vie­le Excur­sio­nen in die benach­bar­ten Nie­der­län­di­schen Pro­vin­zen mach­ten, ver­trei­ben, und das Haus Lage durch eini­ge in des­sen Kel­lern geleg­te Pul­ver Ton­nen in die Luft sprin­gen. IBIDEM S. 374.

Der Pre­di­ger Picardt zu Koe­ver­den unweit Lage schrieb sei­ne Dren­ti­sche Chro­nyk 1659.

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wesen­den Stän­de Städ­te und inter­es­sir­ten Guts­herrn erklär­ten sich bereit, Ihrer Gräf­li­chen Gna­den, wie bil­lig, gemel­dte Beschwer­ni­ße aus dem Lan­de abzu­neh­men, Ihre G. G. mög­ten aber die Gna­de und Anord­nung thun, daß die Rich­ter und Vög­te als Urhe­ber der Con­tri­bu­tio­nen zu rich­ti­gen Rech­nun­gen und Liq­ni­da­ti­on ange­hal­ten wer­den mög­ten. Wor­auf beschlo­ßen wur­de, daß die Rich­ter und Vög­te ihre Con­tri­bu­ti­ons Rech­nun­gen inner­halb einem Monat der Gräf­li­chen Kanz­lei ein­sen­den soll­ten, die dem­nächst inner­halb drey­er Wochen den Stän­den com­mu­ni­zirt, und zu deren Abhö­rung als­dann Com­mis­s­a­ri­en ernant wer­den soll­ten. Wie dann immit­tels die Con­tri­bu­tio­nes auf dero Beam­ten Ver­ord­nung ohne Hin­de­rung in ihrem Gang zu hal­ten, jedoch unter dem Bedin­ge, daß obi­ge Rech­nun­gen abge­le­get wür­den.

Dann wur­de noch ver­ord­net, daß, weil bey dem Ohri­schen Auf­bruch die Haus­leu­te, wel­che die Ohri­sche Baga­ge gefüh­ret, asse­cur­irt, da fer­ne Wagen und Pfer­de Einem oder Andern aus­blei­ben wür­den, daß sol­cher Scha­de als eine gemei­ne Lands­sa­che aus dem Lan­de gut gemacht und ent­rich­tet wer­den soll­te, wie dann sol­cher Kos­ten hal­ber durch das gan­ze Land pro­por­tionabe­le Aus­set­zung zu machen. Weil auch die Schwe­di­schen sich annoch in der Graf­schaft defändn [sic!], so soll­te kein ein­zel­nes Gericht, son­dern

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das gan­ze Land den Scha­den davon tra­gen. Die­sem Land­ta­ge hat­ten bei­gewohnet von wegen Ihr Gr. G. Hof­meis­ter Stam­pa, Doc­tor Pagen­ste­cher, Doc­tor Mün­nich und der Land­schrei­ber Arnold Müntz. Wegen der Land­schaft Over-Isel Herr Rent­meis­ter Baack und Herr Com­mis­sa­ri­us von Ren­ßen, wegen Herrn Ket­ler I) der Vogt Bal­ta­sar Hage­ba­le, Jun­ker Ree­de zu Brand­lech­te, wegen des Klos­ters zum Vren­des­we­gen Dr. Her­man­nus Rai­mun­di, wegen Wit­mer­schen der Amt­man Ple­chelm Nyters, wegen Herrn Cumpk­hers [lt. Druck­feh­ler­ver­zeich­nis muss es hier hei­ßen: Cumpt­hers] zu Ohtmersch­eim Hin­de­rich Saur, Mon­sieur Rudolf Dodo von Laer, wegen Jun­ker Rudolf von Müns­ter Licen­ti­at Neu­hof, wegen der Stadt Schutt­orf Ber­te­linck und Boden­kamp.

Anf [sic!] dem Land­ta­ge 1633 3/13 Julio aufm Schlo­ße Bent­heim, wozu die Stän­de und Städ­te am 2/12 beru­fen waren, der also der zwei­te Land­tag die­ses Jah­res war, wur­de Namens des Lan­des­herrn über die durch den Krieg ent­stan­de­nen Schul­den der Domä­nen gekla­get, und auch noch pro­po­nirt: daß 1631 April 28 aufm Land­ta­ge zu Nord­horn Ihrer Gräfl. Gna­den Frau Schwes­ter Frau Mag­da­le­na gebohr­nen Grä­fin zu Bent­heim, Grä­fin zu Styrum, zu Able­gung Ihrer Gr. G. Aus­steu­er, Heu­ra­ths und Parapher-

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I) Bewohn­te den ehe­mals Voets, jetzt Canz­lers oder Dree­s­hof in Bent­heim.

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nal Gel­der nur sechs tau­send Reichs­tha­ler ein­ge­wil­li­get wären, womit doch Die­sel­be und Dero Ehe­herr sich nicht begnü­gen laßen woll­ten, sich auf des

Herrn Vaters Tes­ta­ment beru­fend I) — so ist zwi­schen Ihrer Gr. Gna­den und Dero anwe­sen­den Land­stän­den end­lich ver­gli­chen und beschlo­ßen, daß zuvör­derst zu rich­ti­ger Hal­tung der Pen­sio­nen der alten Land­schul­den annoch eines Jah­res Schat­zung aus dem Lan­de bei­gebracht wer­den sol­len, die in drey­en Ter­mi­nen, als näm­lich vier­zehn Tage nach Jaco­bi, dem­nächst auf künf­ti­gen Mar­ti­ni und end­lich auf Weyh­nach­ten, alle mal von einem jeden vol­len Erbe drey Reichs­tha­ler, von hal­ben Erben und Kot­ten nach Adven­ant zu beza­len, wie dann auch die Städ­te auf jedem Ter­mi­ne ihre Quo­tam, als sie auf vor­her gehen­dem Land­ta­ge sich erklä­ret, bey­zu­schaf­fen sich erbo­ten. Die Ihrer Gr. G. Gra­fen von Styrum mit Dero Gema­lin ver­spro­che­ne Aus­steu­er Heu­ra­ths und Parapher­nal Gel­der soll­ten des noch fort­wäh­ren­den Kriegs Wesens hal­ber aufm Lan­de auf­ge­nom­men wer­den. Wie dann fer­ner zwi­schen Ihrer Gr. G. und den an-

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I) Da abge­hen­de Söh­ne und Töch­ter dadurch dem Lan­de ein Opfer brin­gen, daß die Domä­nen­gü­ter unver­teilt blei­ben, so ist eine Ver­gü­tung dafür nach Kräf­ten des Lan­des bil­lig, weil jeder Beam­ter für sein Amt eine Ver­sor­gung für sich und sei­ne Fami­lie prä­tend­iren kann.

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wesen­den Stän­den aus­drück­lich ver­ab­schie­det, wann künf­tig von Drost und Beam­ten in Con­tri­bu­ti­on Sachen einem jeden Rich­ter sei­ne Quo­ta assi­gnirt wor­den, daß als­dann die Ans­set­zung [lt. Druck­feh­ler­ver­zeich­nis muss es hier hei­ßen: Aus­set­zung] von ihnen mit Zuzie­hung der nächst gese­ße­nen Stän­den, wann die­sel­ben bey der Hand, und sie deren unver­züg­lich ermäch­ti­get wer­den kön­nen, gesche­he I). End­lich weil die Lüne­bur­gi­sche und Hes­si­sche Con­tri­bu­ti­on gar stark gefor­dert wür­de, und dann jet­zo zu befah­ren, es mög­te wider die Graf­schaft wohl eine ganz gefähr­li­che Exe­cu­ti­on vor­ge­nom­men wer­den, so ist zwi­schen hoch­wohl­ge­bor­ne Ihre Gräf­li­che Gna­den und den Stän­den ver­ab­schie­det, daß durch das gan­ze Land inner­halb vier­zehn Tagen eine fer­ne­re Schat­zung bei­gebracht wer­den sol­le. Unter­schrie­ben und besie­gelt von Arnold Jost Gr. zu Bent­heim. Johann von Bevern. Johann Albrecht von Rhe­da. [lt. Druck­feh­ler­ver­zeich­nis muss es hier hei­ßen: Rhe­de] Arnold von Laer. G. Stegh­man Pri­or. Gerard Schrö­ders Pas­tor aus Namen mei­ner gnäd. Frau Abba in Witt­mar­ßen. Die­ser copei­li­che Receß ist durch den Kai­ser­li­chen Notar Wil­helm Dues­berg vidi­mirt.

Auf dem Land­ta­ge 1635 klag­te der Lan­des­herr über die durch den Krieg ent­stan­de­nen Do-

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I) Der­glei­chen Gegen­stän­de wur­den her­nach in den Con­corda­ten unterm nach­fol­gen­den Ora­fen [sic!] Ernst Wil­helm noch näher bestim­met.

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mänen-Schul­den und ver­sprach, daß die Lan­des-Rech­nung nach des Kanz­lers Pagen­ste­cher Zurück­kunft vor­ge­nom­men und abge­hö­ret wer­den soll­te. Dann con­cludir­ten neben Ihrer Gr. Gna­den alle anwe­sen­de Stän­de und Städ­te, daß zur Beza­lung der Pen­sio­neu [sic!] und ande­rer Pos­ten, als Drost Hei­den, Dr. Mün­nich, auch Mon­sieur Rhe­de, Beve­ren, von den Busch und Ande­re der­glei­chen eine gemei­ne Vieh­schat­zung, so doch die­ser Zeit für einm alver­stan­den [ver­bes­sert im Druck­feh­ler­ver­zeich­nis in: ein­mal ver­stan­den] wer­de, ohn­ver­züg­lich beschrie­ben, von dem bestall­ten Recep­to­re ein­ge­nom­men wer­den sol­le. Es soll aber der Anschlag fol­gen­der Gestalt gesche­hen: ein Pferd ad 15 stbr., ein Och­se ad 12 stbr., eine Kuh ad 12 stbr., ein güst Rind oder Ster­ke ad 6 stbr., ein Schwein ad 1 stbr., ein Schaaf ad 1 stbr., eine Imme (Bie­ne) ad 2 stbr. Wenn das­sel­be von den Rich­tern, Vög­ten, mit Zuzie­hung eines der nächst gese­ße­nen Stän­den oder Guts­herrn beschrie­ben, als­dann soll die Beza­lung in zwey­en Ter­mi­nen aus­ge­rich­tet wer­den, und von dem Recep­to­re, der Ihrer Gna­den und den Stän­den beei­det seyn soll, mit bei­der­seits Vor­wi­ßen ange­wen­det wer­den I). Die Kla­gen der ver­schie­de­nen

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I) Heu­te zu Tage wird auf den jähr­li­chen Land­ta­gen die Lan­des-Rech­nung zuerst vor­ge­nom­men; die Anschrei­bung geschieht nach dem Land­ta­ge in jedem Gerich­te vor dem Lan­des­herr­li­chen Com­mis­sar und vor zwey­en jähr­li­chen Deput­ir­ten

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schie­de­nen Gerich­te, daß kein gehö­ri­ges Ver­hält­nis zwi­schen ihren Kräf­ten und Las­ten betrach­tet wür­de, wur­den damit gestil­let, daß beei­de­te Per­so­nen ernannt wer­den soll­ten, wel­che sich auf Län­derey­en ver­stün­den, die alle Län­derey­en im gan­zen Lan­de mes­sen und von ihrer Grö­ße und Beschaf­fen­heit, auch der neu­en Zuschlä­ge Ihrer Gräf­li­chen Gna­den und den Stän­den schrift­li­che Ver­zeich­nis­se ein­lie­fern soll­ten. Der bau­fäl­li­ge Zustand des Gerichts Uel­sen wur­de beson­ders von den Abge­ord­ne­ten der Pro­vinz Ove­ris­sul drin­gend vor­ge­stellt, und dadurch ver­bes­sert, daß die­ses Gericht, wel­ches dem Gerich­te Schut­horff gleich bis­her zu hun­dert Reichs­tha­ler, neun und zwan­zig bezahlt hät­te, bis dar­an die Län­derey­en besich­ti­get seyn wür­den, nur fünf und zwan­zig ent­rich­ten, die übri­gen Gerich­te aber die­sen Abgang erset­zen soll­ten.

Fer­ner hieß es: Als auch von Eini­gen der Stän­de dafür gehal­ten wor­den, daß die Con­tri­bu­ti­on des Bezir­kes With­mär­scheu [sic!] als zum Gerich­te Nort­horn gehö­rig, dem­sel­ben zu gute kom­men sol­le, ande­re aber dafür hal­ten, daß gemel­ter Bezirk a part anzu­schla­gen, so ist der Schluß gefal­len, daß bis an die künf­ti­ge Besich­ti­gung der

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Stän­den, iu [sic!] Gegen­wart des Rich­ters und Emp­fän­gers in jedem Gerich­te, wobey die frey­en und nicht frey­en Per­so­nen, die Feu­er­stät­ten und der Vieh­be­stand ange­schrie­ben wur­den. [lt. Druck­feh­ler­ver­zeich­nis muss es hier hei­ßen: wer­den]

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Län­derey­en die Schatz­re­gis­ter nach­ge­se­hen, und da fer­ne Nort­horn noch die gewön­li­che Pro­por­ti­on gra­viert, sel­bi­gem Gericht aus Wit­mar­schen bey­ge­steurt wer­de. Weil dann auch für bil­lig geach­tet wor­den, weil eini­ge wüs­te Haus Loß­erben dem Kirch­spie­le Gil­de­haus und ande­ren Gerich­ten abge­hen, daß die­sel­bi­ge ihnen wie­der bey­ge­legt, so lan­ge aber sol­ches nicht zu Werk zu rich­ten, der Abgang vom gan­zen Lan­de getra­gen wer­de. End­lich haben Ihre Gräf­li­che Gna­den für gut ange­se­hen, sin­te­mahl Ihrer Gr. G. Beamp­ten die Lands­ge­schäf­te zu schwehr fal­len, daß dem­nach auf des Lan­des Kos­ten eine qua­li­fi­ci­er­te Per­son, die in Beschi­ckun­gen und andern Lands­sa­chen sich gebrau­chen las­se, bestelt wer­de. Es woll­ten aber Ihre Gr. G. sich alle Dis­po­si­ti­on in ihrem Lan­de, wie die einer Lands­ob­rig­keit obliegt und breuch­lich, jedoch ohne der Stän­de Nacht­heil, vor­be­hal­ten haben. Alles ohne Gefer­de. Urkund­lich seyn die­ser Reces­sen zwey gleich lau­ten­de auf­ge­richt und von Hoch­wohl­geb. Gr. G. samt den anwe­sen­den Stän­den und der Stät­te Abge­ord­ne­ten unter­schrie­ben und ver­sie­gelt wor­den. Geben Gil­de­hauß am 3. Decem­ber Ao. 1635. Arnoldt Jost G. zu Bent­heimb. Joan von Raes­felt von wegen der Heren Sta­ten von Over-Jssel ende vor my par­ti­cu­lier. *] Johan (von) Mulert von wegen

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*) Wegen des Gerichts oder der Unter­herr­lich­keit Lage, wor­in das Obe­rys­se­li­sche

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der Heren Sta­ten alß vor­schre­ven. Johan van Beve­ren. Johan Albrecht von Ree­de. G Stegh­man Pri­or. Fle­chelm Nystar Ampt­man int Wit­mär­schen. Gerdt Key­ser. Tönis Esche­da­el. Anfm [sic!] Rücken die­ses Land­tags-Reces­ses steht: Zu Cover­den gehal­te­nen Land­tag im Jaer due­send ses hun­dert der­tich ses. Den 3. Feb.

Auf dem zu Nord­horn 1638 den 19/29 Mai gehal­te­nen Land­ta­ge wur­de zur Befrey­ung der Herr­schaft­li­chen Kam­mer­gü­ter von den fürs Land über­nom­me­nen Krie­ges-Schul­den ver­ord­net, daß die Vieh­schat­zung noch fort­dau­ern, auch ein gewöhn­li­cher Schat­zungs­ter­min zwi­schen jetzt u. künf­ti­gen Jaco­bi geho­ben u. dem Land­schrbr. I) gelie­fert wer­den soll­te. Der. Hr. Pri­or zu Fren­deß­weg wur­de den zur Abhö­rung der Gene­ral und spe­cial Lan­des-Rech­nun­gen zu ande­rer Lan­des-Arbeit ernan­ten Com­mis­s­a­ri­en von den Herrn Stän­den bei­gefü­get. Zwo Per­so-

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Land­recht noch gilt, zum Bewei­se, daß Lage nie­mals ein für sich bestehen­des sou­ve­rä­nes Gebiet gewe­sen, sou­dern [sic!] mit dem Ver­fal­le des Hoch­stif­tes Uet­recht unter Bent­hei­mi­sche Hoheit kam. Sieh Ers­ten Theil die­ser Geschich­te.

I) Nach­her Lan­des-Syn­di­cus, bis zwey Syn­di­cken, ein Reform­irter und ein Catho­li­scher ernant wur­den. Aber den Emp­fang der Lan­des-Mit­tel beka­men die Emp­fän­ger der Gerich­te, und durch die­se der Gene­ral-Lan­des-Emp­fän­ger.

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nen aus den Stän­den soll­ten mit den Herr­schaft­li­chen oder [lt. Druck­feh­ler­ver­zeich­nis ent­fällt hier das Wort “oder”] Com­mis­s­a­ri­en in allen Gerich­ten die Schatz­re­gi­sier visi­ti­ren, und nach Pro­por­ti­on des Ver­mö­gens der Untertha­nen ein­rich­ten, bis bes­se­re Mit­tel gefun­den seyn wür­den. Deu [sic!] Anschrei­bun­gen oder Aus­set­zun­gen der Schat­zun­gen in jedem Gerich­te durch die Rich­ter und Vög­te soll­te eine red­li­che Per­son an jedem Orte bey­woh­nen, wel­che auch der Gräf­li­chen Kanz­ley monat­lich berich­ten soll­te, wie die Con­tri­bu­ti­on beza­let wäre. Ande­re vor­fal­len­de Lan­des­ge­schaf­te soll­ten mit Zuzie­hung der von den Stän­den ernan­ten Bevol­mäch­tig­ten expe­dirt wer­den, die auf eine qua­li­fi­zier­te Per­son, so sich in Ver­schi­ckun­gen gebrau­chen las­se, bedacht seyn woll­ten. Soll­te aber Einer oder Ande­rer der Stän­de den Zustand der Con­tri­bu­ti­on wis­sen wol­len, so soll­te jeder Rich­ter und Vogt ihm den­sel­ben offen­ba­ren. Da auch vor die­sem eini­ge Stän­de dem jun­gen Herrn Gra­fen Ernst Wil­helm, *) auf Geneh­mi­gung der Ueb­ri­gen, zu sei­ner Rei­se in die Frem­de zwey­tau­send Reichs­tha­ler bewil­li­get hät­ten, so wur­de die­ses von den Ueb­ri­gen geneh­mi­get. “Wie dann Herr Drost Raes-

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*) Als Erb­gra­fen, der sich Regen­ten-Kent­nis­se erwer­ben soll­te, wie Er dann zu Paris stu­dier­te. Sein jün­ge­rer und ein­zi­ger Bru­der Phil­ip Con­rad bekam aus Gunst Stein­furt.

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felt, wel­cher so viel des­sen Par­ti­cu­lier *) belan­get, gut­wil­lig con­sen­tirt, neben Herr Nic­laus von Bever­for­de, als Over-Isul­sche Abge­ord­ne­te nicht zwei­feln, daß des­we­gen in Namen Ihrer Priuci­pa­len [sic!] vor­der­lichst favora­be­le Reso­lu­ti­on ein­kom­men sol­le.” Die­sem Land­tags-Reces­se wur­de im Memo­ria­le [lt. Druck­feh­ler­ver­zeich­nis muss es hier hei­ßen: ein Memo­ria­le] wegen Ihrer Gräf­li­chen Gna­den „uffm Land­tag zu Nort­horn über­ge­ben” in drey­zehn Arti­keln bey­ge­fü­get. Der ers­te und zwey­te Arti­kel ent­hal­ten Kla­gen über die Schul­den der Kam­mer­gü­ter, wel­che für die Lan­des-Schul­den des Krie­ges ver­bun­den waren, und einen Vor­schlag zur Til­gung die­ser Schul­den, Etwas auf des Gemahl [lt. Druck­feh­ler­ver­zeich­nis muss es hier hei­ßen: das Gemahl] oder ande­re Mit­teln zu set­zen. Die Stän­de bewil­lig­ten dazu ein Drit­tel der Schat­zung. Die übri­gen Arti­keln die­ser Art von Land­tags-Pro­po­si­tio­nen erle­di­gen sich aus den vori­gen und nach­he­ri­gen Land­tags-Reces­sen und aus den Con­corda­ten. Nur heißt es, Art. 12: Als auch der meh­re­re Theil der Land­stän­de sich resol­vi­ret, daß dem jun­gen Herrn Gra­fen Ernst Wil­helm zu Ihr Gräf­li­chen Gna­den Rei­se aus dem Lan­de zwey tau­send Reichs­tha­ler zu Bey­steu­er ver­eh­ret wer­den sol­len, so zwei­felt man nicht, sol­ches wer­den sie nun­mehr alle dem jun­gen Herrn zu Ehre und Gefal­len ohne wei­te­re Con­tra­dic­tion ger­ne gun­nen. AD 12: Was der Land­schaft von Over^-Issull anbe­lan­get, refe-

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*] Die Unter­herr­lich­keit, oder das Gericht Lage.

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riren sich die Com­mit­tir­ten uf ihre Prin­ci­pa­len, zwei­feln nicht, sie wer­den ein favora­bel Bescheid bekom­men. Belan­gend Herrn Dros­ten Raes­felt wegen sei­ne ali­n­ge (gesam­te) Erb­gü­ter I) hat hier­in gnt­wil­lig [sic!] con­sen­ti­ret. 13. Was Bür­ger­meis­ters Kan­ne­gie­ßer, wel­cher vor und nach dem Lan­de viel Diens­te geleis­tet, Suchen, sol­ches haben die anwe­sen­de Lands­stän­de aus des­sen ein­ge­schick­tem Schrei­ben zu erse­hen. AD 13. Man soll uff Mit­teln geden­ken zum Recom­pens sei­ner getha­ner Diens­ten und Mühe mit ein Stück Gel­des aus dem gan­zen Lan­de zu recom­pen­si­ren, u. nicht mit eini­ge Zuschlä­ge 2). Der Land­tags Schluß lau­tet: Soll hoch­nö­tig seyn, daß Jemand der Stän­den gecom­mit­tirt wird, um die Con­ti­nua­tie der Rech­nung bei­zu­woh­nen, wel­cher Macht haben wird, aus die gerei­tes­te Mit­teln, davon die gemel­te Com­mis­s­a­ri­en den Emp­fang sol­len haben, die Unkos­ten und Beleh­nun­gen zur sel­big Rech­nung zu ver­rich­ten. Belan­gend die Zuschlä­ge refer­i­ren sich die sämt­li­chen Lan­des­stän­de uff die vori­ge Reces­sen. Die Rich­te­re oder Ein­he­be­re der Con­tri­bu­ti­on ver­mö­ge ver­schie­de­ne Reces­sen sol­len kei­ne Aus­set­zun­ge machen ehe und bevor sol­ches dem nächs­ten Guts­herrn vor­ge­bracht und in ihrer Pre­sen­zie die Ver­tei­lung gesche­he; sol­len alle die Bau­er­schaf­ten wegen die ein­ge­lie-

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I) Lage.
2) Aus den gemei­nen Grün­den.

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fer­te Pfen­nin­ge gepür­li­che Qui­tung geben. Die Land­tags ver­zehr­te Unkos­ten sol­len von die Land­stän­den upge­nom­men wer­den, und sol­ches allen Gerich­ten ver­tei­let wer­den. Belan­gend die Rhei­ni­sche For­de­rung uff Schutt­orf und Nort­horn wegen die Pal­li­sa­de uud [sic!] Arbeits-Leu­te ist pil­lich, daß sol­ches über alle Gerich­te vert­hei­let wer­de. Die sempt­lich anwe­sen­de Landtsten­de wol­len geens­intz gestat­ten, daß die Rich­te­re so viel Pan­ders uff gemei­ne Unkos­ten und unge­pür­li­che Pfand sol­len unter­hal­ten und sol­che Pfandt den Taxt zuge­le­get. Daß in Abhau­ung der Höl­zer die gemei­nen inter­es­sier­te Guts­herrn nit abge­wie­sen wer­den, son­dern ihr Mark Pri­vi­le­gi­um wie pil­lich sol­len behal­ten, und in Con­fis­ca­ti­on der gesto­le­nen Höl­zer mit getei­let wer­den mögen. Daß die erwe­le­te Recep­to­res ihren Eld von Treu­heit vor Ihr Gr. Gna­den und Landt­stän­de sol­len presti­ren, viel mehr vor ihrem Ent­fangst gepür­li­che und suf­fi­ci­en­te Cau­ti­on stel­len sul­len.

§. 11.

Graf Arnold Jobst von Bent­heim und Stein­furt starb im fünf­ten Jah­re nach die­sem Land­ta­ge, näm­lich 1643, und hat­te sei­nen ältern Sohn Ernst Wil­helm zum Nach­fol­ger in der Grafsch. Bent­heim, und sei­nen jün­gern Sohn Phil­ip Con­rad ver­mä­let mit der Grä­fin Anna Eli­sa­beth Wil­hel­mi­ne von Teklen­burg, in der Graf­schaft

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Stein­furt. Der Graf Ernst Wil­helm von Bent­heim ver­mä­le­te sich mit einem Gel­dri­schen Fräu­lein Ger­trud von Zelst, und ließ sich damit durch den Hof­pre­di­ger Nico­laus Grim­me­li­us, in der Schloß­kir­che, am 21ten August 166l, in Gegen­wart sei­ner Schwes­ter der Grä­fin Anna Ame­lia nach­he­ri­ge Grä­fin von Effern, und des Hof­meis­ters von Wolf copu­li­ren, wie aus den Zeug­ni­ßen die­ses Bent­hei­mi­schen Hof­pre­di­gers und die­ser Grä­fin erhel­let. Zu Fol­ge des Bent­hei­mi­schen Kir­chen­buchs wur­den aus die­ser Ehe sechs Söh­ne gebo­ren; Ernest nach sei­nem Vater, Chris­toph Wil­helm so bald starb und in der Gräf­li­chen Gruft zu Bent­heim begra­ben wur­de, Chris­toph Ber­nard nach dem Müns­teri­schen Fürst­bi­sch­ofe Chris­toph Ber­nard von Galen I) gen­ant, Arnold Jobst, der den Namen sei­nes Groß­va­ters bekam, den ihm sei­ne Gevat­tern, die Bent­hei­mi­schen Herrn Lan­des-Stän­de und die drey Städ­te der Graf­schaft Bent­heim gege­ben hat­ten, Wolf­gang Wil­helm, des­sen Gevat­tern die Staa­ten von Obe­rys­sel waren, und Sta­ti­us Phil­ip, der die Gene­ral-Staa­ten zu Gevat­tern bekam. Die­se Kin­der waren 166l den 18 Novem­ber, 1663 Nov. 22, 1665 Febr. 26, 1666 Apr. 1, 1667 Aug. 21, 1668 Aug. 27 gebo­ren.

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I) Der der Tauf­hand­lung durch den Drost von Twi­ckelo zu Rhei­ne und Bever­ger­ne bey­wohn­te.

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So viel die Fami­lie die­ser Grä­fin von Bent­heim betrift, so war ihr Vater Rit­ter Hart­ger von Zelst Herr zu Zel­lern, eine bekann­te Hove­sa­te in der vor­ma­li­gen Grafsch. Züt­phen, Land­rich­ter zu Zel­len, und ihr Bru­der Die­te­rich von Zelst Land­rich­ter zu Hum­melen und Sten­dern, ihre Vor­fah­ren hat­ten vor Alters die Regie­rung der Stadt Döting­heim beklei­det, wie der Drost der Grafsch. Züt­phen, als Chef der Züt­pha­ni­schen Rit­ter­schaft, W. Frey­herr von Hekern 1687 bezeug­te, und sein Vater, der auch Land­drost von Züt­phen gewe­sen war, 1664 auf Ver­lan­gen des Gra­fen Ernst Wil­helm von Bent­heim bezeu­get hat­te I). Ger­hard von Heke­ren zwar nur ein

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I) Die Regie­rung zu Dötin­chem, eine in älte­ren Zeit mehr bedeu­ten­de Siadt [sic!], bezeug­te 1687 den ers­ten März, daß Hart­ger von Zelst, Vater der Grä­fin von Bent­heim, Rath und Rent­meis­ter der Stadt Dötinch­eim [sic!], Rich­ter zu Fel­lern und Wacht­meis­ter der Graf­schaft Züt­phen, auch Land­schrei­ber der Ban­der­herr­lich­kei­ten Baar u. Lat­hum gewe­sen wäre, daß die Fami­lie von Zelst von alten Zei­ten her Bedie­nun­gen beklei­det hät­te, so wäre unter andern Ger­hard von Zelst 1435 Bür­ger­meis­ter und Raths­herr gewe­sen, Peter von Zelst 1494, wie­der 1579 ein Peter von Zelst, 1583 Die­te­rich von Zelst, 1674 Ger­hard von Zelst, Bru­der des Hart­ger von Zelst, des Vaters der Grä­fin von Bent­heim. Bey AITZEMA SAAKEN VAN STAAT EN OORLOG. TWEEDE STÜCK. 23

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Pfar­rer zu Hax­ber­gen, aber immer von der in der Gel­dri­schen Geschich­te so berühm­ten Heke­ri­schen Fami­lie, und ein gro­ßer Ken­ner der Altert­hü­mer sei­nes Lan­des, bezeug­te 1688, daß ihm aus den Urkun­den der Archi­ven der Kir­chen, Klös­ter, Got­tes und Rath­häu­ser zu Döting­heim, Züt­phen, Duis­burg, Zel­helm, Hum­mel, der Baro­nie Baar und Latum, Ste­en­dern, des uralten Stif­tes zu Bet­le­hem und ande­rer Orte die­ser Land­schaft, bekannt wäre, daß die Fami­lie von Zelst seit dem Jah­re 1300 die ansehn­lichs­ten Män­ner in Kir­chen und Staats-Aem­tern her­vor­ge­bracht hät­te; das uralte nun zer­stö­re­te Stift Bet­le­hem oder Bel­heim wäre von die­ser Fami­lie durch Güter gro­ßen Thei­les gestif­tet, wel­che noch den Zelsti­schen Namen führ­ten, wovon auch eini­ge Trüm­mern der Bel­hei­mi­schen Grab und Kir­chen­stei­ne zeu­ge­ten; in der gro­ßen Kir­che zu Döting­heim wäre noch ein gro­ßer Platz zu Begräb-

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23 BOEKK. P. 91. 92., wo die­ser berühm­te Geschicht­schrei­ber die­se Affä­re von Folio ein bis hun­dert und ein, unter der Rubrik: VERSCHILLEN  (Stei­tig­kei­ten) [sic!] VAN DE HEEREN GRAVEN VAN BENTHEM NESTENS DESSELFS BYLAGEN abhan­delt, auch Sei­te 92 die vier Ahnen die­ser Grä­fin von Bent­heim, Zelst, Ter­ink, Hol­te und Lamsink nebst sons­ti­gen Staats-Acten abge­tru­cket hat.

In der gro­ßen hol­län­di­schen Enci­clo­pe­die unterm Buch­sta­ben B bey Bent­heim wird die rit­ter­li­che Her­kunft der Fami­lie von Zelst ange­füh­ret.

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nißen der Fami­lie von Zelst; in den Kir­chen und Pri­vat Häu­ser Glä­sern wären noch kaum leser­li­che Inschrif­ten mit den Zelsti­schen und damit ver­wand­ten Fami­li­en Wap­pen, als derer von Hol­te, von Sta­ver­den und deren mehr; am Stun­den­wei­ser des Thur­mes zu Döting­heim stün­de: Hart­ger von Zelst Rich­ter und Rent­meis­ter 1644, eine Klo­cke zu Hum­mel und zu Zel­heim hät­ten die Umschrif­ten: “Hart­ger von Zelst Rich­ter.” So viel die bei­der­seits müt­ter­li­chen Vor­fah­ren die­ser Grä­fin von Bent­heim belangt, bezeug­te der­sel­be, daß ein Major Ter­ink Spa­ni­scher Com­men­dant der Fes­tung Grol gewe­sen; zu Döting­heim in Reechs Hau­se auf der Dus­bur­ger Stra­ße hät­te 1618 in einem Gla­se ein Spa­ni­scher Ofsi­zier mit der Inschrift: “Ger­hard Ter­ink” gestan­den; vor dem Tho­re die­ser Stra­ße stün­de: “Johann Ter­ink Rent­meis­ter und Gemeins Mann” I); der Prinz von Ora­ni­en hät­te 1674 einen andern Johann Ter­ink zum Regen­ten der Stadt Döting­heim 2) ernannt; die Ver­want­schaft der Fami­lie Ter­ink mit den Ge-

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I) Raths­herr der Stadt.
2) Die ers­ten Stel­len in den Gel­dri­schen Städ­ten beka­men ede­le Geschlech­ter, wie die Dro­st­äm­ter durch­ge­hends nebst den Land-Rich­ter Aem­tern in Gel­dern und Obe­rys­sel bis auf neue­re Zei­ten.

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schlech­tern Ham I) und Lan­sink wäre ihm aus Ehe­pac­ten, Fami­li­en Thei­lun­gen und andern Urkun­den, aus Grab­schrif­ten u. s. w. zu Züt­phen, Loh­ne, Groll u. d. m. bekant. Die vier Wap­pen: Zelst, Ter­ink, Hol­te, Lan­sink wur­den im Kai­ser­li­chen Gra­fen Diplo­me die­ser Grä­fin von Bent­heim, zu gräf­li­chen Wap­pen erho­ben, wovon her­nach. Von der Ver­want­schaft der Fami­li­en von Sta­ver­den und von Hol­te mit der von Zelst schei­net eine aufm Hau­se Bögels­kamp befind­li­che, nicht ganz mehr leser­li­che Fami­li­en Thei­lung unter die Brü­der und die Schwes­tern von Sta­ver­den ihrer meist in und bey Döting­heim gele­ge­nen Güter vom zwei­ten Jän­ner 1671 zu zeu­gen. Wil­helm Jacob von Sta­ver­den 2) Sohn Jacobs von Sta­ver­den und der Ger­trud v. Hol­le thei­let dar­in mit sei­nen Schwes­tern unter Andern: den gro­ßen und klei­nen Zehn­ten zu Raef­fe­l­er in der Herr­lich­keit Gen­d­rin­gen und Etten (des Gra­fen von Berg) lehn­rüh­rig vom Gräf­li­chen Hau­se Bent­heim; auch eine Rent­ver­schreibnng [sic!] von seh­szehn­hun­dert [sic!] Gül­den hol­län­disch aus dem Gute Felz­ber­gen [lt. Druck­feh­ler­ver­zeich­nis fehlt hier: des Doc­tors Ger­hard von Zelst], wel­che sie mit ihren Ver­wan­ten Jun­ker Zwe­ten oder Zwie­ten und Hrn.

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I) Die Fami­lie von Ham war ehe­mals in Oot­mars­sen auch bekant, mit Ben­tink zu Bre­ckel­kamp und Andern ver­want.
2) Vater der Ger­har­di­na von Sta­ver­den, der Frau Alex­an­ders von Raet mei­nes Groß­va­ters und mei­ner Groß­mutter

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von Kep­pel in Gemein­schaft besä­ßen. Jener Doc­tor Ger­hard von Zelst war übri­gens Rath des Gra­fen von Berg oder des Her­ren­berg, ‘SHee­ren­berg. So ohne Bey­spiel zufäl­li­ger Wei­se eine sol­che Ehe in den Häu­sern Bent­heim, Stein­furt und Teck­len­burg auch bis­her gewe­sen war, da sich die­se durch ihre glän­zen­de Alli­an­zen bis­her gegen unzä­li­ge ande­re Häu­ser aus­ge­zeich­net hat­ten, wor­in der­glei­chen Ehe [lt. Druck­feh­ler­ver­zeich­nis muss es hier hei­ßen: Ehen] im gan­zen Mit­tel­al­ter sehr häu­fig geschlo­ßen waren, so wenig konn­te sie doch die min­des­te nacht­hei­li­ge Fol­ge haben. Seit 1643 oder des Abster­bens ihres Vaters des Gra­fen Arnold Jobst von Bent­heim und Stein­furt, bis 1661 oder der Ver­mä­lung des­sen erst­ge­bohr­nen Soh­nes Ernst Wil­helms, mit­hin schon acht­zehn Jah­re besaß die­ser Bent­heim, und sein jün­ge­rer Bru­der Phil­ip Con­rad Stein­furt, da ihr Vater auch die­se Grafsch. der Pri­mo­ge­ni­tur hät­te unter­wer­fen kön­nen. Denn jene mehr erwähn­te Bent­heim-Stein­fur­ti­sche Erb­ver­ei­ni­gung vom Jah­re 1487 rede­te nur von jenem Fal­le, wenn in jeder Grafsch. ein Manns­stamm vor­han­den seyn wür­de, wie damals eben statt hat­te; aber schon mit dem Bent­hei­mi­schen Ever­win II. war der Bent­hei­mi­sche Stamm erlo­schen, und bei­den Graf­schaf­ten ver­fie­len auf Ever­wins des Zwei­ten von Stein­furt, der mit sei­nem Namens Ver­wand­ten und Vaters Bru­ders Soh­ne von Bent­heim die­sen Fami­li­en-Ver­trag geschlo­ßen hat­te, nach­ge­la­ße­nen Sohn Arnold dem Zwei-

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ten von Stein­furt und den Ers­ten von Bent­heim. Des­sen Sohn Ever­win 3. erheu­ra­te­te erst mit einer Erb­toch­ter Teklen­burg, so daß die­ses Haus zu spät ins Bent­heim Stein­fur­ti­sche kam, um wider die­se Ehe Etwas ein­wen­den zu kön­nen, die auch durch kein Fami­li­en Gesetz ver­bo­ten war, maßen die Bent­hei­misch Stein­fur­ti­sche Erb­ver­ei­ni­gung nicht das min­des­te über die Ehen der Herrn ver­ord­net hat­te, aber von den Erb-Töch­tern hin­ge­gen ver­lang­te, daß sie sich an ihres Glei­chen oder meh­re­ren Stan­des ver­ehe­li­chen soll­ten. Kein Reichs-Gesetz hat­te auch bis­her Etwas über die Ehen gro­ßer Häu­ser ver­fü­get, da es erst im fol­gen­den acht­zehn­ten Jahr­hun­dert 1742, in der Kai­ser­li­chen Wahl-Capi­tu­la­ti­on I) hieß: “Noch auch denen aus unstrei­tig noto­ri­scher Miß­heyrath erzeug­ten Kin­dern eines Stan­des des Reichs oder aus sol­chem Hau­se ent­spro­ße­nen Her­ren, zu Ver­klei­ne­rung des Hau­ses, die väter­li­che Titel Ehren, und Wür­den bey­le­gen, viel­we­ger die­sel­ben zum Nacht­heil deren wah­ren Erb­fol­ger, und ohne deren beson­dern Ein­wil­li­gung, vor eben­bür­tig und suc­ces­si­ons­fä­hig erklä­ren, auch wo der­glei­chen vor­hin bereits gesche­hen, sol­ches für nul und nich­tig anse­hen und ach­ten.” Was nun unstrei­tig noto­ri­sche Miß­heyra­ten wären, ver­lang­ten bekant­lich die Chur­fürs­ten auch nach die­ser Wahl-Capi­tu­la­ti­on näher bestim­met zu haben,

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I) Art. 22. §. 4.

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wel­ches bis auf den heu­ti­gen Tag noch nicht gesche­hen ist.

Der Graf von Stein­furt konn­te also vor der Exis­tenz jener unbe­stim­ten Ver­ord­nung der Kai­ser­li­chen Wahl-Capi­tu­la­ti­on, wider die­se Ehe des Gra­fen von Bent­heim sei­nes Bru­ders, im sieb­zehn­ten Jahr­hun­dert Nichts mit Rechts-Bestand ein­wen­den. Sei­nes Rath­ge­ber bestrit­ten sol­che anfäng­lich daher aus andern Grün­den, daß sein Bru­der dis­curs­wei­se ihm ver­spro­chen haben soll­te, nur zur lin­ken Hand heu­ra­ten zu wol­len, daß nach sei­nem Abster­ben Bent­heim an Stein­furt ver­fal­len soll­te, wel­ches Alles der Graf von Bent­heim öffent­lich vor sei­ner Gema­lin, und den Lan­des­stän­den nota­ria­li­ter läug­ne­te. Von sei­ner Lie­be zu sei­ner Gema­lin, die Er durch­aus als eine regie­ren­de Grä­fin behan­del­te und von Andern behan­delt wißen woll­te, zeu­get eine außer­or­dent­li­che Men­ge der zärt­lichs­ten und beru­hi­gen­des­ten Brie­fe. Er schenk­te ihr unter andern Prä­sen­ten an Schmuck und der­glei­chen bey jeder pas­sen­den Gele­gen­heit, den 25 Jän­ner 1665 den Schul­zen­hof zu Dri­vorn, den Er von den Erben Het­ters gekau­fet hat­te, samt den dar­an kle­ben­den Ren­ten unter Gräf­li­chem Hand­zei­chen und Sie­gel, auf eben die­se Art 1668 den 20 Febr. die Ihm von sei­ner Frau Mut­ter see­li­gen Lieb­den [sic!] ange­erb­ten Erben Eile­ring, Wis­sink und die Ren­te aus dem Fun­ken­kamp, so wie wai­land sei­ne

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Mut­ter sol­che bese­ßen hät­te. In ver­schie­de­nen sei­ner über­aus vie­len Brie­fen an sei­ne Gema­lin leuch­tet auch sehr gro­ße Lie­be und Sorg­falt für die Gesund­heit und Wohl­fahrt sei­ner Kin­der her­vor. Da Man­gel an einem fes­ten Cha­rac­ter aber der Haupt­feh­ler ihres Gema­les war, so such­te die Grä­fin von Bent­heim für sich und ihre Kin­der, wider die Absich­ten ihres Schwa­gers, des Gra­fen von Stein­furt, Schutz bey dem benach­bar­ten welt berühm­ten Müns­teri­schen Fürst­bi­sch­ofe Chris­toph Ber­nard von Galen, zwar anfang­lich durch die Geist­li­chen des Got­tes­hau­ses Frens­we­gen; sie schrieb aber auch bald mehr­ma­len eigen­hän­dig die­sem Fürs­ten, und erhielt von Ihm die gezie­men­des­ten Ant­wor­ten. Bis end­lich gedach­ter Fürst durch ein von Ihm besie­gel­tes und unter­schrie­be­nes Patent vom Dato Müns­ter den 7 Decem­ber 1663 “Die Frau Ger­trud des Hoch­wohl­ge­bohr­nen Herrn Ernst Wil­helm Gra­fen zu Bent­heim und Teck­len­burg etc. Ehe­ge­mahl und der­sel­ben jetzt bereits gebohr­nen Sohn, und fer­ners aus die­sem Ehe­stand erzie­len­de Kin­der, samt den­sel­ben zu und auf­al­len­den [sic!] Gütern, auch Graf und Herr­schaf­ten, son­der­lich so viel deren in die­sem Kreis gele­gen, in sei­nen Schutz und Schirm nahm, also und der­ge­stallt, dafern mehr ermel­dter Frau­en und mit­be­schrie­be­nem Herrn Soh­ne und Kin­dern über kurz oder lang an Ihrem Stan­de, Per­son oder Gütern etwas Unbil­li­ges zuge­fü­get oder zuge­tei­let

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wer­den sol­le, daß Er Sol­ches — - gnä­digst abkeh­ren und den oben bedeu­te­ten Schutz und Schirm bes­ter Gestalt erzei­gen und wie­der­fah­ren laßen woll­te.”

§. 12.

Der Graf Ernst Wil­helm zu Bent­heim errich­te­te 1665 aufm Gräf­li­chen Schlo­ße den 6ten Mai unterm Gräf­li­chen Sie­gel und unter sei­nes Namens Unter­schrift, zum Bes­ten sei­ner jet­zi­gen und zukünf­ti­gen Kin­der, ein so genann­tes Con­sti­tu­tum Pos­ses­so­ri­um, räum­te ihnen daher aus den Grund­sät­zen, daß Kin­der nicht nur als Sol­che, Erben, son­dern auch gewi­ßer­maa­ßen Mit­herrn der Güter mit den Vätern wären, schon bei sei­nem Leben den Mit­be­sitz sei­ner Graf- und Herr­schaf­ten und Güter ein, wovon Er sich nur die Admi­nis­tra­ti­on als natür­li­cher Vor­mund sei­ner Kin­der, wozu Er nach sei­nem etwa­igen Abster­ben sei­ne Gema­lin als natür­li­che und gesetz­li­che Vor­mün­de­rin ihrer Kin­der, mit dem jet­zi­gen Fürst­bi­sch­ofe zu Müns­ter und sei­nen Nach­fol­gern, ernan­te, zeit sei­nes Lebens vor­be­hielt. Und das Alles, um sei­nem Bru­der, dem Gra­fen Phil­ip Con­rad zu Stein­furt zu zei­gen, daß Er sich mit der Edelen und Tugend­sa­men Frau Ger­trud von Zelst vor die­sem ehe­lig, und im Ange­sich­te der Kir­che, ohne eini­ge Beding­niß oder Con­di­ti­on oder Aus­nah­me, zuma­len aber nicht AD  MORGANATICAM ver-

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mälet Habe, und daß Er sei­nem Bru­der Nichts der Suc­ces­si­on hal­ber ver­spro­chen hat­te. Hier­über wur­de so fort ein Nota­ri­at Instru­ment in Gegen­wart des Frens­we­gi­schen Geist­li­chen und Pro­cu­ra­tors Adri­an von Laer, des Licen­tia­ten Vol­bier und des Müns­teri­schen Secre­tärs Lud­gers errich­tet, und so mit dem Fürst­lich Müns­teri­schen Schutz­pa­ten­te an den Kai­ser zur Bestä­ti­gung gesandt.

§ 13.

Der Kai­ser Leo­pold setz­te dem Allem im Ange­sich­te des Teut­schen Reichs und der gan­zen unpar­tei­ischen Welt die Kro­ne dadurch auf, daß Er die Grä­fin von Bent­heim in einem Diplo­me de dato Wien den 23 Jän­ner 1666 zur gebohr­nen Reichs-Grä­fin erhob. Der Graf von Bent­heim mel­de­te in sei­ner des­fals an den Kai­ser gela­ße­nen Bit­schrift, nach­dem Er der edelen Vor­fah­ren der Ger­trud von Zelst erwähnt hat­te, daß sie sich von Jugend auf aller Ehren und Tugen­den befli­ßen, wes­we­gen Er sie lieb­ge­won­nen und zu sei­ner Gema­lin erwä­let hät­te. So heißt es auch zu Ein­gan­ge des Kai­ser­li­chen Diploms, daß der Graf Ernst Wil­helm zu Bent­heim u. s. w. vor etli­chen Jah­ren sich mit Hart­gers von Zelst, Rich­ters zu Zel­len, ehe­li­chen Toch­ter Ger­tru­den von Zelst, deren Vor­äl­tern vor mehr als zwey­hun­dert Jah­ren zu Dötich­eim vor-

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neh­me Leu­te, Räthe und Bür­ger­meis­ter gewe­sen, auch annoch alda unter den Vor­nehms­ten gezä­let wür­den, aus abson­der­lich Ihro zutra­gen­der ehr­li­cher Lie­be und Affec­tion ehe­lich ver­mä­let, und Sie dahe­ro sei­nen Gra­fen Stand denen geist- und welt­li­chen Rech­ten nach zu füh­ren hät­te, gleich wohl aber zu meh­re­rer Ehre und Repu­ta­ta­ti­on [sic!] sei­ner Kin­der und Des­cen­den­ten gedach­te sei­ne Ehe­ge­ma­lin mit dem Gra­fen­stand begna­det zu wer­den ver­lang­te, so geschä­he dann des gedach­ten Ernst Wil­helms Gra­fens zuBent­heim Ehe Con­sort­in Ger­traud von Zelst die­se Kai­ser­li­che Gna­de, daß sie in den Stand nnd [sic!] Grad der von alt gebohr­nen Reichs-Gra­fen ehe­lich ent­spro­ße­nen Grä­fin­nen und Frau­en erhe­bet und gewür­di­get, auch andern recht gebohr­nen Reichs-Grä­fin­nen und Frau­en geglei­chet, zuge­fügt und zuge­sel­let wür­de, glei­cher­ma­ßen als ob sie von ihren vier Ahnen I) väter­li­chen und müt­ter­li­chen Geschlech­tes zu bei­den Sei­ten recht gebohr­ne Grä­fin­nen und Frau­en wären. Dann wur­de nament­lich noch das Zelsti­sche Wap­pen in ein gräf­li­ches, mit Bey­be­hal­tung sei­nes Wesens, ver­wan­delt. Der Graf von Bent­heim mach­te die­se Stan­des Erhö­hung sei­ner Gema­lin, mit Bei­fü­gung einer Abschrift des Kai­ser­li­chen Diplo­mes, in einem förm­li­chen Noti­fi­ca­ti­ons-

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I) Zelst, Ler­ink, Hol­te, Lans­sink.

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Schrei­ben vom 17 Mai 1667 an die Magis­tra­te der drey­en Städ­te Schüt­torf, Nord­horn und Neu­en­haus bekant; des­glei­chen an die Rich­ter der Gerich­te Schüt­torf, Nord­horn, Neu­en­haus, Uel­sen, Emblich­eim und Velt­hau­sen; wie auch an den Drost von Twen­te Adolph Hen­rich von Raes­felt zu Lage und Twi­ckelo. Er ver­ei­nig­te das Wap­pen der Grä­fin mit dem Sei­ni­gen und ließ so bei­de in den Glä­sern der Kir­chen und sons­ten aus­stel­len; so daß Er von Schlie­ßung sei­ner Ehe an, die so man­cher Lan­des­herr, ja pri­va­ter Guts und Gerichts­herr in sei­ner Schloß und Haus­kir­che vor dem Pfar­rer nnd [sic!] zwey­en Zeu­gen zele­bri­ret hat, bis­hieh­in, ja noch bis ins fol­gen­de Jahr 1668 durch eine Rei­he von öffent­li­chen und feyer­li­chen Hand­lun­gen, wozu noch das öffent­li­che Kir­chen­ge­bot [lt. Druck­feh­ler­ver­zeich­nis muss es hier: Kir­chen­ge­bet hei­ßen] für die Grä­fin, die Ver­ord­nung des Gra­fen, daß sei­ne Kin­der so erzo­gen wer­den soll­ten, wie Er selbst erzo­gen wäre, unter Andern gerech­net wer­den kann, gan­ze acht Jah­re durch bewies, daß Er mit der Fräu­lein und jetzt Grä­fin von Zelst förm­lich und nicht zur lin­ken Hand oder ins Blut ohne ins Gut, sich hät­te ver­mä­len wol­leu [sic!], wie sich auch von einem ältern Soh­ne bey sei­ner ers­ten Ehe gar nicht anders ver­mu­ten lie­ße, als daß Er sei­ne eige­ne, u. nicht sei­nes Bru­ders Kin­der zu Nach­fol­gern in sei­ner Regie­rung bestim­met hät­te.

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§ 14.

Aber die­ser sein Bru­der, der Graf Phil­ip Con­rad von Stein­furt, und des­sen Schwie­ger­va­ter, der Graf Moritz von Teck­len­burg, schick­ten ihm ein Memo­ri­al vom zwei­ten August 1663 des Inhal­tes: daß ihm, Gra­fen von Stein­furt, ein Theil der Grafsch. Bent­heim gebür­te, da doch bis­her ein älte­rer Bru­der stets Bent­heim, ein jün­ge­rer Stein­furt nach dem blo­ßen Her­kom­men bekom­men hat­te, womit der dama­li­ge Graf von Stein­furt sehr zufrie­den seyn konn­te, da die Pri­mo­ge­ni­tu­ren um die­se Zeit immer­mehr auf­ka­men. Fer­ner mur­de [sic!] dar­in Rech­nung von der geführ­ten Vor­mund­schaft des Gra­fen von Bent­heim über sei­nen min­der­jäh­ri­gen Bru­der wäh­rend die­ser nun geen­dig­ten Mino­ren­ni­tät gefor­dert, auch geäu­ßert, der Graf von Stein­furt hät­te dar­um sei­nem Bru­der die Grafsch. Bent­heim unzer­tei­let über­la­ßen, weil die­ser ihm ver­spro­chen hät­te, sie nur für sein Leben behal­ten und dann sei­nem Bru­der oder sei­nen Erben über­la­ßen zu wol­len, zwar wäre der Graf von Bent­heim her­nach geheu­ra­tet, jedoch zur lin­ken Hand, er mög­te daher bestim­men, wie viel zur Abfin­dung die aus die­ser Ehe erzeug­ten oder noch zu erzie­len­den Kin­der haben soll­ten, auch die bis­he­ri­ge inte­rims Tei­lung mit sei­nem Bru­der resc­ind­iren und zur ordent­li­chen Tei­lung schrei­ten in Güte oder im Wege Rech­tens. Den 26ten August die­ses Jah­res 1663 ver­sprach

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der Graf von Bent­heim würklich unter sei­nem Sie­gel und Namen sei­nem Bru­der dem Gra­fen von Stein­furt und des­sen Erben, zu Fol­ge sei­nes ihm mehr getha­nen Ver­spre­chens, nach sei­nem Abster­ben die Suc­ces­si­on in der Graf­schaft Bent­heim, jedoch nach­dem Er mit Zuzie­hung ihrer Ver­wand­ten, Land­stän­de und Tages Freun­de über siche­re Mit­tel, womit sei­ne Ehe­frau und Kin­der der Gebühr genug­sam ver­sor­get seyn könn­ten, sich mit ihm in den nächs­ten fünf oder sechs Mona­ten ver­ein­ba­ret haben wür­de; das Schloß Schüt­torf, die gewöhn­li­che Resi­denz der gräf­li­chen Wit­wen, samt dem Schüt­tor­fi­schen Rent­am­te soll­ten aber sei­ne Ehe­frau und Kin­der nach sei­nem Abster­ben behal­ten. Die­ses geneh­mig­te der Graf von Stein­furt unter sei­ner Hand und Sie­gel in einem Schlu­ße die­ses Auf­sat­zes, wor­in Er zwey­mal sei­nes Herrn Bru­ders Ehe­frau und Kin­der nen­net. Die­ser durch Nichts wei­ter bekräf­tig­te Auf­satz konn­te nun wohl der Frau Grä­fin von Bent­heim und den gräf­li­chen Kin­dern nicht zum Nach­tei­le gerei­chen, wenn er alle Eigen­schaf­ten einer Staats-Acte über Land und Leu­te gehabt hät­te; die Lan­des­stän­de der Graf­schaft Bent­heim, noch auch aude­re [sic!] Tages-Freun­de haben aber nie­mals eine Acte mit unter­zeich­net, wodurch die Kin­der des Gra­fen Ernst Wil­helm von der Suc­ces­si­on in die Graf­schaft Bent­heim aus­ge­schlo­ßen wor­den, und ihr Vater

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behaup­te­te gleich nach­her I), daß Er zur Unter­schrift die­ses Auf­sat­zes durch die Gra­fen von Teck­len­burg und Stein­furt gewalt­sam gezwun­gen wor­den wäre, die ihn, mit gewaf­ne­ten Mann­schaf­ten in sei­nem Schlo­ße über­fal­len, und in sei­nem eig­nem Hau­se den Meis­ter gespielt hät­ten. Der wan­kel­müt­hi­ge und geplag­te Graf von Bent­heim stel­le­te aber 1664 den 22 Julii unter sei­ner Hand und Pet­schaft sei­nem Bru­der aber­mals ein in all­ge­mei­nen Aus­drü­cken abge­faß­tes kur­zes Rever­sal wegen der Graf­schaft Bent­heim Suc­ces­si­on aus, wes­we­gen es bey dem auf­ge­rich­te­ten Pac­to ver­blei­ben soll­te, wor­über aber eine Kon­fe­renz zu Gro­nau nach der bevor­ste­hen­den Ent­bin­dung sei­ner Ehe­frau statt haben soll­te. Indes­sen starb 1668 sein Brn­der [sic!] der Graf Phil­ip Con­rad von Stein­furt mit Hin­ter­las­sung eines ein­zi­gen Soh­nes Arnold Moritz Wil­helm, dem der ver­stor­be­ne Vater in sei­nen Tes­ta­men­te außer der Mut­ter, gebohr­nen Grä­fin Anna Eli­sa­beth Wil­hel­mi­na von Teck­len­burg, die Gene­ral-Staa­ten der Ver­ei­nig­ten Nie­der­lan­de mit dem Chur­fürs­ten Frie­de­rich Wil­helm von Bran­den­burg zu Vor­mün­dern ernant hat­te. Da der Müns­teri­sche Fürst­bi­schof Chris­ti­an Ber­nard von Galen aus einer chi­mä­ri­schen Lan­des­ho­heit des Hoch­stif­tes Müns­ter über die Graf­schaft Stein­furt, und aus dem Vor­wan­de, daß das Tes­ta­ment des

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I) Vor dem Kai­ser­li­chen Reichs­hof­ra­the.

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hoch­see­li­gen Gra­fen von Stein­furt nicht schrift­lich ver­fas­set wäre, sich die­se Vor­mund­schaft anma­ßen woll­te, so wür­de die hoch­gräf­lich Bent­hei­mi­sche älte­re Linie an die­sem Hel­den des Zeit­al­ters eine außer­or­dent­li­che Stüt­ze der­ma­len gehabt haben, wären nur nicht jetzt ganz ande­re Minen gesprun­gen. — - Nach allem dem, was bis­her gesche­hen war, soll­te man den Sieg der Bent­hei­mi­schen ältern Linie über die unge­rech­ten Stein­fur­ti­schen Anma­ßun­gen ver­mu­tet haben, beson­ders da der Müns­teri­sche Fürst­bi­schof auch sonst kei­ne Ursa­che hat­te, dem Hau­se Bent­heim-Stein­furt geneigt zu seyn. Die ihm so läs­ti­gen Hol­län­di­schen Abge­sand­ten in sei­ner Strit­tig­keit mit der Stadt Müns­ter hat­ten zu Burg­stein­furt 1657 ihren sichern Auf­ent­halt gehabt I). Die durch den Spa­nisch Nie­der­län­di­schen und drei­ßig­jäh­ri­gen Krieg [lt. Druck­feh­ler­ver­zeich­nis fehlt hier der Zusatz:
“des Müns­teri­schen Bisch­ofes mit den ver­ei­nig­ten Nie­der­lan­den”] noch erschöpf­te Graf­schaft Bent­heim hat­te durch den Krieg ihrer Lage zwi­schen bei­den Län­dern wegen nicht wenig gelit­ten; 1665 durch Müns­teri­sche Durch­mär­sche 2) und in der Fol­ge durch hol­län­di­sche Ein­quar­ti­rung.

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I) Leben und Tha­ten Chris­toph Ber­nards von Galen, Bisch­ofes und Fürs­ten von Müns­ter, Admi­nis­tra­tors von Cor­vey. Aus dem Latei­ni­schen des Herrn Johann von Alpen vom Pas­tor Kurz zu Borg­horst S. 50. 55.

2) Sei­te 145.

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Ueber den am 18ten April 1666 zu Cle­ve geschlo­ße­nen Frie­den wur­de zu Nard­horn [lt. Druck­feh­ler­ver­zeich­nis muss es hier hei­ßen: Nord­horn] am 28 Julii noch eine Con­fe­renz gehal­ten 3). In dem zwei­ten Müns­teri­schen Krie­ge mit den Ver­ei­nig­ten Nie­der­lan­den 1672 hat­te die Grafsch. Bent­heim wie­der Müns­teri­sche Durch­mär­sche 4). Der Fürst­bi­schof von Müns­ter hat­te ein Regi­ment Bent­heim 5). Der hol­län­di­sche berühm­te Com­man­dant von Grö­nin­gen Raben­haupt thar 1674 einen Ein­fall in die Graf­schaft Bent­heim, nahm in Neu­en­haus eini­ge Müns­teri­sche Com­pa­gni­en gefan­gen und streif­te bis Nord­horn 6). Die gro­ße Ver­trau­lich­keit des Müns­teri­schen Fürst­bi­sch­ofes mit dem gräf­li­chen Hau­se erreg­te ein Gerücht, daß der Graf von Bent­heim Catho­lisch wer­den woll­te, beson­ders nach­dem der Bent­hei­mi­sche Canz­ler Pagen­ste­cher in Bran­den­bur­gi­sche Diens­te getre­ten war, und ein Müns­teri­scher Herr von Wie­den­brück, ein eif­ri­ger Catho­lik, wie­der Bent­hei­mi­scher Kantzler gewor­den war; wenn gleich­wohl der Graf hoch betheu­er­te, bey der Reform­ir­ten Reli­gi­on leben und ster­ben zu wol­len. Indes­sen star­ben des Bent­hei­mi­schen Gra­fen Mut­ter und Bru­der in einem Jah­re 1668, und der Graf ent­schloß sich, aller ver­muth­li­chen Bedenk­lich­kei­ten sei­ner Gema­lin ohn­ge­ach­tet, dem Lei-

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3) S. 162. 4) S. 336. 5) S. 257. 6) S. 277. Neu­en­haus war damals noch etwas befes­ti­get.

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chen­be­gäng­nis­se sei­nes Bru­ders zu Stein­furt am neun­ten August bey­zu­woh­nen.

Wie Er 1668 zu der Kind­tau­fe sei­nes Vet­ters, des jet­zi­gen Gra­fen von Stein­furt abrei­sen woll­te, stell­te Er erst zu Bent­heim am neun und zwan­zigs­ten August in Gegen­wart der Herrn Kanz­ler Pagen­ste­cher und von Etz­bach zu Ducken­burg und Lan­gen, unter sei­ner Hand und Pet­schaft nota­ria­li­ter die Ver­si­che­rung aus, daß Er zu Stein­furt Nichts zum Nacht­hei­le sei­ner Kin­der unter­neh­men wür­de, wie Er auch vor sei­ner Ver­mä­lung nie­mals ver­spro­chen hat­te, die Suc­ces­si­on der Graf­schaft Bent­heim sei­nem Bru­der über­la­ßen zu wol­len.

§. 15.

Ehe der Graf die­ses mal nach Stein­furt rei­se­te, hat­te der Fürst­bi­schof von Müns­ter ihn ver­schie­de­ne male zu sich gela­den, der Graf hat­te sich aber mit der Ent­bin­dung sei­ner Gema­lin u. mit der Stein­fur­ti­schen Begräb­niß ent­schul­di­get. Wie Er jetzt nach Stein­furt gezo­gen war, wo Er an die fünf Tage bey sei­ner Schwie­ge­rin, der ver­wit­we­ten Grä­fin von Stein­furt, in Gesel­schaft der Grä­fin­nen von Solms und Veh­len und des Gra­fen von Teck­len­burg blieb, benach­rich­tig­ten der neue Bent­hei­mi­sche Kantzler von Wie­den­brück und der Herr von Rhe­da [lt. Druck­feh­ler­ver­zeich­nis muss es hier hei­ßen: Rhe­de] zu Brand­lecht den

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Fürs­ten von Müns­ter von die­sem Ver­fah­ren des Gra­fen von Bent­heim. Die­sem erzä­le­te nun sein Kut­scher aus Bent­heim, der sei­nen Herrn nach Bent­heim zurück zu fah­ren eben zu Stein­furt gekom­men war, daß alle Päs­se um Stein­furt, beson­ders der Weg nach Bent­heim mit Mün­te­ri­schem Mili­tär beset­zet wären, wor­auf der Graf einen Bey­weg nahm, aber in der Nähe vom Rom­berg doch vom Müns­teri­schen Mili­tär umringt wur­de, das Ihn ersuch­te ein wenig stil­le zu hal­ten, weil der Fürst­bi­schof so gleich bey Ihm seyn wür­de. Die­ser erschien bald und begehr­te vom Gra­fen, mit ihm in sei­ner Kut­sche nach Ahaus zu fah­ren, woge­gen sich der Graf zwar mit der Begräb­niß sei­ner Frau Mut­ter und der Tau­fe sei­nes Kin­des, aber ver­geb­lich ent­schul­dig­te. Zu Ahaus nahm der Fürst­bi­schof den Gra­fen nebst dem Müns­teri­schen Gehei­men Rathe, einem Bru­der des neu­en Bent­hei­mi­schen Kanz­lers, von Wie­den­brück, und dem Jesui­ter Cör­ler auf sein Zim­mer. Nach etli­chen Stun­den gieng der Graf mit den bey­den gen­an­ten Herrn, aus die­ser Con­fe­renz, nach sei­nem ihm ange­wie­se­nen Logis beym Rent­meis­ter zu Ahaus, war nie­der­ge­schla­gen, sprach und aß wenig, und seufz­te nach der Tafel gegen sei­ne Bedien­ten, die Nichts von ihm erfah­ren konn­ten. Am andern Mor­gen rei­se­ten der Fürst und der Graf mit dem Jesui­ter Cör­ler nach Koes­feld, wo der Graf wider die vori­ge Gewohn­heit in der Zita­del bey der Kapel­le,

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sei­ne Bedien­te aber in der Stadt logirt wur­den. Die­se ermah­ne­ten ihren Herrn in der Stil­le, bey der Reform­ir­ten Reli­gi­on zu blei­ben, wur­den aber mit Seuf­zern und Hän­de­rin­gen beant­wor­tet, auch war bey der Tafel eine Trau­rig­keit am Gra­fen merk­lich. Nach der­sel­ben wur­de der Graf vom Müns­teri­schen Herrn Dom­küs­ter von Korf gen­ant Schmi­sing, vom Jesui­ter Cör­ler und andern Ver­trau­ten des Fürst­bi­sch­ofes unter­hal­ten. Wie der Graf wie­der zu sei­nen Bedien­ten gela­ßen war, ent­deck­ten die­se noch immer an Ihm sei­ne vori­ge Melan­cho­lie; des Mor­gens erkun­dig­te Er sich bey die­sen, ob die Mes­se schon ange­gan­gen, und ob sei­ne Fürst­li­che Gna­den schon dar­in gewe­sen wäre, klag­te über eini­ge Unpäß­lich­keit und blieb bis über Mit­tag zu Bet­te. Aber Tages vor sei­ner Reli­gi­ons-Ver­än­de­rung unter­hielt sich der Fürst­bi­schof in sei­nem Kabi­net von Mit­tag bis Abends spät mit ihm. Am fol­gen­den Tage hol­ten die Müns­teri­schen Bedien­ten, ehe noch die gräf­li­chen bey der Hand waren, den Gra­fen frü­he aus sei­nem Zim­mer in die Hof­ka­pel­le zur Mes­se, wo Er das Catho­li­sche Glau­bens Bekent­niß ableg­te. Wie Er wie­der bey sei­nen Bedien­ten war, sag­te Er ihnen sehr gerührt und selbst mit wei­nen­den Augen, was Er gethan hät­te, das hät­te Er für sich gethan, Er woll­te sie und die Sei­ni­gen nicht irren, sie und sei­ne sons­ti­gen Bedien­ten bey ihren Bedie­nun­gen laßen.

Sie erwie­der­ten ihm, sie zwei­fel­ten, ob sol­ches

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von sei­nem gnä­di­gen Wil­len allein abhan­gen wüde -. Müns­teri­scher Sei­te wur­de dem Gra­fen jetzt ein Kai­ser­li­ches Patent gege­ben, wor­in Er zum Kai­ser­li­chen Reichs-Hof­rath und Kam­mer­herrn ernant war.

Dann wur­de dem Gra­fen drin­gend gera­ten, sei­nen reform­ir­ten Bedien­ten, und sei­ner Gar­ni­son aufm Schlo­ße zu Bent­heim nicht zu trau­en, son­dern nöti­ger Sicher­heit wegen, auch mit die­ser Ver­än­de­rung nur fort zu fah­ren. Des Endes mög­ten sei­ne Gräf­li­che Gna­den noch etli­che Wochen bey sei­ner Fürst­li­chen Gna­den blei­ben, für erst die Order des Müns­teri­schen Oberst­wacht­meis­ters Ambrot [sic!] unter­schrei­ben, daß der­sel­be mit fünf­und­zwan­zig Müns­teri­schen das Schloß Bent­heim als Com­man­dant beset­zen soll­te; wie dann der Herr von Rhe­da zu Brand­lecht, catho­li­scher Reli­gi­on, und die beym Herrn Graf gewe­se­nen Bedien­ten her­nach auf ihr Gewi­ßen depo­nir­ten, daß der Graf, weiß nicht, wie vie­le Car­tes blan­ches unter­schrei­ben müßen, um zu unwie­der­bring­li­chen Nacht­hei­le sei­ner hohen Aut­ho­ri­tät, und zum Prä­ju­diz sei­nes Gräf­li­chen Hau­ses und sei­ner Kin­der, Alles in Han­den der Müns­teri­schen Bedien­ten zu stel­len, wodurch sie dem einen Bent­hei­mi­schen vor, dem Andern nach, ihre Abschie­de ertei­let, sie von ihres gnä­di­gen Herrn Diens­ten, ohne des­sel­ben Vor­wi­ßen, ent­set­zet, und Müns­teri­sche, die meis­tens in Sei­ner

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Fürst­li­chen Gna­den zu Müns­ter Eid blie­ben, an deren Stel­len sur­ro­gi­ret.

§. 16.

Die von allem Die­sen, und nament­lich von der Ankunft des Müns­teri­schen Oberst­wacht­meis­ters Ams­rot [sic!] mit einem Müns­teri­schen Com­man­do, benach­rich­tig­te Frau Grä­fin von Bent­heim schick­te eiligst ihre vier ältes­ten Söh­ne an die Staa­ten von Obe­rys­sel, als Bent­hei­mi­sche respec­ti­ve Lehn­herrn und ers­te Lands­stän­de, aus Furcht, daß ihre Söh­ne nicht zum geist­li­chen I) catho­li­schen Stan­de gebracht, und so der Suc­ces­si­on der Graf­schaft Bent­heim berau­bet wer­den mög­ten. Ihren kaum gebohr­nen jüngs­ten Sohn ließ sie bey der erzwun­ge­nen Abwe­sen­heit sei­nes Vaters durch den Hof­meis­ter von Wolf Namens der Gene­ral-Staa­ten über die Tau­fe hal­ten, wobey das Kind sei­nen Gevat­tern zu Ehren Sta­ti­us, und zum Andenken an sei­nen ver­stor­be­nen Oheim und Ver­fol­ger, den Gra­fen Phil­ip Con­rad von Stein-

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I) Man ver­glei­che von nun an das Betra­gen der Grä­fin von Bent­heim mit den ver­stüm­mel­ten Nach­rich­ten davon, eines Müns­teri­schen Geist­li­chen und Bischöf­li­chen Gene­ral Vicars und Ver­trau­ten des Fürs­ten Chris­toph Ber­nards von Galen, von Alpen, im Leben jenes Fürs­ten, so durch den Pas­tor Kurz zu Borg­horst neu­lich aus dem Latei­ni­schen ins Teut­sche über­set­zet ist.

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furt, Phil­ip gen­ant wur­de. Als nun jener Müns­teri­sche Oberst­wacht­meis­ter mit 25 Mann nach Bent­heim gekom­men war und der Frau Grä­fin sei­ne Com­mis­si­on zeig­te, emp­fing die­se ihn höf­lich, ver­wei­ger­te ihm aber die Ueber­ga­be des Schlo­ßes, bis sie mit ihrem Ehe­herrn gespro­chen hät­te, und wies dem Oberst­wacht­meis­ter und sei­ner Mann­schaft Logis im Fle­cken Bent­heim an. Wel­ches am Müns­teri­schen Hofe so berich­tet ward, als wenn die Grä­fin ihrem Ehe­herrn das Schloß ver­sper­re­te. Nach einer dar­auf erfolg­ten Besen­dung des Fürs­ten von Müns­ter an die Grä­fin durch den Müns­teri­schen Gehei­men Rath von Wie­den­brück, dem ein Kai­ser­li­cher Abge­sand­ter Namens Bud­de­cker jedoch ohne alle Cre­di­tif bey­ge­fü­get war, und der Vor­zei­gung einer schrift­li­chen Order des Gr. von Bent­heim an sei­nen Hof­meis­ter von Wolf, zur Ueber­ga­be des Schlo­ßes ans Müns­teri­sche Com­man­do, lehn­te die Grä­fin sol­che mit der Aeu­ße­rung ab, daß sie die Order ihres Gema­les für erzwun­gen hiel­te, und daß das Schloß, ohne benach­bar­te Mäch­te zu reit­zen, mit denen die Grafsch. in Frie­den leb­te, nicht frem­dem Mili­tä­re über­ge­ben wer­den könn­te. Durch den Hof­meis­ter von Wolf nnd [sic!] Doc­tor Ker­ke­ring ließ die Grä­fin dem Gra­fen schrei­ben, sie ver­lang­te sehr nach sei­ner Rück­kunft, und Er mög­te ja die Ans­streu­un­gen [sic!] doch nicht glau­ben, daß sie ihm das Schloß ver­sper­ren woll­te, sie befürch­te­te aber bey den jet­zi­gen Umstän­den vi-

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le Unhei­le von der frem­den Miliz. Des­sen unge­ach­tet schick­ten die Müns­teri­schen den Hof­meis­ter von Wolf noch­mals zur Grä­fin, mit dem Befeh­le, bey Hals­stra­fe die Schlü­ßel abzu­hoh­len, und dem Com­men­dan­ten zu über­ge­ben, die Grä­fin sandt ihn aber mit der vori­gen Ver­wei­ge­rung und mit einem Schrei­ben an ihren Gemahl zurück. Als sich der Bent­hei­mi­sche Hof­meis­ter nun dar­über beklag­te, daß man sein Leben bey Ver­wei­ge­rung in Gefahr set­zen woll­te, erwie­der­te ihm die Grä­fin, die­ses könn­te er damit ret­ten, daß er nicht wie­der zurück­kehr­te, er ging aber zum Fürs­ten von Müns­ter zurück. Nun muß­ten zwi­schen drey und vier­tau­send Mann Müns­teri­sche Caval­le­rie und Infan­te­rie mit unter­schied­li­chen Feld­stü­cken und Mör­sern nach Bent­heim mar­schi­ren, wor­auf der Hof­meis­ter v. Wolf durch Dro­hun­gen die Thor­schlü­ßel des Schlo­ßes vom Wacht­meis­ter erzwang, ehe die Grä­fin Etwas davon erfuhr. Die­se sah aus ihrem Zim­mer den Com­men­dan­ten mit sei­nen fünf­und­zwan­zig Mann schon hin­auf mar­schi­ren, als sie dem Tho­re zulief, in Mei­nung Sol­ches selbst zu schlie­ßen; es war aber zu spät, da das Com­man­do schon bis ans obe­re Thor gekom­men war. Die meis­te Müns­teri­sche Mann­schaft war indes­sen noch in der Brech­te bey Bent­heim geblie­ben, der Fürst­bi­schof zog aber jetzt mit dem Sta­be nach Bent­heim, und der Graf muß­te dem Fürs­ten zur Sei­te blei­ben.

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Die gan­ze Ammu­ni­zi­on die­ses wich­ti­gen Berg­schlo­ßes war nun in Hän­den des Bisch­ofes, der zu ganz andern Absich­ten die ehe­mals von der Gräf­li­chen Herr­schaft selbst begehr­te Bent­hei­mi­sche Pro­tec­tion vom Kai­ser bestä­ti­get erhal­ten hat­te, und sich jetzt das Anse­hen gab, als Direc­tor des West­phä­li­schen Krei­ses so han­deln zu dür­fen, da doch auch Chur Bran­den­burg und Pfalz Neu­burg Direc­to­ren die­ses Krei­ses waren, und die Pari­tät der Reli­gio­nen in die­ser nur zu sehr zur Reli­gi­ons Sache geeig­ne­ten Ange­le­gen­heit erfor­dert ward. Aber was West­phä­li­scher Frie­de war, das kann­te der Bischof Ber­nard von Galen nicht. Der fol­gen­de Tag war eben Son­tag; in der Schloß­kir­che der regie­ren­den Grä­fin wur­de Catho­li­scher Got­tes­dienst durch den Müns­teri­schen Dom­küs­ter von Korf gen­ant Schmie­sing und den Jesui­ter Cör­ler gehal­ten, nach­dem die Hof­pre­di­ger Ser­to­ri­us und Grim­me­li­us ein und ander­mal schimpf­lich abge­wie­sen wor­den waren, da doch die Reli­gi­on des Lan­des­herrn, und die sei­ner Gema­lin abwech­selnd in der näm­li­chen Schloß­kir­che hät­te aus­ge­übet wer­den kön­nen. Die Müns­teri­sche Besat­zung des Schlo­ßes Bent­heim wur­de mit fünf­zig Mann ver­meh­ret, aller­ley Kriegs Ammu­ni­ti­on aufs Schloß ohne Vor­wi­ßen des Gra­fen gebracht, und sol­ches wider eine Bela­ge­rung befes­ti­get; der Fürst­bi­schof von Müns­ter ernan­te sei­nen gehei­men Rath von Wie­den­brück und den Jesui­ter Cör­ler zu Auf-

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sehern des Gra­fen, denen auch die Schlü­ßel zum gräf­li­chen Lan­des Archi­ve über­ge­ben wur­den, das sie vie­le Tage lang durch­sa­hen. Der Bischof selbst rei­se­te nach einem acht­tä­gi­gen Auf­ent­kalt von Bent­heim ab, und der Graf beglei­te­te ihn eine Stre­cke Weges. Die­ser erhielt nach sei­ner Rück­kunft von der noch krän­keln­den Grä­fin, die ihren Gemahl wäh­rend des Auf­ent­hal­tes des Fürs­ten nicht hat­te sehen dür­fen, und von den Müns­teri­schen mit sei­ner höchs­ten Ungna­de bedro­het war, wenn sie die weg­ge­schick­ten Kin­der nicht wie­der her­bey schaf­te, einen Besuch auf sei­nem Zim­mer. Der Graf ging ihr ent­ge­gen, umarm­te sie, bat sie um Ver­zei­hung die­ser plötz­li­chen Ver­än­de­rung wegen, trös­te­te sie. Vier Tage leb­te die­ses gräf­li­che Ehe­paar in vor­ma­li­ger Lie­be und Glück­se­lig­keit, ach! daß es die vier letz­ten Tagen ihres ehe­li­chen Lebens seyn muß­ten! — — — Der Bischof von Müns­ter schrieb dem Gra­fen, zu ihm nach Bent­la­ge und Sas­sen­berg zu rei­sen, der Graf that die­ses nach vie­len Gegen­re­den der Grä­fin end­lich, nach­dem Er Sie ver­si­chert hat­te, des andern Tages wie­der bey ihr seyn zu wol­len.

Nach sei­ner Abrei­se kamen Befeh­le vom Müns­teri­schen Hofe, wodurch ver­schie­de­ne Bent­hei­mi­sche schuld­lo­se Bedien­te abge­set­zet, und an deren Stel­le Catho­li­sche ange­set­zet wur­den. Kaum hat­te der Graf in der freund­schaft­lichs­ten Spra­che

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sei­nes Her­zens der Grä­fin geschrie­ben, und sei­ne schleu­ni­ge Rück­kunft gemel­det, als ihr Dro­hun­gen unter sei­ner Hand zuka­men, daß Er Sie des CRIMINIS PLAGII oder des Men­schen-Rau­bes wegen belan­gen wür­de, falls sie ihm die weg­ge­schick­ten Kin­der nicht wie­der zustel­len wür­de, wor­auf sie [lt. Druck­feh­ler­ver­zeich­nis muss es hier hei­ßen: wor­auf sie erwi­der­te: sie] wünsch­te Nichts mehr, als ihren Ehe­herrn zuvor unge­hin­dert wie­der zu besit­zen und mit Ihm eine Ueber­ein­kunft wegen der Erzie­hung ihrer Kin­der zu tref­fen, die sie dann so fort wür­de wie­der kom­men laßen. Nun kam ein Befehl des Gra­fen von einem zu Müns­ter neu­ge­mach­ten bent­hei­mi­schen Rathe Bal­ke an den bent­hei­mi­schen Kanz­ler und Com­men­dan­ten, daß er die Grä­fin erst güt­lich nach Müns­ter zu kom­men, bewe­gen, im Wei­ge­rungs-Fal­le aber durch das Mili­tär dahin abfüh­ren soll­te[.] Man schütz­te des­we­gen erst vor, der Graf erwar­te­te die Grä­fin zu Och­trup auf dem Wege nach Müns­ter, mit ihr der Erzie­hung der Kin­der wegen zu reden, er hat­te ihr aber in einem freund­schaft­li­chen Brie­fe aus Sas­sen­berg Nichts von Och­trup, son­dern von Müns­ter geschrie­ben; des­we­gen erwie­der­te die Grä­fin hier­auf, wenn ihr Ehe­herr so nahe wäre, so wür­de Er lie­ber nach Bent­heim kom­men, wo Er in sei­nem Lan­de mehr ihr Herr und Meis­ter wäre, als in eines Andern Bot­mä­ßig­keit. Allein die­se Frau konn­te man nicht mit Ver­stand, son­dern nur mit Sol­da­ten über­win­den. Die Grä­fin von Bent­heim wur­de durch Sol­da­ten mit Gewehr und

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bren­nen­den Lun­ten noch am nem­li­chen Abend von ihrem Zim­mer geholet, wor­auf ihr kaum Zeit gela­ßen wur­de, sich allein zu klei­den, und unter die­sem mili­tä­ri­schen Gelei­te nach Och­trup gebracht, wo sie über­nach­te­te, ohne ihren Gra­fen dort zu fin­den, nach­dem alles ihr Fle­hen ihre Rei­se nicht bis zum andern Tage hat­te ver­schie­ben kön­nen. Die­ser unnö­ti­gen Här­te wegen kam sie kei­nen Tag frü­her in Müns­ter, wo sie im Hau­se des Doc­tors und Bür­ger­meis­ters Romer sehr austän­dig [sic!] behan­delt wur­de. Nach der Grä­fin Abrei­se von Bent­heim wur­de ihr und ihrer Jung­fer Cabi­net und Schreib­pult durch einen aus Müns­ter bestel­len Schmied erbro­chen, die Grä­fin hat­te aber die wich­tigs­ten Pgpie­re [sic!] schon bey Sei­te gebracht. Auch zu Müns­ter konn­te die Grä­fin ihren Gemahl nicht zu spre­chen bekom­men, wenn sie nicht erst ihre Kin­der her­bey schaf­te, da der Graf sie doch nach Müns­ter gela­den hat­te, sich mit ihr über die Erzie­hung der Kin­der zu unter­re­den. Dem Gra­fen ver­ging end­lich die Geduld, Er woll­te schon in die Kut­sche stei­gen, um zu sei­ner Gema­lin zu fah­ren, als ihn der Bischof von Müns­ter davon abriet, ihn bei der Hand nahm uud [sic!] ihn mit sich wie­der hin­auf führ­te. Von den Müns­teri­schen wur­de der Grä­fin hin­ge­gen immehr ein­ge­prä­get, daß der Graf sie nie­mals sehen oder spre­chen wür­de, wenn sie nicht an die Gene­ral-Staa­ten der Ver­ei­nig­ten Nie­der­lan­de und an die Staa­ten von Obe­rys­sel um Zurück-Erstat-

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tung ihrer Kin­der schrie­be. Da die­ses auch noch nicht fruch­te­te, nahm man ihr ihre Pagen und Laquei­en ab, man dro­he­te, ihr auch ihre Jung­fer, Kam­mer­magd, ja selbst ihr jüngs­tes säu­gen­des Kind mit der Amme zu ent­neh­men, sie in ein Klos­ter zu sper­ren, ja selbst mit der Todes­stra­fe zu bele­gen, wür­de sie sich nicht zu die­sem Schrei­ben beque­men. Die Grä­fin ver­fer­tig­te aller­ley Ent­wür­fe zu die­sem Schrei­ben, um Zeit zu gewin­nen. End­lich setz­te der Herr von Wie­den­brück ein Schrei­ben des Inhal­tes auf: “Wie daß die Frau Grä­fin nun­mehr mit Dero Herrn Gema­le ver­gli­chen, und der Kin­der-Erzie­hung hal­ber ver­ac­cor­dirt wäre, thä­te sich dem­nach der Her­ren Sta­ten ange­nom­me­nen Mühe­wal­tung um Vor­sor­ge der Kin­der aller­höf­lichst bedan­ken, und bit­ten, man wol­le sie doch unbe­hin­dert wie­der­um ihr zuschi­cken.” Wie die Grä­fin dar­auf in ihrer Tau­ben Ein­falt u. Schlan­gen­list frug: wie sie mit Recht eine sol­che Unwahr­heit den Sta­ten schrei­ben könn­te, da sie doch ihren Herrn nicht gesehn, noch weni­ger sich mit ihm über die Erzie­hung ihrer Kin­der ver­gli­chen hät­te? ant­wor­te­te ihr Doc­tor Bal­ke: Recht oder Unrecht, es müs­te jetzt also seyn. Oie Grä­fin mus­te sich aber zur Unter­schrift die­ses Brie­fes ver­ste­hen, womit der Herr von Ree­de zu Brand­lecht an die Gene­ral-Staa­ten, wel­che aber von der wah­ren Beschaf­fen­heit der Sache durch die Grä­fin schon unter­rich­tet waren, nach dem Haag

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abge­sandt wur­de. Die Grä­fin mus­te auch einen Eid schwö­ren, daß sie nicht wüs­te, wo ihre Kin­der jetzt wären, und sie wus­te es auch nicht, daß sie nach Eng­land ver­schickt waren.

Gedach­ter Herr von Ree­de war eben ver­rei­set, als die Grä­fin von Bent­heim so wohl als ihre Kin­der ver­mißt ward. Die Grä­fin hat­te nach Aus­fer­ti­gung jenes Schrei­bens meh­re­re Ruhe, als sie in 5 Wochen ihrer Müns­teri­schen Gefan­gen­schaft geno­ßen hat­te. Ihr Wirt, der Doc­tor und Bür­ger­meis­ter Römer war eben mit sei­ner Fami­lie auf einer Hoch­zeit, als sie des Abends in der Däm­me­rung mit ihrem säu­gen­den Kin­de und der Amme, mit dem Befeh­le an ihre Jung­fer, daß sie schwei­gen und sich krank stel­len soll­te, die­ses ihr Logis ver­ließ, und in ein Wirts­haus ging, wo eben ein Bau­er aus der Grafsch. Bent­heim und Eigen­hö­ri­ger der Kam­mer sie des andern Mor­gens nach Ohne und wei­ter bis vor­an in Twen­te fuhr, wo sie an der Din­kel I) einen Wagen bis nach Del­den mie­te­te. Hier erkan­te der Rich­ter die Grä­fin von Bent­heim und ließ sie in der Kut­sche des abwe­sen­den Drost von Twen­te von Raes­felt zu Lage und Twi­ckel bey Del­den nach Deven­ter brin­gen. Am Mün-

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I) Die Twen­ti­sche Wirt­schaft die Pup­pe. ohn­weit der Bent­hei­mi­schen Wirt­schaft Spring­bie­le, bei­de am Post­we­ge von Ams­ter­dam nach Ham­burg.

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ste­ri­schen Hofe wur­de die Flucht der Grä­fin erst am drit­ten Tage nach der­sel­ben bekant, jedoch vor dem Gra­fen noch geheim gehal­ten, bis die Bestür­zung durch den Bericht der ihr zu spät nach­ge­schick­ten Ordo­nanz Reu­ter auch dem Gra­fen nicht mehr ver­bor­gen blei­ben konn­te, wie­wohl Er die Geschich­te erst durch sei­nen Kam­mer­die­ner des Abends auf sei­ne ernst­li­che Nach­fra­ge erfuhr, wor­auf Er bit­ter wein­te und in die Wor­te aus­brach: “Wozu hat man mich armen Kerl gebracht, jetzt sind Weib und Kin­der fort,” auch die gan­ze fol­gen­de Nacht ohne Schlaf in Kum­mer zubracht. Am fol­gen­den Mor­gen bracht ihm ein Expres­ser des Kanz­lers zu Bent­heim die Nach­richt, daß sei­ne Gema­lin durch die Grafsch. gerei­set wäre, wor­auf Er sich ver­lau­ten ließ, daß Er betro­gen wäre, und in Zorn wider die­je­ni­gen aus­brach, die ihm gera­ten hat­ten, die Grä­fin von Bent­heim nach Müns­ter abfah­ren zu laßen. Die heim­ge­blie­be­nen Jung­fer und Kam­mer­magd der Grä­fin wur­den nun wohl zwar arre­ti­ret und mili­tä­risch bewa­chet, sie konn­ten aber über die Flucht ihrer Herr­schaft kei­ne Auf­klä­rung geben, indes­sen es dem Gra­fen, sei­nes hei­ßen Ver­lan­gens ohn­ge­ach­tet, ver­wehrt wur­de, sie vor und nach ihrer Befrey­ung, zu Müns­ter oder zu Bent­heim auf der Rei­se zu ihrer Frau, zu spre­chen, wie­wohl sie zu Bent­heim über sechs Wochen auf den Gra­fen war­te­ten, der sie durch den Hof­meis­ter von Wolf, Trom­pe­ter, Kam­mer­die­ner und Laquei­en wie­der-

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holet hat­te benach­rich­ti­gen laßen, daß Er sie spre­chen woll­te.

Was wür­de nun wohl aus der Grä­fin von Bent­heim gewor­den seyn, wenn sie sich aus ihrer Gefan­gen­schaft nicht durch die Flucht geret­tet hät­te, da der Herr von Ree­de zu Brand­lecht bey sei­ner Abrei­se nach dem Haag sich gerüh­met hat­te, die gräf­li­chen Kin­der soll­ten in Zeit von acht Tagen wie­der her­bey geschaf­fet wer­den, wenn sie auch in der Tür­kei wären, der Grüf­in [sic!] aber heim­lich bedeu­tet hat­te, der Graf hät­te so wenig Frei­heit mehr, daß Er Alles unter­schrei­ben muß­te, was Ihm vor­ge­legt wür­de. Gleich­wohl müß­te her­nach ihre Ehe unter dem Vor­wan­de getren­net wer­den, daß sie ihre Kin­der ihrem Vater ent­füh­ret, und ihren Ehe­herrn bös­lich ver­la­ßen hat­te, da die­ser viel­mehr sie bös­lich ver­la­ßen hat­te, ohne daß sie sich ander­weit ver­mä­le­te. Man müß­te denn einer Mut­ter und regie­ren­den Grä­fin alles Recht abspre­chen kön­nen, für ihre Kin­der und deren Suc­ces­si­on in Land und Leu­te sor­gen zu dör­fen [sic!], wenn deren Vater sei­ner Frei­heit berau­bet ist, und einer unschul­di­gen Gefan­ge­nen, sich in Frei­heit set­zen zu dör­fen [sic!]; es müß­te denn einer Regen­tin nicht frey stehn, was jeder Mut­ter und Frau zukömt, sich mit ihrem Man­ne einer andern Reli­gi­on, der bey und nach sei­ner Heu­rat die näm­li­che Reli­gi­on sei­ner Frau hat­te, über die Erzie­hung der Kin­der, auch der

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Söh­ne, beson­ders wo kei­ne Töch­ter vor­han­den, mit gehö­ri­ger Frei­heit ver­glei­chen zu kön­nen, wie der Graf ihr schrift­lich ver­spro­chen hat­te. In Teutsch­land konn­te sie, so lan­ge der Müns­teri­sche Fürst­bi­schof Chris­toph Ber­nard von Galen leb­te, ohne Hül­fe kein Recht bekom­men; sie nahm daher ihre Zuflucht zu den Regen­ten ihres Vater­lan­des, die so vie­len Ein­fluß in die bent­hei­mi­schen Ange­le­gen­hei­ten hat­ten, und such­te durch deren Hül­fe mehr für ihre Kin­der, als für sich selbst, Recht bey Kai­ser und Reich. Man könn­te sonst der Grä­fin von Bent­heim eini­ge Heu­che­ley, und eini­ge Ver­ach­tung ihres vor­ma­li­gen hohen Pro­tec­tors, des gedach­ten Müns­teri­schen Fürst­bi­sch­ofes zur Last legen, daß sie den Frens­we­gi­schen Geist­li­chen geschrie­ben hat­te, man sag­te: der Graf und Sie woll­ten catho­lisch wer­den, der Him­mel mög­te sie Bey­de aber für ein grö­ße­res Uebel bewah­ren; die­ses bedeu­te­te wohl weni­ger, als ihre Aeu­ße­rung; der Erb­graf könn­te noch eine Säu­le der Catho­li­schen Kir­che wer­den, wobey ihre viel­leicht gehei­me Bedeu­tung des Wor­tes Catho­lisch nicht so ganz red­lich war, wenn es ihre Tole­ranz oder Gleich­gül­tig­keit nicht beweist. Sie hat­te sich schrift­lich über die Sie­ge des Fürs­ten von Müns­ter über die Hol­län­der gefreu­et, und sich über Letz­te­re, ihre Lands­leu­te, etwas lus­tig gemacht, man hat­te ihr aber Müns­teri­scher Sei­te gera­ten die­ser Ange­le­gen­hei­ten hal­ber sich auf die ent­ge­gen gesetz­te Art zu ver-

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stel­len, daß man ihre Nei­gung für die Müns­teri­sche Par­tey am Stein­fur­ti­schen Hofe nicht mer­ken soll­te. Wahr ist aber ihre Beschul­di­gung des Fürst­bi­sch­ofes von Müns­ter immer wenigs­tens gewi­ßer­ma­ßen, daß der­sel­be ihren Gemahl mit Gewalt gezwun­gen hät­te, catho­lisch zu wer­den, da die Art, wie Er nach Ahau­sen und Koes­feld gebracht wur­de, ehe Er sei­ne Reli­gi­on ver­än­der­te, mili­tä­risch, exe­cu­tivisch und ent­eh­rend, zuma­len für einen Regen­ten war. Hat­te der Graf Zwei­fel an jener Reli­gi­on, wor­in Er gebo­ren u. erzo­gen war, hat­ten sei­ne Seel­sor­ger ihm sol­che nicht genug benom­men, so konn­ten sei­ne Frau und die gan­ze Welt ihn nicht ver­hin­dern, nach sei­ner beßern Ueber­zeu­gung zu han­deln, wenn Er nur auch bey irgend einem Gegen­stan­de fes­te Grund­sät­ze gehabt hat­te. — Ueb­ri­gens war die Grä­fin von Bent­heim eine Frau, dabey in den mis­lichs­ten Umstän­den seit ihrer Ver­mä­lung, und ihre Ver­stel­lung an einem so cri­ti­schen Hofe scha­de­te Nie­man­den, und fast Alles, was die Stein­fur­ti­sche Par­tie zu ihrem Nacht­hei­le aus­ge­streu­et hat­te, wur­de älmä­lig [sic!] als unwahr befun­den. Der Müns­teri­sche Hof hat­te aber kein Recht, die Sicher­heit der Wege zu ver­let­zen, den Gra­fen und die Grä­fin von Bent­heim ihrer poli­ti­schen und reli­giö­sen Frei­heit zu berau­ben, und bey­na­he die gan­ze Lan­des­ho­heit der Graf­schaft Bent­heim an sich zu zie­hen, und so eine frey­ge­wähl­te Schutz­ge­rech­tig­keit wider die Reichs und Bent­hei­mi­sche

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Lan­des-Ver­fas­sung zu miß­brauchen. Der Hof­meis­ter von Wolf, der vom Gra­fen und von den Lan­des­stän­den ange­stell­te Gene­ral-Emp­fän­ger wur­den abge­set­zet, und ihre Stel­len vom Hofe an Müns­ter­län­der ver­ge­ben, die mehrs­ten Asses­so­ren des Reform­ir­ten Ober­kir­chen­raths wur­den abge­set­zet, und ihre Stel­len an Catho­li­sche ver­lie­hen, ver­schie­de­nen Pre­di­gern wur­den ihre Sala­ri­en ein­ge­zo­gen, Audern [sic!] wur­den, weil sie der Grä­fin zur Ver­schi­ckung ihrer Kin­der gera­ten haben soll­ten, oder weil sie mit der Grä­fin cor­re­spon­dirt hät­ten, aus dem Lan­de ver­ban­net, oder gefäng­lich hin­ge­set­zet; das vor­ma­li­ge Klos­ter zu Schüt­torf wur­de Catho­li­schen ein­ge­räu­met, obschon über des­sen Besitz­stand nach dem Nor­mal Jah­re kein Streit war. Dabey seufz­te die gan­ze Graf­schaft Bent­heim unter der Last Müns­teri­scher Ein­quar­ti­run­gen, Durch­mär­sche, Wer­bun­gen und unend­li­cher Frohn­diens­te, son­der­lich bey der letz­ten Ueber­zie­hung der Pro­vinz Obe­rys­sel, der Bela­ge­rung von Coe­ver­den und Gro­nin­gen und bey dem dort gemach­ten Tei­che oder Dam­me. Dabey war der Graf unter der Auf­sicht sei­ner Müns­teri­schen Beam­ten, sei­ner Gema­lin und Kin­der berau­bet, nicht in gutem Ver­neh­men mit sei­nen Ver­wand­ten, mit sei­nen Land­stän­den, so sehr die­se auch vor den Müns­teri­schen Kano­nen schwei­gen muß­ten, und bald unter sich, jetzt erst der ver­schie­de­nen Reli­gio­nen wegen, zer­fie­len.

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§. 17.

Vor sei­ner Ver­mä­lung hat­te der Graf Ernst Wil­helm noch 1647 den 30 Novem­ber zu Nord­horn, und 1655 den 19 Julii zu Schutt­orp Land­ta­ge nach der uralten Form, in Per­son gehal­ten, wobey dem Gra­fen schon der Titul hoch­ge­bo­ren gege­ben ward. Ersterm Land­ta­ge wohn­ten Namens Obe­rys­sel die Rit­ter F. Rip­per­de und Ger­hard Slo­et bey, dann die Herrn Johann von Beve­ren, Ebert Degen­hard von Etz­bach, Johann Albrecht de Ree­de zu Brand­lecht, H. von Ray­mundt Pri­or, Hen­rich von Lahr zu Lahr, Dani­el Deli­us SALVIS RECESSIBUS ET PRIVILEGIIS deren von Kett­ler; aufm zwei­ten Land­ta­ge waren wegen Obe­rys­sel N. von Bever­for­de und Hen­rich Nie­landt I), fer­ner Johann Hen­rich von Rhe­de, God­frid von Bocholt Pri­or, Egbert Degen­hart von Ezbach, Hen­rich von Lahr zu Lahr; im Namen der Frau Wit­ti­ben von Beve­ren zu Deves­borg Fried­rich Roke­l­ose, als Vol­mach­tig, jedoch ohne Prä­ju­diz die­ser Signa­tur; Wene­mar Schr­a­der SALVO JURE ET CITRA PRAEJUDICIUM WIETMERCENSIUM, Ambt­mann. Die­ser her Witt­mer­scher Bor­be­halt [sic!] wird vor nul und nich­tig gehal­ten. Die­ser letz­te­re Receß ist durch den Notar Wer­ner Dam auten­tizi­ret 2).

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I) Ers­ter wegen der Rit­ter­schaft, zwei­ter wegen der Städ­te.
2) Die­se und vori­ge Land­tags Reces­se sind zu Frens­we­gen.

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Aufm ers­ten Land­ta­ge wur­de das ishe­ri­ge [sic!] Land­geld von sechs Stü­ber monat­lich von jedem Müd­de Lan­des, Tage­werk Heu­land und Wei­de­grund bis nähe­re Ver­fü­gung bestä­ti­get. Auf das Gemahl soll­te ein Siche­res geset­zet wer­den. Zu Abfüh­rung der Cre­di­to­ren, soll­ten, mit Aus­nah­me der Hove­sa­ten der Stän­den, von einem Müd­de Rocken 6 stbr., Malz 6 stbr., Weit­zen 8 stbr., Buch­weit­zen 4 stbr., Mark Korn [lt. Druck­feh­ler­ver­zeich­nis muss es hier: “Mank­korn” hei­ßen] 4 stbr, und zwar nicht von der [sic!] Con­tri­bu­ti­ons-Emp­fän­gern, son­dern vom Land­schrei­ber geho­ben wer­den. Die Städ­te soll­ten von der Vie­he­schat­zung nicht frey seyn; das Vieh soll­te durch die Deput­ir­ten mit Zuzie­hung des Rich­ters beschrie­ben wer­den; die Städ­te soll­ten auch von der Hand­tier- und Nah­rung con­tri­bui­ren; Städ­ti­sche, im Wig­bol­de I) gele­ge­ne Län­derey­en soll­ten zum Behu­fe der Städ­te, in den Bau­er­schaf­ten befind­li­che Län­derey­en der Städ­ti­schen Ein­woh­ner, zum Behu­fe jener Bau­er­schaf­ten, wor­in sol­che gele­gen, con­tri­bui­ren. Herrn Die­ner, in so weit sel­bi­ge bür­ger­li­che Nah­rung trie­ben, und deren Län­derey­en, soll­ten hin­füro, mit Vor­wi­ßen Ihrer Hoch­grä­fi­i­chen Gna­den, gleich­falls ange­schla­gen wer­den, jedoch fer­ner nicht, als hie­be­vor ver­ab­schie­det wäre. Die Beschwehr­den der Stän­de über die neu­en Zuschlä­ge soll­ten auf gegrün­det befun­de­ne Kla­gen der Guts­herrn abge­stel­let wer­den. Die Coll­ec­tion der Gefäl­le zur Til­gung der Schul­den ein­zel­ner Bau­er­schaf­ten soll­te in den­sel­ben nach

I) [lt. Druck­feh­ler­ver­zeich­nis muß der Fuß­no­ten­text lau­ten: “in den städ­ti­schen Feld­mar­ken.”]

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Pro­por­ti­on gesche­hen, wie die Lan­des Con­tri­bu­ti­on erho­ben wür­de. Bis nähe­re Ver­fü­gung soll­ten die Stän­di­schen Deput­ir­ten, wozu dies­mal Mon­sieur Beve­ren und Herm. Ray­mund Pri­or ver­ord­net wür­den, täg­lich außer Lan­des zwey Reichs­tha­ler, inner­halb Lan­des aber einen Gold­gül­den Diä­ten neben ihren Rei­se­kos­ten genie­ßen.

Im zwei­ten Land­tags-Reces­se heißt es: gut gefun­den und beschlo­ßen, daß dem Herrn Gra­fen von Veh­len wegen der ein­ge­wil­lig­ten Fräu­lein Steu­er zu zehn­tau­send Reichs­tha­ler für dies­mal ohne Prä­ju­ditz und Con­se­quenz und abson­der­li­che Coll­ec­ti­rung der Stim­men, eine Obli­ga­ti­on ertei­let, und solch Capi­tal für erst jähr­lich sechs pro Cent ver­zin­set, und doch das­sel­be oder die Frau Solm­sche Braut­schatz­gel­der, Kraft beding­ter Loß­kün­di­gung auf ein ganz oder halb Jahr vor­hin, durch eine Feu­er­stät­te oder ande­re extra ordi­na­ri Schat­zung auf­ge­bracht und ent­rich­tet wer­den sol­le. Und ist wegen des Hof­ge­richts ver­ab­re­det, daß zu Sala­ri­rung der Gerichts­per­so­nen vier­hun­dert sechs­zehn I) Reichs­tha­ler aus den gemei­nen Lau­des­mit­teln jähr­lich bey Quar­ta­len beza­let wer­den sol­len. Und weil die adli­che Assess­o­rat Stel­le anit­zo durch Jun­ker Etz­bach beklei­det wird, als soll der­sel­be sein lebe­lang con­ti­nui­ren, nach des­sen Abgang aber mit der Stän­de Mit­be­lie­ben von

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I) Hol­län­disch.

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einer ade­li­chen Per­son wie­der­um ver­se­hen wer­den. So wer­den auch vor dis­mal pro­vi­sio­na­li­ter zu Unter­hal­tung der Schloß­sol­da­ten tau­send, zu Besol­dung der Agen­ten und Cor­re­spon­den­ten drey­hun­dert, Cam­mer-Gerichts-Unter­hal­tung gleich­falls drey­hun­dert, zu Behuf eines Land-Medi­ci hun­dert und zwan­zig, und Land­trom­pe­ters hun­dert Reichs­tha­ler, dabe­ne­ben wer­den Ihro gräf­li­chen Gna­den in Betrach­tung dero­sel­ben ange­ge­be­nen rück­stän­di­gen Ren­ten und andern Beschwer­ni­ßen pro Hono­ra­rio und eine Curia­li­tät ein­ge­wil­li­get sechs­tau­send fünf hun­dert Reichs­tha­ler, samt der gan­zen Action, wel­che die­se Grafsch. wegen der Vech­ti­schen Evacua­ti­on und Ver­pfle­gung, und was dar­an depen­dirt, bey dem Reich und schul­di­gen Reichs­stän­den zu for­dern hat, ohne dan­noch, daß die Land­stän­de zu deren Lie­fe­rung nicht wol­len ver­bun­den seyn, es sey dann, was durch Vor­schrei­ben und Direc­tion beför­dert wer­den kann. Und damit die bis­her bey der Col­la­ti­on ver­spür­te Unord­nung und unnö­ti­gen Kos­ten so viel mög­lich ins künf­ti­ge ver­mie­den und auf­ge­ho­ben wer­den mögen, haben Ihro Hoch­gräf­li­che Gna­den sich mit Dero Landt­stän­den dahin ver­ein­ba­ret, daß alle ein­ge­wil­lig­te Land­kos­ten, aus­ge­nom­men die bereits ver­teil­te hun­dert tau­send Reichs­tha­ler, wel­che die Quar­tie­re selbst beza­len, und die Bezah­lung dem Buch­hal­ter anzei­gen sol­len, unter den Kirch­spie­len, Bau­er­schaf­ten und Stät­ten pro Quo­ta get­heilt, und an Hän­den eines

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Buch­hal­ters, der von Ihro hoch­grä­fi­i­chen Gna­den mit der Land­stän­de Belie­ben dazu bestel­let wer­den sol­le, durch die Bau­er­schul­ten oder ande­re ver­ord­ne­te Inter­es­sir­ten alle Quar­ta­le sol­len ein­ge­lie­fert wer­den. Auch alle Jahr um des­to meh­re­re Rich­tig­keit zu erhal­ten, eine Con­vo­ca­ti­on der Land­stän­de gesche­hen. So viel ent­hal­ten die Ueber­bleib­sel von der almä­li­gen Ent­ste­hung der heu­ti­gen Form Bent­hei­mi­scher Land­ta­ge und Land­stän­de, wel­che auf die ehe­ma­li­gen Mar­ken­ge­rich­te und Burg­män­ner folg­ten. Die durch die Müns­teri­schen Ein­mi­schun­gen ent­stan­de­nen Zer­rüt­tun­gen wur­den durch die noch unter der Regie­rung die­ses Gra­fen Ernst Wil­helms errich­te­ten Con­corda­te und nach­her durch das Lau­dum regi­um glück­lich geho­ben; jedoch von die­sen Grund­ge­set­zen des Gesamt­hau­ses uud der Grafsch. Bent­heim her­nach.

§. 18.

Die Grä­fin von Bent­heim hat­te nun den Schutz der Gene­ral Staa­ten der Ver­ei­nig­ten Nie­der­lan­de nach­ge­su­chet, und erhielt den­sel­ben, für sich und ihre Kin­der, zugleich mit einer anstän­di­gen Ver­sor­gung, durch eine Reso­lu­ti­on der­sel­ben vom sieb­zehn­ten Julio 1669, wor­in auch auf Vor­trag der Depu­ta­ten der Pro­vinz Obe­rys­sel, als ers­ten Land­stand der Grafsch. Bent­heim, betref­fend die Thät­lich­kei­ten und Exces­se des Herrn Bi-

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sch­ofes zu Müns­ter gegen den Herrn Gra­fen von und die Grafsch. Bent­heim, wie auch die unfreund­li­che Behand­lung der Frau Grä­fin, beschlo­ßen wur­de, die Grä­fin zu dis­po­niren, daß sie dem Gra­fen das ihr und ihren Kin­dern zuge­füg­te Unrecht in gezie­men­den Aus­drü­cken schrift­lich vor­stel­len, übri­gens aber sich bereit erklä­ren mög­te, die ehe­li­che Gemein­schaft mit Ihm fort­zu­set­zen und mit ihren Kin­dern zurück­zu­keh­ren, wenn ihr nur hin­läng­li­che Sicher­heit zuvor gege­ben wür­de, daß sie oder die Ihri­gen nicht wie­der soll­ten ver­füh­ret und die Kin­der bis zu ihrer Groß­jäh­rig­keit bey der Aus­übung der Reform­ir­ten Reli­gi­on unge­stört gela­ßen wer­den. Die Pro­vinz Obe­rys­sel soll­te bey ihren Rech­ten in der Graf­schaft geschüt­zet und der Graf begeh­ret wer­den, zur Abstel­lung der in der Graf­schaft vor­ge­gan­ge­nen Neue­run­gen einen Land­tag zu beru­fen. Die Grä­fin hat­te schon den sechs­ten März des nem­li­chen Jahrs auf eine ihr insi­nuir­te Ankla­ge ihres Ehe­herrn, wor­in sie der bös­li­chen Ver­la­ßung des­sel­ben, und der Ent­wen­dung sei­ner Kin­der beschul­di­get wur­de, ihr auch auf­er­legt ward, sich bin­nen vier­zehn Tagen zu Bent­heim wie­der ein­zu­stel­len, und Sei­ne Hoch­fürst­li­che Gna­den zu Müns­ter als Kai­ser­li­chen Pro­tec­tor zu ersu­chen, ihre Ver­söh­nung mit ihrem Ehe­herrn zu bewür­ken, in einer aus dem Gra­fen­haag datir­ten Sup­plik an den Gra­fen vor­ge­stel­let: Wie ihm, Hrn. Gra­fen selbst sei­ne Resi­denz zu Bent­heim ver­weh-

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ret wor­den, sie, Grä­fin, auch mit Gewalt davon geholet wor­den wäre, wor­auf sie zu Müns­ter als eine Gefan­ge­ne behan­delt wor­den und ihr Gemahl nicht zu ihr gela­ßen wäre, so daß sie in der Flucht ihr Heil hät­te suchen müßen, mit­hin einer bös­li­chen Ver­la­ßung ihres Ehe­herrn, so wenig, als der Ent­wen­dung sei­ner Kin­der nicht könn­te beschul­di­get wer­den; da ihr müt­ter­li­ches Gewi­ßen sie zwin­ge, zu ver­hin­dern, daß die Kin­der zu kei­ner andern Reli­gi­on mög­ten gebracht wer­den. Ueb­ri­gens bäte sie den Gra­fen, ihr einen sichern Ort zube­stim­men [sic!], wo sie ihm zu Fuße fal­len und sich von allen auf sie gewor­fe­nen Beschul­di­guugen [sic!] rei­ni­gen könn­te. Des näm­li­chen Inhal­tes waren meh­re­re Pri­vat­brie­fe der Grä­fin an den Gra­fen. Die Gene­ral-Staa­ten rei­nig­ten sich in einer dem Kai­ser­li­chen Gesand­ten zuge­stell­ten Reso­lu­ti­on vom fünf­ten Sep­tem­ber l670 von der auf sie gewor­fe­nen Beschul­di­gung, als ob sie dem Gra­fen von Bent­heim sei­ne Kin­der vor­ent­hiel­ten, denen sie mit ihrer Frau Mut­ter kei­nen Auf­ent­halt in ihrem Gebie­te ver­wei­gern dörf­ten, noch auch eine lei­den­de Par­tey krän­ken könn­ten, bis die Sache, die sie, Gene­ral-Staa­ten, ger­ne ver­mit­teln mög­ten, durch Urteil und Recht ent­schie­den wäre, wobey sie zugleich die wah­re Beschaf­fen­heit der Bent­hei­mi­schen Ange­le­gen­hei­ten eini­ger maa­ßen ent­fal­te­ten. Die Grä­fin von Bent­heim über­gab 1673 den 20 Octo­ber durch den nach­he­ri­gen Oberst­leu­ten­ant und thä­ti­gen Freund

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ihrer Kin­der G. Bach­man ein sehr nach­drück­li­ches Memo­ri­al an die Gesand­ten des Frie­dens-Con­gres­ses zu Köln, wor­aus erhel­let, daß auch der ältes­te Sohn der Grä­fin zugleich mit der Mut­ter die beweg­lichs­ten Brie­fe an sei­nen Vater geschrie­ben, wor­in aber die Beschwer­den der Grafsch. so wohl als die der Grä­fin von Bent­heim über die Müns­teri­schen Gewalt­tä­tig­kei­ten und die bes­ten Vor­schlä­ge zu deren Abstel­lung u. zur Wie­der­ver­ei­ni­gung des gräf­li­chen Ehe­paars ent­hal­ten waren, so wie dar­in ange­füh­ret wur­de, daß die Grä­fin auch die Media­ti­on des Kai­sers und der Reichs­fürs­ten ange­ru­fen hät­te. In dem sechs­ten Arti­kel des Frie­dens Instru­men­tes vom 22 April 1674 wur­de dar­auf Fol­gen­des bestimt: „In die­sem Frie­den und Amnes­tie soll mit begrif­fen wer­den das Haus und Fami­lie der Gra­fen von Bent­heim, des­sen Bedien­te, Vasal­len u. Untertha­nen, und Wel­ches ihm bey die­sem Krieg ist ent­nom­men wor­den. Der obge­mel­dte Herr Graf soll ohne eini­ge Ver­hin­de­rung, gleich andern Stän­den des Reichs genie­ßen und gebrau­chen sei­ne Rech­te und Rega­li­en, und soll geru­hig­lich wer­den gela­ßen unter der Pro­tec­tion von sei­ner Kai­ser­li­chen Majes­tät und des Reichs, und nach Rati­fi­ca­ti­on die­ser Trac­ta­ten sol­len bei­der­seits Par­tey­en bey sei­ner Kai­ser­li­chen Majes­tät dahin arbei­ten, daß der Frie­de, Secu­ri­tät und son­der­lich die Ehe­bey­woh­nung in der Fami­lie wer­de wie­der her­ge­stellt und befes­ti­get, blei­ben­de dan-

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noch zu allen Zei­ten vor­be­hal­ten und bedun­gen die Kai­ser­li­che Juris­dic­tion.”

§. 19.

Die­sem Frie­dens-Schlu­ße ganz zuwi­der erklär­te der Bischof von Müns­ter 1678 den 8ten Junii die Ehe des Gra­fen Ernst Wil­helm von Bent­heim mit Ger­trud von Zelst für ungül­tig, so daß der Graf zur andern Ehe schrei­ten könn­te; zur Ursa­che die­ses Ver­fah­rens wur­den die Gut­ach­ten meh­re­rer Theo­lo­gen und Cano­nis­ten ange­füh­ret, die also zu Rich­tern in Ehe­sa­chen Pro­tes­tan­ti­scher Reichs­stän­de, die Catho­lisch wur­den, und der pro­tes­tan­tisch geblie­be­nen Ehe­ge­no­ße­nen, gemacht wur­den, wel­ches die Bischö­fe selbst nach dem West­phä­li­schen Frie­den nicht mehr waren. Ueb­ri­gens hat kein Pabst öffent­lich die­se Ehe getren­net, und hät­te Ers gethan, so wäre der Päbst­li­che Hof durch die Müns­teri­schen Vor­stel­lun­gen irre gefüh­ret wor­den, hät­te es eine Ehe­sa­che unter Catho­li­schen betrof­fen, wor­auf dann alle recht­li­che Mit­tel dage­gen wür­den ergrif­fen wor­den seyn. Es fehl­te aber so viel dar­an, daß alle catho­li­sche Theo­lo­gen den vor­lie­gen­den Fall zur Ehe­schei­dung geeig­net gefun­den haben soll­ten, daß selbst der catho­li­sche Pfar­rer zu Bent­heim Lud­wig Corn, ein Müns­teri­scher Jesu­it, der Grä­fin von Bent­heim geschrie­ben hat­te, ihre Ehe könn­te plat­ter­dings nicht getrennt wer­ben, wes­we­gen er von

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sei­ner Pfarrey ent­set­zet wur­de. Indes­sen wus­te es der Fürst­bi­schof zu Müns­ter zu bewür­ken, daß die Grä­fin von Bent­heim durch ein Urtel des Kai­ser­li­chen Reichs­Hof­raths [sic!] vom 17 April 1679 ihrer aus der Heyraths Ver­schrei­bung zuste­hen­der Juri­um, auch deren jemals erlang­ten Kai­ser­li­chen Gna­den, inson­der­heit des Gra­fen­stan­des ver­lus­tig erklä­ret wur­de. Dabey erre­get es Nach­den­ken, daß so wenig in jener Ehe­schei­dung, als die­sem Urtei­le, die Suc­ceß­ions-Rech­te der gräf­li­chen Bent­hei­mi­schen Söh­ne ange­tas­tet waren, wel­che auch nicht dadurch lei­den konn­ten, wenn auch ihre Mut­ter ihren Vater bös­lich ver­la­ßen hät­te. Indes­sen ver­mä­le­te sich der Graf Ernst Wil­helm von Bent­heim würklich ander­weit mit der Grä­fin Isa­bel­la von Lim­burg Styrum zu Geh­men; die Grä­fin von Bent­heim pro­testir­te dage­gen nicht nur, in ihrem u. ihrer Söh­ne Namen, vor dem hol­län­di­schen Jus­tiz­ho­fe im Haag den 5. Aug. 1678, wel­che Pro­te­sta­ti­on die Gene­ral-Staa­ten dem Gra­fen von Bent­heim insi­nuir­ten, son­dern auch in zwey­en Brie­fen an die ver­wit­we­te Grä­fin von Bron­khorst und Styrum, gebohr­ne Grä­fin von Veh­len und Mee­gen, Mut­ter der erwähn­ten Grä­fin, wie auch in einem Schrei­ben an den Oheim der Letz­tern, den Gra­fen Fer­di­nand von Veh­len und Mee­gen. In jenen Pro­te­sta­tio­nen wur­den schon höhe­re Aus­drü­cke von Ehe­bruch u. d. m. und Dro­hun­gen gebrau­chet, daß die vier jun­ge Bent­hei­mi­sche Herrn Gra­fen, da

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Einer der­sel­ben bey ihrer Ent­fer­nung in Eng­land gestor­ben war, wovon der Ael­tes­te bey­na­he schon das acht­zehn­te Jahr errei­chet hät­te, ihre Rech­te schon behaup­ten wür­den. Die Grä­fin von Bent­heim starb zwar bald dar­auf im Haag vor Graam, nach­dem sie den Gene­ral-Staa­ten die Sor­ge für ihre Kin­der aufs drin­gends­te emp­foh­len hat­te u. wur­de anstän­dig begra­ben, so wie sie anstän­dig in der Stil­le gele­bet hat­te, es starb aber auch im näm­li­chen Jah­re 1678 der Fürst­bi­schof von Müns­ter Chris­toph Ber­nard von Galen, und die jun­ge Bent­hei­mi­sche Herr­schaft fand die nach­drück­lichs­te Pro­tec­tion an dem Köni­ge von Eng­land u. Statt­hal­ter von Hol­land Wil­helm dem Drit­ten Prinz von Ora­ni­en Nas­sau.

§ 20.

Obwohl nun der Graf von Bent­heim noch immer unter Müns­teri­scher Depen­denz blieb, so waren doch die Bent­hei­mi­schen Ver­wir­run­gen aufs höchs­te gestie­gen, und der Tod jenes Müns­teri­schen Fürst­bi­sch­ofes hat­te einen Raum zu deren Abhel­fung gege­ben. So kamen dann zwi­schen dem Gra­fen Ernst Wil­helm und den Deput­ir­ten Stän­den A. H. von Raes­felt, A. C. von Etz­bach und Adolph Otto von Hövel in acht­zehn Arti­keln ent­wor­fe­ne und zu Bent­heim 1680 am 6ten Mai unter­schrie­be­ne und besie­gel­te Con­corda­ten zu Stan­de. In deren Ein­gang heißt es: „Ihre

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hoch­gräf­li­che Excel­lenz der hoch­ge­bohr­ne Graf u. Herr, Herr Ernst Wil­helm Graf zu Bent­heim etc. unser gnä­di­ger Herr, thun kund und zu wißen, dem­nach bey dem von Sei­ner Excel­lenz jüngst auf den l9ten Decemb. 1679 zu Schüt­torf gehal­te­nen Land­tag ver­ab­re­det und reces­sirt wor­den, daß sie, ihre deput­ir­te Land­stän­de, gegen den 6. Janu­ar­ii lau­fen­den Jah­res 1680 zu Bent­heim sich ein­fin­den, die geführ­te Lands­rech­nung revid­iren und exami­ni­ren, und zugleich mit Zuzie­hung der­sel­ben, eini­ge heil­sa­me Lands-Ord­nun­gen auf­ge­rich­tet wer­den soll­ten, und dann von gemel­dten Deput­ir­ten nach vor­ge­gan­ge­ner Revi­fi­on [sic!] deren Rech­nun­gen, ver­schie­de­ne ein­ge­ri­ße­ne Miß­bräu­che und Fau­ten, wor­aus aller­hand schäd­li­che Con­fu­sio­nes und Unord­nun­gen im Lan­de ent­stan­den, in Unter­tä­nig­keit vor­ge­stel­let, und um deren Abschaf­fung und künf­ti­ge Reme­di­irung, zu Vol­thu­ung des Schüt­torf­schen Reces­ses und ihrer Com­mis­si­on gebe­ten wor­den, Ihro hoch­gräfl. Excel­lenz auch zu sol­cher Abschaf­fung, wie nicht weni­ger die Ruhe und Wohlf­art ihrer lie­ben Unter­ta­nen und eine bestän­di­ge gute Har­mo­nie und Einig­keit zwi­schen Haupt und Glie­dern zu beför­de­ren, von selbst geneigt seyn, daß Sie dahe­ro ihren Land und Leu­ten zum Bes­ten und Auf­neh­men, in Kraft Lan­des­herr­li­cher Obrig­keit, fol­gen­de Punc­ten, Ord­nun­gen und Regle­men­ten ein­rich­ten laßen u. s. w. Und zwar erst­lich ver­spre­chen Ihro hoch­gräf­li­che Excel­lenz und ver­bin­den sich hie-

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mit am kräf­tigs­ten und bestän­digs­ten, daß Sie die Land­gel­der und Lands­mit­tel nicht anders, als wozu sie durch die Stän­de ein­ge­wil­li­get, näm­lich zu Abtil­gung der Schul­den des Lan­des und ande­rer gemei­nen Land­be­schwer­den ver­wen­den, noch zu ander­wei­ti­ger Ver­wen­dung, im Klei­nen oder Gro­ßen, direc­te oder indi­rec­te, durch sich selbst oder durch Ande­re Ursa­che geben, und coo­per­i­ren; son­dern deren Dis­pen­sa­ti­on nach denen Lands-Emp­fän­gern und Recep­to­ren vor­ge­schrie­be­nen Regle­ment und Ins­truc­tion, aller­dings laßen, und dar­in, unter was Namen, Prä­text der Not­hwen­dig­keit, oder Schein des gemei­nen Bes­tens, oder der­glei­chen sonst erdenk­li­chen Vor­wand und Prä­ten­si­on es immer seyn mög­te, kei­nen Ein­grif thun wer­den.” Nach dem zwey­ten Arti­kel soll­ten kein Gene­ral und kei­ne Spe­cial Emp­fän­ger ohne Zuzie­hung und Con­sens der Land­stän­de ange­stel­let wer­den I). Die­se Emp­fän­ger soll­ten mit kei­nen ein­sei­ti­gen Lan­des­herr­li­chen Recom­men­da­tio­nen um Die­sem oder Jenem vor­aus und ein Meh­rers zu zalen, oder mit Assi­gna­tio­nen und Prä­li­mi­na­ren und Ante­ci­pa­ti­ven Befeh­len nicht be-

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I) Nach dem Regu­la­ti­ve neue­rer Zeit prä­sen­ti­ren die Herrn Land­stän­de zu den vacan­ten LANDES Bedie­nun­gen, wobey in Rück­sicht der Reli­gio­nen die Alter­na­ti­ve statt hat, drey Sub­jec­te, wor­aus der Lan­des­herr Eins wälet.

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schweh­ret, noch auch wegen nicht Pari­ti­on sol­cher Befeh­le mit Ungna­de, Abset­zung und star­ker Exe­cu­ti­on bedro­het, oder damit gegen die­sel­ben nicht ver­fah­ren wer­den. Nach dem drit­ten Arti­kel sol­len der Gene­ral Lan­des und die Emp­fän­ger jeden Gerichts Cau­ti­on für die Recep­tur eines jeden Jah­res stel­len, uud [sic!] dem Lan­des-Herrn und Stän­den einen im Regle­ment der Recep­to­ren vor­ge­schrie­be­nen Eid able­gen. Nach dem Vier­ten sol­len kei­ne Kapi­ta­li­en dem Regis­ter der Lands­schul­den, unter wel­chem Prä­text oder Prä­ten­si­on es immer seyn möge, inser­irt, und auf das Land geschla­gen wer­den. Nach dem Fünf­ten sol­len auf die Land­gel­der, oder eini­ge Lan­des­mit­tel, unter wel­chem Prä­text es auch seyn möge, ohne Belie­ben derer sämt­li­chen Stän­de kei­ne Remis­sio­nen gege­ben wer­den, son­dern die­je­ni­gen, so aus erheb­li­chen Ursa­chen Remis­sio­nen zu bit­ten befugt, nach den ordi­nä­ren des­sel­ben Jah­res Land­tag hin­ge­schrie­ben und ver­wie­sen wer­den u. s. w. Im sechs­ten Arti­kel heißt es: „Neben­schat­zun­gen, Ver­hö­hung der Land­gel­der — oder ande­re Auf­la­gen, — wie die immer einen Namen haben, sol­len ohne Zuzie­hung Jhrer Excel­lenz und Bewil­li­gung der sämt­li­chen Land­stän­de, unter was Prä­ten­si­on, Namen, Schein oder Prä­text der Not­hwen­dig­keit oder gemei­nen Bes­ten es auch immer seyn möge, in dem Lan­de nicht aus­ge­set­zet oder geho­ben wer­den.” Zufol­ge des sie­ben­ten Arti­kels soll­te jähr­lich ein Land­tag gehal­ten wer­den

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den und jedem Land­stan­de drey Wochen vor­her ein Land­tags­brief geschrie­ben wer­den u. s. w. Der ach­te, neun­te, zehn­te, eilfte und zwölf­te Arti­kel betrift die neu­en Zuschlä­ge aus den gemei­nen Grün­den und die Schaaf­trif­ten auf gemei­nen Wei­den. Sol­che neue Zuschlä­ge soll­ten nur mit Bewil­li­gung der sämt­li­chen Lan­des­stän­de und inter­es­sir­ten Guts­herrn gemacht, von sol­chen nicht das gan­ze Land, son­dern die Bau­er­schaf­ten allein, dar­in sol­che Grün­de zuge­schla­gen, das Land­geld, und zwar ein jeder Bau­er­mann nach Pro­por­ti­on sei­nes dadurch erlit­te­nen Scha­dens genie­ßen. Kei­ne neue Schaaf­trif­ten soll­ten hin­füro ohne der Inter­es­sier­ten Con­sens ver­kauft wer­den, auch soll­ten Die­je­ni­gen, wel­che von Alters zu Schaaf­trif­ten berech­ti­get, über ihre Anzahl kei­ne hal­ten, und dafern zum Prä­ju­diz Eines oder Ande­ren eini­ge Schaaf­trif­ten ohne der Inter­es­sir­ten und Land­stän­de Bewil­li­gung ver­gön­net wären, soll­te dar­in reme­di­irt wer­den. Zu Fol­ge des drey­zehn­ten Arti­kels soll­ten die Land­stän­de dem alten Her­kom­men gemäs [sic!], wegen deren zu ihrem eige­nen Behuf und Haus­hal­tung benö­tig­ter Sachen, ohne daß sie damit Kauf­mann­schaft trei­ben, oder durch Ande­re trei­ben lie­ßen, zoll­frey seyn. Nach dem Vier­zehn­ten soll­te die Repar­ti­ti­on der Quar­tie­re und ein­lo­gi­iren­den Miiz ohne deren Stän­den Zuzie­hung und Vor­wi­ßen nim­mer mehr gesche­hen. Gemäß des Fünf­zehn­ten könn­ten Ihro E>cellenz allein als Lan­des­herr

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von jedem Bau­ers­mann jahr­lich [sic!] zwey Spann­diens­te in natu­ra näm­lich bey Gras und Stroh bin­nen Lan­des for­dern, von wel­chen Diens­ten gleich­wohl deren Land­stän­de und ande­re Meye­re, so von Alters her davon exemt, befrey­et blei­ben soll­ten. Die Rich­te­re mög­ten die Bau­ers­leu­te wohl um einen Dienst bit­ten, aber sel­ben kei­nes Weges als ihnen com­pe­ti­rend for­dern. Alle übri­ge Hand- und Wagen­diens­te der Lan­des­herr­li­chen Bedien­te und Vög­te soll­ten aber hie­mit abge­schas­set seyn. Nach dem sechs­zehn­ten und sieb­zehn­ten Arti­kel soll­ten die ohne Belie­ben der samt­li­chen [sic!] Länd­stan­de ange­nom­me­nen neu­en Lan­des­be­dien­te, als Land-Haupt­mann und Land­füh­rer abge­schaf­fet seyn, u. sol­che oder der­glei­chen neue Bedien­te, so aus des Lands Mit­teln, oder von den Ein­ge­se­ße­nen sala­ri­irt wer­den, soll­ten ohne Bewil­li­gung deren sämt­li­chen Stän­den ins­künf­tig nicht wie­der ange­stel­let wer­den. Nur Lan­des-Ver­mes­sun­gen [lt. Druck­feh­ler­ver­zeich­nis muss es hier hei­ßen: Neue Lan­des-Ver­mes­sun­gen] soll­ten ohne Belie­ben deren sämt­li­chen Stän­den nie­mals vor­ge­nom­men wer­den. Der acht­zehn­te und letz­te Arti­kel ver­ord­net eine durch­ge­hen­de Gleich­heit in denen Land­gel­dern, Schat­zun­gen, Bau­er­schaf­ten Las­ten u. s. w. und endi­get mit dem Wor­ten: „Ihre Excel­lenz wol­len auch auf gehor­sa­mes Ansu­chen Dero Stän­den wegen der hoch­schäd­li­chen Schaafs‑, Torfs‑, Flachs- und der­glei­chen Maa­le, wie auch die über­mä­ßi­gen Hoch­zei­ten und Kind­tau­fen so wohl in denen Städ­ten als auch Dör­fern und plat­ten Lan­de siche­re pönal Inhi­bi-

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tion und Anord­nun­gen erge­hen laßen.” Dann fol­get das Regle­ment für den Gene­ral und die Spe­cia­le Recep­to­ren. Der Gene­ral-Emp­fän­ger soll­te die Cre­di­to­ren nicht über zwey Mona­te nach ihren Zalungs Ter­mi­nen war­ten laßen, mit dem Emp­fan­ge der Lan­des­herr­li­chen Domä­ne Nichts zu thun haben, in der Mit­te der Grafsch. zu Nord­horn oder Neu­en­haus woh­nen. Bey Abstat­tung der Rech­nung soll­ten der Gene­ral-Emp­fän­ger und ande­re Rendan­ten alle Jah­re drey ori­gi­na­le Rech­nun­gen fer­tig haben, und eine davon an Ihre Excel­lenz, die ande­re an die sämt­li­chen Stan­den über­ge­ben, und die drit­te für sich behal­ten u. d. m. Nach die­sem Regle­ment wur­den von Ihro Excel­lenz, mit Zuzie­hung und Bewil­li­gung der Stän­den, zum Lan­des-Recep­tor ernant Her­man von Ges­se­ler, zum Recep­tor Kirch­spie­les Schüt­torf, Ohne und Bent­heim Ger­hard Bol­sing, zum Recep­tor Kirch­spie­les Gil­de­haus Wer­mold Stür­mann, zum Emp­fän­ger Kirch­spie­les Nord­horn Lüb­bert Ove­resch, zum Recep­tor Kirch­spie­les Uel­sen Her­mann von Ges­se­ler, zum Emp­fän­ger Kirch­spie­les I[)] Velt­hau­sen Alex­an­der Höl­ling, zum Recep­tor Kirch­sp. Emblich­eim — —

Wegen der Schat­zung Exe­cu­ti­on Ord­nung wur­de die in Druck ver­faß­te Exe­cu­ti­ons Ord­nung zur Richt­schnur ange­nom­men. Die vori­gen

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I) Und auch wohl des Kirch­spie­les Neu­en­haus.

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Pfand­er soll­ten wegen ihrer gro­ben Exces­sen aus ihrer Excel­lenz Ver­ord­nung abge­schaf­fet, und an deren Platz Ande­re ange­stel­let wer­den, auch den Ein­ge­se­ße­nen wegen ihrer ver­üb­ten Exces­sen Satis­fac­tion wie­der­fah­ren. Zur Unter­su­chung und Ent­schei­dung die­ser und ande­rer Ange­le­gen­hei­ten, zur Aus­set­zung auf das Land, Vieh und ande­re Sachen wur­den an Sei­te des Län­de­sherrn det Rath und Hof­rich­ter Doc­tor Bal­ke und der Lan­des-Emp­fän­ger Doc­tor Ges­se­ler, und an Sei­te der Herrn Stän­de Herr von Etz­bach zu Lan­gen, Bür­ger­meis­ter Lub­ley und der Syn­di­cus Doc­tor Wie­den­brüg­ge ernant. Zuletzt wur­de noch beschlo­ßen, daß die Gerichts-Ord­nung, ehe sie gedruckt wür­de, noch eini­ge Zusät­ze und Ver­be­ße­run­gen erhal­ten, und von den hoch­grä­fi­i­chen Räthen und Lond­syn­di­cis [sic!] revi­dirt wer­den soll­te. Das Hof­ge­richt soll­te mit Belie­ben deren sämt­li­chen Land­stän­den mit den ade­li­chen Asses­so­ren von Etz­bach zu Lan­gen und von Hövel zu Ravens­horst, dem Hof­rich­ter Doc­tor Bal­ke und gelehr­tem Asses­sor Doc­tor Ric­ci­us, wie auch mit dem Secre­tär Bip­pen beset­zet blei­ben, und den­sel­ben der Hof­ge­richts-Pedel Die­te­rich Wern­ink zu gewöhn­li­cher Gerichts­zeit und sons­ten auf jewei­li­ges Erfor­den [sic!] auf­wär­tig seyn. Dann heißt es: „Wel­che alle vor­her­ge­hen­de Punc­ten der Con­corda­ten und Ord­nun­gen, wie auch den zu Schüt­torf am 19 Decem­ber 1679 auf­ge­rich­te­ten Land­tags-Receß Ihre Hoch­gräfl. Excel­lenz zu Bent­heim an

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einer, und die sämt­li­che Land­stän­de an ande­rer Sei­te gelo­ben Ihr und Ihrer Posteri­tät zu bestän­di­ger Har­mo­nie fest und unver­brüch­lich zu hal­ten. Und im Fall an Sei­ten Ihrer Excel­lenz ohn­ver­hof­fent­lich dage­gen Etwas gehan­delt und unter­nom­men wür­de, so sol­len als­dann die Land­stän­de sämt­lich oder ins beson­der sel­bes Ihrer hoch­gräfl. Exel­lenz mögen remons­tri­ren, um dar­über Kost und Schad­lo­se Reme­di­rung und Ver­gü­tung zu thun. Wel­che wann gegen alles Ver­hof­fen inner­halb vier­zehn Tagen nach gesche­he­ner Remons­tra­ti­on von Ihrer Ercel­lenz nicht gesche­hen und erfol­gen wür­de, so pla­cid­iren Die­sel­be als­dann hier­mit, daß die Land­stän­de selbst­en, wegen sol­cher remons­trirter und nicht reme­dir­ten Exces­sus Kost- und Schad­lo­se Reme­dur und Ver­gü­tung thun mögen. Woge­gen die sämt­li­che Land­stän­de sich wie­der­um hier­mit ver­bin­den, daß sie als getreue gehor­sa­me und red­li­che Stän­de sich gegen hoch­ge­dach­te Ihre Excel­lenz jeder­zeit aller Red­lich­keit und Bil­lig­keit nach tra­gen und erzei­gen wol­len.” Aufm Bent­hei­mi­schen Land­ta­ge vom 22. Julio wur­den die­se Con­corda­ten noch­mals aller­seits geneh­mi­get und noch von den feh­len­den Land­stän­den unter­schrie­ben: Namens der Herrn von Rhe­de zu Brand­legt Herm. von Mit­dach­ten Doc­tor; Namens der drey­en Städ­ten except den Punct der Zuschlä­ge und neu­en Land­gel­des, Arnold Her­mans­sen, C. Wient­jes, E. Lub­ley; P. von Rip­per­da; I. G. F. von Bey­ern;

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Adam von Etz­bach; Lud. Dodo von Laer; Joan­nes Vron­ho­ven Pri­or; Gerard Hel­wig Amt­mann; vidi­mirt durch den Lan­des Syn­di­cus J. H. Schür­man. Nur wur­de der Arti­kel von der Zoll­frei­heit der Herrn Land­stän­de des aus­wer­ti­gen Herrn von Bevern zu Deves­borg im Müns­teri­schen wegen aus­ge­stri­chen, um den aus­wer­ti­gen Stän­den vor den Ein­hei­mi­schen kein Prä­ju­diz zu ver­ur­sa­chen, der Punct wegen der neu­en Zuschlä­ge aber bis zum nächs­ten Land­ta­ge ver­scho­ben.

§. 21.

Waren nun wohl die Lan­des-Ange­le­gen­hei­ten der Graf­schaft Bent­heim durch die­se Con­corda­ten wie­der ins alte Glei­se gebracht, und blie­ben sie wohl so ziem­lich dar­in, so lan­ge der Graf Ernst Wil­helm leb­te, so wur­den doch die trau­ri­gen Ver­wir­run­gen im Gräf­li­chen Hau­se immer grö­ßer. Die zwi­schen die­sem Gra­fen und sei­ner zwei­ten Ebe­ge­ma­lin, der Grä­fin von Lim­burg Styrum zu Geh­men, geschlo­ße­nen Ehe­pac­ten wur­den den 17. April 1679 vom Kai­ser­li­chen Reichs-Hof­ra­the, wobey der ver­stor­be­ne Alles dort ver­mö­gen­de Fürst­bi­schof von Müns­ter die­se Sache schon ein­ge­lei­tet hat­te, zwar bestä­ti­get, aber doch immer erst nach dem Abster­ben sei­ner ers­ten Gema­lin. Der Graf von Bent­heim muß­te eine förm­li­che Suc­ces­si­ons Erklä­rung zum Bes­ten sei­nes Vet­ters des Gra­fen Arnold Moritz Wil-

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helm von Stein­furt, zu Fol­ge sei­nes des­sen Vater und sei­nem Bru­der Phil­ip Con­rad bereits gesche­hen seyn sol­len­den Ver­spre­chens den 30. Mai 1679 aus­stel­len; wel­ches der von Nichts unter­rich­te­te Chur­fürst Frie­de­rich Wil­helm von Bran­den­burg am ers­ten Juli­us, als Vor­mund des min­der­jäh­ri­gen Gra­fen von Stein­furt bestä­tig­te, ohne daß Sol­ches von den beßer unter­rich­te­ten Gene­ral-Staa­ten, als Mit­vor­mün­dern gesche­hen konn­te. Ja der völ­lig von Müns­terisch Stein­fur­ti­schen Anhän­gern regier­te und in sei­nem Alter auch mit Kör­per­li­cher Blind­heit geschla­ge­ne Graf Ernst Wil­helm von Bent­heim erklär­te den 13. Mai 1686 sei­ne ers­te Ehe mit sei­ner see­li­gen Gema­lin, wider alle sei­ne eige­ne gegen sei­nen ver­stor­be­nen Bru­der Phil­ip Con­rad von Stein­furt beym Reichs-Hof­rath und sonst ehe­mals erla­ßene Pro­te­sta­tio­nen, für mor­ga­na­tisch, sei­ne Söh­ne daher für unfä­hig zur Suc­ces­si­on in die Regie­rung, ja ent­erb­te sie sogar völ­lig, weil sie mit ihrer wider­späns­ti­gen Mut­ter zuge­hal­ten und eine Schrift sogar in Per­son heym [sic!] Bent­hei­mi­schen Land­ta­ge und sonst über­ge­ben und bekannt gemacht hat­ten, wor­in sei­ne zwey­te Ehe für einen Ehe­bruch und Er selbst für einen Ehe­bre­cher aus­ge­macht wäre, wandt dem­nach sei­ne gänz­li­che zukünf­ti­ge Nach­la­ßen­schaft sei­nem Vet­ter, dem Gra­fen Arnold Moritz Wil­helm von Stein­furt zu, und nach dem­sel­ben den im nächs­ten Gra­de fol­gen­den Gra­fen Johann Adolph und Fried­rich Mau­ritz von Teck­len­burg,

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als Agna­ten, wel­ches vom Kai­ser den drey­zehn­ten Decem­ber bestä­ti­get ward, jedoch mit der Clau­sel: den vor­hin erwor­be­nen Kin­dern an ihren Rech­ten und Gerech­tig­kei­ten unver­grif­fen und unschäd­lich. Wobey noch eine Kai­ser­li­che Pro­tec­tion vom näm­li­chen Dato des Gra­fen Ernst Wil­helm zu Bent­heim Kai­ser­li­chen Käm­me­rers und Reichs­hof­raths, und des­sen desi­gnir­ten Erben Arnold Moritz Wil­hel­men Gra­fen zu Stein­furt gefü­get, und sol­ches Pro­tec­to­ri­um dem dama­li­gen Chur­fürs­ten zu Köln als Bisch­ofe zu Müns­ter über­tra­gen ward. Die­se Ver­ei­ni­gung der Müns­teri­schen mit der Stein­fur­ti­schen Par­tey war durch die Annah­me der catho­li­schen Reli­gi­on des Stein­fur­ti­schen Gra­fen Arnold Moritz Wil­helm erfolgt, der sich mit der Grä­fin Fran­cis­ca von Man­der­scheid ver­mä­le­te, wohin­ge­gen der Graf Ernst Wil­helm von Bent­heim in einem Alter von zwey und fünf­zig Jahr mit sei­ner zwey­ten zwan­zig­jäh­ri­gen Gema­lin zwar ver­heu­ra­tet war, aber nur eine Toch­ter Eleo­no­ra Mag­da­le­na nach­he­ri­ge Grä­fin von Vir­mund damit erzeu­get hat­te, so vie­le Miß­hel­lig­kei­ten die­se zwei­te Gema­lin des Gra­fen von Bent­heim, nach des­sen Tode, wegen ihres Wit­tu­mes auch ver­ur­sach­te, und eine Art von drit­ter Par­tey zwi­schen den Bent­hei­mi­schen jun­gen Gra­fen ers­ter Ehe, und dem Gra­fen von Stein­furt aus­mach­te. Der Ueber­gang des Gra­fen von Stein­furt zur Catho­li­schen Reli­gi­on ent­zog ihm aber den

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Schutz sei­nes vor­ma­li­gen Vor­mun­des, des Chur­fürs­ten von Bran­den­burg, dem Er hoch u. theu­er ver­si­chert hat­te, sei­ne Reli­gi­on nicht ver­än­dern zu wol­len. An die­sen Chur­fürs­ten wand­ten sich nun die vier Bent­hei­mi­schen Gräf­li­chen Söh­ne, Ernst, Chris­toph Ber­nard, Arnold Jobst und Sta­ti­us Phil­ip, die sich in Kriegs­diens­ten der Gene­ral-Staa­ten zu Was­ser und zu Lan­de schon her­vor gethan hat­ten, wor­auf nicht nur, gedach­ter Chur­fürst, son­dern auch die sämt­li­chen Evan­ge­li­schen Chur­fürs­ten, Fürs­ten und Stän­de sich am Reichs­ta­ge zu Regens­burg 1686 für sie ver­wen­de­ten. Hat­te der Graf von Stein­furt sich nun auch wohl um den Schutz des Köni­ges von Frank­reich bewor­ben, nnd wur­de die Bent­hei­mi­sche Suc­ces­si­ons Sache immer mehr von bei­den Thei­len als eine Reli­gi­ons Ange­le­gen­heit im Teut­schen Rei­che, und an den ers­ten Höfen Euro­pens, zu die­ser Zeit betrach­tet, so erkan­te der Kai­ser doch end­lich 1687 eine Com­mis­si­on die­ser Bent­hei­mi­schen Hän­del wegen auf den Her­zog Ernst August zu Braun­schweig Lüne­burg, Bischof zu Osna­brück und auf den Fürst­bi­schof Her­man Wer­ne zu Pader­born. Die­se trach­te­ten nun die Bent­hei­mi­schen jun­gen Gra­fen, da man am Kai­ser­li­chen Hofe die Grafsch. Bent­heim in catho­li­sche Hän­de zu brin­gen such­te, bald mit der Graf­schaft Lim­burg, bald mit den Herr­lich­kei­ten Alpen und Weve­ling­ho­fen nebst den Hawi­cker­wer­ter Gütern und Geld­sum­men, dann auch mit der Graf-

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schaft Stein­furt, für Bent­heim zu befrie­di­gen. So sehr die Bevol­mäch­ti­gen der jun­gen Herrn Gra­fen sich auch immer auf ihr Suc­ces­si­ons-Recht in Bent­heim berie­fen, ent­war­fen doch die Sub­de­le­gir­ten jener Kai­ser­li­chen Com­mis­s­a­ri­en am 17ten Julii 1699 zu Bie­le­feld acht Ver­gleichs Arti­kel, in deren ers­ten es hei­ßet: „Daß auf dem mit Herrn Gra­fen Ernst Wil­helm, Gra­fen zu Bent­heim etc. etwa bege­ben­den und in Got­tes Hän­den ste­hen­den Todes­fall, dem Herrn Gra­fen Arnold Mau­ritz Wil­helm, Gra­fen zu Bent­heim-Stein­furt in der Graf­schaft Bent­heim und dero eigent­li­cher Zube­hör, samt allen Herr­schaft­li­chen Juri­bus u. Rech­ten zur Regie­rung suc­ced­iren, und ihm die­sel­be gela­ßen wer­den sol­le; wel­chem sodann, um die­sel­be PURE JURE SANGUINIS ET AGNATIONIS anzu­neh­men und zu besit­zen frey­ge­stel­let wird.”

So such­te man sich Stein­fur­ti­scher Sei­te aus aller Ver­le­gen­heit zu ret­ten, daß man sei­nen Zweck in der Haupt­sa­che erreich­te, die Grafsch. Bent­heim zu erhal­ten, ohne die ers­te Ehe des Bent­hei­mi­schen Gra­fen Ernst Wil­helms in Ernst für eine Ehe zur lin­ken Hand, oder ins Gut und nicht ins Blut, aus­ge­ben, ohne sich mit Rechts Bestand auf Ver­fü­gun­gen die­ses Gra­fen zum Nach­tei­le sei­ner Kin­der, und zum Bes­ten des Hau­ses Stein­furt, beru­fen zu kön­nen. Der zwei­te Arti­kel lau­tet: „Dahin­ge­gen denen vier gräf­li­chen Bent­hei­mi­schen Söh­nen auf deren ober­wähn-

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ten Todes­fall dero Herrn Vaters, die Grafsch. Stein­furt, wie sie anjet­zo mit allen Rech­ten von dem Herrn Gra­fen Arnold Man­ritz Wil­helm, pos­se­dirt, genüt­zet und gebraucht wird, oder auch mit Fug genutz­et wer­den mög­te I) zur Gräf­li­chen Regie­rung soll über­la­ßen und ein­ge­räu­met wer­den.” Der drit­te Arti­kel bestim­met: „Dane­ben aber denen vier gräf­li­chen Bent­hei­mi­schen Söh­nen das NÄHERE Suc­ces­si­ons-Recht an der Graf­schaft Bent­heim der­ge­stalt bevor blei­ben soll, wann etwa über kurz oder lang, Herr Arnold Mau­ritz Wil­helm, oder des­sen MASCULI DESCEDENTES, ohne män­li­che Lei­bes Lehens Erben abgehn wür­de, Jene als­dann, oder deren män­li­che Lei­bes Lehens Erben, nach dem Fuß, des von Zeit zu Zei­ten von Röm. Keis­erl. [sic!] Majest. auch noch letzt [sic!] in Anno 1662 bey der Gräf­li­chen Bent­hei­mi­schen Beleh­nung con­firm­ir­ten alten PACTI SUCCESSORII und Erb­ver­ei­ni­gung de Anno 1487, als wel­ches hie­mit unter den gräf­li­chen SUCCESSORIBUS wie­der erneu­ert, und zu sei­nem völ­li­gen Valor wie­der ange­nom­men wird 2), in die gedach­te Graf­schaft Bent­heim suc­ced­iren, und

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I) Zielet auf die Müns­teri­schen Ein­grif­fe im Stein­fur­ti­schen Gebie­te.
2) Oder viel­mehr ver­let­zet wird, denn nach die­ser Erb­ver­ei­ni­gung muß­te der Bent­hei­mi­sche Manns­stamm in Bent­heim, der Stein­fur­ti­sche in Stein­furt suc­ced­iren, und nicht umge­kehrt.

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in dero Regie­rung imme­dia­te fol­gen soll­ten.” [lt. Druck­feh­ler­ver­zeich­nis muss es hier hei­ßen: sol­len] Nach dem vier­ten Arti­kel soll­ten die vier gräf­li­chen Bent­hei­mi­schen Söh­ne in den Bent­hei­misch. Lehns Inves­ti­tu­ren, zur gesam­ten Hand mit begrif­fen, auch soll­te in den Bent­hei­mi­schen Hul­di­gungs Eiden die­se Suc­ces­si­ons-Ord­nung mit aus­ge­drü­cket wer­den, wie wech­sel­sei­tig in Rück­sicht des jet­zi­gen Gra­fen von Stein­furt wegen Stein­furt statt fin­den soll­te u. s. w. Der Punct wegen der Ali­men­ten, da die Bent­hei­mi­schen jun­gen Herrn Gra­fen auf Kos­ten der Gene­ral Staa­ten erzo­gen waren, wur­de aus­ge­set­zet, wobey die Stein­fur­ti­sche Par­tie ver­sprach, sich bil­lig fin­den zu laßen, dann soll­te Stein­furt auf alle vor­he­ri­ge Ver­fü­gun­gen zum Nach­tei­le der gräf­li­chen Bent­hei­mi­schen Söh­ne, wie bei­de Thei­le auf den beym Kai­ser­li­chen Reichs-Hof­ra­te hän­gi­gen Rechts­strei­te Ver­zicht leis­ten.

So über­zeugt war man, auch beym Kai­ser­li­chen Reichs-Hof­ra­the von der Vol­gül­tig­keii der Ehe des Vaters der jun­gen Gra­fen von Bent­heim mit deren nun ver­stor­be­nen Mut­ter, von der Recht­mä­ßig­keit der Stan­des-Erhöhnng der Letz­te­ren, wie vom Suc­ces­si­ons-Rech­te der jun­geu [sic!] Herrn Bent­hei­mi­schen Gra­fen an die Graf­schaft Bent­heim, und hob alle spä­te­re den ers­te­ren wider­ste­hen­de, so sehr schwan­ken­de, auf unwah­ren Vor­stel­lun­gen beru­hen­de und durch Vor­be­hal­tun­gen ein­ge­schränk­te Ver­fü­gun­gen, durch wie­der­her-

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stel­len­de Ver­ord­nun­gen auf. Die Stein­fur­ti­schen Bevol­mäch­tig­ten nah­men die­sen Bie­le­fel­di­schen, ihrer Par­tey nur zu güns­ti­gen, Ver­gleich ger­ne an.

Auf Vor­stel­lung der Bent­hei­mi­schen Bevol­mäch­tig­ten hin­ge­gen, obschon ihnen die Kai­ser­li­chen Sub­de­le­gir­ten vor­ge­stel­let hat­ten, daß die Grafsch. Stein­furt so gut, wenn nicht beßer wäre, als die schwehr ver­schul­de­te Graf­schaft Bent­heim, daß sie beor­dert wären, von der Grafsch. Bent­heim kei­nes Weges abzu­ste­hen, erklär­ten die Kai­ser­li­chen Sub­de­le­gir­ten, daß die­ser vor­ge­schla­ge­ne Ver­gleich, wenn er nicht geneh­mi­get wür­de, als nicht ent­wor­fen ange­se­hen wer­den und kei­nem Tei­le an sei­nen Rech­ten schäd­lich seyn soll­te. Noch wur­de von den Kai­ser­li­chen Sub­de­le­gir­ten den Bent­hei­mi­schen Gra­fen nebst der Graf­schaft Stein­furt die Herr­schaft Alpen ange­bo­ten, auch wur­de vor­ge­schla­gen, ob die­sel­ben nicht auch noch die Chur-Bran­den­bur­gi­sche Pfand­schaft von acht­zehn tau­send Reichs­tha­lern auf den Zehn­ten zu Wesel erhal­ten könn­ten, wor­auf die Stein­fur­ti­schen erwie­der­ten, die­se Vor­schlä­ge ihren Herrn Prin­ci­pa­len, in so weit die Herr­schaft Alpen beträ­fe, annehm­lich vor­stel­len zu wol­len, wenn die Bent­hei­mi­schen Gra­fen den Bie­le­fel­di­schen Ver­trag unbe­dingt geneh­mi­gen wür­den. Letz­te­rer Bevol­mäch­tig­te und Cura­to­ren wur­den zur Annah­me die­ses Ver­glei­ches durch die Ver­wen-

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dung der Catho­li­schen Chur­fürs­ten, Fürs­ten und Stän­de, den Wor­ten nach zum Bes­ten des betag­ten Gra­fen Ernst Wil­helms von Bent­heim, beym Kai­ser, und durch den Cre­dit, den die Ver­wan­ten der Grä­fin von Bent­heim, womit der Graf von Stein­furt, nach sei­ner Annah­me der Catho­li­schen Reli­gi­on, und nach des Bent­hei­mi­schen Gra­fens bald zu erwar­ten­den Abster­ben ver­mä­let wer­den soll­te, am Wie­ner Hofe hat­ten, von wel­chem Allen der Gesand­te der Gene­ral-Staa­ten, wie des Eng­li­schen Köni­ges und Hol­län­di­schen Statt­hal­ters, Wil­helms des Drit­ten, am gedach­tem Hofe Wißen­schaft erhal­ten und gemel­det hat­te, daß am Kai­ser­li­chen Reichs-Hof­ra­the die Sache sehr ver­zö­gert und end­lich für die Bent­hei­mi­schen jun­gen Gra­fen, so viel die Suc­ces­si­on in die Grafsch. Bent­heim beträ­fe, wohl kein güns­ti­ges Urteil erfol­gen wür­de, auch end­lich bewo­gen. Dazu kam, daß der Graf von Stein­furt gewi­ßer­ma­ßen mit dem alten Gra­fen von Bent­heim schon im Besitz der Grafsch. Bent­heim war, wor­aus die jun­gen Bent­hei­mi­schen Gra­fen hin­ge­gen, so lan­ge ihr Vater leb­te, ent­fernt gehal­ten wur­den, wie es ihnen auch an den Pro­ces­kos­ten erman­gel­te; so sehr auch der König von Eng­land und Statt­hal­ter von Hol­land, Wil­helm der Drit­te, dem die Obe­rys­se­li­schen Staa­ten die Obe­rys­se­li­schen Domä­nen im Bent­hei­mi­schen mit der dar­auf haf­ten­den Land­tags­stim­me, nebst dem Lehn­rech­te über Lin­gen und über das Bent­hei­mi­sche Neu­ens­haus

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mit dem Zube­hör über­tra­gen hat­ten, auch gegen alle Bent­hei­mi­sche Mit­re­gie­rung des Gra­fen von Stein­furt, in sei­nen erwähn­ten Eigen­schaf­ten, pro­testi­ret hat­te. So wur­den dann fol­gen­de jenen oben erwähn­ten Bie­le­fel­di­schen Ver­gleichs Arti­keln I) zuge­füg­te Punc­te am ach­ten Mai oder acht und zwan­zigs­ten April 1691 von den bei­der­sei­ti­gen Bevol­mäch­tig­ten geneh­mi­get: „Denen vier Gräf­li­chen Bent­hei­mi­schen Söh­nen als gebohr­nen Gra­fen zu Bent­heim, Teck­len­burg, Stein­furt und Lim­burg etc. soll­te auf den Todes­fall dero Herrn Vaters, die Graf­schaft Stein­furt, wie sie anjet­zo mit allen Rech­ten von dem Herrn Gra­fen Arnold Mau­ritz Wil­helm in Allo­dia­len u. Leh­nen bese­ßen, genutz­et und gebrau­chet wür­de, oder auch mit Fug genutz­et und gebrau­chet wer­den mög­te, zur gräf­li­chen Regie­rung über­la­ßen und ein­ge­räu­met wer­den; da auch der Graf von Stein­furt die Herr­lich­keit Alpen und Hawick­wer­ter Güter anjet­zo mit besä­ße, dane­ben drey jähr­li­che tau­send Reichs­tha­ler aus der Graf­schaft Bent­heim zu erhe­ben hät­te, so soll­te sel­bi­ge drey­er­ley Stü­cke eben­mä­ßig, und zwar in ihrem Zustan­de CUM COMMODO ET ONERE, und ohne daß sie von nun an wei­ters zu gra­vi­ren und zu beschweh­ren seyn, denen vier gräf­li­chen Bent­hei­mi­schen Söh­nen samt denen dar­über in Hän­den haben­den Urkun­den und Docu­men­ten mit abge­tre­ten wer­den.”

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I) Vom sieb­zehn­ten Julio 1690.

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Weil inde­ßen die Gräf­lich Bent­hei­mi­schen Söh­ne sich noch ver­schie­de­nes wegen ihrer Ali­men­ten bis zum Tode ihres Vaters vor­be­hal­ten hat­ten, so gab es noch Schwie­rig­kei­ten zu über­win­den, ehe sie die­se Ver­gleichs Punc­te, zu deren Abschlies­sung ihre Bevol­mäch­tig­te kei­nen bestimm­ten Auf­trag gehabt hat­ten, rati­fi­zi­ren woll­ten. Ohne es zu wol­len, that man Müns­teri­scher Sei­te daher dadurch den Bent­hei­mi­schen jun­gen Gra­fen einen Dienst, daß von der Münster!schen Negie­rung dawi­der eine Pro­te­sta­ti­on zum Pro­to­col­le der Kai­ser­li­chen Com­mis­si­on über­ge­ben ward, daß die Graf­schaft Stein­furt als eine unmit­tel­ba­re freye Reichs Graf­schaft ange­se­hen wer­den soll­te, da die­se doch eine im Müns­teri­schen Ter­ri­toire gele­ge­ne Herr­schaft I) wäre. So viel die Haupt­sa­che betrift, woll­ten die jun­gen Bent­hei­mi­schen Gra­fen jenen Bie­le­fel­di­schen, Ver­gleich nur unter den Beding­ni­ßen geneh­mi­gen, daß jedem ihrer vier Herrn Brü­der von 1668 bis 1691, seit wel­cher Zeit sie Nichts von ihrem Herrn Vater und von der Graf­schaft Bent­heim geno­ßen hät­ten, wenigs­tens tau­send Reichs­tha­ler Ali­men­ten Gel­der jähr­lich gege­ben wer­den soll­ten I), da die gräf­li­chen Bent­hei­mi­schen Fräu­leins, wenn sie von Hofe wären, jähr­lich vier­hun­dert Reichs­tha-

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I) Ein Nichts bewei­sen­der Aus­druck.
2) War eine Sum­me von zwey und neun­zig tau­send Reichs­tha­lern hol­län­disch.

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ler bekä­men. Dann soll­ten die Möbeln des Schlo­ßes Stein­furt getreu ange­wie­sen, wohl­ver­wahrt, und Nichts davon ver­äu­ßert wer­den. Die gegen die Stein­fur­ti­schen ver­kauf­ten wie­der ange­ge­kauf­ten Güter soll­ten mit Stein­furt über­tra­gen wer­den. Die der Mut­ter ehe­mals von der Gra­fen Vater ver­mach­ten Güter soll­ten ihnen mit den geno­ße­nen und zu erhe­ben gewe­se­nen Früch­ten zurück erstat­tet wer­den. Die vor­äl­ter­li­chen Schul­den der Graf­schaft Stein­furt soll­ten nach Bent­heim und Teklen­burg ver­hält­niß­mä­ßig über­tra­gen wer­den. Die jähr­li­chen tau­send Reichs­tha­ler aus der Grafsch. Bent­heim soll­ten samt den Ali­ment Gel­dern auf siche­re Hypo­thek bele­get wer­den.

Des­sen unge­ach­tet wur­de der Bie­le­fel­di­sche Ver­trag der Haupt­sa­che nach vom Kai­ser­li­chen Reichs-Hof­ra­the am zwan­zigs­ten Decem­ber 1691 mit Vor­be­halt der Rech­te eines jeden Drit­ten bestä­ti­get, jedoch der Punct der Ali­men­te der Kai­ser­li­chen Ver­fü­guug noch vor­be­hal­ten. Inzwi­schen starb 1692 der Drit­te der vier Bent­hei­mi­schen jun­gen Herrn Gra­fen, näm­lich Arnold Jobst, und waren nur noch dreye von Sech­sen übrig, Ernst, Chris­toph Ber­nard und Sta­ti­us Phil­ip, woher die Stein­fur­ti­sche Par­tey Anlaß nahm zu behaup­ten, daß des Ver­stor­be­nen Anteil an den Ali­men­ten sei­nem Vater, dem Gra­fen Ernst Wil­helm von Bent­heim anheim gefal­len wä-

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re, da nach dem Bie­le­fel­di­schen dem Gra­fen von Stein­furt so güns­ti­gen und von ihm ange­nom­me­nen Ver­tra­ge, doch der Heim­fall unter die jun­gen Bent­hei­mi­schen Gra­fen im fünf­ten Arti­kel bestim­met war. Um des­to schänd­li­cher war es daher, daß man den blin­den Vater, des­sen Ver­mö­gen durch die schreck­lichs­ten Ver­schwen­dun­gen und Defrau­da­tio­nen so wohl, als die Lan­des­kas­se, von Treu­lo­sen Beam­ten erschöpf­et wur­de, in von ihm angeb­lich unter­zeich­ne­ten Vor­stel­lun­gen an die Kai­ser­li­chen Com­mis­s­a­ri­en über sei­nen Not­h­stand in sei­nem grau­en Alter kla­gen, und behaup­ten ließ, daß ihm der Anteil sei­nes ver­stor­be­nen Soh­nes zuwach­sen müße, den Er ehe­mals wider sei­nen Wil­len enter­bet hat­te.

Die Kai­ser­li­chen Herrn Com­mis­s­a­ri­en erkann­ten aber in April und Mai 1693 nicht nur den Zuwachs des ver­stor­be­nen jun­gen Bent­hei­mi­schen Gra­fen sei­nen drey­en übri­gen Brü­dern aber­mals zu, son­dern auch wegen der vom [lt. Druck­feh­ler­ver­zeich­nis muss es hier hei­ßen: im] Bie­le­fel­di­schen Ver­tra­ge [lt. Druck­feh­ler­ver­zeich­nis muss es hier hei­ßen: Ver­tra­ge von] 1691 an ihren [lt. Druck­feh­ler­ver­zeich­nis muss es hier hei­ßen: ihnen] bereits zuer­kan­ten einst­wei­li­gen lau­fen­den jähr­li­chen Ali­men­ten von fünf und zwan­zig hun­dert Reichs­tha­lern, die jetzt zu fünf Tau­send Reichs­tha­lern ange­wach­sen waren, auf Immis­si­on ins Amt Schüt­torf, ohn­ge­ach­tet das­sel­be der Frau Grä­fin von Bent­heim zur Hypo­thek geset­zet wäre, da bei­der­sei­ti­ge For­de­run­gen dar­aus wohl befrie­di­get wer­den könn­ten. Der Graf von Stein­furt, um nicht den Namen zu

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haben, daß durch ihn der Bie­le­fel­der Ver­gleich nicht erfül­let wür­de, gab in einer eige­nen den Com­mis­s­a­ri­en über­ge­be­nen Note zu erken­nen, daß die­ser Punct nicht ihn, son­dern den Gra­fen von Bent­heim beträ­fe.

Die­ser endig­te am 26. August die­ses näm­li­li­chen [sic!] Jah­res 1693 sein kum­mer­vol­les Leben, wie sei­ne Söh­ne eben im Fel­de wider den Feind stun­den, und ihr vor­nehms­ter Sach­wal­ter der Oberst­leu­ten­ant Bach­mann krank war, an einem sehr har­ten Tode.

Hat­te der Graf zuletzt in einem sol­chen Zwan­ge gele­bet, daß er ange­lo­ben muß­te, sei­nen Kin­dern Nichts zukom­men zu laßen, und ihnen auf ihre rüh­ren­den Brie­fe nicht ant­wor­ten zu wol­len, wie wohl er ihnen durch Bent­hei­mi­sche Stein­händ­ler in Hol­land heim­lich etwas Geld zukom­men ließ, so bekam Er jetzt ein kaum anstän­di­ges Begräb­niß zur Beloh­nung sei­ner Nach­la­ßen­schaft mit der so wich­ti­gen Graf­schaft Bent­heim. Sei­ne Krank­heit und sein Tod wur­den sei­nen Söh­nen nicht gemel­det, des­to geschwin­der hin­ge­gen wur­de der Besitz von der Grafsch. Bent­heim, und dar­in eine schleu­ni­ge, ein­förm­li­che, [lt. Druck­feh­ler­ver­zeich­nis muss es hier hei­ßen: unförm­li­che] meis­tens erzwun­ge­ne Hul­di­gung genom­men, ohne den Stän­den davon vor­her Nach­richt zu ertei­len.

§. 22.

Mit der Grä­fin von Bent­heim hat­te sich der Gr. von Stein­furt zwar dm 3. April die­ses Jah-

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res 1693 auf den Sterb­fall ihres Gema­les dahin ver­gli­chen, daß sie mit Aus­nah­me des­je­ni­gen was ihr Ehe­herr ihr geschen­ket und sie sonst erwor­ben hät­te, mit sechs­zig tau­send hol­län­di­schen Reichs­tha­lern zufrie­den seyn soll­te, wofür Er ihr die den Bent­hei­mi­schen jun­gen Herrn Gra­fen ein­ge­räum­te Grafsch. Stein­furt spe­cial und besitz­lich ver­pfän­de­te; allein kaum war der Gr. von Bent­heim todt, als sich sei­ne ehe­ma­li­ge Freund­schaft mit der Grä­fin in Abnei­gung gegen sie ver­än­der­te. Wor­auf durch Müns­teri­sche Ver­mitt­lung die­se sechs­zig tau­send Reichs­tha­ler auf vier­zig tau­send ver­min­dert wur­den, und die Grä­fin auf die Burg zu Schüt­torf zie­hen muß­te, wohin Sie Alles vom Schlo­ße Bent­heim mit nahm, was sich nur davon bewe­gen ließ; woge­gen der Graf vou [sic!] Stein­furt den Abgang an Möbeln aufm Bent­hei­mi­schen Schlo­ße durch den Vor­rath der­sel­ben aufm Stein­fur­ti­schen zu erset­zen wuß­te. Immit­telst waren die jun­gen Bent­hei­mi­schen Herrn Gr. jetzt aus dem Fel­de im Haag ange­lan­get, sich beym Köni­ge von Eng­land und Stat­hal­ter von Hol­land, wie bey den Gene­ral­staa­ten, ihrer der­ma­li­gen Ange­le­gen­heit wegen zu ver­wen­den, als der älte­re Gr. Ernst ein gewöhn­li­ches Schrei­ben des Gr. von Stein­furt mit der Post erhielt, wor­in erwäh­net wur­de, daß vom Tode sei­nes Vaters Noti­fi­ca­ti­on gesche­hen wäre, nun mög­te der jun­ge Herr Graf ent­we­der in Per­son oder durch einen Bevol­mäch­tig­ten ihre bei­sei­ti­gen Ge-

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schäf­te been­di­gen, wor­auf die­ser ihm erwie­der­te: nächs­tens Jemand zu dem End­zwe­cke sen­den zu wol­len.

Die bei­den ältern Herrn Gra­fen rei­se­ten aber bald in Per­son durch die Grafsch. Bent­heim nach der Grafsch. Stein­furt, weil der jüngs­te durch eine in der Cam­pa­gne erhal­te­ne Bles­sur dar­an ver­hin­dert wur­de. Wur­den sie nun wohl nicht nur im Stein­fur­ti­schen, son­dern auch im Bent­hei­mi­schen mit unglaub­li­chem Jubel emp­fan­gen, mit Klo­cken­ge­läu­te, Land-Miliz und sons­ti­gen Ehren­be­zeu­gun­gen ein­ge­holet, auch mit Küchen­steu­ern ver­eh­ret, so fan­den sie doch zu Stein­furt ganz etwas Anders als ein so hoch gerühm­tes Aequi­va­lent für die Grafsch. Bent­heim, näm­lich ein an Möbeln und Lebens-Mit­teln ent­blöß­tes Schloß Stein­furt, Stein­fur­ti­sche Wal­dun­gen ver­hau­en, Eigen­hö­ri­ge für bezahl­te Geld­sum­men ent­la­ßen, meh­re­re Schul­den als ange­ge­ben waren u. s. w. Die ver­wit­we­te Grä­fin von Bent­heim klag­te ihr auf Stein­furt ver­schrie­be­nes Wit­tum, wodurch die ihr erst Zeit ihres Lebens von ihrem see­li­gen Ehe­herrn ange­wie­se­nen sämt­li­chen Lan­des­herr­li­chen Ein­künf­te der Graf­schaft Ben­chem, redi­mirt waren, beym Reichs­kam­mer­ge­rich­te zu Wetz­lar und selbst beym Offi­zia­lat zu Müns­ter ein u. d. m. Pro­testir­te nun wider letz­te­re Instanz als einen Ein­grif in die Stein­fur­ti­sche Lan­des­ho­heit auch wohl der neue Graf von

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Bent­heim, sei­ner Kai­ser­li­chen Mit­be­leh­nung auf Stein­furt wegen, so war doch die Müns­teri­sche Regie­rung seit des Fürst­bi­sch­ofes Chris­tophs Ber­nard von Galen Herr­schaft so sehr an Atten­ta­te in den Graf­schaf­ten Bent­heim und Stein­furt gewöhnt, daß sol­che nur durch wie­der­hol­te kost­spie­li­ge Man­da­te der höchs­ten Reichs­ge­rich­te zum Thei­le end­lich abge­stel­let wer­den konn­ten. Die Bent­hei­mi­schen jun­gen Herrn Gra­fen mel­de­ten indes­sen ihre Ankunft ihren Herrn Agna­ten und ihren West­phä­li­schen Herrn Mit­kreis­stän­den, daß sie Stein­furt, weil ihnen ihr väter­li­ches Haus zu Bent­heim vor­ent­hal­ten wür­de, zur Sicher­heit für die Graf­schaft Bent­heim oder deren Aequi­va­lent für erst in Besitz genom­men hät­ten. In dem Schrei­ben an den Fürst­bi­schof von Müns­ter war von guter Nach­bar­schaft gespro­chen wor­den, am Müns­teri­schen Hofe woll­te man aber die Grafsch. Stein­furt nicht als ein benach­bar­tes Reichs­ge­biet, son­dern als eine Medi­at Herr­schaft anse­hen; Stein­fur­ti­scher Sei­te wur­den nun Abschrif­ten der Curia­len bey ähn­li­chen Vor­fäl­len ver­gan­ge­ner Jahr­hun­der­te an die Müns­teri­schen Kanz­lei­en gesandt, wor­in selbst die Müns­teri­schen Beam­ten I), die vor­ma­li­gen Gra­fen von Stein­furt gnä­di­ge u. hoch­ge­bie­ten­de Her­ren genen­net hat­ten. Indes­sen muß­te der Müns­teri­sche Gar­ni­sons Geist­li­che zu Stein­furt, da sich das Müns­teri­sche Mi-

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I) Kanz­ler und Räthe.

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litär seit des Fürs­ten Chris­toph Ber­nards Zei­ten zu Bent­heim und zu Stein­furt, wo es die Kir­che den Reform­ir­ten wider den West­phä­li­schen Frie­den gewalt­tä­tig ent­zo­gen, und dar­in ein Simul­ta­ne­um ein­ge­füh­ret hat­te, zu ver­ewi­gen schien, Müns­teri­sche Ver­ord­nun­gen bekant machen, wodurch der Müns­teri­schen Gar­ni­son nicht nur, son­dern auch den Stein­fur­ti­schen Untertha­nen ver­bo­ten ward, den Herrn Gra­fen die Hul­di­gung zu leis­ten. So wenig es nun die­sen wohl an einer Hul­di­gung im Stein­fur­ti­schen noch zur Zeit gele­gen war, da ihnen nach dem durch den Kai­ser­li­chen Reichs­hof­rath bestä­tig­ten Bie­le­fel­di­schen Ver­tra­ge eine gräf­li­che Regie­rung zum Aequi­va­lent der Grafsch. Bent­heim gebühr­te, so lie­ßen die­se doch die­se Müns­teri­schen Pönal Ver­bo­te wie­der abreis­sen; such­ten aber übri­gens, so sehr auch Müns­teri­sche Ein­grif­fe in die Stein­fur­ti­schen Hoheits-Rech­te des Stein­fur­ti­schen Hof­ge­rich­tes und sons­ten sich ver­viel­fach­ten, die Strei­tig­kei­ten durch gezie­men­den Brief­wech­sel und einen per­sön­li­chen Besuch am Müns­teri­schen Hofe  zu ver­mit­teln.

§. 23

Wich­ti­ger waren für die jun­gen Herrn Gra­fen für erst die Bent­hei­mi­schen Ange­le­gen­hei­ten. Der älte­re Herr Graf Ernst stel­le­te in sei­nem und sei­ner Herrn Brü­der Namen, wofür Er de Rato cavir­te, aufm Schlo­ße Stein­furt 1694.  Mai

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4. eine Voll­macht auf den Oberst­leu­ten­ant Bach­man, zur Been­di­gung ihrer Dif­fe­ren­zen mit ihrem Vet­ter, dem Gra­fen Arnold Moritz Wil­helm von Bent­heim, aus, des­glei­chen am sechs und zwan­zigs­ten Mai auf den­sel­ben, und auf sei­nen Domän Rath und Rent­meis­ter Roth, um sei­ne und sei­ner Herrn Brü­der Sachen aufm nächs­ten Bent­hei­mi­schen Land­ta­ge wahr­zu­neh­men, weil Er selbst ins Feld wider den Feind müß­te.

Wider den im Julio 1694 zu Bent­heim gehal­te­nen Land­tag wur­de Namens der jun­gen Bent­hei­mi­schen Gra­fen pro­testi­ret, und noch­mals erklä­ret, daß die Grafsch. Stein­furt und die Herr­schaft Alpen von ihnen mit zur Sicher­heit ihrer Ansprü­che auf ihre väter­li­che Grafsch. Bent­heim, oder auf ein Aequi­va­lent dafür in Besitz genom­men wor­den wären. Zur Been­di­gung die­ser Dif­fe­ren­zen, wur­de von den Kai­ser­li­chen Com­mis­s­a­ri­en eine neue Tag­fahrt nach Lüde bey Pirm­ont aus­ge­schrie­ben, und von dem Bevol­mäch­tig­ten der jun­gen Bent­hei­mi­schen Gra­fen, ihrem der­ma­li­gen Gehei­men Rath, Bach­mann, beym Kai­ser um einen sechs monat­li­chen Aus­stand zur Ertei­lung der Beleh­nun­gen mit den Grafsch. Bent­heim u. Stein­furt, auch beym Köni­ge von Eng­land und Stat­hal­ter von Hol­land Wil­helm dem Drit­ten ersu­chet, den jet­zi­gen Inha­ber der Grafsch. Bent­heim nicht ehe­n­der mit Neu­en­haus und sei­nem Zube­hör beleh­nen zu wol­len, bis die­ser den Bie­le­fel­di-

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Ver­trag erfül­let hät­te. Weil indes­sen die Kai­ser­li­chen Com­mis­s­a­ri­en, wor­un­ter die der Grafsch. Bent­heim nähern Pader­bor­ni­schen das Ueber­ge­wicht vor den Braun­schweig Lüne­burg Osna­brü­cki­schen hat­ten, die Dif­fe­ren­zen zwi­schen den jet­zi­gen Besit­zern der Grafsch. Bent­heim und Stein­furt nicht ent­schie­den, weil die jun­gen Bent­hei­mi­schen Gra­fen den Namen haben muß­ten, daß sie den vom Kai­ser mal rati­fi­zir­ten Bie­le­fel­di­schen Ver­trag nicht befol­gen woll­ten, mit­hin die Sache aus den Hän­den der Kai­ser­li­chen Com­mis­s­a­ri­en und wie­der an den Reichs­hof­rath gera­ten wäre, erfolg­te 1695 würklich die Kai­ser­li­che Beleh­nung des Gra­fen Arnold Moritz Wil­helms mit der Graf­schaft Bent­heim.

Hin­ge­gen such­te nun der Ael­tes­te der Bent­hei­mi­schen jun­gen Gra­fen, der Graf Ernst, beym Köni­ge von Eng­land und Statt­hal­ter von Hol­land Wil­helm dem Drit­ten, bey dem Chur­fürs­ten von Bran­den­burg, wie bey den Gene­ral-Staa­ten der Ver­ei­nig­ten Nie­der­lan­de zwar Hül­fe, und ver­fehl­te auch nicht, sich des­fals mit einer Vor­stel­lung an den Kai­ser zu wen­den, es fruch­te­ten aber die Ver­wen­dun­gen jener Mäch­te so wenig Etwas, als die­se Vor­stel­lung.

Da aber auch der Besit­zer der Grafsch. Bent­heim, die auf eine Sei­ten Linie über­tra­gen wer­den soll­te, wegen der vom Reichs­hof­ra­the gefor-

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der­ten zwölf tau­send Reichs­tha­ler, her­nach aber auf Ver­wen­dung des Fürst­bisch. Frie­de­rich Chris­ti­an zu Müns­ter eines Patro­nen des Besit­zers der Grafsch., und guten Freun­des des Kai­ser­li­chen Mit­com­mis­sars, des Fürst­bi­sch­ofes von Pader­born, auf die Hälf­te moder­ir­ten Beleh­nungs-Gel­der, die sonst bey einer ordi­nä­ren Beleh­nung in rech­ter Erb­fol­ge drey­zehn­hun­dert drey­zehn und einen hal­ben Gul­den, oder acht­hun­dert fünf und sieb­zig Reichs­tha­ler drey Kopf­stü­cke betra­gen hat­ten, in gro­ßer Ver­le­gen­heit war, und die­se Gel­der auf die Domä­nen oder auf das Land der Grafsch. Bent­heim nego­ti­iren woll­te, so pro­testir­te der Graf Ernst dage­gen in öffent­li­chen in den Län­dern Obe­rys­sel, Müns­ter, Osna­brück, Lin­gen und Stein­furt ange­schla­ge­nen Paten­ten. Nahm man nun die­ses wohl Müns­teri­scher Sei­te auch wegen der prä­ten­dier­ten Lan­des­ho­heit über Stein­furt sehr übel, und schrieb der Müns­teri­sche Fürst­bi­schof so gar zum Bes­ten des Gra­fen Arnold Moritz Wil­helm zu Bent­heim, an den Kai­ser­li­chen Mit­com­mis­sar, den Fürst­bi­schof von Pader­born, so erließ die­ser doch noch ein Anmah­nungs-Schrei­ben an die­sen Gra­fen, zur Aus­za­lung der noch resti­ren­den, sieb­zehn­hun­dert Reichs­tha­ler Ali­men­ten Gel­der an die jun­gen Gra­fen, bis zum Tode ihres Vaters, bei­de Kai­ser­li­che Herrn Com­mis­s­a­ri­en aber deu­te­ten dem jun­gen Gra­fen Ernst sein Betra­gen wider sei­nen Vet­ter übel aus; woge­gen die­ser sich stand­haft ver­ant­wor­te­te,

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und sei­nen Vet­ter einer Inva­si­on der Grafsch. Bent­heim, nach dem kaum erfolg­ten Abster­ben sei­nes Vaters beschul­dig­te, wie Er und sei­ne Brü­der abwe­send und im Fel­de gewe­sen wären, ohne den Bie­le­fel­di­schen Ver­trag im Min­des­ten erfül­let zu haben. Daher wur­de von den jun­gen Herrn Gra­fen wider den am sechs und zwan­zigs­ten Junio 1665 aus­ge­schrie­be­nen Bent­hei­mi­schen Land­tag aber­mals am Kai­ser­li­chen Hofe, bey den Kai­ser­li­chen hohen Herrn Comis­s­a­ri­en und bey der Bent­hei­mi­schen Land­tags­ta­fel, beson­ders um des­wil­len pro­testi­ret, weil der Inha­ber der Grafsch. Bent­heim bey ein­zel­nen Catho­li­schen Stän­den, wel­che Er mit dem Teck­len­bur­gi­schen Dros­ten von Lüning zu Kap­pel­len, dem Er die Thor­ni­schen Güter für einen Kauf­schil­ling zum Schein über­la­ßen hat­te, zu ver­meh­ren such­te, vor­her eine Stim­men-Mehr­heit bewür­ket hat­te, um der am Reichs­hof­rath zu zah­len­den Lehn­gel­der ver­si­chert zu wer­den. Wur­de nun wohl auf die­sem Land­ta­ge nach der Stim­men-Mehr­heit beschlo­ßen, daß die­se sechs­tau­send Reichs­tha­ler Lau­de­mien oder Lehn­gel­der vom Gene­ral von Ohr zu 5 von 100 aufs Land auf­ge­nom­men wer­den soll­ten, so war der Wider­spruch der Reform­ir­ten Stän­de, beson­ders des Abge­ord­ne­ten des Köni­ges von Engel­land und Statt­hal­ters von Hol­land, des Dros­ten von Itter­sum dadurch doch noch bedeu­ten­der gewor­den, daß der Herr von Bevern zu Deves­burg und Let­te, Müns­teri­scher Gehei­mer

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Rath und Bent­hei­mi­scher Burg­mann ihnen von den Catho­li­schen bey­pflich­te­te, da es hier auch um Auf­recht­hal­tung jenes Arti­kels der Con­corda­te zu thun war, nach wel­chem bei die­sem Gegen­stan­de kei­ne Stim­men­mehr­heit gel­ten konn­te. In der dar­über errich­te­ten Obli­ga­ti­on muß­ten die Lan­des-Syn­di­ken daher nur im Alge­mei­nen set­zen, daß die­se Schuld mit Con­sens der Bent­hei­mi­schen Stän­de con­trahi­ret wäre, zu deren Ver­si­che­rung aber ein­zel­ner Stän­de Pri­vat­gü­ter ver­set­zet wur­den. Den jun­gen Bent­hei­mi­schen Gra­fen kam nun auch ihr Vet­ter der Graf Johann Adolph von Teck­len­burg durch eine dem Kai­ser über­reich­te Pro­te­sta­ti­on wider den Bie­le­fel­di­schen Ver­gleich zu stat­ten, da Er sei­nes und sei­nes Hau­ses Inter­es­se wegen dabey gehö­ret wer­den müß­te. Ein Exe­cu­ti­ons Befehl der Kai­ser­li­chen Com­mis­s­a­ri­en zur Zalung [sic!] jener sieb­zehn­hun­dert Reichs­tha­ler Ali­men­te an die jun­gen Gra­fen, über­häuf­te Kla­gen der Gläu­bi­ger, woge­gen kein begehr­tes Kai­ser­li­ches Mora­to­ri­um von zehn Jah­ren gewäh­ret wur­de, beun­ru­hig­ten den Inha­ber der Grafsch. Bent­heim und sei­ne Räthe übri­gens wohl nicht mehr, als die Art, wie sich der König von Engel­land und Statt­hal­ter von Hol­land Wil­helm der Drit­te von nun an wider sie immer mehr und mehr betrug.

§. 18.

Erst erließ der König den acht­zehn­ten Octo-

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ber ein schar­fes Schrei­ben an den Gra­fen über die letz­te­ren Land­ta­ge mit der Dro­hung, daß Er sein Recht und die Bent­hei­mi­sche Lan­des­ver­fas­sung des Not­hes mit Nach­druck behaup­ten wür­de, wie mit der Ermah­nung sich in der Grafsch. nicht ehe­n­der hul­di­gen zu laßen, bis die Lan­des­be­schwer­den im Kir­chen und Staats-Fache abge­stel­let seyn wür­den; wür­de man das Gegen­teil davon mit Gewalt betrei­ben, so müß­te dawi­der Gegen­ge­walt gebrau­chet wer­den. Die Gene­ral-Staa­ten hat­ten auf aber­ma­li­ge Vor­stel­lun­gen der jun­gen Gra­fen von Bent­heim schon am drey­zehn­ten Octo­ber die­ses Jah­res 1695 beschlo­ßen, durch ihren Gesand­ten zu Wien zu ver­hin­dern, daß ihrem Vet­ter die Beleh­nung mit der Graf­schaft Bent­heim auch nicht mit der gewöhn­li­chen Clau­sel: „mit Vor­be­halt der Rech­te eines Drit­ten” ehe­n­der mög­te ver­lie­hen wer­den, als ihnen ent­we­der ihr väter­li­ches Erb­teil, die Grafsch. Bent­heim, oder das im Bie­le­fel­di­schen Ver­glei­che ihnen dafür bestim­te Aequi­va­lent ein­ge­räu­met seyn wür­de. Ihre, wie des Chur­fürs­ten von Bran­den­burg Ver­wen­dun­gen am Kai­ser­li­chen Hofe ver­hin­der­ten jedoch nicht, daß die im vori­gen Jah­re decre­tir­te Beleh­nung mit der Grafsch. Bent­heim dem Gr. Arnold Moritz Wil­helm am 23. Jän­ner 1696 würklich aus­ge­fer­tigct wur­de. Wie­wohl sich auch der König­lich Eng­li­sche Gesand­te zu Wien für die jun­gen Bent­hei­mi­schen Gra­fen inter­es­si­ret hat­te, erfolg­te doch am 8. März 1696

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ein Kai­ser­li­cher Befehl an die Stän­de und Unter­ta­nen der Grafsch. Bent­heim und Herr­lich­keit Emblich­eim, daß sie dem Gr. Arnold Moritz Wil­helm die Hul­di­gung leis­ten soll­ten, obschon der­sel­be die bereits expe­dir­te Beleh­nung über bei­de Reichs-Gebie­te noch nicht erhal­ten hat­te, weil damit so lan­ge gezau­dert wer­den soll­te, bis den jun­gen Bent­hei­mi­schen Gra­fen die Kai­ser­li­che Beleh­nung mit der Grafsch. Stein­furt ertei­let seyn wür­de.

§. 25.

Da inzwi­schen auch vom Müns­teri­schen Offi­zia­lat-Gerich­te eine Immis­si­on auf die vom sel­bi­gen so gen­an­te Herr­schaft Stein­furt zum Bes­ten älte­rer Cre­di­to­ren hat­te erkant wer­den kön­nen, wie­wohl den jun­gen Herrn Gra­fen die Grafsch. Stein­furt als ein Aequi­va­lent für die Grafsch. Bent­heim, zur gräf­li­chen Regie­rung im Bie­le­fel­di­schen Ver­glei­che ein­ge­räu­met wor­den war, so wur­de die­ser und aller ande­ren noch uner­fül­ter Punc­te jenes Ver­glei­ches wegen, als der die ange­be­nen weit über­tref­fen­den Schul­den, der Ali­men­te von Zeit, daß die jun­gen Gra­fen aus dem Bent­hei­mi­schen ent­fernt wor­den, bis zur Ent­wer­fung des Bie­le­fel­di­schen Ver­glei­ches u. s. w. von Sei­ten die­ser jun­gen Gra­fen aber­mals eine Vor­stel­lung an den Kai­ser in den kraft­vol­les­ten Aus­drü­cken wider die Inva­si­on uud Ver­fah­rungs-

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Art des Inha­bers der Grafsch. Bent­heim über­ge­ben. Der­glei­chen Vor­stel­lung über­gab der Ael­tes­te der Bent­hei­mi­schen Gra­fen, der Graf Ernst dem Fürst­bi­schof von Pader­born in Per­son, dar­auf auch dem Chur­fürs­ten von Han­no­ver und Bisch­ofe zu Osna­brück, erließ auch Cir­cu­la­re an alle Pro­tes­tan­ti­sche Chur­fürs­ten, Fürs­ten und Stän­de des Reichs zu sei­nem und sei­ner Brü­der Bei­stan­de. Die Erschei­nung des Gra­fen Ernst mit dem Obers­ten Bach­mann zu Hano­ver und sei­ne die­sem Chur­ho­fe über­ge­be­ne Vor­stel­lung wur­de aus Hano­ver den 18. April 1696 in den Hol­län­di­schen Zei­tun­gen gemel­det, wor­über in der Grafsch. Bent­heim Spott­lie­der über die Fein­de die­ses jun­gen Gra­fen gesun­gen wur­den, beson­ders weil es nun in den Zei­tun­gen bekant gemacht wor­den war, wie schlecht die Bent­hei­mi­schen Cre­di­to­ren beza­let wür­den, indes­sen die gräf­li­chen Beam­ten voll­auf hät­ten.

§. 26.

Jedoch nah­men die Bent­hei­mi­schen Sachen von einer Sei­te her, wo man es nicht erwar­tet hät­te, eine ganz ande­re Wen­dung. Indes­sen man am Bent­hei­mi­schen Hofe auf Nichts als Hul­di­gung dach­te, pro­testir­te der jun­ge Graf Ernst nicht nur am zwey und zwan­zigs­ten April 1696 Wider den Schein­kauf der Thor­ni­schen Güter und die davon erhal­te­ne Landtngs­stim­me des Teck­len-

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bur­gi­schen Dros­ten von Lüning, son­dern die Gene­ral-Staa­ten, wie der König von Eng­land als Statt­hal­ter von Hol­land erlie­ßen auch nach­drück­li­che Vor­schrei­ben für die jun­gen Herrn Gra­fen an die hohen Kai­ser­li­chen Com­mis­s­a­ri­en, und Abmah­nun­gen an den Inha­ber der Grafsch. Bent­heim, sich des erschli­che­nen Kai­ser­li­chen Man­dats ohn­ge­ach­tet, nicht ehe­n­der hul­di­gen zu laßen, bis der Bie­le­fel­di­sche Ver­gleich erfül­let, die poli­ti­schen und reli­giö­sen Lan­des Beschwehr­den abge­stel­let und die Lan­des-Pri­vi­le­gi­en beschwo­ren seyn wür­den; so wie der König von Eng­land ihm auch bis dahin die Beleh­nung mit Neu­en­haus und dem Zube­hö­re, wie auch mit dem Hofe zu Esche und Tosing in der Bau­er­schaft Esche im Kirch­spie­le Veit­hau­sen zu ertei­len ver­wei­ger­te; die­se Leh­ne wur­den übri­gens mit ledi­ger Hand emp­fan­gen, und waren so zuletzt den 24. Jän­ner 1688 von den Staa­ten der Pro­vinz Obe­rys­sel, als Nach­fol­gern der vor­ma­li­gen Fürst­bi­schö­fe von Uet­recht des Kai­sers Karls des Fünf­ten und des Spa­ni­schen Köni­ges Phil­ips des Zwey­ten, dem Gra­fen Ernst Wil­helm von Bent­heim ver­lie­hen wor­den. So belehn­ten auch Sei­ne Großb­ritta­ni­sche Majes­tät, als Statt­hal­ter von Obe­rys­sel, den Gra­fen Ernst von Bent­heim, Teck­len­burg, Stein­furt und Lim­burg etc. als ältes­ten Sohn und zugleich Namens sei­ner zween Brü­der, den drey und zwan­zigs­ten Mai 1696 mit der Nie­der­grafsch. Neu­en­haus. Die­se Beleh­nung wur­de dem König­li­chen

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chen Rent­meis­ter der Bent­hei­mi­schen Domä­nen Pon­ta­nus mit dem Befeh­le zuge­schickt, im Fal­le der Graf Arnold Moritz Wil­helm Anstal­ten zur Hul­di­gung tref­fen mög­te, den Gra­fen Ernst zuvor in der Nie­der­grafsch. hul­di­gen zu laßen, sonst aber damit zu zöge­ren.

§. 27.

Der Ers­te die­ser Gra­fen, nach­dem Er nach dem Bei­spie­le des Zwei­ten, per­sön­lich an den Höfen der Kai­ser­li­chen Herrn Com­mis­s­a­ri­en einen Besuch abge­legt hat­te, lud fürerst die ein­hei­mi­schen Herrn Stän­de von Etz­bach zu Lan­gen, von Rhe­da zu Brand­lecht, von Laar zu Laer­wol­de, von Hövel zu Ravens­horst, auch von Lüning zu Kapel­len, wegen der zum Schei­ne an ihn ver­kauf­ten ehe­mals Thor­ni­schen, jetzt Lands­herr­li­chen Domän­gü­ter, den Pri­or von Frens­we­gen, den Amt­man von Wiet­mär­schen und die drey Städ­te zur Hul­di­gung aufm Schlo­ße Bent­heim auf den 5ten Julii 1696 ein, ohn­ge­ach­tet die Kai­ser­li­chen Com­mis­s­a­ri­en, so sehr die­se auch durch die Vor­schrif­ten des Kai­ser­li­chen Reichs­hof­ra­thes ein­ge­schrän­ket waren, eine neue Con­fe­renz nach Rhei­ne im Müns­teri­schen zum Ver­su­che der Güte aus­ge­schrie­ben hat­ten. Da von die­sen Stän­den nur die Herrn von Etz­bach zu Lan­gen und von Laer zu Laer­wol­de nebst den drey­en Städ­ten reformlrt waren, so rei­se­te Ers­te­rer nach Ost­fries-

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land, der Zwei­te wohn­te in der Nie­der­grafsch. und die Bür­ger­meis­ter und Räthe der drey­en Städ­te Schüt­torf, Nord­horn und Neu­en­haus ent­schul­dig­ten sich schrift­lich, daß die Hul­di­gun­gen bis­her in den Städ­ten selbst gesche­hen wären, da sie auch die Letz­te­ren der Stän­de wären, so bäten Sie Sei­ne Hoch­gräf­li­che Excel­lenz mög­ten erst einen alge­mei­nen Land­tag aus­schrei­ben, um ihre Schul­dig­keit zu erfa­ren; ihnen wur­de dar­auf ver­spro­chen, daß die Hul­di­gung nach alter Form gesche­hen soll­te. Indes­sen wur­de die­se Hul­di­gung eif­rig betrie­ben und die Sub­de­le­gir­ten der Kai­ser­li­chen Com­mis­s­a­ri­en zu Rhei­ne, in deren Nach­bar­schaft sich auch ein Eng­li­scher Com­mis­sär zur Assis­tenz der jun­gen Gra­fen auf­hilt [sic!], dazu ein­ge­la­den, wel­ches die­se aber ablehn­ten; ein Notar, der im Namen der ver­wit­we­ten Frau Grä­fin wider die Hul­di­gung pro­testir­te, emp­fing Stock­schlä­ge zur Ant­wort; der König­li­che Rent­meis­ter Pon­ta­nus ließ aber ein König­li­ches Patent am Tho­re der Burg zu Neu­en­haus anschla­gen, daß Graf Ernst damit belehnt wäre, wel­ches er auch den Beam­ten der Gerich­ter Neu­en­haus, Velt­hau­sen und Uel­sen bekant mach­te, wie auch den sämt­li­chen Stän­den und Lan­des-Syn­di­ken.

Des­glei­chen wur­de Namens der jun­gen Gra­fen bey der Kai­ser­li­chen Com­mis­si­on, zu Rhei­ne wider die bevor­ste­hen­de Hul­di­gung ihres Vet­ters

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in der Grafsch. Bent­heim pro­testi­ret und eine Appel­la­ti­on vom übel unter­rich­te­ten Kai­ser an den beßer zu unter­rich­ten­den ein­ge­le­get; woge­gen bey eben die­ser Com­mis­sii­on [sic!], von Sei­ten des Inha­bers der Grafsch. Bent­heim Beschwehr­den über die Bekant­ma­chun­gen und Anschlag an dem Burg­tho­re zu Neu­en­haus des König­li­chen Eng­li­schen Rent­meis­ters Pon­ta­nus ein­ge­lie­fert wur­den; jener Anschlag am Burg­tho­re zu Neu­en­haus blieb sonst drey Tage durch dar­an, und wur­de nur mit einem Gegen-Anschla­ge an der inwen­di­gen Sei­te beant­wor­tet.

Aufm Bent­hei­mi­schen Land­ta­ge pro­testir­ten die Abge­ord­ne­ten von Rip­per­da und von Dan­kel­man des Eng­li­schen Köni­ges und Hol­län­di­schen Statt­hal­ters 1696 am 17/7 [sic!] Julio wider die gewalt­tä­tig volz­o­ge­ne Hul­di­gung, wider das dem Lan­des­herrn, der sich dazu durch Erfül­lung des Bie­le­fel­di­schen Ver­glei­ches und Abstel­lung der kirch­li­chen und poli­ti­schen Beschwehr­den, die viel­mehr täg­lich ver­mehrt wür­den, noch nicht berech­tigt hät­te, von der Mehr­heit der Stän­de bewil­lig­te Sub­si­di­um, mit dem Anhan­ge, daß die­se sich nicht die dar­aus zu ent­ste­hen­den Incon­ve­ni­en­zen zuzie­hen soll­te, womit sich die übri­gen Reform­ir­ten Stän­de, von Etz­bach, von Laar und die drey Städ­te ver­ei­nig­ten und ihnen auch der catho­li­sche aus­wer­ti­ge Herr von Bevern bei­pflich­te­te. Da nun fünf Stim­men gegen fün­fe wa-

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ren, so erklär­ten die 5 übri­gen Catho­li­schen von Rhe­de, von Hövel, Frens­we­gen, Wiet­mär­schen und Drost von Lüning, des­sen Stim­me strit­tig war, daß dem Herrn Gra­fen Arnold Moritz Wil­helm sechs­tau­send Reichs­tha­ler Sub­si­di­en bewil­li­get wer­den, der Punct wegen der strit­ti­gen Stim­men­mehr­heit, und ob die­se Plu­ra­li­tät hier­in ent­schei­den könn­te, aber zur recht­li­chen Ent­schei­dung aus­ge­set­zet blei­ben mög­te, wie dann jene ers­te­re Pro­te­sta­ti­on gräf­li­cher Sei­te beant­wor­tet wur­de. Hie­mit wur­de die­ser Land­tag in der größ­ten Ver­wirrnng beschlo­ßen, außer daß auf den Fürst­bi­schof von Pader­born und den Land­graf von Hes­sen-Cas­sel com­pro­mit­tirt wur­de, die Fra­ge zu beant­wor­ten: „Ob die von den Reform­ir­ten vom Jah­re der Ent­schei­dung 1624 bis l668 ruhig bese­ße­nen Kir­chen­gü­ter mit jähr­li­chen Abga­ben von fünf und sechs­hun­dert Reichs­tha­lern zum Unter­halt der Catho­li­schen seit 1668 in der Grafsch. Bent­heim ange­stel­ten Geist­li­chen, kön­ten beschweh­ret, auch die Reform­ir­ten Kir­chen­gü­ter und der Ober­kir­chen-Rath dem West­fä­li­schen Frie­den gemäß von den Catho­li­schen kön­ten admi­nis­trirt wer­den oder nicht? Falls nicht, ob und durch wen sol­che geho­be­ne Gel­der erset­zet wer­den müß­ten?”

Gräf­li­cher Sei­te wur­de nun beschlo­ßen, auch in den beson­dern Kirch­spie­len und Städ­ten die Hul­di­gung zu emp­fan­gen, in Hof­nung durch die dabey zu erwar­ten­den Geschen­ke aus der Geld-

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Ver­le­gen­heit zu kom­men; die­sem such­te der jun­ge Graf Ernst durch ein in der Nie­der­graf­schaft in den Kirch­spie­len Neu­en­haus, Uel­sen, Velt­hau­sen, Emblich­eim und Laer­wald ver­kün­dig­tes Gebot, Nie­mand außer ihm die Hul­di­gung zu leis­ten, zuvor zu kom­men. Obwohl die Kai­ser­li­chen Com­mis­s­a­ri­en vom Reichs­hof­ra­te auch den Auf­trag bekom­men hat­ten, die Strei­tig­kei­ten des Gra­fen Arnold Moritz Wil­helm mit den Stän­den, und die eigent­li­che Beschaf­fen­heit des Lrhnes [lt. Druck­feh­ler­ver­zeich­nis muss es hier hei­ßen: Leh­nes] Neu­en­haus zu unter­su­chen und davon Bericht zu erstat­ten, so erließ die­ser Graf doch ein Anschrei­ben an die Stadt Neu­en­haus, daß den zwei­ten August 1696 dort die Hul­di­gung vor sich gehen soll­te, wor­auf die­se ant­wor­te­te, sie wäre dazu bereit, wenn sie dazu ver­pflich­tet wäre und die Krän­kung des West­fä­li­schen Frie­dens vor­her abge­stel­let und ihre Pri­v­ele­gi­en der alten Gewohn­heit nach vor­her bestä­ti­get wer­den wür­den. Alle Anstal­ten wur­den auch am bestim­ten Tage von Sei­ten der Stadt zur Hul­di­gung und zur Ehre der anwe­sen­den Gra­fen, Grä­fin, deren Soh­nes, der Canz­ler, Räthe, Dros­ten und eini­ger Land­stän­de, wel­che mit einer Müns­teri­schen Escor­te von 25 Mann von Bent­heim gekom­men waren, getrof­fen, als eben die Lin­gen­sche Post jenes Ver­bot des Gra­fen Ernst wider die­se Hul­di­gung mit­brach­te, wor­über die bewaf­ne­te Bür­ger­schaft ihre Geweh­re in die Luft schoß und lang lebe Graf Ernest rief. Auf die Anfra­ge des Dros­ten und

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Canz­lers, ob sie die Hul­di­gung leis­ten woll­ten oder nicht, ant­wor­te­ten sie: wohl gezwun­gen aber nicht frei­wil­lig. Die­se Hul­di­gung wur­de nun zwar wohl bey tau­send Duca­ten Stra­fe befo­len, da aber der gräf­li­chen Fami­lie die­ser Auf­trit ver­droß, so zog sie auf die Burg, wohin sie von der Bür­ger­schaft in Para­de beglei­tet wur­de. Am andern Tage wur­den die Befeh­le zur Hul­di­gung bey einem Gold­gul­den Stra­fe von einem jeden Man­ne erneu­ert, wor­auf aber der Stadt­rath erwie­der­te, der Befeh­le des Köni­ges von Eng­land und des Gra­fen Erns­tens wegen die­se Hul­di­gung nicht leis­ten zu kön­nen. Dar­auf zog der Hof nach Bent­heim mit Hin­ter­la­ßung des Müns­teri­schen Mili­tärs zu Neu­en­haus, zurück; es erfolg­te aber von Bent­heim aus ein neue­rer Befehl zur Hul­di­gung auf den 13 August vor den Gräf­li­chen Com­mis­s­a­ri­en, bey fünf­tau­send Gold­gul­den Stra­fe unter para­ter Exe­cu­ti­on; wel­ches aber mit der vori­gen Ent­schul­di­gung, beant­wor­tet wur­de. Eben so betru­gen sich die Gerich­te Uel­sen und Velt­hau­sen; die Hul­di­gung wur­de nicht erzwun­gen, die Geld­bu­ße nicht ein­ge­for­dert, die Müns­teri­sche Gar­ni­son wur­de durch ein Müns­teri­sches Patent wie­der nach Bent­heim zurück beor­dert. Die Ein­ge­se­ße­nen jener Gerich­te hiel­ten indes­sen ihre zur Hul­di­gung bewaf­ne­te Mann­schaf­ten gegen jede Gewalt­t­hä­tig­keit unter den Waf­fen, und klag­ten dem Köni­ge von Engel­land ihre Noth, von des­sen Rathe bey des Köni­ges Ab-

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wesen­heit ein Trost­schrei­ben vom 20ten August 1696 erst erfolg­te, wor­auf die­se Gerich­te durch Abge­ord­ne­te und Schrei­ben auch den Gra­fen Ernst um Hül­fe anrie­fen. Die Bent­hei­mi­schen Com­mit­tir­ten konn­ten auch von den Ein­ge­se­ße­nen der Kirch­spie­le Emblich­eim und Laar­wol­de kei­ne Hul­di­gung erzwin­gen. Die jun­ge Mann­schaft war auch hier zu die­ser Fei­er­lich­keit bewaf­net, nach dem Vor­tra­ge der gräf­li­chen Com­mis­s­a­ri­en, ant­wor­te­te Nie­mand, Einer sah den Andern an. So wie aber Etli­che um ihre Mei­nung gefra­get wur­den, scho­ßen sie ihre Geweh­re in die Luft, rie­fen: Vivat Graf Ernest und gin­gen davon, wor­auf Alle folg­ten. Nun klag­ten die­se Gerich­te in einem Schrei­ben dem Obers­ten Bach­man ihre Noth, der sie in sei­ner Ant­wort sehr in ihrer Mei­nung bestärk­te und mit der schleu­ni­gen Rück­kunft des Gra­fen Ernst aus dem Lager trös­te­te, der sol­che Befeh­le vom Köni­ge von Eng­land mit­brin­gen wür­de, wobey sie beru­hi­get wer­den wür­den. Hier­in lag die könig­lich Großb­ritta­ni­sche und Fürst­lich Ora­ni­sche Mei­nung zum Grun­de, daß die Lehn­herr­lich­keit über Neu­en­haus und Zube­hör sich über die gan­ze heu­ti­ge Nie­der­grafsch. erstreck­te, da man Bent­hei­mi­scher Sei­te nur die Burg zu Neu­en­haus mit dem dabey gele­ge­nen Gar­ten dar­un­ter begrei­fen woll­te, es erstreck­te sich aber, wie die erst in unsern Tagen abge­druck. Docu­men­te I)

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I) In Racers Overys­sel­sche Gedenk­stü­cken

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bewei­sen, auf Neu­en­haus Burg und Stadt und das Gericht Uel­sen, als die ursprüng­li­che Nie­der­grafsch. Bent­heim. Die vor­ma­li­ge Herr­lich­keit Emblich­eim, womit die dama­li­ge medi­at Herr­schaft Laar ver­ei­nigt wur­de, war ein beson­ders Reichs-Lehn, obschon es dar­in ein­zel­ne Obe­rys­se­li­sche, damals Ora­ni­sche Lehn­gü­ter, wie Tais­sens Hof in der Ober­graf­schaft, gab. Die­se Bent­hei­mi­sche dama­li­ge Mei­nung über das Neu­en­häu­ser Lehn gab der Graf Arnold Moritz Wil­helm zum Thei­le in sei­ner Pro­te­sta­ti­on wider etwa­ige Thät­lich­kei­ten des Gra­fen Ernst in der Nie­der­graf­schaft vom 30 August 1696 zu erken­nen; wor­auf am fol­gen­den Tage ein neu­er Befehl zur Hul­di­gung bey Stra­fe der Lan­des-Ver­wei­sung und der Con­fis­ca­ti­on aller Güter erfolg­te; wor­auf aber ableh­nend geant­wor­tet wur­de. Alle Gerich­te und Kirch­spie­le der Nie­der­graf­schaft und auch Wil­sum schick­ten indes­sen so gleich eine Bit­schrift an den König von Engel­land, daß der Graf Ernst doch mit einer zu ihrem Schut­ze hin­läng­li­chen Macht zu ihnen kom­men mög­te.

Die­ser Graf war nun aus dem Fel­de beym Köni­ge auf dem Lust­schlo­ße Loo I) ange­kom­men, und bei­de strei­ten­de Gra­fen debat­tir­ten ihre Sache hier noch­mals kürz­lich vor dem Köni­ge, der

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Sieh ers­ten Theil die­ser Geschich­te.

I) Unweit Deven­ter.

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Graf Arnold Moritz Wil­helm aber durch sei­nen Rath Bees­ten, der Graf Ernst in Per­son und durch den Obers­ten Bach­mann. Nach Been­di­gung bei­der­sei­ti­ger Debat­ten vor dem König­li­chen Com­mis­sär Gra­fen von Ben­tink Port­land, wor­an der Graf Arnold Moritz Wil­helm zur Empf­e­lung sei­ner Sache geschrie­ben hat­te, drang des­sen Rath sehr auf eine schleu­ni­ge Ent­schei­dung der I) Sache; der Com­mis­sär ant­wor­te­te ihm aber: ob er nicht aus einem Lan­de käme, wo allen Lan­des Gläu­bi­gern ihre Pfand­schaf­ten abge­nom­men, Kir­chen- und Schul­gü­ter ein­ge­zo­gen und den Kin­dern und rech­ten Erben die Gr. Bent­heim vor­ent­hal­ten wür­de, er wür­de übri­gens vom König­li­chen Rathe im Haag Bescheid erhal­ten. Die Kla­gen der jun­gen Gra­fen waren aber jetzt haupt­säch­lich dar­über, daß die zum Aequi­va­lent der Grafsch. Bent­heim ange­wie­se­ne Grafsch. Stein­furt mit ihren Appen­den­zi­en nicht ange­ge­be­ner Maa­ßen zwi­schen sie­ben bis acht tau­send Reichs­tha­ler jähr­lich, son­dern nicht mal die Hälf­te davon auf­bräch­te, daß hin­ge­gen die Schul­den davon sich nicht auf ange­ge­be­ne 50 tau­send Reichs­tha­ler, son­dern fast auf zwey­hun­dert tau­send belie­fen; daß die Bent­hei­mi­schen Cre­di­to­ren an die jun­gen Gra­fen ver­wie­sen wür­den, ohne daß die­se Erben ihres Vaters seyn soll­ten; daß die­sen

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I) An der Sei­te sei­nes Prin­zi­pa­len gerech­ten.

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jähr­li­che Ali­men­te von tau­send Reichst­ha­ter für jeden, seit der Zeit, daß sie von ihrem Vater Nichts geno­ßen hät­ten, ver­wei­gert wür­den; daß die Stein­fur­ti­schen Möbeln gegen die Bent­hei­mi­schen nicht wie­der erset­zet, die Müt­ter­li­chen Güter mit den genos­se­nen und zu genie­ßen­den Früch­ten nicht aus­ge­keh­ret, und kei­ne Evic­tion wegen ver­schwie­ge­ner Schul­den und ande­rer Ansprü­che I) geleis­tet wer­den woll­te. Der Inha­ber der Graf­schaft Bent­heim ging nun so weit, daß Er auf die Stein­gru­ben ver­schrie­be­ne jähr­lich tau­send Reichs­tha­ler an Stein­furt 1696 zu beza­len ver­wei­ger­te, wes­we­gen der Graf Ernst die Gräf­li­chen Gefäl­le in der Nie­der­grafsch. mit Arrest beleg­te.

§. 28.

Der König von Eng­land und Statt­hal­ter von Hol­land beor­der­te end­lich auf sei­nem Schlo­ße Loo auf wie­der­hol­tes Ersu­chen der Ein­ge­se­ße­nen der Nie­der­grafsch. Bent­heim, am acht und zwan­zigs­ten Sep­tem­ber 1696 den Com­men­dan­ten von Wyen­horst zu Coevor­den einen Leut­nant mit drei­ßig Mann nach Neu­en­haus zu deta­schi­ren. Der Leut­nant Folckers zog dar­auf mit sei­ner Mann­schaft auf die Burg zu Neu­en­haus, deren Thü­re

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I) Müns­teri­scher prä­ten­dirter Lan­des­ho­heit über die Graf­schaft Stein­furt.

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im Tho­re er auf­spreng­te und den Drost von Etz­bach auf sein Ver­lan­gen, mit den Sei­ni­gen, um nicht vom Vol­ke miß­han­delt zu wer­den, davon beglei­te­te. Eine vom Inha­ber der Grafsch. Bent­heim dage­gen ein­ge­leg­te, vom Leu­ten­an­te nicht ange­nom­me­ne Pro­te­sta­ti­on wur­de vom Vol­ke zer­ris­sen und in den Burg­gra­ben gewor­fen. Der Graf Ernst wur­de mit Jnbel [sic!] ein­ge­holet mit Küchen­steu­ern, wie auch das Mili­tär ver­eh­ret, obschon Letz­te­res nach des Köni­ges Befehl auf sei­ne eige­ne Kos­ten leben soll­te. Der Graf Ernst dank­te so fort [sic!] in einem fran­zö­si­schen Schrei­ben dem Köni­ge, gab den Gene­ral-Staa­ten der Ver­ei­nig­ten Nie­der­lan­de, den Staa­ten der Pro­vinz Obe­rys­sel und den Obe­rys­se­li­schen Haupt­städ­ten und Mit­staa­ten Deven­ter, Cam­pen und Zwol in beson­dern Noti­fi­ca­tio­nen Nach­richt von sei­ner ergrif­fe­nen Pos­ses­si­on sei­ner Nie­der­grafsch. Bent­heim; der Eng­li­sche König recht­fer­tig­te sei­ne Unter­neh­mung in Cir­cu­la­ren an den Kai­ser, an die Reichs­stän­de des West­phä­li­schen Krei­ses, und an die Kai­ser­li­chen Com­mis­s­a­ri­en der Bent­hei­mi­schen Streit­sa­che. Der Graf Arnold Moritz Wil­helm pro­testir­te noch­mals dage­gen am eilf­ten Octo­ber 1696 aufm Fürst­lich Müns­teri­schen Schlo­ße Ahaus, sei­ne zu Bent­heim geblie­be­ne Gema­lin klag­te dar­über beim Chur­fürs­ten zu Küln [sic!] und Bisch­ofe zu Müns­ter nach Ahaus, bey Chur-Bran­den­burg, Chur-Pfalz und Chur-Han­no­ver. Der Graf Ernst hin­ge­gen recht­fer­tig­te sich in Schrei-

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ben an Ihre Kai­ser­li­che, auch König­lich Schwe­di­sche und Däni­sche Majes­tä­ten, und an die Kai­ser­li­chen Herrn Com­mis­s­a­ri­en. Die catho­li­schen aus­schrei­ben­den Fürs­ten des West­phä­li­schen Krei­ses ohne Chur-Bran­den­burg remons­trir­ten dage­gen an den Kai­ser, an den König von Engel­land und Statt­hal­ter von Hol­land, an die Gene­ral-Staa­ten, wel­ches der Chur­fürst Fried­rich der Drit­te von Bran­den­burg als Mit­aus­schrei­ben­der Fürst des West­phä­li­schen Krei­ses miß­bil­lig­te. Inzwi­schen führ­te sich Graf Ernst in der Nie­der­graf­schaft völ­lig als Regent auf, setz­te die gräf­li­chen und Lan­des-Gläu­bi­ger wie­der in ihre Hypo­the­ken ein u. s. w., wodurch die Ein­ge­se­ße­nen der Ober­grafsch. des­to mehr nach sei­ner Regie­rung ver­lang­ten. Bis auf Ver­wen­dung der Kai­ser­li­chen Gesand­ten im Haag durch die Gene­ral­staa­ten und den König­li­chen Rath am sechs­ten Novem­ber 1696 beschlo­ßen wur­de, daß die Nie­der­grafsch. Bent­heim, bis daß der Bie­le­fel­di­sche Ver­gleich erfül­let seyn wür­de, durch kei­nen der strei­ten­den Herrn Gra­fen bese­ßen wer­den soll­te, daß Alles dar­in in dem Stan­de blei­ben soll­te, wie es jetzt wäre, und daß das Staa­ti­sche Com­man­do von Neu­en­haus nach Coe­ver­den zurück­zie­hen soll­te, immit­telst soll­te der König­li­che Rent­meis­ter der Bent­hei­mi­schen Güter Pon­ta­nus die Nie­der­grafsch. admi­nis­tri­ren. Dem Gra­fen Ernst wur­de unter der Hand gera­ten, sich Frie­dens­hal­ber so lan­ge aus der Nie­der­grafsch. zu ent­fer­nen,

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und zugleich ver­spro­chen ihm mit noch weit meh­re­rer Mann­schaft bey­ste­hen zu wol­len, wann der Graf Arnold Moritz Wil­helm die­sem ent­ge­gen han­deln wür­de. Ueber den Sinn die­ses Inte­rims Ver­glei­ches wur­de her­nach sehr gestrit­ten, und der Inha­ber der Ober­grafsch. such­te auf alle Art wie­der in den Besitz der Nie­der­grafsch. zu kom­men, wodurch Er durch ein Kai­ser­li­ches Pönal Man­dat vom vier­zehn­ten Decem­ber 1696 wider den Gra­fen Ernst bestär­ket wur­de, wel­ches die­sem ohne Bei­la­gen, wor­auf sol­ches erkant wor­den, insi­nuirt ward, wor­über Er beym König­li­chen Rath im Haag am vier und zwan­zigs­ten Jän­ner 1697 klag­te und dem Kai­ser zu sei­ner Recht­fer­ti­gung dar­auf ant­wor­te­te.

Wur­de nun von Sei­ten des Gra­fen Arnold Moritz Wil­helms über die Vor­fäl­le in der Nie­grafsch. [sic!] auch am Reichs­ta­ge zu Regens­burg gekla­get, und von Sei­te des Gra­fen Ernst auch dar­auf geant­wor­tet, so kam doch end­lich auch eine neue Con­fe­renz der Kai­ser­li­chen Com­mis­s­a­ri­en zu Pyr­mont 1697 März 24. zu Stan­de. Nun such­ten die Bevol­mäch­tig­ten des Gra­fen Arnold Moritz Wil­helm, die Herrn Bees­ten und Ric­ci­us die Haupt­sa­che durch Kla­gen über die neu­es­ten Vor­fäl­le in der Nie­der­grafsch. auf­zu­hal­ten; der Graf Ernst berief sich auf sei­ne vor­ma­li­ge beding­te Annah­me des Bie­le­fel­di­schen Ver­glei­ches, wenn ihm, wo nicht die Grafsch. Bent­heim selbst, den-

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noch ein völ­li­ges Aequi­va­lent dafür ein­ge­räu­met wür­de; der Bru­der des­sel­ben Chris­toph Ber­nard erklär­te der Wahr­heit gemäß, nie zur Annah­me des Bie­le­fel­di­schen Ver­glei­ches Vol­macht gege­ben, son­dern auf die Grafsch. Bent­heim bestan­den zu haben und noch dar­auf zu bestehen; Sta­ti­us Phil­ip such­te sei­ner Min­der­jäh­rig­keit wegen inner­halb vier Jah­ren um Wie­der­her­stel­lung in den vori­gen Stand an, falls Er oder sei­ne Cura­to­ren in sei­nem Namen etwas ihm Nach­tei­li­ges mög­ten bewil­li­get haben. End­lich kam auch der Rent­meis­ter Pon­ta­nus des Eng­li­schen Köni­ges und Hol­län­di­schen Statt­hal­ters in der Nie­der­grafsch. Bent­heim zu Pirm­ont bey der Kai­ser­li­chen Com­mis­si­on mit einem König­li­chen Ver­bo­te an, daß der Graf Ernst unter Stra­fe der Fel­o­nie ohne König­li­chen Con­sens über das König­li­che Lehn in gedach­ter Nie­der­grafsch. kei­nen Ver­gleich ein­ge­hen soll­te. Da es aber nun so weit gekom­men war, daß die Grafsch. Bent­heim zwey Her­ren hat­te, den König von Eng­land und Statt­hal­ter von Hol­land in der Nie­der, den Gra­fen Arnold Moritz Wil­helm in der Ober­grafsch., wor­aus die größ­ten Ver­wir­run­gen ent­stan­den, der Graf Chris­toph Ber­nard auch 1697 ver­stor­ben war, so daß von den jun­gen Herrn Gra­fen nur noch zweye übrig waren, näm­lich Ernst und Sta­ti­us Phil­ip, so hat­ten die Kai­ser­li­chen Gesand­ten im Haag mit den König­lich Eng­li­schen Com­mis­s­a­ri­en schon gewi­ße Ver­gleichs-Punc­te

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zur Been­di­gung der Bent­hei­mi­schen Hän­del getrof­fen, als das berühm­te LAUDUM REGIUM oder Ver­gleich und Com­pro­mis­so­ria­le Aus­spra­che Sr. Britt­an­ni­schen Majes­tät, in der Hol­län­di­schen Spra­che, im Haag am ers­ten Novem­ber 1701 geschlo­ßen ward. Die­ses Grund­ge­setz des Hau­ses und der Grafsch. Bent­heim ist hin­ter der Bent­hei­mi­schen Kir­chen­ord­nung abge­dru­cket, die bis­he­ri­ge Erzä­lung der Bent­heim Stein­fur­ti­schen Irrun­gen ist aus zween gedruck­ten Foli­an­ten und deren häu­fi­gen Urkun­den und Acten­stü­cke genom­men. Der ers­te Foli­ant füh­ret zum Titel: ILLUSTRUM QUATUOR FRATRUM COMITUM BENTHEIMENSIUM CLAMOR AD COELUM, AD IMPERATOREM ET AD S. R. G. IMPERIUM: das ist: Der vier hoch­gräfl. Bent­hei­mi­schen Her­ren Gebrü­der Welt bekan­tes Recht zur Grafsch. Bent­heim und ange­hö­ri­gen Graf und Herr­schaf­ten Son­nen klar bewie­sen I. Durch die Bent­hei­mi­sche Deduc­tion gedruckt im Haa­ge 1686 oder das gleich lau­ten­de Bent­hei­mi­sche Memo­ri­al gedruckt und im H. R. Reich aus­ge­ge­ben zu Regens­burg mit 155 Docu­men­ten. 2. Durch der­sel­ben andern Theil ver­fas­send das Bent­hei­mi­sche Mani­fest von der Frau Grä­fin zu Bent­heim gebohr­nen von Zelst aus­ge­schrie­ben 1679 und den Echo auf das Anno 1686 erfolg­te Stein­fur­ti­sche so gen­an­te Gegen-Mani­fest, Anno 1687 bewie­sen im Docu­men­ten von 155 bis 260. Und dann 3. Durch deme was nach der Anno 1687 erkan­ten Kai­serl. Com­mis­si­on in die­ser Sachen vor-

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gefal­len, gehan­delt, gead­vi­sirt und gespro­chen ist, und noch soll wer­den. Wesel, Duis­burg und Frank­furt.” Das Pos­sier­lichs­te in die­sem Wer­ke ist das „Hoch­gräf­li­ches Bent­heim Stein­fur­ti­sches Gegen-Mani­fest” u. s. w. mit dem „Hoch­gräf­lich Bent­hei­mi­scher Sei­ten refu­tan­ter wider­schal­len­der Echo.” Letz­te­res ist in Ver­sen abge­fas­set und wider­le­get jeden Satz des Gegen-Mani­fests. Das zwei­te Werk hat den Titel: „PROTOCOLLUM CONTINUUM QUERELARUM BENTHEIMENSIUM ETC.” Es ver­die­net die­sen Titel, da die Haupt­sa­che die­ses Wer­kes aus Recht­li­chen Ver­hand­lun­gen, Docu­men­ten, Mani­fes­ten, Befelen, Land­tags-Ver­hand­lun­gen, Pro­te­sta­tio­nen u. s. w. besieht; nur Scha­de, daß die Haupt­strei­tig­keit zwi­schen den Bent­hei­mi­schen Gra­fen, mit den Müns­teri­schen Hän­deln mit Stein­furt, immer ver­mischt ist.

§. 29.

Da aber nicht nur die Gebrü­der die Gra­fen Ernst und Sta­ti­us Phil­ip von Bent­heim, jetzt von Stein­furt, und ihr Vet­ter der Graf Arnold Moritz Wil­helm von Stein­furt, jetzt von Bent­heim, befrie­di­get wer­den, son­dern auch die Lan­des-Beschwer­den der Grafsch. Bent­heim im Kir­chen- und Staats-Fache abge­schaf­fet seyn soll­ten, so sind auch alle Gegen­stän­de in jenem König­li­chen Schieds­rich­ter­li­chen Aus­spru­che erschöpf­et. Zu

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Ein­gan­ge des­sel­ben sagen die Gra­fen Arnold Moritz Wil­helm an einem, und Ernst und Sta­ti­us Phil­ip am andern Thei­le, daß sie, gemäß des Ver­lan­gens Sei­ner Großb­ritta­ni­schen Majes­tät, sich über die Erfül­lung des Bie­le­fel­di­schen Ver­gleichs ver­tra­gen woll­ten, und wenn die­ses nicht gelin­gen wür­de, so über­lie­ßen sie sich der Ent­schei­dung Sei­ner gedach­ten Majes­tät. Jedoch blie­be es den Gra­fen Ernst und Sta­ti­us Phil­ip frey­ge­stel­let, die Ungül­tig­keit des Bie­le­fel­di­schen Ver­glei­ches, der übri­gens auf sei­nem Wert­he oder Unwert­he beru­hen soll­te, dor­ten in Rech­ten aus­zu­füh­ren, wo sie sol­ches anbrin­gen woll­ten. Dann ver­sprach der Graf Arnold Moritz Wil­helm: Die Pro­tes­tan­ti­schen Ein­ge­se­ße­nen der Grafsch. Bent­heim soll­ten in den Zustand zwi­schen den Jah­ren 1624 und 1668, wann die Ver­än­de­rung wai­land des Gra­fen Ernst Wil­helm ein­ge­tre­ten, zurück ver­set­zet, folg­lich der abge­schaf­te Ober­kir­chen­rath wie­der an, und durch­aus mit Reform­ir­ten beset­zet und über­haupt nach sei­ner Stif­tung durch wai­land den Gra­fen Arnold Jobst vom Jah­re 1613 wie­der ein­ge­rich­tet wer­den. Das Klos­ter zu Schüt­torf, wie auch das zwei­te Pfar­haus daselbst und zu Bent­heim soll­ten den Reform­ir­ten zurück erstat­tet wer­den, weni­ger nicht alle Ein­künf­te der Kir­chen und Schu­len und deren Gefäl­le aus den Domä­nen u. s. w. Ein Kapi­tal von 500 Reichs­tha­lern ans Gym­na­si­um zu Stein­furt samt den rück­stän­di­gen Zin­sen; über­haupt

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das gan­ze Regis­ter der geist­li­chen Güter, deren Rent­meis­ter ein Reform­irter seyn soll­te. Dann über­nahm der Graf Arnold Moritz Wil­helm ein Drit­tel von zwey­tau­send acht hun­dert und neun Reichs­tha­lern zu beza­len, wel­che wei­land Graf Arnold von der Kir­che zu Stein­furt auf­ge­nom­men hät­te, und sein Mög­lichs­tes anzu­wen­den, daß die Häu­ser Teklen­burg und Stein­furt das übri­ge Zwey­drit­tel beza­len wür­den. Zu Wil­sum soll­te wie­der eine, und zu Feld­hau­sen die zwei­te Pfar­stel­le errich­tet wer­den. Eines Pre­di­gers Wit­we soll­te in den Grafsch. Bent­heim und Stein­furt jähr­lich eine Pen­si­on von zwan­zig Reichs­tha­lern genie­ßen. Dann wur­den vor [lt. Druck­feh­ler­ver­zeich­nis muss es hier hei­ßen: für] Catho­li­sche Kir­chen die Schloß­kir­che und die durch die Catho­li­schen gebaue­te Kir­che zu Bent­heim, die auf der Burg Alte­na zu Schüt­torf, aufm Hau­se Brand­lecht, auf der Burg zu Nord­horn, aufm Amt­hau­se zu Neu­en­haus und im Dor­fe Emmel­enkamp oder Emblich­eim, samt der Pro­ces­si­on zu Bent­heim auf Johan­ni, fei­er­lich aner­kant; end­lich der West­phä­li­sche Frie­de des Jah­res 1648 zur Richt­schnur alles des­sen genom­men, was nicht nament­lich bestim­met wäre. Durch die Wie­der­ein­set­zung des Ober­kir­chen­raths, des Gerich­tes in Ehe­sa­chen und über geist­li­che Per­so­nen, bis auf Schul­meis­ter, Küs­ter und Orga­nis­ten u. s. w. und Güter, wobey die Bestal­lung aller Art Kir­chen­äm­ter unter Lan­des­herr­li­cher Instal­la­ti­on beru­het, und die Kanz­ley-Gebür [sic!] in jedem Fal­le

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sogar bestim­met ist, wur­de daß Reform­ir­te Kir­chen­we­sen für die Zukunft aufm alten Fuße befes­ti­get. So viel die poli­ti­schen Beschwer­den betraf, nahm der Graf Arnold Moritz Wil­helm an, alle Immu­ni­tä­ten, Pri­vi­le­gi­en, Vor­rech­te, wel­che die Stän­de, Städ­te, Fle­cken, Dör­fer, Bau­er­schaf­ten und ein­zel­ne Ein­ge­se­ße­ne von den vori­gen Herrn Gra­fen erhal­ten hät­ten oder von Alters besä­ßen, zu bestä­ti­gen, auch vori­ge Land­tags-Reces­se und die dar­auf gegrün­de­ten Con­corda­ten wai­land des Herrn Gra­fen Ernst Wil­helms mit den Stän­den hei­lig zu unter­hal­ten. Bey Bewil­li­gung der Sub­si­di­en und sons­ti­gen belieb­ten Auf­la­gen soll­te kei­ne Stim­men­mehr­heit der Stän­de statt fin­den, und nach der­sel­ben nicht geho­ben wer­den; jedoch wür­de den Com­mit­tir­ten Sei­ner Großb­ritta­ni­schen Majes­tät zu den Bent­hei­mi­schen Land­ta­gen das Lan­des­herr­li­che Sub­si­di­um nach Zeit und Umstän­den emp­fo­len. Woben noch bemer­ket ward, daß, weil ein ein­zel­ner dem Lan­des­herrn abge­neig­ter oder pas­sio­nirter Land­stand dem­sel­ben, wider die gute Mei­nung aller Ande­rer, das Sub­si­di­um vor­ent­hal­ten könn­te, sol­ches nie­mals durch eine Stim­men­mehr­heit soll­te fest­ge­set­zet wer­den kön­nen, außer, wenn Sei­ne Majes­tät oder sei­ne Nach­fol­ger in den Obe­rys­se­li­schen Gütern in der Grafsch. Bent­heim damit über­ein­stimm­ten. Dann nahm der Graf Arnold Moritz Wil­helm an, alle Schul­den sei­ner Vor­fah­ren, Gra­fen von Bent­heim, beson­ders wai-

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land des Gra­fen Ernst Wil­helm zu beza­len, die also den Gra­fen Ernst und Sta­ti­us Phil­ip, denen Stein­furt zuge­wie­sen war, nicht zur Last fie­len.

Die Reform­ir­ten soll­ten von kei­nen Aem­tern aus­ge­schlo­ßen, son­dern zu Lan­des-Depu­ta­tio­nen I), Drost-Aem­tern, Hof und Nie­der­ge­rich­ten, Lands und Gerichts-Emp­fän­ger­stel­len und sons­ti­gen Bedie­nun­gen nach Ver­diens­ten zuge­la­ßen und Aus­län­dern (Müns­ter­län­dern) vor­ge­zo­gen wer­den, nament­lich wur­de die­ses in Rück­sicht des Hof­ge­richts fest­ge­set­zet, end­lich eine Alter­na­ti­ve in Rück­sicht her Reli­gi­on ange­nom­men. Wobey es sein Ver­blei­ben haben soll­te, wenn ein Reform­irter Lan­des­herr (von Stein­furt) an die Regie­rung käme. Der von Sei­ner Kai­ser­li­chen Majes­tät bestä­tig­te zwi­schen wai­land Gra­fen Ernst Wil­helm und dem Herrn Adolph Hen­rich von Raes­velt von [lt. Druck­feh­ler­ver­zeich­nis muss es hier hei­ßen: in] den Jah­ren 1651 und 1680 [lt. Druck­feh­ler­ver­zeich­nis muss es hier hei­ßen: 1680 geschlos­se­ne Ver­trag] wur­de noch­mals geneh­mi­get 2).

Fer­ner wur­de eine alge­mei­ne Amnes­tie festgt­set­zet und alle zwi­schen dem Gra­fen und den

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I) Jähr­lich sind zwey Lan­des-Deput­ir­te aus den acht Stän­den der Rei­he nach ohne Unter­schied der Reli­gi­on.
2) Dar­in ist Nichts von der Sou­ve­rä­ni­tat der Medi­at Herr­lich­keit Lage ent­hal­ten.

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Stän­den beym Reichs­hof­rath und bey der Kai­ser­li­chen auf Chur­pfalz erkann­ten Com­mis­si­on hang­en­de Rechts­strei­tig­kei­ten wur­den hie­mit abge­macht. Alles das­je­ni­ge, was die Her­ren Stän­de oder der­sel­ben Deput­ir­te seit der Ver­tei­lung der Ober und Nie­der­grafsch. Bent­heim dem Lan­des-Emp­fän­ger auf­ge­tra­gen hät­ten, wur­de hie­mit gut­ge­hei­ßen. End­lich ersuch­ten die unter­schrie­be­nen Herrn Gra­fen Sei­ne Kai­ser­li­che Majes­tät, Sei­ne König­li­che Majes­tät von Großb­ritta­ni­en, wie die Gene­ral-Staa­ten, auch alle Chur­fürs­ten und Fürs­ten des Reichs, die­ses Com­pro­mis zu gua­rand­iren.

Wegen Erfül­lung des Bie­le­fel­di­schen Ver­glei­ches hat­ten die Herrn Gra­fen sich aber noch nicht ver­tra­gen kön­nen, daher fol­gen­de Ent­schei­dung des Köni­ges von Engel­land nun statt fand: Außer der Grafsch. Stein­furt, Alpen und Hawi­cker­werth soll­te der Graf Arnold Moritz Wil­helm noch sechs­zig tau­send Reichs­tha­ler, nebst tau­send Reichs­tha­ler Zin­sen jähr­lich von zwan­zig­tau­send Reichs­tha­lern Kapi­tal, so auf den Stein­gru­ben ver­pfän­det wäre, wie auch Alles, was die Gra­fen Ernst und Sta­ti­us Phil­ip ver­mö­ge des Bie­le­fel­di­schen Ver­tra­ges bereits erhal­ten hät­ten und besä­ßen, den­sel­ben abtre­ten und aus­za­len, wel­che letzt gedach­te bei­de Gra­fen auch alles Das­je­ni­ge behal­ten soll­ten, was sie aus der Nie­der­grafsch. Bent­heim wäh­rend der Sequestra­ti­on der­sel­ben

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gezo­gen hät­ten. Obi­ge zwey Capi­ta­li­en von sechs­zig und zwan­zig, zusam­men von acht­zig­tau­send Reichs­tha­ler Capi­tal hol­län­disch soll­ten zehn Jahr mit fünf von hun­dert ver­zin­set, als­dann oder auch frü­her abge­lö­set wer­den. Hie­mit soll­ten alle Dif­fe­ren­zen über die Erfül­lung des Bie­le­fel­di­schen Ver­gleichs und über die Päch­te und Ein­künf­te der Thor­ni­schen Güter abgethan seyn; jedoch blie­be den Gra­fen Ernst und Sta­ti­us Phil­ip ihr vor­er­wähn­tes Recht vor­be­hal­ten, in Peti­to­rio die Nul­li­tät des gedach­ten Bie­le­fel­di­schen Ver­tra­ges bewei­sen zu kön­nen; wür­den sie dar­in tri­um­phi­ren, wenn sie jene erwähn­te acht­zig tau­send Reichs­tha­ler hol­län­disch schon erhal­ten hät­ten, so soll­ten sie sel­bi­ge ohne Zin­sen zurück erstat­ten. Alle Schul­den der Vor­fah­ren der Herrn Gra­fen Ernst und Sta­ti­us Phil­ip, beson­ders des Gra­fen Ernst Wil­helms, wie auch das Capi­tal, womit die Grafsch. Stein­furt der Grä­fin von Oxen­stirn ver­pfän­det wäre, soll­ten vom Herrn Gra­fen Arnold Moritz Wil­helm über­nom­men wer­den; übri­gens soll­ten die bei­den Graf­schaf­ten Bent­heim und Stein­furt mit deren Depen­ben­zen zum Nut­zen und zur Last eines jeden Besit­zers der­sel­ben seyn. End­lich wur­de obi­ger Ver­gleich über die Abstel­lung der Kirch­li­chen und Poli­ti­schen Beschwer­den von sei­ner Großb­ritta­ni­schen Majes­tät geneh­mi­get und ver­spro­chen, daß so bald die­se GRAVAMINA ECCLESIASTICA ET POLITICA geho­ben seyn wür­den, dem Gra­fen Arnold Mo-

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ritz die Nie­der­grafsch. wie­der ein­ge­räu­met, der­sel­be auch, nach­dem Er den Gra­fen Ernst und Sta­ti­us Phil­ip eine Sei­ner Majes­tät hin­läng­li­che Ver­si­che­rung wegen obge­n­an­ter acht­zig tau­send hol­län­di­schen Reichs­tha­ler gege­ben haben wür­de, mit Neu­en­haus und Zube­hör beleh­net wer­den soll­te. Soll­te noch eini­ger Miß­ver­stand über die­sen Schie­des­rich­ter­li­chen Aus­spruch ein­tre­ten, so behielt sich der König die Aus­le­gung davon bevor, ver­sprach auch dem dage­gen ver­letz­ten Tei­le die star­ke Hand zu Hül­fe zu bie­ten, wie Er dann die­sen Ver­trag und die­ses Grund­ge­setz der Grafsch. Bent­heim nebst den dar­in con­firm­ir­ten Con­corda­ten gua­ran­tier­te am eilf­ten Novem­ber 1701. Wor­auf die König­lich Preus­si­sche Gua­ran­tie am 12. Jul [sic!] 1704 und die der Gene­ral-Staa­ten der Ver­ei­nig­ten Nie­der­lan­de am 12. Feb. 1767 erfolg­te, wie dann die Gra­fen Ernst und Sta­ti­us Phil­ip vom Kai­ser Leo­pold mit der Graf­schaft Stein­furt, wie mit der Grafsch. Bent­heim zur gesam­ten Hand 1705 den drit­ten April beleh­net wur­den. So wie in allen fol­gen­den kai­ser­li­chen Beleh­nun­gen der Gra­fen von Stein­furt, auch in der Letz­ten Sei­ner jetzt regie­ren­den kai­ser­li­chen Majes­tät Franz des Zwey­ten vom 25. Jän­ner 1793, eine Mit­be­leh­nung zur gesam­ten Hand mit der Grafsch. Bent­heim und Herr­schaft Emblich­eim ent­hal­ten, der Bie­le­fel­di­sche Ver­gleich, folg­lich auch der dar­in bestim­te Rück­fall Bent­heims an Stein­furt, nebst dem LAUDO REGIO

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des eben gedach­ten Köni­ges von Engel­land, wor­in die Con­corda­ten bestä­ti­get wur­den, con­firm­iret ist. Da aber auch die Herr­lich­keit Alpen dem Stamm­va­ter des jet­zi­gen Herrn Gra­fen von Stein­furt unter der Garan­tie des Kai­sers und Reichs, wie der Köni­ge von Eng­land und Preus­sen, und der Gene­ral-Staa­ten zum Aequi­va­lent für die Grafsch. Bent­heim ein­ge­räumt wur­de, so gebührt dem Gra­fen von Bent­heim-Stein­furt der­ma­len aus dop­pel­tem Rechts­grun­de eine Ent­schä­di­gung für die­se Ueber­rhei­ni­sche an die Fran­zö­si­sche Repu­blik gefal­le­ne Herr­schaft.

§. 30.

Weil sonst in den Kai­ser­li­chen Lehn­brie­fen auch des Ver­gleichs der Grafsch. Stein­furt mit dem vor­ma­li­gen Hoch­stif­te Müns­ter erwäh­net wird, so sey fol­gen­des vom ehe­ma­li­gen Ver­hält­nis­se die­ser Grafsch. mit jenem Hoch­stif­te ein Anhang. Von der uralten Reichs­un­mit­tel­bar­keit der vor­ma­li­gen Herr­schaft und jet­zi­gen Grafsch. Stein­furt, die auch ein Lehn des Kai­sers und Reichs ist, kam zwar in der vori­gen Geschich­te Man­ches gele­gent­lich vor. Allein fol­gen­de Nach­rich­ten ver­die­nen noch eini­ge Anfüh­rung. Ber­nard Herr zu Lip­pe, Niklas Graf zu Teck­len­burg, Bal­du­in Herr zu Stein­furt, Johann van Solms Herr zu Otten­stein, Ludolf von Ahaus aus dem hohm Adel, und Hen­rich Korf, Herr­man von Mer­feld

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Ber­nard von Dros­te, Müns­teri­sche damals nach der Lan­des­ho­heit trach­ten­de Ede­le ver­ban­den sich 1360 wider den Fürst­bi­schof von Müns­ter zur Ver­tei­di­gung ihrer Rech­te. Der Römi­sche König Maxi­mi­li­an der Ers­te lud 1494 die Ede­le und Reichs Getreue Ever­win und Ever­win Gevet­te­re Gra­fen zu Bent­heim und Stein­furt auf den Reichs­tag zu Worms gleich andern Chur­fürs­ten, Fürs­ten und Stän­den des Reichs ein, um dort mit den Ihri­gen gerüs­tet zu erschei­nen; der Kai­ser­li­chen Krö­nung zu Rom und dem Zuge wider die Tür­ken bei­zu­woh­nen. Im fol­gen­den Jahr 1495 erhob die­ser Kai­ser auf offe­nem Reichs­ta­ge zu Worms ohne Müns­teri­schen Wider­spruch die Reichs­herr­schaft Stein­furt I) zur Graf­schaft, bestä­tig­te auch dem Edelen Sei­nem und des Reichs Lie­ben Getreu­en Ever­win Gra­fen zu Bent­heim und zu Stein­furt den ihm von wai­land Hen­rich Herrn zu Gemen mit der Herr­lich­keit Bre­de­vort ver­erb­ten Zoll daselbst. Kai­ser Karl der Fünf­te lud in wie­der­hol­ten gegen ande­re Reichs­stän­de übli­chen Aus­drü­cken 1530 den Edlen Sei­nen und des Reichs Lie­ben Getreu­en Arnold Herrn zu Stein­furt auf den Reichs­tag zu Augs­burg ein. Kai­ser Leo­pold for­der­te 1600 vom Gra­fen Phil­ip Con­rad zu Stein­furt, wie von andern West­phä­li­schen Kreis­stän­den eine Tür­ken­steu­er.

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I) Mit der Frey­grafsch. zu Laar.

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So viel die Fürst­bi­schö­fe von [sic!] und das Hoch­stift Müns­ter betrift, so ver­spra­chen der Bischof Wal­ram von Mörs und das Dom­ca­pi­tel zu Müns­ter 1451, daß sie kei­ne Ansprü­che an das Gericht zu Rüschau, noch an die Kirch­spie­le Stein­furt und Borg­horst hät­ten, obschon der Ede­le des Bisch­ofes lie­ber Vet­ter Ever­win Graf zu Bent­heim und Herr zu Stein­furt zur Abkeh­rung der Gewalt der Stadt Müns­ter vom Bisch­ofe und vom Dom­ka­pi­tel sich zur Huld der Kir­che zur Ehre Got­tes ange­bo­ten hät­te.

In die­ser benach­bar­ten Hül­fe, in der geist­li­chen Gerichts­bar­keit, in der Stein­fur­ti­schen Lan­des­stand­schaft im Müns­teri­schen wegen der Burg Schwa­nen­burg zu Mesum und ande­rer Müns­teri­schen Güter steck­te aber eben das Gefähr­li­che für Stein­furt, beson­ders wenn die Müns­teri­sche wider ihre Bischö­fe zu Zei­ten schwü­ri­ge Rit­ter­sch. zu Stein­furt ihre Zuflucht nahm.

Der Bischof Fried­rich von Blan­ken­heim zu Uet­recht hin­ge­gen schloß mit sei­nem lie­ben Vet­ter Ludolph Herrn zu Stein­furt und Hen­rich von Solms Herrn zu Otten­stein 1395 ein Bünd­niß dahin, daß sie sich ein­an­der und ihren Wech­sel­sei­ti­gen Unter­ta­nen kei­nen Scha­den zufü­gen woll­ten. Jene Erb­ei­ni­gung zwi­schen den Gvet­tern Ever­win Gr. von Bent­heim und Ever­win Herrn zu Stein­furt vom Jah­re 1487 wur­de be-

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kant­lich von Bent­hei­mi­schen und Stein­fur­ti­schen Burg­män­nern und Städ­ten mit unter­schrie­ben und besie­gelt.

Ludolph von Stein­furt hat­te der Stadt Stein­furt 1347 städ­ti­sche Rech­te, wie Müus­ter [sic!] hät­te, gege­ben, wobey schon Rich­ter und Schöf­fen vor­kom­men, wel­ches Ever­win Gr. von Bent­heim und Herr von Stein­furt 1488 erneu­er­te, ohne daß Sol­ches von den Fürst­bi­schö­fen zu Müns­ter, zum Zei­chen, daß Stein­furt eine Medi­at Herr­lich­keit wäre, jemals bestä­ti­get ist; da doch Stein­furt seit der Zeit als eine Stadt bekannt ist.

Der Müns­teri­sche Bischof und Admi­nis­tra­tor von Bre­men Hen­rich stel­le­te 1489 ein Rever­sal aus, daß Er auf einem Land­ta­ge eine Reichs­steu­er vom Hoch­stif­te Müns­ter bewil­li­get erhal­ten, und sei­nen lie­ben Vet­ter nnd [sic!] getreu­en Rath den Herrn Ever­win Gr. von Bent­heim und Herrn zu Stein­furt begeh­ret hät­te, die­se Schat­zung von den Sei­ni­gen zu erhe­ben, und ans Kapi­tel Haus zu Müns­ter zu lie­fern, wel­ches der­sel­be für die­ses mal, mit Pro­te­sta­ti­on für die Zukunft sich hät­te gefal­len laßen. Der Fürst­bi­schof Fried­rich Chris­ti­an von Müns­ter erin­ner­te mit den ande­ren Direc­to­ren des West­phä­li­schen Krei­ses Chur-Bran­de­burg [sic!] und Chur­pfalz Stein­furt an die Beza­lung rück­stän­di­ger Reichs­kam­mer­ge­richts Zie­l­er 1693.

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Die bischöf­lich Müns­teri­sche Gerichts­bar­keit im Stein­fur­ti­schen Gebie­te ver­misch­te sich aber immer mehr und mebr mit dem Welt­li­chen, beson­ders über geist­li­che Per­so­nen und Güter, wie die von den Herrn von Stein­furt gestif­te­te Mal­te­ser Com­men­de daselbst, wovon fol­gen­de Urkun­de vom Jah­re 1242 zeu­get. Dar­in sagt der Pri­or Rein­hard aller Hos­pi­tal Brü­der und Häu­ser in Teutsch­land, daß der ede­le und erlauch­ti­ge Mann Herr Ludolph von Stein­vor­de dem Hos­pi­tal­hau­se daselbst den Zehn­ten zu Alb­ra­ves­loh, das Haus zu Wene, die Häu­ser zu Cla­ne­dor­pe und Sche­reh­or­ne, auch jene Güter, wel­che Er vom Herrn von Volm­unt­stein gekau­fet hat­te, näm­lich den Hof zu Wes­ter­ode, die Hau­ser Beck­e­heim, Vin­ha­gen, Dra­ging, Ikim, Wen­del­mad­ink, Res­ho­vet und Balst­dor­pe mit der Mei­nung geschen­ket hät­te, daß drey­zehn Arme in die­sem Hau­se davon gespei­set und geträn­ket wer­den soll­ten. Die­se Urkun­de ist zu Stein­furt in Gegen­wart des Pro­vi­so­rs Her­man von Düs­burg, sechs mit ihrem Tauf­na­men allein gen­an­ter Hos­pi­tal­brü­der oder Rit­ter, des Pleb­ans oder Pfar­rers Hugo von Mete­len und des Pleb­ans Johann von Stein­vor­de, wie der Rit­ter Hen­rich und Johann Gebrü­der von Leden, des Truch­seß Wal­ter und Rüt­gers Schra­ge aus­ge­fer­ti­get. Auf Kla­gen der Armen, daß die Comp­tu­ren zu Stein­furt, die­se Fun­da­ti­on nicht gehö­rig hiel­ten, traf Graf Arnold von Bent­heim und Stein­furt 1566 eine Ver­fü­gung, was die

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Armen so lan­ge der Comp­tur Hen­rich von Hövel leb­te, bestimt genie­ßen soll­ten, wid­ri­gens wür­de der Graf, als respec­ti­ver Fun­da­tor die­se Stif­tung ein­zie­hen und für den Unter­halt jener 13 Armen auf eine ande­re Art sor­gen, so daß der Gr. v. Stein­furt als Rich­ter über den dor­ti­gen Com­men­deur u. noch mehr über die Com­men­de zu Stin­furt [sic!] han­del­te. Hier­über stel­le­ten gedach­ter Comp­tur, der Pri­or Johann von Bor­ken und sämt­li­ches Cou­vent [sic!] des Johan­nis Hau­ses Burg­stein­furt die­sen Gra­fen, den sie ihren gnä­di­gen Herrn nen­nen, ein Rever­sal aus. Wenn man übri­gens das Stein­fur­ti­sche Ver­hält­niß zu Müns­ter alle Jahr­hun­der­te durch diplo­ma­tisch erwe­get, so wur­de von den Müns­teri­schen Fürst­bi­schö­fen die per­sön­li­che Reichs Unmit­tel­bar­keit der vor­ma­li­gen Dynas­ten von Stein­furt, die in imme­dia­ter Wür­de dem Kai­ser so nahe stan­den, als ande­re Reichs­stän­de, wie dann hier­an kein Zwei­fel war, so bald die Gra­fen von Bent­heim Regen­ten von Stein­furt wur­den, so wie die Imme­dietät ihrer Resi­denz Stein­furt nicht bestrit­ten, son­dern die Gren­zen der Grafsch. Stein­furt waren eigent­lich nur con­tro­vers. Die Frey­graf­schaft zu Lahr, das Goge­richt des Amtes Rüschau, wor­un­ter jene durch Stein­furt von den vor­ma­li­gen Dynas­ten von Ahaus gekau­fet war. waren Kai­ser­li­che Ver­lei­hun­gen und Ueber­bleib­sel der vor­ma­li­gen Kai­ser­li­chen Hoheit im gan­zen Rei­che, die nie­mals die Fürst­bi­schö­fe von Müns­ter erhal­ten hat­ten, und wur­den mit der Herr­schaft

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Stein­furt zur Reichs­grafsch. mit Sitz und Stim­me unter dem West­phä­li­schen Gra­fen Col­le­gio auf Reichs und Kreis­ta­gen erho­ben, so wie sie in den kai­ser­li­chen Lehn­brie­fen bis auf den heu­ti­gen Tag gen­ant wer­den. Dazu kam die Edel­vog­tei über das Stift Borg­horst I) als ein After­lehn der Gra­fen von Ravens­berg, die sol­che von den Erz­bi­schö­fen von Mag­de­burg zu Lehn tru­gen. Unbe­kant ist es aber jetzt, daß der Kai­ser Karl der Fünf­te, als Her­zog von Gel­dern und Graf von Züt­phen 1554 den sie­ben und zwan­zigs­ten Junii den Stein­fur­ti­schen Drost Johann von Len­nip als Bevol­mäch­tig­ten des Edelen und Wohl­ge­bohr­nen Herrn Arnold Gra­fen zu Bent­heim und Stein­furt, nach Züt­phe­ni­schen Lehn­rech­ten, mit drey­en Leh­ne jedes Lehn gegen ein Pfund guten Gel­des Heer­ge­wet­te belehn­te; eins die­ser Leh­nen bestand in zwoen Vog­tei­en mit allen ihren Rech­ten und Zube­hö­run­gen, näm­lich der Vog­tei Ueber­was­ser in, und S. Moritz vor der Stadt Müns­ter, das zwei-

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I) Die Dynas­ten und Gra­fen von Stein­furt besa­ßen im Mag­de­bur­gi­schen die Güter Orebs­feld und Hoten­sle­ben als Vög­te von Borg­horst, und hat­ten wegen die­ser Güter Sitz und Stim­me auf den Mag­de­bur­gi­schen Land­ta­gen.

Sieh: Staat von Preus­sen.

Preus­si­sche und Bran­den­bur­gi­sche Staats Geo­gra­phie.

Die gro­ße diplo­ma­ti­sche hol­län­di­sche Ency­clo­pä­die, Buch­sta­be M bey Mag­de­burg.

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te Lehn war das Wild­forst­amt in der Davert zwi­schen der Stadt Müns­ter und Lüding­hau­sen mit allen sei­nen Rech­ten und Zube­hör, das drit­te der Wind und das Gemal in den zwey­en Kirch­spie­len Aal­ten und Wen­ters­wyk, und die Güter Eppink, Syck­ink, Hoe­k­ink und Roschink mit allen ihren Zube­hö­ren im Amte Bre­de­vo­ort im Kirch­spie­le Wen­ters­wyk, so wie die­se drey Leh­ne auf den see­li­gen Herrn und sei­nen Vater Gr. Arnold ver­er­bet wären I). Der Statt­hal­ter der Leh­ne des Fürs­t­ent­hu­mes Gel­dern und der Graf­schaft Züt­phen unter der Regie­rung der Staa­ten von Gel­dern, Hen­rich von Essen ver­lieh die­se Leh­ne 1634. Febr. 13. dem Gr. Arnold Jobst, so wie sol­che auf ihn vom Gr. Wil­helm Hen­rich (zu Stein­furt ver­mä­let mit der Fürs­tin Anna von Anhalt ohne Erben, Bru­der Arnold Jobs­ten) ver­er­bet wären. So wur­de Stein­furt auf den Reichs­ta­gen 1500 zu Augs­burg auf zwölf Gul­den, 1505 zu Köln auf einen Mann zu Fuß, 1521 zu Worms auf zwey zu Pfer­de, neun zu Fuß,

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I) Der Graf Arnold, so die­se Beleh­nung erhielt, war Graf von Stein­furt ver­mä­let mit der Fürs­tin Mag­da­le­ne von Lüne­burg ohne Kin­der; sein älte­rer Bru­der Erer­win [sic!] der Drit­te war Graf von Bent­heim; ihr Vater Arnold hat­te zur zwei­ten Gema­lin die Dynas­tin Wal­burg von Bre­de­rode gehabt , woher ver­muth­lich die­se Gel­dri­schen Güter.

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Teck­len­burg gleich ange­schla­gen, 1551 zu Worms auf zwey Pfer­de, vier zu Fuß.

Auf dem West­phä­li­schen Kreis­ta­ge zu Köln wur­de Stein­furt 1631. Decb. 15. der Müns­ter­schen Pro­te­sta­ti­on ohn­ge­ach­tet mit Sitz und Stim­me zuge­la­ßen, weil es sei­ne alte­re Pos­ses­si­on bewie­sen hät­te, wie der Kreis-Con­vent erkann­te; des­glei­chen wie­der zu Köln 1642. Decbr. 15, wo wegen Stein­furt der Drost zu Alpen Peter von Spirg gen­ant Hanf erschien; eben so zu Köln im März und April 1697, wo es zu 8 2/3 zu Roß und 8 3/4 zu Fuß, und in Tri­plo zu 26 zu Roß und 26 l/4 zu Fuß ange­set­zet ward, aber dage­gen pro­testir­te, daß es nicht nach Teck­len­burg, wie auf vori­gen Kreis­ta­gen zu Essen, Köln und Bie­le­feld, son­dern nach Müns­ter geset­zet war. Von Stein­fur­ti­schen Land­ta­gen ist der vom Jah­re —32 [sic!] oder 1532, wie die Zeit­um­stän­de und die Ver­mi­schung der durch die Refor­ma­ti­on und ober­län­di­sche Pre­di­ger aus Sach­sen u. s. w. in West­fa­len ein­ge­führ­ter Hoch­teut­schen mit der West­phä­li­schen Spra­che andeu­ten, sehr merk­wür­dig. In dem zu See­infurt [sic!] am Abend Jaco­bi Apos­to­li aus­ge­fer­tig­ten Land­tags­schrei­ben heißt es: Die Grafsch. Stein­furt wür­de schwer­lich mit Kai­ser­li­chen Man­da­ten ange­spro­chen, um Reu­ter und Knech­te wider die Tür­ken zu stel­len, da Sie nun der Grafsch. Stein­furt mit zugethan, und eini­ge ihrer Güter und Leu­te der­sel­ben zum Tei­le

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unter­wor­fen wären, so mög­ten Sie im nächs­ten Mona­te dar­über zu Stein­furt zusam­men kommm, und dar­über trac­ti­ren. Die­se Land­tags-Aus­schrei­ben ergien­gen an die im Ambt von Rie­schaw [sic!]: Johann Schen­king zu Rügen­ha­gen, Hen­rich Schen­ting zu Beve­ren, Johann Mer­feld, Johann von Beve­ren zu Havickes­be­ke, Johann von Olden­hus, Everd von Sche­ven, Bernd Val­te, Lüke Val­ke, Derk Mor­ri­en, Klaas von Donop, Georg Waren­dorf; an die Geist­li­chen: Myn Vrouw von Borg­horst, myn Vrouw von Meteln, Klos­ter zu Ueber­was­ser, Probst zu Var­lo, Balier zu Sten­fort, Klos­ter zu Lan­gen­horst. Es erschie­nen: de Balier, Hen­rich Schen­king, der Amt­mann von Mete­len, Johann von Bevern, (zu Havix­beck) Waren­dorps Knecht I), Herr Kor­ve von Vaer­lo, Alt­hus, Amt­mann von Vre­de, ein Die­ner von Over­wa­ter 2), Johann Schen­kings Knecht. Die Aus­ge­blie­be­nen hat­ten sich zwar bey den Befehl­leu­ten zu Stein­furt ent­schul­di­get und erklä­ret, mit den Beschlü­ßen der Erschie­ne­nen zufrie­den seyn zu wol­len, Letz­te­re ver­lang­ten aber der Erstern ans­drück­li­che [sic!] Zustim­mun­gen, dar­um ergin­gen an der Grafsch. Stein­furt Ver­wand­te, Burg­män­ner und Guts­herrn aber­ma­li­ge Aus­schrei­ben eines neu­en Land­ta­ges

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I) Eine all­ge­mei­ne Bedeu­tung eines Rent­meis­ters u. s. w.
2) Dito.

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zu Stein­furt auf Frei­tag nach Maria Him­mel­fahrt um neun Uhr Vor­mit­ta­ges, und nament­lich an Johann von Mer­vel­de, Derick Mor­ri­en, Bern­hart Val­ken, Lücken Val­ken, Johann Stri­cken, Evert v. Heyen, den Pater to Lan­gen­horst. Denen, die zu erst erschie­nen waren, wur­de ein Denk­ze­dul des Inhalts mit­ge­ge­ben: „An die Vor­stel­lung des Wol­ge­bohr­nen mei­nes gnä­di­gen lie­ben Jun­kers Gra­fen zu Bent­heim etc. zu den­ken, des Frei­ta­ges nach Mariä Auf­neh­mung, um neun Uhr Vor­mit­ta­ges wie­der zu Stein­furt zu seyn, oder Bevol­mäch­tig­te zu schi­cken, als­dann zu Unter­hal­tung der Reu­ter und Knech­te, die Sei­ne Gna­den wider die Tür­ken soll stel­len, end­lich zu beschlie­ßen.” Die Schat­zun­gen in den Kirch­spie­len (nicht in der Stadt) Stein­furt, Borg­horst, Laer und Holt­hau­sen waren aber der eigent­li­che Stein des Ansto­ßes zwi­schen Müns­ter und Stein­furt. Eini­ge gen­an­te Ein­ge­se­ße­ne die­ser Kirch­spie­le hat­te der Bischof Franz von Wal­deck zu Müns­ter und Osna­brück Admi­nis­tra­tor zu Min­den, der Schat­zung wegen, bey Abwe­sen­heit des Gra­fen Arnold pfän­den laßen, es erging aber des­we­gen am ers­ten April 1552 vom Reichs­kam­mer­ge­rich­te zu Spei­er ein Pönal Man­dat gegen ihn, und er zeig­te auch dabey an, daß er dem­sel­ben nach­ge­kom­men wäre. Der Grund des­sen, daß Müns­teri­scher Sei­te eine Hoheit über die Kirch­spie­le der Grafsch. Stein­furt behaup­tet wer­den woll­te, lag aber eben in den Schat-

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zun­gen aus den­sel­ben, da Stein­furt die Reichs-Steu­ern hin und wie­der nach Müns­ter als aus­schrei­ben­de Fürs­ten des West­fä­li­schen Krei­ses, wie ande­re Graf­schaf­ten, wie­wohl zu Zei­ten mit Pro­te­sta­ti­on und gegen Rever­sa­len ent­rich­tet hat­te, auch hat­ten die Fürs­ten von Müns­ter als Diö­ce­san Bischö­fe zu Zei­ten von den ihrer geist­li­chen Gerichts­bar­keit unter­wor­fe­nen Gra­fen von Stein­furt ein Wil­le­kom beym Antrit­te ihrer Regie­rung erhal­ten, wel­ches mit andern Vor­tei­len der bischöf­li­chen Juris­dic­tion, nach der Refor­ma­ti­on, zu Fol­ge des West­phä­li­schen Frie­dens weg­fiel. Eine detail­lir­te Geschich­te der Grafsch. Stein­furt wür­de jedem Uupart­hei­ischen [sic!] aber die Undank­bar­keit Müns­ters gegen Stein­furt für des­sen auf Müns­teri­sches Bit­ten und Begeh­ren dem­sel­ben gelei­te­te nach­bar­li­che Hül­fe in Zei­ten der Noth, beson­ders in den Wie­der­täu­fe­ri­schen Unru­hen, vor Augen legen, und wel­che enor­me Geld Vor­schü­ße Stein­furt noch an Müns­ter zu for­dern hat, zum Bewei­se des ehe­ma­li­gen gro­ßen Ver­mö­gens der Gra­fen von Stein­furt. Erst der Müns­teri­sche Fürst­bi­schof Chris­toph Ber­nard von Galen, der Bent­heim und ande­re Graf­schaf­ten so wenig als Stein­furt ver­schon­te, wag­te übri­gens Ein­grif­fe in die Stadt Stein­furt selbst, aus dem Vor­wan­de, daß die Gesand­ten der Gene­ral-Staa­ten sich dort auf­ge­hal­ten und mit den Auf­rüh­rern der Stadt Müns­ter cor­re­spon­dirt hät­ten, Er, Fürst­bi­schof, müßt auch den Gen­erl-Staa­ten [sic!] mit

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einer mili­tä­ri­schen Besat­zung der Stadt und Graf­schaft Stein­furt zuvor kom­men; Er erhielt aber dage­gen eineu [sic!] Straf­be­fehl vom Reichs­kam­mer­ge­rich­te zu Spei­er vom zwan­zigs­ten April 1667 des Inhal­tes: die von den vori­gen Müns­teri­schen Fürst­bi­schö­fen selbst aner­kan­te Reichs-Unmit­tel­bar­keit der Gra­fen, des Schlo­ßes und der Stadt Stein­furt fer­ner nicht zu stö­ren und die Miliz dar­aus abzu­füh­ren u. s. w., dem der Bischof aber dadurch aus­zu­wei­chen such­te, daß die­ses Mili­tär kein Müns­teri­sches, son­dern West­fä­li­sches Kreis-Mili­tär wäre. Da die­ses übri­gens auch die Reform­ir­te Stadt­kir­che mit Gewalt ein­ge­nom­men und dar­in das Simul­ta­ne­um ein­ge­füh­ret hat­te, so erfolg­te auch dage­gen ein Kam­mer­ge­richt­li­ches Pönal-Man­dat vom zwan­zigs­ten April 1667, des­glei­chen unterm Müns­teri­schen Fürst­bi­sch­ofe Fer­di­nand am drit­ten März 1680 und noch mehr geschärft am sie­ben­ten Julio 1682.

§. 31.

In die­ser Ver­wir­rung und Zer­rüt­tung trat nun der Graf Ernst von Bent­heim die Regie­rung der Grafsch. Stein­furt an, die Er im Innern sonst beru­hi­get fand, dadurch den Ver­trag sei­nes Groß-Oheims Wil­helm Hen­richs Gra­fen von Stein­furt, und des­sen Brü­der Arnold Jobs­ten, Ernsts Groß­va­ters, Gra­fen von Bent­heim, und Adolphs Gra­fen zu Teck­len­burg mit der Stadt

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Stein­furt vom zwölf­ten Novem­ber 1616 das Ver­hält­niß die­ser Muni­ci­pal­stadt zur Lan­des-Obrig­keit auf eine bil­li­ge Art fest­ge­set­zet war, ohne daß auch die­ser Ver­trag jemals von dem Hoch­stif­te Müns­ter bestä­ti­get ist. Nach die­sem Ver­tra­ge könn­ten Bür­ger­meis­ter und Rath die Bür­ger, so über­tre­ten, angrei­fen, ver­säum­ten Sie sol­ches aber, so stün­de es der hohen Obrig­keit zu, doch soll­te der Gefan­ge­ne bin­nen vier und zwan­zig Stun­den dem Rathe in Ver­wah­rung gelie­fert wer­de [sic!]. Aus eige­ner Auc­to­ri­tät soll­ten die Bür­ger­meis­ter Nie­man­den hin­set­zen oder loß­la­ßen, außer wo Gefahr beym Ver­zug wäre oder es nur gerin­ge­re Exces­se beträ­fe, unter Ver­ant­wort­lich­keit gegen Ihre Gräf­li­che Gna­den; wobey es auch stän­de, schwehr­e­re Ver­bre­cher zu ver­ur­tei­len oder loß zu laßen; wie auch jene Bür­ger zu bestra­fen, wel­che die Bür­ger­meis­ter ver­höh­ne­ten oder schöl­ten oder auch ihren Gebo­ten nicht gehors­am­ten, wel­che die Bür­ger­meis­ter sonst angrei­fen mög­ten, und wenn ihre Stra­fe in Geld bestän­de, die Hälf­te davon bekom­men soll­ten. Auf­ruhr bey Tag und Nacht, fal­sche Maaß und Gewicht, Got­tes-Läs­te­rung, Brand­te­wein und Bier­ge­la­ge vor oder unter dem Got­tes­diens­te, Aus­schwei­fun­gen bey Gast­mä­lern soll­ten in Bey­seyn gräf­li­cher Beam­ten, auch Bür­ger­meis­ter u [sic!] Schef­fen gestra­fet wer­den, Geld­stra­fen wür­den getei­let. Mord, Gewalt, Die­berey, Ehe­bruch, Huper­ey, Mein­eid, Blut­rin­nen straf­ten Ihre Gräf­li-

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Ein­schub

che Gna­den, wel­che auch Gebot und Ver­bot in pein­li­chen und bür­ger­li­chen Sachen, samt aller Hoheit hät­ten. Stra­ßen zu ver­be­ßern, eisen, Gra­ben zu rei­ni­gen, Tag­löh­ner Loh­ne zu set­zen, die Ueber­tre­ter dage­gen bis zu zehn Mark zu stra­fen, blie­be bey der Stadt I) wie auch Schlä­ge­rei­en in der (Bür­ger) Wacht, wenn kein Blut­rin­nen oder gro­be Schmä­hun­gen dar­auf folg­ten. Der Stadt­rath mög­te für jet­zi­ge und zukünf­ti­ge Gil­den Arti­cu­len auf­set­zen und ver­än­dern, aber Ihrer Gräf­li­chen Gna­den zu ver­le­sen geben und dann nebst Höchst­der­sel­ben besie­geln. Der Stadt­die­ner soll­te nach alter Gewohn­heit sich mit der Pfan­dung ver­hal­ten, und des­we­gen über sei­nen gewöhn­li­chen Stadt­eid vor Ihrer Gräf­li­chen Gna­den Gericht beei­det wer­den, auch wegen sei­ner Besol­dung von Ihrer Gräf­li­chen Gna­den, so wohl Amts als Gerichts und Stadt­sa­chen ver­rich­ten. Die Frey­ge­rich­te belan­gend woll­ten Ihre Gräf­li­che Gna­den sich den Reichs Abschie­den gemiß ver­hal­ten, sons­ten auch jedes­mal bey vor­fal­len­den geklag­ten Män­geln dar­in der­ma­ßen remed­iren und mit­teln, daß die Bür­ger gegen Bil­lig­keit nicht beschweh­ret wer­den soll­ten. Herrn und Schul­die­ner, wie auch die auf der Burg­stra­ße und in den Vica­ri­en Häu­sern wohn­ten, nebst der Apo­the­ke, so lan­ge die­se eine Apo­the­ke blie­be, soll­ten von der Stadt Wache frey seyn,

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I) Unter Lan­des­herr­li­cher Ober­auf­sicht.

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wenn sie kei­ne bür­ger­li­che Nah­rung trie­ben. Die Stadt soll­te das Weg­geld, so weit sich der Stadt Stein­weg erstreck­te, erhe­ben mögen, was auch aus­ser­halb des­sel­ben die Bür­ger auf dem Ade­li­chen Brink I) und sons­ten an beweis­li­cher Gerech­tig­kelt im Brauch und Her­kom­men hät­ten, soll­te ihnen vor­be­hal­ten blei­ben. Ein jeder mög­te auf sei­nem eini­gen Grun­de, wo Stei­ne wären, Stein­gru­ben machen, wann Er die Stei­ne zu sei­nem eig­nen Bes­ten gebrauch­te; allein ohne Lan­des­herr­li­che Bewil­li­gung soll­te in der Grafsch. kein Holz gehau­en und dar­aus ver­kau­fet wer­den 2). Die Poli­zei über die länd­li­che Oeco­no­mie, als Vieh und Vieh­wei­den soll­te dem gräfl. Rich­ter und Stadt­ra­the gemein­schaftllch [sic!] zuste­hen. Das Ufer des inne­ren Stadt­gra­bens soll­te drey Fuß breit von Wäschen u. s. w. unbe­deckt blei­ben, auch der Aa Fluß zur Lan­des­herr­li­chen Fische­rey an den Ufern nicht beengt wer­den. Die der Stadt ehe­mals für tau­send Gold­gül­den wie-

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I) Der ehe­ma­li­gen Burg­män­ner; der Brink ist die Gemein­heit der ehe­ma­li­gen Mar­ke oder Bau­er­schaft Stein­furt, wor­in das Schloß der Haupt­hof des Grund Herrn war; Jahr­hun­der­te frü­her als Chris­ten­tum und ein Bis­tum Müns­ter ent­stand.
2) Weil die Graf­schaft Stein­furt eine eigen­tüm­li­che allo­dia­le Guts­Herr­schaft [sic!] schon vor Ent­ste­hung der Lan­des­ho­heit und selbst des Lehn­we­sens war.

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der­löß­lich ver­setz­te Bier Accise oder Grut­herr­lich­keit [sic!] soll­te für aber­ma­li­ge eilfhun­dert Reichs­tha­ler erb­lich und ewig bey der Stadt blei­ben. Kir­chen und Armen Rech­nun­gen soll­ten vor den gräfl. Beam­ten, Bür­ger­meis­tern und Rathe mit Zuzie­hung eines Pre­di­gers abge­legt, auch arme Lan­des­herr­li­che Eigen­hö­ri­ge so wohl als I) ande­re Arme Anteil an den Almo­sen haben. Mus­te­run­gen, Heer­schau­un­gen blie­ben bey hoher Obrig­keit 2); das gewöhn­li­che Schie­ßen betref­fend blie­be es bey alter Gewohn­heit, Bür­ger­meis­ter und Rath könn­ten die Bür­ger uud [sic!] Ein­woh­ner auf Weh­ren set­zen und inner­halb der Stadt die­sel­ben mit Fah­nen und Trom­meln auf­füh­ren und besich­ti­gen, jedoch unter der obern Auf­sicht und Anord­nung Sei­ner gräfl. Gna­den 3). Tau­ben zu schie­ßen und Tau­ben Schlach­ten blie­ben ver­bo­ten, Röh­re über Feld zu füh­ren wäre aber Nie­man­den ver­weh­ret, nur nicht an ver­däch­ti­gen Oer­tern und zum unge­bühr­li­chen Schie­ßen 4.)

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I) Stadt­ar­me.
2) Wie bey den Urzei­ten beym Mar­ken­ken­rich­ter [sic!] und Ober­mar­ken­rich­ter, des Heer­ban­nes Haupt­mann.
3) Die­se reprä­sen­tir­te den vor­ma­li­gen Heerb­ans Com­man­dan­ten, der Stadt­rath die Erb­ge­se­ße­nen Leut­nants der Mar­ken. Bey dem Schüt­zen­schie­ßen in Städ­ten, beym Vogel­schie­ßen in Bau­er­schaf­ten den­ke man an TACITUS DE MORIB. GERMANORUM.
4) Die­se aus­schließ­li­che Tau­ben­flucht ist

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Den nähe­ren Kauf bey Ver­kau­fun­gen bür­ger­li­cher Güter lie­ßen Sei­ne Gräfl. Gna­den fah­ren I). Appel­lir­te Jemand vom Stadt­ra­te ans Gräf­li­che Hof­ge­richt, und die Urtel des Stadt­ra­tes wür­de con­firm­iret, so soll­te die dafür zu erle­gen­de Suc­cum­benz Stra­fe dem Gra­fen und nicht dem Stadt­ra­the ent­rich­tet wer­den. Appel­la­tio­nen über Besich­ti­gun­gen schäd­li­cher Gebäu­den durch den Rich­ter und Stadt­rath, soll­ten gegen Can­ti­on [lt. Druck­feh­ler­ver­zeich­nis muss es hier hei­ßen: Cau­ti­on] des obsie­gen­den Tei­les, die Sache zum Ruin der Häu­ser u. d. m. nicht auf­hal­ten.

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ein Aus­schluß der Grund­herr­lich­keit, wie Jagd, Fische­rey u. s. w. Der Gebrauch der Röh­re wider schäd­li­che Thie­re, eine Bil­lig­keit.

I) Die vor­ma­li­ge Mar­ke Stein­furt wur­de vom ers­ten Herrn von Stein­furt, sey es durch Nie­der­la­ßung oder sonst erwor­ben und durch sei­ne LEUTE cul­ti­vi­ret, wer sich nun in die­sem guts­herr­li­chen Bezir­ke nie­der­ließ, unter­warf sich den Bedin­gun­gen eines Päch­ti­gers oder Mie­tes­man­nes nach Eigen­tums Rech­te, urlang vor Ent­ste­hung der Lan­des­ho­heit; hier­in liegt das Haus­vä­ter­li­che Recht über Leben und Lod, Recht Abga­ben und Diens­te zu for­dern, zum Krie­ge anzu­füh­ren u. s. w., aber auch die Pflicht zu schüt­zen; hier­in liegt das höhe­re Recht der vor­ma­li­gen Dynas­ten vor den Reichs­be­am­ten, Gra­fen u. s. w. Man betrach­te die Lebens Art der vor Israe­li­ti­schen Patri­ar­chen unter andern Ein­rich­tun­gen der Vor­zeit.

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Münz‑, Kir­chen- und Schul­ord­nun­gen blie­ben bey Ihrer Gräfl. Gna­den allein. Alle Arres­ten, gericht­li­che Schuld- und Pfand­ver­schrei­bun­gen auf Häu­ser oder Län­derey­en gehör­ten allein vor das Gericht; aber Tes­ta­men­ten, Vor­mund­schaft Ver­zeich­ni­ße und Kund­schaf­ten über gerin­ge Mißt­ha­ten soll­ten vorm Rathe in Gegen­wart des Rich­ters gemacht und gezo­gen wer­den. Die Wahl der Bür­ger­meis­ter und Schöp­fen soll­te frey seyn und mit Vor­wi­ßen und belie­ben der Obrig­keit gesche­hen. Bür­ger­meis­ter und Rath soll­ten die Reichs­steu­ern Sei­ner Gräf­li­chen Gna­den ent­rich­ten. End­lich soll­ten die Bür­ger kein Schiff auf den Stadt­gra­ben hal­ten.

Zur eben­mä­ßi­gen Beru­hi­gung sei­ner, statt der Grafsch. Bent­heim erhal­te­nen Grafsch. Stein­furt gegen die Ueber­macht des Hoch­stif­tes Müns­ter, hat­te Graf Ernst zwar die würk­sams­ten Schrit­te gethan, und sich beson­ders des Stein­fur­ti­schen Kir­chen Wesens hal­ber an Kai­ser und Reich, an Chur Mainz als Reichs-Direc­tor, und Chur­sach­sen als Direc­tor des Evan­ge­li­schen Kör­pers der Reichs­stän­de, wie an die Schwe­di­sche und Däni­sche Kro­nen, wegen der Erstern Gua­ran­tie des West­phä­li­schen Frie­dens, auch an die Eng­li­sche und an die Gene­ral­staa­ten gewen­det, sein früh­zei­ti­ger 1713 erfolg­ter Tod ver­hin­der­te ihn aber, die Früch­te davon ein­zu­ärn­ten. Glück­li­cher war sei­ne hin­ter­la­ßene Wit­we gebohr­ne Grä­fin Isa­bel-

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le Jus­ti­ne ven Horn Frau zu Baten­burg, Kes­sel, Bicht und Oede­kir­chen, als vom Kai­ser mit ihrem Schwa­ger Sta­ti­us Phil­ip Bri­ga­dier und Obers­ter zu Pfer­de der Gene­ral-Staa­ten I) bestä­tig­te Vor­mün­de­rin ihrer min­der­jäh­ri­gen Kin­der, hier­in.

Wur­de ihr Ver­trag mit der Stadt Stein­furt vom neun und zwan­zigs­ten Sep­tem­ber 1717 nun zwar ein Jahr spä­ter geschlo­ßen als der Ver­gleich mit dem Hoch­stif­te Müns­ter, so kann er des Zusam­men­han­ges wegen doch hier ange­füh­ret wer­den.

Nach dem­sel­ben soll­te die Stadt Stein­furt bey obi­gem Ver­glei­che, bey ihren her­ge­brach­ten Pri­vi­le­gi­en und sons­ti­gen Gerech­tig­kei­ten, nach Inhalt der dar­über errich­te­ten Reces­sen gela­ßen wer­den.

§. 32.

Der Stadt soll­ten die um der­sel­ben von der Was­ser­pfor­te bis zum so gen­an­ten Mete­len­schen Wal­le gele­ge­nen Wäl­le, ohne Nach­teil und Beschä­di­gung der herr­schaft­li­chen Fische­rey des ers­te­ren Gra­bens, zu Län­derey­en über­la­ßen wer­den,

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I) Ver­mä­let mit der Grä­fin Johan­na Sido­nia von Horn ohne Kin­der.

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die bereits zu Blei­chen gemach­ten Wäl­le soll­ten in die­sem Zustan­de, ohne eini­ge For­de­rung vom vor­bey flie­ßen­den Was­ser I), gela­ßen wer­den.

Bür­ger­meis­ter und Schef­fen soll­ten, in Abwe­sen­heit des Rich­ters, als ordi­nä­re Vice-Rich­ter und Gerichts-Bey­sit­zer, zu Fol­ge der Lan­des Ord­nung und Obser­vanz, wei­ter fun­gi­ren kön­nen- [sic!] Die Last­tra­gen­den Häu­ser, wel­che ver­fal­len wären, soll­ten der Stadt, oder dem­je­ni­gen, so dar­an eini­ge Prä­ten­sio­nen hät­te, zur Repa­ra­ti­on über­la­ßen wer­den, weni­ger nicht die gänz­lich Ver­wüs­te­ten, mit Vor­be­halt der dar­auf haf­ten­den Hypo­the­ken und sons­ti­gen Las­ten 2).

Die Abzugs oder Schul­den Quots Gel­der soll­ten der Stadt, bis daß sie aus ihren Schul­den gera­ten wäre, über­la­ßen wer­den; jedoch soll-

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I) So gemä­ßigt sind also in der Stadt Stein­furt die uralten Herr­schaft­lich. Grund-Rech­te, wor­über in den Herr­lich­kei­ten unse­res Frey­staa­tes so viel Streit war, wel­che doch ihre Lan­des­ho­heit ver­lo­ren haben.
2) Wo kei­ne besti­mie [sic!] Eigen­tü­mer der­sel­ben waren, war wie­der hier eine Auf­op­fe­rung der vacan­ten Güter vor­han­den, wozu das Grund­ei­gen­tum der Herr­schaft mehr berech­ti­get war, als das Rega­le der Lan­des­ho­heit nach dem Ver­zeich­ni­ße der AUSWERTIGEN, so gehä­ßi­gen Lon­go­bar­di­schen Feu­dal Geset­ze: QUAENAM SINT REGALIA.

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te wegen der Last­ba­ren Güter der Hof‑, Kir­chen- und Schul­be­dien­ten, so viel sol­che unter die­ses Beschwehr gezo­gen wer­den könn­ten, wie auch deren Wit­wen und Lei­bes Erben, Beschei­den­heit gebrau­chet wer­den. Die Rum­mel­ing Ste­ge soll­te aus Lands­mit­teln fahr­bar gemacht, und kein Umfah­ren (Vor­bei­fah­ren) ver­stat­tet wer­den, so bald der Ver­gleich mit dem Hoch­stif­te Müns­ter völ­lig zu Stan­de gekom­men seyn wür­de. Das sogen­an­te Unland oder der ers­te Gra­ben zwi­schen der Stein- und Was­ser-Pfor­te, soll­te, so lan­ge der­sel­be nicht aus­ge­wor­fen wür­de, der Stadt jähr­lich für 5 Reichs­tha­ler auf Mar­ti­ni zu beza­len, ver­heu­ert wer­den. Die ver­flo­ße­nen Reichs­steu­ern soll­ten der Stadt gänz­lich erla­ßen, wegen der lau­fen­den und künf­ti­gen aber ein sta­bi­les Quan­tum ohne Erhö­hung oder Ver­min­de­rung nach Bil­lig­keit fest­ge­set­zet wer­den. End­lich soll­ten der Stadt zur Abtra­gung ihrer Schul­den I) ent­we­der 1500 Reichs­tha­ler aus dem im Müns­teri­schen Trans-Act ver­gli­che­nen letz­ten Ter­mi­ne baar beza­let, oder von der Zeit an das Erbe Rot­man und der sogen­an­te Grä­ne­weg Kamp bey des Schul­zen Löge­ring Hau­se zu Hol­lich, oder ein ande­res Aequi­va­lent statt der jähr­li­chen Zin­sen zum Ge-

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I) Des drei­ßig­jäh­ri­gen und Spa­nisch Nie­der­län­di­schen, wie des Müns­teri­schen Krie­ges mit den Ver­ei­nig­ten Nie­der­lan­den, wobey Stein­furt jäm­mer­lich litt.

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gen­ge­brau­che, bis zur völ­li­gen Beza­lung die­ser Sum­me ein­ge­räu­met wer­den.

§. 33.

Aus dem mit dem Müns­teri­schen Fürst­bi­sch­ofe Franz Arnold von der ver­wit­we­ten Frau Grä­fin und ihrem Schwa­ger; wie auch von den Geral-Staa­ten [sic!] und dem Land­gra­fen Karl von Hes­sen, als respec­ti­ve Tes­ta­men­ta­ri­schen und vom Kai­ser bestä­tig­ten Ver­mün­dern [sic!] und Ober-Vor­mün­dern der drey­en min­der­jäh­ri­gen Söh­nen des wai­land Gra­fen Ernst, in drei­ßig Arti­keln am 7. Decem­ber 1716 geschlo­ße­nen Ver­glei­che ersieht man übri­gens, daß durch gedach­ten Gr. Ernst dazu schon der Grund gelegt wor­den war, und daß die Strei­tig­kei­ten zwi­schen den Fürst­bi­schö­fen von Müns­ter und den Gra­fen von Stein­furt seit 1547 zwi­schen dem Gr. Arnold und dem Bisch­ofe Franz am Reichs­kam­mer­ge­rich­te pen­dent gewe­sen waren, und eigent­lich die Hoheit u. Schat­zung über u. aus den Kirch­sp. Stein­furt außer­halb der Stadt, Borg­horst, Laar u. Holz­hau­sen, auch eini­ge Bau­er­schaf­ten, näm­lich Höping, Eich­ro­de, Wiesch, Olden­dorf, Stet­ten­dorf, Ken­torf u. Beerle­ve (Beer­la­ge) in den Kirch­spie­len Bil­ler­beck und Dar­feld betra­fen.

Zu Fol­ge die­ses Ver­glei­ches nun soll­ten die Stadt und das Schloß Stein­furt nicht wei­ter, als gegen­wär­tig statt hät­te, mit Mau­ern und

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Gra­ben befes­ti­get, noch auch in dem übri­gen imme­dia­ten Dis­trict eine ober meh­re­re Ves­tun­gen erbau­et oder ange­le­get wer­den; ohne daß die Repa­ra­ti­on und Rei­ni­gung der Mau­ern und Gra­ben zu Stein­furt dadurch ver­hin­dert seyn soll­te. Das Schloß, die Stadt und der übri­ge imme­dia­te Dis­trict, noch auch ein­zel­ne Tei­le davon soll­ten kei­nen frem­den oder andern Herrn, als den gräfl. Bent­heim Stein­fur­ti­schen Des­cen­den­ten, ober deren Agna­ten, wel­che das erb­li­che Suc­ces­si­ons-Recht würklich errei­chet hät­ten, ein­ge­räu­met, noch dar­in eines Ande­ren oder meh­re­rer Ande­ren Lands­herrn Miliz, wenn sie auch in Eid und Pflicht eines zeit­li­chen Gra­fen zu Bent­heim Stein­furt genom­men waren, auf­ge­nom­men wer­den, wie auch in die­sem imme­dia­ten Dis­tric­te kein grö­ße­res Mili­tär gehal­ten wer­den soll­te, als aus dem­sel­ben besol­det und bekös­ti­get wer­den könn­te. Der zeit­li­che Herr Graf zu Bent­heim Stein­furt soll­te sich, das Schloß, die Stadt und den übri­gen imme­dia­ten Dis­trict, oder einen Theil davon, kei­ner ander­wer­ti­gen Pro­tec­tion oder Schut­ze unter­ge­ben I), wohin­ge­gen aus dem Hoch­stif­te Müns­ter dem Hau­se Stein­furt, noch des­sen Unter­ta­nen direct noch

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I) Außer dem Schut­ze Kai­sers u. Reichs; nah­men Hes­sen-Cas­sel und die Gene­ral-Staa­ten die­sen Stein­fur­ti­schen Ver­trag mit Müns­ter in Schutz.

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indi­rect kei­ne Feind­see­lig­keit noch Scha­de zuge­fü­get wer­den soll­te.

Die Müns­teri­sche Gar­ni­son soll­te nach erfolg­ter Kai­ser­li­cher Bestä­ti­gung und Geneh­mi­gung die­ses Ver­gleichs durch die Herrn Agna­ten, so fort aus Stein­furt abmar­schi­ren, außer etwa 50 Mann mit Unter­ge­wehr, die zur täg­li­chen Arbeit bey dem Baue der Cha­to­li­schen Kir­che gebrau­chet wer­den soll­ten, wofür monat­lich für einen Ledi­gen sie­ben Schil­lin­ge I), nnd [sic!] für einen Beweib­ten vier­zehn Schil­lin­ge Quar­tier­geld gege­ben wer­den soll­te. Ueb­ri­gens soll­te dem Müns­teri­schen Mili­tär jeder Zeit ein Reichs-Con­sti­tu­ti­ons maßi­ger Durch­marsch durch gedach­ten imme­di­at Dis­trict der Grafsch. Stein­furt gestat­tet wer­den. Wenn Schloß, Stadt und übri­ger imme­dia­ter Dis­trict zum Thei­le oder ganz an Andern, als Gräf­li­che Agna­ten, ver­set­zet oder ver­äu­ßert wer­den mög­te, so soll­te das Hoch­stift Müus­ter [sic!] gegen Erle­gung des­sen, was Ande­re dafür geben oder dar­auf her­lei­hen woll­ten, ein Näher-Recht haben; unter Hypo­the­ken des genann­ten Schlo­ßes, der Stadt und des Kirch­spie­les oder Ter­ri­to­ri­ums 2). Den Müns­teri­schen Unter­ta­nen

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I) Ein Vier­tel Reichs­tha­ler.
2) Mit andern Wor­ten Herrsch oder Graf­schaf­ten, die nach Müns­teri­schen eige­nen Geständ­niße aus Schloß, Stadt und Kirch-

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und umge­kehrt den Stein­fur­ti­schen soll­te bey ihren Hand­lun­gen und Durch­rei­sen, wann auch ein oder ander Land zuge­schlo­ßen wäre, über altes Her­kom­men kein Beschwehr zuge­fü­get wer­den; mit dem Zusat­ze, daß so wenig die Stein­fur­ti­schen Unter­ta­nen, als die Herr­schaft selbst, oder der­sel­ben Güter von den Hoch­fürst­li­chen Müns­teri­schen Gerich­ten oder Regie­rung, noch umge­kehrt die Müns­teri­sche Herr­schaft oder der­sel­ben Unter­ta­nen und derer Güter von denen gräf­lich Stein­fur­ti­schen Gerich­ten oder Regie­rung, unter eini­gem Prä­text, mit in gemei­nen Rech­ten ver­bo­te­nen Arrest belegt wer­den mög­teu [sic!]. Der Arti­kel acht bis Arti­kel neun uud [sic!] zwan­zig ein­schließ­lich betref­fen die Tole­ranz und Aus­übung der Catho­li­schen Reli­gi­on in der Com­turey Kapel­le, und zugleich mit der Reform­ir­ten in der gro­ßen Kir­che zu Stein­furt, jedoch in Letz­te­rer nur vier Jah­re lang, bis die neu zuer­bau­en­de catho­li­sche Kir­che fer­tig seyn wür­de, wozu, wie auch zum Kirch­ho­fe, zu Pfar‑, Küsters‑, Schul­meis­ters- und Schul­meis­te­rin-Häu­sern und Gütern in der Vor­stadt Stein­furt, sonst aufm I) Fried­hof gen­ant, gräfl.

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SPIELE Stein­furt bestand.

Die­ser Ver­trag wur­de näm­lich den vier­ten Decem­ber 1716 zu Müns­ter unter fort­wäh­ren­der Müns­teri­scher Gar­ni­son zu Stein­furt, ent­wor­fen, und daselbst BON GRE MAL GRE den sie­ben­ten Decem­ber ange­nom­men.

I) Wor­auf sich der Burg­frie­de erstreck­te.

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Sei­te der Platz bereits ange­wie­sen wäre. Die­se Kir­che und Schul-Gebäu­den und deren Ein­woh­ner soll­ten die gewöhn­li­che Immu­ni­tät genie­ßen; die Kir­che soll­te Klo­cken haben, womit des Got­tes Diens­tes wegen, auch bey Abster­ben der gräfl. Fami­lie und der Fürs­ten von Müns­ter, als Bischö­fen der Catho­li­schen, geläu­tet wer­den soll­te; Pro­ces­sio­nen soll­ten in der Kir­che und aufm Kirch­ho­fe gehal­ten wer­den; der Catho­li­sche Pfar­rer, so ein Welt­geist­li­cher seyn soll­te, und Küs­ter soll­ten die Kran­ken ihrer Reli­gi­on ohne wei­ße Chor-Röcken in der Stadt und im Kirch­spie­le besu­chen, wozu ihnen die Tho­re bey Nacht­zei­ten eröff­net wer­den soll­ten.

Die Tod­ten ihrer Reli­gi­on könn­ten die Catho­li­schen Kir­chen und Schul­die­ner unter Klo­cken­ge­läu­te und Gesan­ge aus den Häu­sern bis zum Kir­chen­ho­fe abho­len, und von nun an mit Kir­chen­klei­dern und äußer­li­chen Cer­ämo­ni­en begra­ben, ohne daß die Reform­ir­ten Kir­chen­die­ner davon Gebüh­ren for­dern könn­ten; wobey dem Johan­ni­ter Com­men­deur und sei­nen Leu­ten die Begräb­niß in der Com­tur Kapel­le vor­be­hal­ten blei­ben soll­te; Ver­kün­di­gun­gen und Trau­un­gen der Catho­li­schen, wenn Bräu­ti­gam und Braut die­ser Reli­gi­on wären, soll­ten durch Catho­li­sche Kir­chen­die­ner gesche­hen, bey Ehe­paa­ren ver­schie­de­ner Reli­gio­nen soll­te die Copu­la­ti­on durch jene Geist­li­chen gesche­hen, zu deren Reli­gi­on sich die Braut

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bekenn­te, die Pro­cla­ma­tio­nen aber in bei­den Kir­chen statt haben; die Gebüh­ren dafür soll­ten an die­je­ni­gen ent­rich­tet wer­den, wel­che die Pro­cla­ma­tio­nen und Copu­la­tio­nen gethan hät­ten; Kin­der catho­li­scher Ael­tern soll­ten von Catho­li­schen getau­fet wer­den, wären die Ael­tern ver­schie­de­ner Reli­gi­on, so gehör­ten die Söh­ne der Reli­gi­on ihrer Väter, die Töch­ter jener ihrer Mut­ter; unehe­li­che Kin­der wür­den nach der Reli­gi­on ihrer Mut­ter getau­fet, die Tauf­ge­bü­ren an die Täu­fer ent­rich­tet; bey Erzie­hung der Kin­der soll­te jene Reli­gi­on ange­nom­men wer­den, wor­auf sie getau­fet wären, jedoch ohne unge­bür­li­chen Zwang. Die Anstel­lung der Catho­li­schen Kir­chen­be­dien­ten soll­te vom Bisch­ofe von Müns­ter gesche­hen, der Pfar­rer I) aber soll­te vor Antre­tung sei­nes Amtes einem zeit­li­chen Herrn Gra­fen zu Stein­furt, oder in des­sen Abwe­sen­heit, dem anwe­sen­den gräfl. Pre­mier Bedien­ten die Col­la­ti­on vor­zei­gen, wel­che ihm ohn­ent­gelt­lich zurück­ge­ge­ben wer­den soll­te 2); der Pfar­rer aber soll­te auf der Can­zel das Kir­chen­ge­bet für die Lan­des Herr­schaft ver­rich­ten. So viel die Juris­dic­tion in Ehe­sa­chen und in Rück­sicht der Ver­mächt­ni­ße zu from­men Stif­tun­gen beträ­fe, so soll­te der Pro­ceß Stein­fur­ti­scher Sei­te instrui­ret, und wenn bei­de Par-

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I) Als Chef der Ueb­ri­gen.
2) Durch eine Instal­la­ti­on als Leh­rers der Catho­li­schen UNTERTHANEN.

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tei­en Catho­lich [sic!] wären, soll­ten die Acten an eine catho­li­sche Uni­ver­si­tät oder catho­li­sche Refe­ren­ten, und wären sie ver­schie­de­ner Reli­gi­on, an eine ver­misch­te Hohe­schu­le oder Refe­ren­ten ver­schie­de­ner Reli­gio­nen zum Spru­che ver­sen­det wer­den. End­lich soll­ten catho­li­sche Mißt­hä­ter, auch Ande­re, wenn Letz­te­re es ver­lang­ten, von catho­li­schen Geist­li­chen in den Gefäng­ni­ßen besncht [sic!], und zum Tode Ver­urt­heil­te zum Gerichts­plat­ze beglei­tet, auch mit dem Kreutz­bil­de in der Hand Catho­lisch vor­ge­be­tet wer­den.

Sons­ten wur­den so viel die Geist­li­che Gerichts­bar­keit in Ver­hält­niß mit der Lan­des­ho­heit betrift, damals nach dem Geis­te der Hier­ar­chie, Letz­te­rer all­ge­mei­ne Ver­trös­tun­gen gege­ben; einem zeit­li­chen Catho­li­schen Pfar­rern, sei­nem Sub­sti­tu­te, Küs­ter, Schul­meis­ter und Schul­meis­te­rin soll­te auf das scharfs­te ein­ge­bun­den wer­den, daß sie gegen einen zeit­li­chen Herrn Gra­fen allen schul­di­gen Respect tra­gen, auch wann sie dage­gen erweis­lich pec­zi­ret, oder auch sons­ten in andern Din­gen sich ver­gan­gen haben wür­den, nach Beschaf­fen­heit des Ver­bre­chens ohne Eon­ve­ni­enz [sic!] auf das schärfs­te von einem zeit­li­chen Herrn Bisch­ofe zu Müns­ter gestra­fet wer­den soll­ten. Art. 22.

Im 25 Arti­kel wird die Lan­des­ho­heit über die Mal­te­ser Com­men­de deut­lich genug in hierar-

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chi­schen Aus­dru­cken fol­gen­der Gestalt aner­kant: „Was aber die Tem­po­ral Juris­dic­tion in gedach­ter Catho­li­schen Kir­che, Com­menthurey Capel­len, Pas­to­rat und Schul­meis­ters, auch Schul­meis­te­rin Haus, wie auch auf dem Catho­li­schen Kirch­hof belan­get, soll sol­che und der­sel­ben ankle­ben­de Bestra­fung der Delin­quen­ten, einem zeit­li­chen Herrn Bisch­ofe zu Muns­ter [sic!] pri­va­ti­ve und aller­dings zuste­hen; jedoch die­je­ni­gen Ver­bre­chen aus­ge­nom­men, wel­che Leib- und Lebens­stra­fe nach sich zie­hen, wann sel­bi­ge von Welt­li­chen zu Foi­ge der geist­li­chen Rech­ten, und des Hoch­stifts Müns­ter Gewohn­heit nach, von der welt­li­chen Obrig­keit nicht Exemp­ten began­gen wer­den, deren Bestra­fung einem zeit­li­chen Herrn Gra­fen allein reser­virt blei­bet.” So viel das JUS ASYLI oder Zuflucht-Recht in der catho­li­schen Kir­che, Kirch­hof und Cum­menthurey Capel­le betrift, soll­te die geist­li­che Müns­teri­sche Obrig­keit requir­irt wer­den, den Flücht­ling aus­zu­lie­fern, des­sen Bestra­fung also ein Recht der Lan­des­ho­heit nach dem 27ten Arti­kel blie­be, der übri­gens, wie meh­re­re Ande­re, bey jet­zi­gen Sit­ten und Zei­ten hin­weg fält; wobey und wor­in auch die Catho­li­sche welt­li­che Macht die welt­li­chen Hän­del und Ver­bre­chen der kirch­li­chen Per­so­nen und Guter [sic!], wie der Ehe­sa­chen, von den pur geist­li­chen zu unter­schei­den weiß I), und wobey das catho­li­sche Re-

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I) Und ihr JUS CIRCA SACRA ken­net.

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ligi­ons Wesen unter pro­tes­tan­ti­scher Herr­schaft, wie der Staat selbst, bes­ser steht; so wie fur [sic!] die Mensch­heit Nichts glück­li­cher ist, als ein gehö­ri­ges Gleich­ge­wicht zwi­schen der geist­li­chen und welt­li­chen Macht, und eine gehö­ri­ge Lei­tung des geist­li­chen Amtes und eine gehö­ri­ge Anwen­dung der Kir­chen­gü­ter und from­men Stif­tun­gen. Dem gräfl. Hau­se Stein­furt hät­ten übri­gens meh­re­re Rech­te gebü­ret I) da es die dor­ti­ge Johan­ni­ter Com­turey haupt­säch­lich gestif­tet, den Platz zur catho­li­schen Kir­che und zu den Pfar­häu­sern und Schul­ge­bäu­den, nebst Kirch­ho­fe und Gar­ten unent­geld­lich her­ge­ge­ben, auch mit hun­dert Reichs­tha­lern die von Stein­furt bestrit­te­nen Ansprü­che des Müns­teri­schen Archi­dia­cons von Wen­ters­wyk an Rocken und Haber aus dem Kirch­spie­le Stein­furt abge­kau­fet hat­te, obschon alle die­se bischöfl. Müns­teri­sche Recht­sa­me in der pro­tes­tan­ti­schen Grafsch. Stein­furt nach dem West­phäll­schen [sic!] Frie­den weg­fie­len.

Der drei­ßigs­te und letz­te Arti­kel die­ses Müns­teri­schen Ver­glei­ches lau­tet fol­gen­der Gestalt: Alle übri­ge außer­halb dem Kirch­spie­le Stein­furt bele­ge­ne in Streit gezo­gen gewe­se­ne Oer­ter, samt Allem, was dar­in bele­gen, wie es Namen haben möge, Nichts davon aus­ge­nom­men 2), blei­ben

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I) Auch nur blo­ße Patro­nat Rech­te.
2) Blei­ben in dem Zustan­de, wor­in Mi-

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QUOAD OMNIMODAM SUPERIORITATEM TERRITORIALEM bey dem Hoch­stif­te Müns­ter, den gräf­li­chen Hau­se Bent­heim Stein­furt aber soll uber [sic!] die Kirch­spie­len Borg­horst, Laer und Holt­hau­sen, auch die Bau­er­schaf­ten, Höping, Eich­rot, Wisch, Olden­dorf, Stet­ten­dorf, Ken­trup und Beerle­ve respec­ti­ve in den Kirch­spie­len Dar­velt und Bil­ler­beck gele­gen (jedoch Kir­chen und Kirch­hö­fe, wie auch geist­li­che und ande­re des Hoch­stifts Muns­ter [sic!] Gewohn­heit nach vor der welt­li­chen Obrig­keit und Unter­ge­rich­ten exemp­te Per­so­nen so wohl als Plät­ze und Häu­ser, auch matri­mo­ni­al und ande­re geist­li­che Sachen aus­ge­nom­men I)) die unter­herr­li­che Juris­dic­tion CUM PRIVILEGIO PRIMAE INSTANTIAE IN CAUSIS FISCALIBUS, samt allen davon depend­iren­den Emo­lu­men­ten, so viel die­sel­be ohn­strei­tig her-

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litä­ri­sche Gewalt­tä­tig­keit, seit des Fürst­bi­sch­ofes Chris­tophs Ber­nards Regie­rung, sie ver­set­zet hat­te. Die­ses ehe­mals Stein­fur­ti­sche Reichs­ge­biet wird zum Bewei­se sei­ner vor­ma­li­gen Immedi­tat, von Müns­ter wegen sei­ner Reichs­las­ten EXIMIRT.

I) Jetzt gibt es kei­ne Fürst­bi­schö­fe von Müns­ter mehr, wel­che die geist- und welt­li­che Macht in sich ver­ei­nig­ten, die Kirch­spie­le Borg­horst in der Stein­fur­ti­schen Edel­vog­tey, und Laer in der Kai­ser­li­chen Stein­fur­ti­schen Frey­graf­schaft sind wie­der Stein­fur­ti­sche Reichs-Gebie­te in einer neu­ern Graf­schaft oder Fürs­ten­tu­me, so wie das eigent­li­che Goge­richt Rüschau.

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gebracht, gela­ßen wer­den, als näm­lich MECUM ET MIXTUM IMPERIUM und die darab depend­iren­de Brüch­ten, An- und Absetznng [sic!] des Rich­ters oder Gogra­fen, Schef­fen oder Asses­so­ren, Gericht­schrei­bers, Fis­cals und Pro­cu­ra­to­ren, auch Vog­ten oder Gerichts-Froh­nen; — — An- und Abset­zung deren Kirch­spiels und Bau­er­schaf­ten Recep­to­ren und Abhö­rung deren Rech­nung; — - Jähr­lich zwey Hand­diens­te, der Eine bey Gras, der Ande­re bey Stroh; auch Auf­bot derer des obge­mel­dten Medi­at-Dis­tric­tes Ein­ge­se­ße­nen, um fals nötig, die IN DISTRICTU MEDIATO gefäng­lich ein­zu­zie­hen­den Delin­quen­ten zu bewa­chen, wie auch bey Aus­füh­rung und Exe­cu­ti­on der­sel­ben zu assisti­ren; die Inspec­tion des Aastran­ges, Ver­be­ße­rung der Wege, Lie­fe­rung der Krä­he­köp­fe und Bestra­fung deren dar­an Saum­haf­ti­gen, und was sons­ten zur unter­herr­li­chen Juris­dic­tion gleich andern im Hoch­stif­te Müns­ter vor­han­de­nen Unter­herr­lich­kei­ten ins gemein gehö­rig, oder sons­ten ohn­strei­tig her­ge­bracht seyn mög­te I).” Dann soll­te das gräfl. Stein­fur­ti­sche Haus noch das Ehren­ge­läu­te in die­sen Kirch­spie­len haben. Für die vie­len Auf­op­fe­run­gen die­ses Hau­ses wur­den ihm end­lich hun­dert fünf und zwan­zig tau­send Reichs­tha­ler vom Hoch­stif­te Müns­ter aus­be­za­let, wenn die Stadt

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I) In die­sem vor­ma­li­gen Stein­fur­ti­schen Reichs­ge­bie­te, wie so viel Land­char­ten unter andern bezeu­gen.

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Stein­furt für die vie­len Drangsa­le der Müns­teri­schen Krie­ge mit den Ver­ei­nig­ten Nie­der­lan­den Nichts erhal­ten konn­te. Schließ­lich wur­de dem Hoch­stif­te Müns­ter I) ein eben­mäs­si­ges Näher­recht an die­ser Herr­lich­keit, wie an der Grafsch. Stein­furt in gleich­mä­ßi­gen Fäl­len ein­ge­räu­met.

Und so wur­de die­ser Ver­trag von den Agna­ten, Her­mann Frie­de­rich, Arnold Moritz Wil­helms Soh­ne, Gra­fen von Bent­heim, ver­mä­let mit Eleo­no­re Ber­na­di­ne Fürs­tin von Hes­sen, Chur­pfäl­zi­schen Obers­ten und Ober-Amt­mann zu Ger­mers­heim, Vater des Letz­tern nun ver­stor­be­nen Gra­fen von Bent­heim, zu Düßel­dorf den neun­zehn­ten Hor­nung 1717, und von der ver­wit­we­ten Frau Grä­fin und Vor­mün­de­rin von Teck­len­burg Rhe­da Chris­tia­na Maria gebor­ne Grä­fin und Ede­le Frau zur Lip­pe, nach­ge­la­ße­ner Gema­lin des Gra­fen Johann August, am sechs­ten März zu Rhe­da; von den Stein­fur­ti­schen Ober­vor­mün­dern, den Gene­ral-Staa­ten im Haag am zwan­zigs­ten Mai, vom Land­grafrn [sic!] Karl von Hes­sen zu Cas­sel am drit­ten Julio des näm­li­chen Jah­res bestä­ti­get. Wor­auf das Reichs­kam­mer­ge­richt­li­che Rati­fi­ca­ti­ons-Decret vom 25. Jän­ner, 1718 und die Con­fir­ma­ti­on Sei­ner Kai­ser­li­chen Majes­tät Karls

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I) Excistirt nicht mehr, und Stein­furt trit in sei­ne vori­gen uralten Rech­te JURE POSTLIMINI zurück.

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des Sechs­ten vom 5ten Decem­ber 1719 erfolg­te I).

§. 34.

So viel die Bent­hei­mi­sche Linie betrift, so starb weni­ge Tage nach der Publi­ca­ti­on des König­li­chen Schie­des­rich­ter­li­chen Aus­spru­ches der Graf Arnold Moritz Wil­helm im Haag an einem Schlag­flu­ße, womit er in einer gro­ßen Gesell­schaft am Spiel­ti­sche befal­len wur­de.

Sei­ne Geschich­te ist noch eines andern Umstan­des wegen merk­wür­dig, da er in Chur­pfäl­zi­schen Diens­ten als Oberst­käm­me­rer, Gehei­mer-Rath und Obers­ter über das Leibd­ra­go­ner Regi­ment gestan­den hat­te, wobey er, beson­ders bey den dama­li­gen nach dem Kai­ser­li­chen Hofe zu Wien, zur vor­züg­li­chen Zier­de des Chur­pfäl­zi­schen Hof­staa­tes, ange­tre­te­nen kost­ba­ren Rei­sen, vie­le Tau­sen­de der Ein­künf­te der Grafsch. Bent­heim nicht nur zuge­set­zet, son­dern auch sei­ne Domä­nen mit noch meh­re­ren drü­cken­den Schul­den beschwe­ret hat­te.

Der Chur­fürst Johann Wil­helm von der Pfalz

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I) Der Bent­hei­mi­sche Mine­ral Brunn erhielt 1713 an dem Hil­des­hei­mi­schen Arzte Cohau­sen einem Schrift­stel­ler, wie in neu­ern Zei­ten an dem Bent­hei­mi­schen Hof­me­di­cus Schüt­te, ers­te­res Werk ist zu Koes­feld gedruckt.

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erkann­te auch die treu­en Diens­te, wel­che Graf Arnold Moritz Wil­helm ihm geleis­tet hat­te, und lohne­te des­sen Sohn, den Gra­fen Her­man Fried­rich im Jah­re 1710 mit der erb­li­chen Ver­lei­hung der Ober­amt­manns­stel­le zu Ger­mers­heim. Dage­gen hat­te die­ser Graf dem Chur­fürs­ten ein Kapi­tal von vier­tau­send fünf­hun­dert Reichs­tha­lern vor­ge­scho­ßen, wel­ches bis zur Zurück­za­lung jähr­lich mit 5 von 100 aus den Ein­künf­ten des erwähn­ten Ober­amts Ger­mers­heim, oder andern berei­te­tes­ten Mili­tär-Gefäl­len rich­tig ver­zin­set wer­den soll­te. Die­ses wur­de bis zum Jah­re 1743 pünkt­lich erfül­let, maßen Gr. Her­man Fried­rich die Ein­künf­te der Ober­amt­manns­stel­le zu Ger­mers­heim, so wie die Zin­sen des vor­ge­streck­ten Kapi­ta­les, bis zu sei­nem Able­ben nicht nur unge­stö­ret bezog, son­dern auch des­sen Sohn, der Graf Fried­rich Karl wäh­rend sei­ner Min­der­jäh­rig­keit bey der Erhe­bung der jähr­li­chen aus dem Chur­pfäl­zi­schen Kriegs-Com­mis­sa­ria­te fäl­li­gen Zin­sen, so wie im Genu­ße der Ger­mers­hei­mer Ober­amts-Ein­künf­te ruhig bela­ßen wur­de. Allein im gedach­ten Jah­re 1743 ver­lieh der Chur­fürst Karl Theo­dor von der Pfalz ver­mö­ge einer mit sämt­li­chen Chur­pfäl­zi­schen Ober­äm­tern getrof­fe­nen Abän­derang [sic!] die Ober­amt­manns­stel­le zu Ger­mers­heim dem Frey­herrn von Hundheim zu Kreutz­nach auf Lebens­zeit, und ließ dem bis­he­ri­gen Ober­amt­mann Gra­fen Fried­rich Karl zu sei­ner Abfin­dung 3000 Gul­den anbie­ten. Der dama­li­ge Admi­nis­tra­tor

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der Grafsch. Bent­heim, Chur­fürst von Kölln, leg­te zwar des­halb sein Vor­wort ein, erhielt aber die Erklä­rung, daß der Chur­fürst von der Pfalz als Nach­fol­ger aus dem Ver­tra­ge und der Anord­nung sei­ner Vor­fah­ren (EX PACTO ET PROVIDENTIA MAJORUM) an die Con­ces­sio­nen des Chur­fürs­ten Johann Wil­helm nicht gebun­den wäre, dem Gra­fen Frie­de­rich Karl aber das Dar­lehn von 4500 Reichs­tha­lern mit den bis zum Jah­re 1743 ver­fal­le­nen Zin­sen erset­zen woll­te. Hier­ge­gen stel­le­te Letz­te­rer vor, daß ihm die Chur­fürst­li­che Suc­ces­si­on aus dem Ver­tra­ge und der Anord­nung der Vor­fah­ren an den wohl erwor­be­nen Gerecht­sa­men und den vom Chur­fürs­ten Johann Wil­helm her­rüh­ren­den Con­ces­sio­nen Nichts ent­zie­hen kön­ne. Denn der Chur­fürst hät­te mit dem ver­mö­ge des Ver­tra­ges und der Anord­nung der Vor­fah­ren erwor­be­nen Chur­lan­den, auch zugleich die Allo­di­al-Ver­la­ßen­schaft sei­nes hohen Vor­fah­ren in der Chur des Chur­fürs­ten Karl Phil­ip, ohne vor­her gegan­ge­ne Abson­dernng [sic!] ange­tre­ten, und sich daher der dar­aus her­flie­ßen­den Ver­bind­lich­keit eben so wenig ent­zie­hen kön­nen, als die­ses sein gedach­ter hoher Vor­fahr hät­te thun kön­nen, der sei­nem Bru­der gleich­falls ver­mö­ge des Ver­tra­ges und der Anord­nung der Vor­fah­ren suc­ce­dirt wäre, gleich­wohl aber die gräf­lich Bent­hei­mi­schen Rech­te auf die Ger­mers­hei­mer Ober­amt­manns­stel­le aner­kant hät­te.

Indes­sen wur­de statt die­ser Stel­le dem Gr.

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Fried­rich Karl im Jah­re 1763 die Ober­amt­manns­stel­le zu Umstadt und Otz­berg ver­lie­hen, wor­in der­sel­be bis zu sei­nem am neun­zehn­ten Febru­ar 1803 erfolg­ten Abster­ben auch ruhig ver­blie­ben ist. Es sind also nun­mehr auch die­se Ansprü­che auf den jetzt regie­ren­den Reichs­gra­fen Lud­wig von Bent­heim zu Stein­furt, als Aner­ben des kaum erwähn­ten Gr. Fried­rich Karl ver­er­bet, da eine erb­li­che Ver­lei­hung der Staats-Aem­ter zwar eine Aus­nah­me erlei­den mag, jedoch nicht anders als mit einer völ­li­gen Ent­schä­di­gung, wenn der lei­der so oft miß­brauch­te Vor­wand der Nach­fol­gung in der Regie­rung aus dem Ver­tra­ge und der Anord­nung der Vor­fah­ren nicht allen öffent­li­chen Glau­ben auf Schrau­ben set­zen soll.

§. 35.

Ein ande­rer in der neu­ern Bent­hei­mi­schen Geschich­te wich­ti­ger und schon bekan­ter Gegen­stand hat­te beym Abster­ben des Gr. Arnold Moritz Wil­helm auch noch nicht sei­ne völ­li­ge Erle­di­gung erhal­ten. Die­ses war die gänz­li­che Vol­zie­hung des schie­des­rich­ter­li­chen Aus­spru­ches des Eng­li­schen Köni­ges und hol­län­di­schen Statt­hal­ters Wil­helms des Drit­ten.

Zwi­schen der hin­ter­la­ße­nen Wit­we des gedach­ten Gra­fen, gebohr­nen Grä­fin Johan­net­ta Fran­scis­ca von Man­der­scheid Blan­ken­heim, als

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Vor­mün­de­rin ihrer drey­en unmün­di­gen Söh­ne, einer, und den Gr. Ernst und Sta­ti­us Phil­ip von Bent­heim-Stein­furt ande­rer Sei­te, schweb­ten näm­lich noch Irrun­gen über die Dis­po­si­tio­nen des erwähn­ten könig­li­chen Aus­spru­ches, in Anse­hung der zu beza­len­den sechs­zig­tau­send und zwan­zig­tau­send Reichs­tha­ler, so wie wegen der alt­vä­ter­li­chen Schul­den. Wäh­rend die­ser Irrun­gen war der gedach­te König und Statt­hal­ter gestor­ben, wodurch die Bent­hei­mi­schen Ange­le­gen­hei­ten in ihrem dama­li­gen Zustan­de auf die Staa­ten von Obe­rys­sel devol­virt wur­den, von denen die Bent­hei­mi­sche Land­tags­stim­me nebst dem unent­gent­li­chen Lehn­rech­te oder zur sogen­an­ten ledi­gen Hand über Neu­en­haus und sei­nem Zube­hör, oder dem Kirch­spie­le Uel­zen, dem Köni­ge und Stat­hal­ter in letz­te­rer Eigen­schaft über­tra­gen gewe­sen waren. Nach lang­wie­ri­ger [sic!] Ver­hand­lun­gen, wäh­rend wel­cher die ver­wit­we­te Grä­fin von Bent­heim 1704 ver­stor­ben war, erteil­ten die Staa­ten von Obe­rys­sel end­lich zu Cam­pen den 29. März 1715 eine Reso­lu­ti­on, wodurch die noch übri­gen strit­ti­gen Punk­te ent­schie­den, und nament­lich die dem Hau­se Bent­heim zur Last fal­len­den alt­vä­ter­li­chen Schul­den genau bestim­met wur­den. Noch soll­te Zufol­ge der­sel­ben die Mit­be­leh­nung über Neu­en­haus mit Zube­hör, wegen des vor­be­hal­te­nen Peti­to­ri­ums und des zukünf­ti­gen Rück­falls dem Hau­se Stein­furt zuge­stan­den wer­den. Dann wur­de die Sequestra­ti­on der Nie­der­grafsch. Bent­heim auf­ge­ho­ben.

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Die­ser Ver­gleich zu Cam­pen wur­de vom Gr. Franz Georg von Man­der­scheid Blan­ken­heim, Bru­der der ver­stor­be­nen ver­wit­we­ten Grä­fin von Bent­heim als Kai­ser­lich ange­or­due­ten [sic!] Vor­mun­de über die drey Söh­ne des Gra­fen Arnold Moritz Wil­helm bestä­ti­get.

§. 36.

Unter die­sen drey­en Söh­nen des Gr. Arnold Moritz Wil­helm war der Ael­tes­te Her­man Fried­rich 1693 gebo­ren und 1716 nach erhal­te­ner Kai­ser­li­cher Groß­jäh­rig­keit Erklä­rung sein Nach­fol­ger in der Bent­hei­mi­schen Regie­rung, wor­auf er sich im Jah­re 1717 mit der Fürs­tin Eleo­no­re Bern­har­di­ne von Hes­sen Rhein­felz Wan­fried ver­mä­le­te. Allein Er fand die Grafsch. Bent­heim in der trau­rigs­ten Lage. Sein Vor­mund, der Gr. von Man­der­scheid Blan­ken­heim, hat­te unter der Garan­tie der Gene­ral-Staa­ten der Ver­ei­nig­ten Nie­der­lan­de ein Kapi­tal von drey­mal hun­dert fünf und zwan­zig tau­send Gul­den hol­län­disch im Haag gegen sechs Pro Cent auf­ge­nom­men, und dafür die gräfl. Bent­hei­mi­schen Domä­nen ver­pfän­det, da man sol­che Gel­der doch ander­wärts zu gerin­gern Zin­sen hät­te erhal­ten kön­nen. Jetzt ver­lang­te der Graf Her­man Fried­rich von sei­nem vor­ma­li­gen Vor­mun­de Rechen­schaft, wozu die­ses ansehn­li­che Kapi­tal ange­wer­det [sic!] wor­den wäre, konn­te sich aber dadurch gegen die Gläu­bi­ger, (wel­che)

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bey jenem Kapi­ta­le inter­es­sirt waren, nicht schüt­zen. Die Zin­sen des­sel­ben und der sons­ti­gen vie­len alt­vä­ter­li­chen Schul­den erschöpf­ten indes­sen die beträgt­li­chen [sic!] gräfl. Domainen-Ein­künf­te. Hier­zu kamen trau­ri­ge Miß­ver­ständ­nis­se zwi­schen dem Gra­fen und den Land­stän­den, wie Grenz­strei­tig­kei­ten der Grafsch. Bent­heim mit dem Hoch­stif­te Müns­ter und den Land­schaf­ten Obe­rys­sel und Dren­te. Die­se bedräng­te Lage wirk­te so sehr auf den Gra­fen Her­man Fried­rich, daß er mit einer Gemüths­krank­heit befal­len wur­de, wel­che zur Fol­ge hat­te, daß die Admi­nis­tra­ti­on der Graf­schaft im Jah­re 1723 vom Kai­ser­li­chen Reichs-Hof­ra­the dem Chur­fürs­ten Cle­mens August von Köln, Fürst­bi­sch­ofe von Müns­ter und Pader­born, als Mit­di­rec­tor des West­phä­li­schen Krei­ses auf­ge­tra­gen wur­de.

Die Gema­lin des­sel­ben, Fürs­tin Eleo­no­re Bern­har­di­ne war zwar damit nicht zufrie­den, son­dern ver­lang­te nach Lan­des Gebrauch die Admi­nis­tra­ti­on, beschwehr­te sich auch des­halb bey Kai­ser u. Reich, konn­te jedoch, unge­ach­tet ihrer per­sön­li­chen Vor­stel­lun­gen zu Wien, ihren End­zweck nicht errei­chen.

So viel ihren Gemahl betraf, so ver­such­te man zwar alle mög­li­che Mit­tel, ihn wie­der zu sei­ner Gesund­heit zu ver­hel­fen, allein ver­ge­bens, bis er end­lich im Jah­re 1731 zu Achen an einem

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hit­zi­gen Fie­ber starb. Außer der Chur­pfäl­zi­schen Ober­amt­mans-Stel­le zu Ger­mers­heim hat­te er auch die eines Chur­pfäl­zi­schen Obers­ten über ein Regi­ment Infan­te­rie beklei­det.

§. 37.

Graf Her­man Fried­rich hin­ter­ließ außer zwei­en Töch­ter einen Sohn Fried­rich Karl gebo­ren 1725, wor­über der ver­wit­we­ten Fürs­tin Eleo­no­re Ber­na­di­ne und dem Gra­fen von Kau­nitz Rit­berg vom kai­ser­li­chen Reichs­hof­ra­the die Vor­mund­schaft über­tra­gen wur­de. Die Müns­teri­sche Admi­nis­tra­ti­on aber dau­er­te bis 1739, wann der Chur­fürst Cle­mens August auf sein drin­gen­des Ersu­chen ein kai­ser­li­ches Abso­lut­o­ri­um in den ehren­vol­les­ten Aus­drü­cken erhielt, womit sich die­se Regie­rung endig­te, die noch jetzt in der Grafsch. Bent­heim in gesee­gne­tem Andenken ist. Nach erlang­ter Groß­jäh­rig­keit trat Graf Fried­rich Karl die Regie­rung an, und ließ sei­ne ers­te Ange­le­gen­heit seyn, sich mit sei­nem Oheim, Leo­pold Lud­wig, kai­ser­li­chen Käm­me­rer und Gene­ral-Major, zweit gebohr­nen Bru­der des Gr. Fried­rich zu ver­glei­chen. Die­ser Gr. Leo­pold Lud­wig hat­te näm­lich zuerst wider sei­nen Bru­der eine Ali­men­ta­ti­ons­kla­ge beym kai­ser­li­chen Reichs­hof­ra­the ange­stel­let, hier­auf wäh­rend der nach­he­ri­gen Müns­teri­schen Admi­nis­tra­ti­on so gar auf eine Thei­lung der Grafsch., oder wenigs­tens Mit­re­gie­rung ge-

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kla­get. Jener Ver­gleich kam nun im Jah­re 1748 unter Garan­tie der bent­hei­mi­schen Land­stän­de zu Stan­de und erhielt 1751 die kai­ser­li­che Bestä­ti­gung. Graf Leo­pold Lud­wig ver­sprach dar­in, sich der, nach den Haus­ge­set­zen ohne­hin schon bestehen­den Pri­mo­ge­ni­tur nicht wei­ter zu wider­set­zen. Nament­lich wur­de dar­in die berühm­te Erb­ver­ei­nignng zwi­schen Bent­heim und Stein­furt vom Jah­re 1487 wie­der­holt bestä­ti­get, auch die Ali­men­ta­ti­on der gräf­li­chen Söh­ne theils aus der Lan­des-Cas­se, theils aus den Domä­nen, des­glei­chen die Ali­men­ta­ti­on der Töch­ter, so wie deren Aus­steu­er, wenn Sie an Fürst­li­che oder Gräfl. Per­so­nen I) ver­mä­let wür­den, nach Aus­wei­sung jenes Erb­ver­eins bestim­met. Dann wur­de aus­drück­lich dar­in für alle Zukunft fest­ge­set­zet, Nichts von der Grafsch. Bent­heim zu ver­äu­ßern 2), damit, wie es heißt, sel­bi­ge dem hei­li­gen Römi­schen Rei­che, des­sen äußers­te Gren­ze die Grafsch. abgie­bt, zur Zier­de und Vor­mau­er erhal­ten wer­den kön­ne.

§. 38.

Dage­gen wur­de Graf Fried­rich Karl wegen des so gen­an­ten Oxen­stir­ni­schen Fidei­com­mis­ses in

1) Bey Ver­mä­lung der Söh­ne im Bent­hei­mi­schen Hau­se heißt es also noch: „Eine Rit­ters Frau hat Rit­ters Ehre.” UXOR

SEQUITUR FORUM MARITI.

2) Die Herr­lich­keit Lage!!

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einen äußerst bedenk­li­chen Pro­ceß ver­wi­ckelt. Sei­nes Urgroß-Oheims Gra­fen Ernst Wil­helms zwei­te Gema­lin Anna Isa­bel­le, gebohr­ne Grä­fin von Lim­burg Styrum zu Geh­men, wel­che sich nach ihres erwähn­ten Ehe­ge­ma­les Tode wie­der mit dem Gra­fen von Oxen­stirn ver­mä­let hat­te, wuß­te sich wäh­rend ihrer ers­ten Ehe ein ansehn­li­ches Ver­mö­gen zu erwer­ben, und unter Andern wegen ihrer an das gräf­li­che Haus Bent­heim auf­ge­stell­ten For­de­rung, wäh­rend der dama­li­gen Suc­ces­si­ons-Irrun­gen, zu Fol­ge eines Reichs­kam­mer­ge­richt­li­chen Urt­hei­les vom Jah­re 1694 von Kreis­we­gen eine Immis­si­on in das zur Grafsch. Bent­heim gehö­ri­ge Rent­amt Schüt­torf zu erhal­ten.

Sie setz­te hier­auf ihre Toch­ter ers­ter Ehe Eleo­no­re Mag­da­le­ne Wil­hel­mi­ne, ver­mä­le­te Grä­fin von Virm­ont, in einem Tes­ta­ment zur Erbin ein, wor­in sie der­sel­ben zum vor­aus einen Pflichtt­heil von zwan­zig tau­send Reichs­tha­lern, außer den Prä­tio­sen und andern Sachen, eigen­tüm­lich ver­mach­te; in dem übri­gen Ver­mö­gen aber nach dem Tode der ein­ge­setz­ten Erbin zuerst die Gräfl. Virm­ont­schen Kin­der nach deren Abgang aber die Gräf­li­chen Häu­ser Geh­men, Ill­rei­chen und Bent­heim, Jedes zu einem Drit­tel, fidei­com­mis­sa­risch und unter ein­an­der sub­sti­tuir­te. Nach dem Able­ben der Erb­las­se­rin erkan­te auch der Graf von Virm­ont so wohl die Tes­ta­men­ta­ri­sche Dis­po­si­ti­on, als auch die fidei­com­mis­sa­ri­sche Sub­sti-

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tuti­on an, errich­te­te nach Abzug des sei­ner Gema­lin ver­mach­ten Eigen­tu­mes, ein Inven­ta­ri­um und theil­te sol­ches den sub­sti­tuir­ten gräf­lich. Häu­sern mit.

Hier­auf erfolg­te es, daß zuerst des­sen Toch­ter, und hier­nächst im Jah­re 1730 der jun­ge Graf von Virm­ont ver­starb, wodurch also die aner­kann­ten fidei­com­mis­sa­ri­schen Güter den Sub­sti­tuir­ten von selbst anheim gefal­len waren. Des­sen unge­ach­tet ver­wal­te­te nicht allein der Graf von Virm­ont nach dem Kin­der­lo­sen Abster­ben sei­nes Soh­nes alle Güter der Erb­las­se­rin bis zu sei­nem Ende, und benutz­te Sel­bi­ge eigen­mäch­tig und ohne Titel, son­de­ru [sic!] es ließ so gar des­sen zwei­te Gema­lin, die doch als Frem­de nicht das gerings­te Recht auf die befrag­ten Güter hat­te, nach des­sen Tode, 1745, um sich wegen eines anmaß­li­chen Rechts an die Virm­ont­schen Güter aus ihren Ehe­pac­ten zu sichern, unter Andern auch das fidei­com­mis­sa­ri­sche, im Jah­re 1730 schon heim­ge­fal­le­ne Rent­amt Schüt­torf in Besitz neh­men. Allein der Chur­fürst von Köln, Fürst­bi­schof von Müns­ter, ließ sogleich nach erhal­te­ner Nach­richt vom plötz­li­chen Abster­ben des Gra­fen von Virm­ont, Namens sei­nes Curen­den, des Gr. Fried­lich Karl von Bent­heim, die Domä­nen im Amte Schüt­torf in Besitz neh­men, wel­che von des­sen Vor­fah­ren, als aus dem Ver­tra­ge und der Anord­nung der Vor­äl­tern zur Suc­ces­si­on gelang­ten

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Agna­ten stets recla­mi­ret wor­den waren, indem sel­bi­ge zur Unge­bühr theils ver­setzt, theils ver­schenkt wor­den waren I). Den­noch stel­le­te die Grä­fin von Virm­ont die­se Besitz­nah­me beym kai­ser­li­chen Reichs­hof­ra­the als ein Spo­li­um vor, u. wirk­te, aller dort gräf­lich Bent­hei­mi­scher Sei­te vor­ge­brach­ten offen­bar vor­lie­gen­den Grün­de unge­ach­tet, im Jah­re 1748 ein Final Con­clus­um aus, wodurch dem Gra­fen Fried­rich Karl auf­er­legt wur­de, den Besitz der Güter, wie sol­cher vor der Dejec­tion bestan­den, sogleich wie­der ein­zu­räu­men. Ein Erkennt­niß, wodurch Der­sel­be bey den ohne­hin schon so sehr zer­rüt­te­ten Finan­zen in die schreck­lichs­te Ver­le­gen­heit gesetzt wur­de. Es waren aber alle des­halb beym kai­ser­li­chen Reichs­hof­ra­the über­ge­be­ne Vor­stel­lun­gen, so wie auch ein Recurs an den Reichs­tag, ohne Erfolg. Die Sache gedieh bis zur Exe­cu­ti­on, wel­che 1749 auf den West­phä­li­schen Kreis erkant wur­de, und wäh­rend sie in exe­cu­ti­ven Ter­mi­nen lag, wur­de die Grafsch. Bent­heim mit dem da mit con­so­li­dir­ten Antei­le des Oxen­stir­ni­schen Fi-

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I) So tri­um­phi­r­et die Wahr­heit in der fol­gen­den Geschich­te. Die­se Ver­schleu­de­rung der Domä­nen war durch das damals Stein­fur­ti­sche, jetzt Bent­hei­mi­sche Haus in trü­ben Zei­ten unter Müns­teri­schen Schut­ze gesche­hen, wie Es noch nicht das min­des­te Recht an Bent­heim hat­te, jetzt such­te Müns­ter mit Bent­heim die­ses zu ver­be­ßern.

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dei­com­mis­ses an Chur Han­no­ver ver­pfän­det, wie es im Pfand­schafts Con­trac­te aus­drück­lich heißt.

Durch könig­lich Preus­si­sche Ver­mit­te­lung kam indes­sen im Jah­re 1737 ein Ver­gleich zu Stan­de, wodurch die Grä­fin von Virm­ont gegen eine, in der Fol­ge von Chur Han­no­ver auf die Graf­schaft Bent­heim vor­ge­schoß­ene Sum­me von fünf und drei­ßig tau­send Reichs­tha­lern abge­fun­den wur­de.

Ueb­ri­gens rüh­ren von dem Oxen­stirn­schen Fidei­com­mis­se die Bent­hei­mi­sche Ansprü­che auf die Herr­schaf­ten Zop­pen­broich, Pferds­fort und Hulß im ehe­ma­li­gen Chur­fürs­t­ent­hu­me Köln auf dem lin­ken Rhein­ufer her I), wel­che auf rechts­kräf­ti­gen Reichs­kam­mer­ge­richt­li­chen Urtei­len von 1755 bis 1767 beru­hen. Hier­durch wur­de nach dem Able­ben der Grä­fin von Virm­ont deren Nach­la­ßen­schaft den sub­sti­tuir­ten drey­en Gräf­li­chen

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I) In allen Jahr­gän­gen des Var­ren­trap­schen genea­lo­gi­schen Reichs Staats Hand­buchs steht daher im zwei­ten Thei­le fol­gen­des: „Die Linie BENTHEIM BENTHEIM besitzt:
„I. Die Graf­schaft Bent­heim, vier und zwan­zig Qua­drat­mei­len, vier und zwan­zig tau­send Ein­woh­ner, wel­che aber an Chur Braun­schweig ver­pfän­det ist.
2) NOCH DREY HERRSCHAFTEN AN DER GRENZE VON JÜLICH UND KÖLN.”

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Häu­sern nach dem Inven­ta­ri­um zuge­spro­chen, und in die­sem stand die Herr­schaft Zop­pen­broich nament­lich. Allein der Chur­köl­ni­sche Kame­ra­li­sche Anwald [sic!] woll­te die­ses Lehn ein­zie­hen laßen, und die gräf­li­chen Häu­ser muß­ten daher mit dem­sel­ben bey der Regie­rung zu Bonn einen Pro­ceß füh­ren, wor­in aber kein Urteil aus­ge­wirkt wer­den konn­te, unge­ach­tet man sich wegen Jus­tiz-Ver­zö­ge­rung im Jah­re 1774 an das kai­serl. Reich­stamm­er­ge­richt wandt. In die Virm­on­ti­schen Herr­schaf­ten Hulß und Pferds­fort hin­ge­gen sind die Häu­ser Geh­men und Ill­rei­chen zu Fol­ge jener Rechts­kräft­ti­gen [sic!] Reichs­kam­mer­ge­richt­li­chen Urt­hei­le wirt­lich immit­tirt wor­den, daher man Bent­hei­mi­scher Sei­te eben­falls 1782 um die Immis­si­on zu einem Drit­tei­le bey der Regie­rung zu Bonn nach­such­te. Es ist aber die­se Sache wegen bestän­di­ger Abwe­sen­heit des Gra­fen Fried­rich Karl her­nach lie­gen geblie­ben.

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Geschich­te der Ver­pfan­dung

der Reichs­graf­schaft Bent­heim nebst den

Vor­fäl­len der neu­es­ten Zeit.

- — * — -

§. 39.

Aus dem Bis­he­ri­gen erhel­let, wie sehr die Graf­schaft Bent­heim, das ist, die Domä­nen-Kam­mer nnd [sic!] Lan­des-Kas­se der­sel­ben, haupt­säch­lich durch den Spa­nisch-Nie­der­län­di­schen und drei­ßig­jäh­ri­gen Kriegs, so wie durch die Hän­del mit der dama­li­gen Stein­fur­ti­schen, her­nach Bent­hei­mi­schen jün­gern Linie des Bent­hei­mi­schen Hau­ses, in Schul­den ver­tie­fet wor­den, wel­che zu til­gen der Graf Fried­rich Karl sich end­lich ver­lei­ten ließ, die­se Graf­schaft unterm 22ten Mai 1752 an den König von Eng­land in der Eigen­schaft als Chur­fürst von Han­no­ver zu ver­pfän­den, jedoch nur auf drei­ßig Jah­re, wie der dar­über errich­te­te aus sieb­zehn Arti­keln bestehen­de Pfand­schafts-Con­tract mit Meh­re­rem aus­wei­set, dem noch zwey Sepa­rat Arti­kel bey­ge­fü­get wur­den. So viel

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den Herrn Gra­fen von Bent­heim zu Stein­furt als dama­li­gen nächs­ten Aner­ben der Graf­schaft Bent­heim betrift, so erteil­te der­sel­be dazu den 22. Junii näm­li­chen Jah­res in Han­no­ver sei­nen agna­ti­schen Con­sens, nach­dem ihm die gesche­he­ne Ver­pfän­dung vom Köni­ge bekant gemacht wor­den war, wie­wohl die­se älte­re Bent­hei­mi­sche Linie den Inhalt jener Sepa­rat Arti­kel erst zu Ende jener Ver­satz­zeit erfah­ren konn­te. Die Vol­zie­hung des Pfand­schafts-Con­tracts fand aber so vie­le Schwie­rig­kei­ten, daß erst im fol­gen­den Jah­re l753 den 1ten Junii ein weit­läu­fi­ger Pfand­schafts-Exe­cu­ti­ons-Receß von den bei­der­sei­ti­gen Bevol­mäch­tig­ten zu Bent­heim errich­tet wer­den konn­te. So viel die Kai­ser­li­che Bestä­ti­gung die­ses wich­ti­gen Geschäf­tes betrift, so wur­de die­sel­be zwar 1755 beym kai­ser­li­chen Reichs-Hof­ra­the nach­ge­su­chet, allein auf die des­fals über­ge­be­nen Sup­pli­ken wur­de kei­ne Reso­lu­ti­on ertei­let, ver­muth­lich aus der Ursa­che, weil der ein­ge­gan­ge­ne Con­tract nicht mit kai­serl. Bewil­li­gung geschlo­ßen wor­den war. Und für­wahr die unbe­schreib­li­chen Drangsa­le der Grafsch. Bent­heim im sie­ben­jäh­ri­gen und der­ma­li­gen Fran­zö­si­schen Krie­ge mit der Kro­ne Eng­land, wovon die Last so sehr auf die Chur-Hanö­ve­ri­schen Lan­de siel, berech­tig­ten das aller­höchs­te Reichs-Ober­haupt zu die­ser Sorg­falt für ein nicht unbe­deu­ten­des Reichs-Lehn an der Gren­ze des teut­schen Reichs.

Die vor­er­wähn­te Ver­an­la­ßung zu die­ser Ver-

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Pfän­dung erhel­let übri­gens aus dem Ein­gan­ge des Pfand­schafts-Con­tracts, wor­in es heißt: „Dem­nach der jetzt regie­ren­de Herr Graf Fried­rich Karl von Bent­heim sich und sei­ne gräf­li­chen Lan­de schon von sei­nen Vor­fah­ren her in eine sol­che Schul­den­last ver­set­zet befin­det, daß, wofern er nicht auf deren Abfüh­rung ernst­lich bedacht wäre, sei­ne, sei­nes Hau­ses und der Lan­de gro­ßer Scha­den und Ruin dar­aus erfol­gen wür­de, und er dann in die­sem Betrach­te, ihn mit Gel­de aus­zu­hel­fen, Sei­ne König­li­che Majes­tät von Groß­bri­tan­ni­en und Chur­fürst­li­che Durch­laucht v. Braun­schweig Lüne­burg ersu­chet hat, haben sich höchst­ge­dach­te Sei­ne Mal­e­stät auch dazu unter genug­sa­mer Sicher­heit wil­lig erklä­ret.” Das näm­li­che ist in dem gräf­lich Bent­heim-Stein­fur­ti­schen agna­ti­schen Con­sen­se, so wie in einem König­li­chen die­sem agna­ti­schen Heu­se erteil­ten Rever­se ent­hal­ten, wor­in ver­spro­chen wird, daß auf die in dem Pfand­schafts-Con­trac­te ver­ab­re­de­te Art und Wei­se die auf der Graf­schaft haf­ten­den Schul­den bin­nen der dazu erfor­der­li­chen Jah­re Scharr abbe­zahlt wer­den soll­ten.

§. 40.

Die durch Chur-Han­no­ver abzu­tra­gen­den Bent­hei­mi­schen Schul­den haf­te­ten bekant­lich theils auf den gräf­li­chen Domä­nen, theils auf dem Lan­de. Der Betrag der Letz­tern oder der eigent­li-

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chen Lan­des Schul­den ist aus den Acten der Pfand­schaft nicht bekant, ergie­bt sich aber aus den jähr­li­chen Lan­des-Rech­nun­gen bey der Bent­hei­mi­schen Land­tags­ta­fel. Die Domä­nen-Schul­den hin­ge­gen, wel­che die Ver­pfän­dung der Graf­schaft ein­zig und allein ver­an­laßt hat­ten, betru­gen laut der dar­über auf­ge­stell­ten bei­der­sei­ti­gen Berech­nun­gen die Sum­me von hun­dert neun und acht­zig tau­send hun­dert neun­zehn Reichs­tha­lern, vier und vier­zig Stü­ber fünf Deu­te holl., wel­che ver­halt­niß­mä­ßig zu fünf, vier und vier­te­halb von hun­dert jähr­lich ver­zin­set wur­den. Zudem waren noch eine Men­ge Domä­nen nutz­nieß­lich oder anti­ch­re­tisch ver­setzt, und unter dem Vor­be­hal­te des Wie­der­kau­fes ver­kau­fet, deren Anzahl bis jetzt noch nicht völ­lig aus­ge­for­schet ist, obschon zwey Ver­zeich­nis davon vor­han­den sind, wovon aber der Ver­kauf und Ver­satz-Betrag den­noch auf 57,000 Reichs­tha­ler ange­nom­men wer­den kann; eine Sum­me, die zwar nicht, wie die Ers­te­re, ver­zin­set wur­de, weil die Gläu­bi­ger stat der Zin­sen den Nieß­brauch hat­ten, den­noch aber als eine Domä­nen­schuld ange­se­hen wer­den muß­te. Nun soll­ten die Lan­des-Schul­den aus den Lan­des-Ein­künf­ten, die Domä­nen-Schul­den hin­ge­gen aus den gräf­li­chen Reve­nü­en ver­zin­set wer­den. Letz­te­re bestan­den aus dem jähr­li­chen Ertra­ge der Domä­nen, und aus dem durch die Land­stän­de zu bewil­li­gen­den Sub­si­dio. Ueber den jähr­li­chen Ertrag der Domä­nen, der zu Fol­ge des zehn­ten

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Arti­kels des Pfand­schafts Ver­tra­ges bestim­met wer­den soll­te, damit der König und des­sen Erben nicht ver­bun­den wären, dem Gra­fen und des­sen Erben des Genus­ses wegen Rech­nung abzu­le­gen, konn­ten bei­de con­trahi­ren­de Thei­le erst nicht einig wer­den. Dann [lt. Druck­feh­ler­ver­zeich­nis muss es hier hei­ßen: Denn] wur­den gleich nach einem fünf­jäh­ri­gen Durch­schnit­te Etats der jähr­li­chen Domä­nen-Gefäl­le auf­ge­set­zet, so wur­den sol­che von den Chur Hano­ve­ri­schen Com­mis­s­a­ri­en nur zu 19,919 Reichsth. 6 Stbr 6 Deu­ten hol­länd., von den hoch­gräf­lich Bent­hei­mi­schen Com­mis­s­a­ri­en hin­ge­gen zu 22,080 Reichsth. 44 Stbr., 9 Dt. hell, berech­net, wor­aus sich ein Unter­schied von 2,161 Rthlr. 47 Stbr. 5 Dt. ergab, der aber end­lich vom Köni­ge der­ge­stalt geho­ben wur­de, daß der König den jähr­li­chen Ueber­schuß der Domä­nen in Pausch und Bogen zu 4,700 Rthlr. holl., und sämt­li­che davon zu leis­ten­de Aus­ga­ben gleich­fals in Pausch und Bogen 5,421 Reichsth. über­haupt also den jähr­li­chen Domä­nen-Ertrag in Pausch und Bogen zu 20,820 Reichsth. holl. annahm; jedoch mit dem Bedin­ge, daß nach erfolg­ter Ueber­ga­be der Grafsch. dem Köni­ge die völ­li­ge freye Nut­zung und der unein­ge­schränk­te Nieß­brauch der Domä­nen, wie alle dabey sich erge­ben­de Ver­bes­se­rung, so lan­ge der Ver­satz dau­er­te, ohne dem Herrn Gra­fen dar­über eini­ge Rech­nung vor­le­gen zu müßen, zukom­men soll­te, ohne daß der Graf des­fals eini­ge wei­te­re For­de­rung und Ansprü­che zu machen befugt seyn soll­te.

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Wohin­ge­gen aber auch der König von dem Hrn. Gra­fen kei­ne Ver­gü­tung zu for­dern haben soll­te, wenn in einem oder andern Jah­re bin­nen der Ver­satz Zeit nicht jähr­lich 20,520 Reichsth. erfol­gen soll­ten. Der Herr Reichs­graf nahm die­ses könig­li­che Erbie­ten an und berief die Land­stän­de zusam­men, damit sel­bi­ge ihm an statt des­sen, was der­sel­be unter ver­schie­de­nen Rubri­ken aus den Lan­des-Rech­nun­gen theils jähr­lich, theils durch außer­or­dent­li­che Bewil­li­gun­gen bis­her erho­ben hat­te, die zur Erfül­lung des Pfand­schafts-Con­tracts gemäß des Ueber­schla­ges bei­der­sei­ti­ti­ger Com­mis­s­a­ri­en erfor­der­li­chen 14,120 Reichs­tha­ler holl., auch zu einem Ueber­schu­ße zur Able­gung der Domä­nen-Schul­den, in Allem 16,800 Rthlr. holl. jähr­lich auf die völ­li­ge Ver­satz­zeit bewil­li­gen mög­ten. Allein wie­wohl die Land­stän­de zum Thei­le 14,128 Reichsth. holl. jähr­lich bewil­lig­ten, so gin­gen sie den­noch, weil vie­re der­sel­ben dawi­der pro­tes­tier­ten, frucht­los aus­ein­an­der. Waren nun wohl auf die­se Art die Sub­si­di­en nicht fixirt wor­den, so ent­schloß sich den­noch der König, weil (wie es im Pfand­schafts-Exe­cu­ti­ons-Reces­se heißt) das jähr­li­che Sub­si­di­um dem Herrn Gra­fen nicht ver­sagt wer­den mög­te, die auf der Grafsch. haf­ten­den Schul­den, zu Fol­ge des ein­ge­gan­ge­nen Pfand­schafts-Con­tracts abzu­tra­gen, und ver­sprach dabey, daß er nach gesche­he­ner völ­li­gen Ueber­ga­be der Graf­schaft alle mög­li­che Bemü­hung anwen­den woll­te, um die­se

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Sache zu einer gedeih­li­chen, und dem Bestre­ben des Herrn Gra­fen für die Auf­nah­me des Hoch­gräf­li­chen Hau­ses und die Wohl­fahrt der Graf­schaft ange­mes­se­nen End­schaft zu beför­dern, mit­hin auf alle den Land­stän­di­schen Gerecht­sa­men und den Con­corda­ten nicht zuwi­der lau­fen­de Art dahin sor­gen zu las­sen, daß die Stän­de kein unzu­rei­chen­des Quan­tum bewil­li­gen mög­ten, auch zur Abbe­za­lung der auf der Lan­des-Cas­se zu vier und vier­te­halb Pro­cent haf­ten­den Schul­den sol­che gegen drey vom Hun­dert vor­zu­schie­ßen, und sich des­halb mit den Lan­des-Stän­den zu beneh­men, daß das erfor­der­li­che Sub­si­di­um ohne Ver­meh­rung der Las­ten des Lan­des auf­ge­bracht wer­den mög­te I).

Dann ver­sprach der König die oben­an­ge­führ­ten Domä­nen Schul­den abfüh­ren und die dazu erfor­der­li­chen Gel­der gegen zwei Pro­cent von den Hypo­thek Auf­künf­ten zu neh­men­den jähr­li­chen Zin­sen vor­zu­schie­ßen 2.) Wie auch die so wohl vor der Regie­rung des Herrn Gra­fen als etwa auch wäh­rend der­sel­ben von den gräfl. Domä­nen anti­ch­re­tisch oder unterm Vor­be­hal­te des Wie­der­kau­fes ver­äu­ßer­ten Per­ti­nenz­i­en wie­der ein­zu­lö­sen, wenn die­sel­ben etwa auch nicht Al-

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I) Pfand­schafts-Exe­cu­ti­ons-Receß Arti­kel 6.
2) Arti­kel 13.

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le ver­zeich­net wären, sich auch gefal­len zu las­sen, daß deren Betrag nach den bey dem Anschla­ge der gräfl. Domä­nen von Dero Com­mis­s­a­ri­en zum Grun­de geleg­ten Prin­zi­pi­en hiernchst dem QUANTUM TOTALI, wozu die Domä­nen jahr­lich über­nom­men wor­den, beson­ders hin­zu­ge­setzt, die Dero Behuf vor­zu­schie­ßen­den Gel­der eben­mä­ßig nebst den auf sol­che Ein­lö­sung zu ver­wen­den­den außer­or­dent­li­chen Kos­ten, fals die­se nicht so fort ersetzt wür­den, Aller­höchst dem­sel­ben gleich dem übri­gen zur Abfüh­rung der Domä­nen-Schul­den zu thuen­den Vor­schu­ße mit zwey Pro Cent jähr­lich vali­dirt wer­den soll­ten I). Noch ver­sprach der König außer eini­gen gerin­gern andern Pen­sio­nen dem Herrn Reichs­gra­fen eine jähr­li­che Aus­kehr von zwan­zig tau­send Reichs­tha­lern holl. aus­zu­z­a­len, und end­lich das­je­ni­ge, was nach Abzug die­ser Zin­sen und Pen­sio­nen übrig blie­be, auf die Abbe­za­lung der gräfl. Schul­den zu ver­wen­den. Schließ­lich hieß es von der Sei­te des Köni­ges: „ Damit der Graf sähe und wüs­te, wie sei­ne Schul­den abbe­zahlt und die Auf­künf­te sei­ner zur Pfand­schaft gehö­ri­gen Län­der und Güter ver­wen­det wür­den, so soll­te dem­sel­ben alle Jah­re sechs Mona­te nach dem Schlu­ße der Gene­ral-Admi­nis­tra­ti­ons-Rech­nung ein Extra­ct der­sel­ben in Form einer Abrech­nung zuge­stel­let, und dar­in gezei­get wer­den,

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l) Pfand­schafts-Exe­cu­ti­ons-Receß Arti­kel 7.

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was von QUANTO TOTALI, wozu die Ein­künf­te ange­schla­gen und über­nom­men wor­den, an Zin­sen dem Köni­ge zu gut käme, und was zu Abfüh­rung der Zin­sen und jähr­li­chen Pen­si­on an den Herrn Gra­fen ange­wandt sey, imglei­chen was vom Köni­ge an Capi­ta­li­en den Cre­di­to­ren bezahlt wor­den, und wie die Schul­den sich abbaue­ten I).”

Der Graf von Bent­heim trat sei­ner Sei­te, zur Sicher­heit wegen die­ser zu leis­ten­den Vor­schü­ße, für sich, sei­ne Erben und Erb­neh­mer, an den König, des­sen Erben und Nach­fol­ger, sei­ne Grafsch. Bant­heim [sic!] und zuge­hö­ri­gen Güter, Nichts als den von ihm einer gewi­ßen Socie­tät ein­getha­nen Stein­han­del aus­ge­nom­men, ab, und über­ließ sol­che auf drei­ßig nach­ein­an­der fol­gen­de Jah­re, vom ers­ten Janu­ar 1753 an gerech­net, mit allem ihrem Zube­hör, mit völ­li­ger Lan­des­ho­heit und allen und jeden davon abhang­en­den Gerech­tig­kei­ten, in welt­li­chen und geist­li­chen, Civil- und Mili­tär-Sachen, wie die Namen hät­ten 2), damit der König, des­sen Erben und Nach­kom­men wäh­rend der Con­tract Jah­re, sol­che „des zuleis­ten­den Dar­lehns hal­ber in aller der Maße haben, besit­zen, aus­üben und genie­ßen mög­te, als der Herr Graf und sei­ne Vor­fah­ren sol­che gehabt,

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I) Pfandsch. Contr. Art. 9.
2) Pfandsch. Contr. und Exe­cu­ti­ons-Receß Arti­kel 1.

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beses­sen, geübt, genutzt und geno­ßen hat­te, oder dazu befugt gewe­sen, der­ge­stalt I), daß der Herr Graf wäh­rend den Con­tract Jah­ren der Regie­rung, Admi­nis­tra­ti­on und des Genus­ses sei­ner Lan­de sich gegen den Emp­fang der ihm aus­zu­zah­len­den jähr­li­chen Pen­si­on gänz­lich abt­hue und ent­hal­te.” Dem zu Fol­ge wur­den nach abge­schlo­ße­nem Pfand­schafts-Exe­cu­ti­on-Reces­se die Untertha­nen der Grafsch. Bent­heim mit­telst gedrnck­ter [sic!] Pla­ca­te ihrer Pflich­ten gegen ihren bis­he­ri­gen Lan­des-Herrn ent­bun­den, um, so lan­ge die Ver­satz Zeit dau­er­te, dem Köni­ge als zeit­li­chen Lan­des­herrn treu, hold und gewär­tig zu seyn.

§. 4l.

Nach­dem die­ses gesche­hen war, wur­den die zu 189,119 Rthlr. holl. spe­ci­fi­ci­r­ten Domainen-Schul­den von Chur Han­no­ver gegen über­tra­ge­ne Rech­te abbe­zahlt, und die Zin­sen davon dem Herrn Gra­fen in die Admi­nis­tra­ti­ons-Rech­nung mit zwey von Hun­dert zur Last geschrie­ben. Die­se Schul­den hat­ten bis­her zu vier­te­halb, vier und meh­re­ren Pro­cen­ten jahr­li­cher [sic!] Zin­sen gestan­den, wovon noch 12,828 Rthlr. 1 Stbr. 3 Dt. holl. restir­te. Die­ser Rück­stand muß­te eben­falls bezahlt wer­den, nnd [sic!] dadurch kam es, daß am Ende des ers­ten Ver­satz-Jah­res ein Vor­schuß von 6483 Rthlr., 8 Stbr. 7 Dt. holl. übrig blieb.

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I) Pfandsch. Contr. Art. 10.

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Allein die­ser Vor­schuß war zu Ende die­ses Jah­res 1756 nicht nur durch den Ueber­schuß der Ein­künf­te getilgt, son­dern auch bereits damals ein barer Ueber­schuß von tau­send neun­hun­dert drey und vier­zig Reichs­tha­lern sie­ben und vier­zig Stü­ber, zwey Deu­ten holt, vor­han­den. Eine Pro­gres­si­on, nach wel­cher leicht zu beur­tei­len und aus­zu­rech­nen war, daß die Domä­nen der Graf­schaft am Ende der Ver­satz­zeit von den Schul­den befrey­et seyn konn­ten. Allein im Jah­re 17Z? rück­te eine Fran­zö­si­sche Armee auf den teut­schen Boden, wobey sich der in Fran­zö­si­schen Diens­ten als Obers­ter ste­hen­de Graf von Bent­heim mit sei­nem Regi­men­te befand. Hier­aus nahw das König­lich Chur­fürst­li­che Minis­te­ri­um zu Han­no­ver die Ver­an­la­ßung, ihm die zuge­si­cher­te Pen­si­on von zwan­zig tau­send Reichs­tha­lern holl., unterm 26. Mai 1757 zu sus­pend­iren. Nun hat­te der Herr Graf zwar im Pfand­schafts-Con­trac­te auf die Regie­rung und Admi­nis­tra­ti­on der Grafsch. Ver­zicht geleis­tet, allein nur unter dem Beding­ni­ße, ohne wel­chem nicht, näm­lich des rich­ti­gen Emp­fan­ges jener Pen­si­on, die ihm nach dem aus­drück­li­chen Inhal­te des Pfand­schafts-Con­tracts zu Kriegs und Frie­dens­zei­ten aus­be­zahlt wer­den soll­te, wenn gleich zwi­schen Frank­reich und Eng­land Krieg ent­ste­hen wür­de. Der Herr Reichs­graf fand sich daher jetzt genö­ti­get, bey dem Köni­ge dahin anzu­tra­gen, daß Letz­te­rer so wohl die auf die Domä­nen, als auf das Land her­ge­scho­ße-

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nen Gel­der wie­der in Emp­fang neh­men, und ihm dage­gen den Besitz der Graf­schaft und der dazu gehö­ri­gen Güter wie­der ein­räu­men soll­te. Da die­ser Antrag nicht ange­nom­men wur­de, wand sich der Herr Reichs­graf an den König von Frank­reich , der ihm schon vor­her die Annull­a­ti­on des Pfand­con­trac­tes, der ohne­hin wegen Erman­ge­lung der Kai­ser­li­chen Bestä­ti­gung noch als kein com­ple­tes und zu sei­ner völ­li­gen Rich­tig­keit gedie­he­nes Werk ange­se­hen wer­den konn­te, und Wie­der­ergreifnng [sic!] des Besit­zes der Graf­schaft ange­son­nen hat­te. Im Namen des Köni­ges von Frank­reich setz­te hier­auf der Mar­schal d’Estrées durch ein unterm 23 Jul. 1757 erlas­se­nes Mani­fest den Herrn Gra­fen in den Besitz der Regie­rung der Grafsch. nnd [sic!] aller ande­rer Rech­te wie­der ein.

Da es sich indes­sen von selbst ver­stand, daß die von Chur-Han­no­ver vor­ge­streck­ten Gel­der wie­der abge­tra­gen wer­den muß­ten, so wur­den des­halb mit den Land­stän­den Unter­hand­lun­gen eröff­net. Allein die­se blie­ben ohne Resul­tat, weil die nach­he­ri­gen Kriegs­vor­fäl­le die Fran­zö­si­schen Trup­pen zum Rück­zu­ge aus der Grafsch. Bent­heim nöthig­ten. Jetzt hat­te daher jene Wie­der­be­sitz­nah­me der Graf­schaft für die­sel­be zwar die glück­li­che Fol­ge, daß sie dadurch von den Kriegs Con­tri­bu­tio­nen befrey­et wor­den war, für den Gra­fen aber die Unglück­li­che, daß der König von Groß Britta­ni­en so gen­an­te Rech­te des

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Krie­ges und Ver­gel­tung eines unbil­li­gen Rech­tes gegen den­sel­ben ver­häng­te, und vom ers­ten Aug. 1757 an alle ihm sonst aus der Pfand- und Grafsch. zu gut gekom­me­ne Ein­nah­me ein­zie­hen ließ.

Die­se Sus­pen­si­on dau­er­te bis zum Frie­dens­schlu­ße zwi­schen Eng­land und Frank­reich im Jah­re 1762, da die dar­in sti­pu­lir­te wech­sel­sei­ti­ge Amnes­tie dem Herrn Gra­fen eben­falls zu gut kam, und der­sel­be in die ihm aus dem Pfand­schafts-Con­trac­te zukom­men­de Gerecht­sa­me wie­der ein­ge­setzt wur­de. Ueb­ri­gens wur­de auf ver­schie­de­ne von dem­sel­ben ein­ge­brach­te Memoi­res unterm 14. März, 14. Apr. und 4. Mai 1763 dem könig­lich Fran­zö­si­schen Both­schaf­ter de Niver­nois erklä­ret, daß dem Herrn Gra­fen von der Zeit an, da er unmit­tel­bar am Krie­ge Theil genom­men, bis zum Frie­den über­all kei­ne Ein­nah­me berech­net wer­den kön­ne und möge, wel­ches dann auch erst wie­der vom drit­ten Novem­ber an, als dem Tage des mit Frank­reich geschlo­ße­nen Frie­dens geschah; obschon ein Krieg eines Gra­fen v. Bent­heim mit dem Köni­ge von Eng­land und Chur­fürs­ten von Han­no­ver so wenig zu erdenken als erfind­lich war, und ein Reichs­stand dem Andern die mit Dem­sel­ben geschlo­ße­nen Ver­trä­ge hal­ten muß­te, wenn er gleich in Fran­zö­si­schen Diens­ten war und sich den dama­li­gen Kai­ser­li­chen Reichs-Geset­zen gemäß betrug. Nichts des­to wenig war der Graf von Bent­heim durch die fünf­jähri-

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ge Ein­be­hal­tung der Pen­si­on in eine drü­cken­de Schul­den­last gera­ten, zu deren Til­gung er nach dem sie­ben­jäh­ri­gen Krie­ge meh­re­re Capi­ta­li­en von Chur-Han­no­ver auf­neh­men muß­te.

Hier­durch ist es gesche­hen, daß der Zweck der Ver­pfän­dung, näm­lich die Til­gung der Schul­den gar nicht erreicht wor­den ist, viel­mehr haben die Schul­den sich durch die Ver­pfän­dung ansehn­lich ver­meh­ret, und am Ende der Ver­satz­zeit nach der Admi­nis­tra­ti­ons-Rech­nung weit mehr, als bey der Ver­pfän­dung betra­gen, wel­ches Alles bey der Wie­der­ein­lö­sung in Betracht gezo­gen wer­den muß.

§. 42.

Daß Chur-Han­no­ver hier­durch Tau­sen­de auf Kos­ten des Gra­fen von Bent­heim gewon­nen hat, ist leicht zu berech­nen. Es ist aber dadurch der Vor­teil noch lan­ge nicht erschöpft, den Chur-Han­no­ver aus der Ver­pfän­dung, zum Thei­le gegen den aus­drück­li­chen Inhalt des Pfand­schafts-Con­tracts, gezo­gen hat. Fol­gen­de That­sa­chen bewei­sen die­ses unter Andern unwi­der­sprech­lich: Die Dif­fe­renz von zwey­tau­send ein­hun­dert ein und sechs­zig Reichs­tha­lern, wor­über sich die bei­der­sei­ti­gen Com­mis­s­a­ri­en bey Fest­set­zung der Domä­nen Reve­nü­en im Jah­re 1752 nicht ver­ei­ni­gen konn-

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ten I) rühr­te daher, weil die könig­lich Chur­fürst­li­chen Com­mis­s­a­ri­en theils die auf fünf­jäh­ri­gen Durch­schnitt sich grün­den­den Korn­prei­se aus der Ursa­che, weil unter die­sen fünf Jah­ren drey Jah­re das Korn hoch gestan­den, und nur zwey Jah­re, da es nied­rig im Prei­se gewe­sen, sich befun­den, — theils [lt. Druck­feh­ler­ver­zeich­nis muss es hier hei­ßen: theils den] von der [lt. Druck­feh­ler­ver­zeich­nis muss es hier hei­ßen: den] Gr. Com­mis­s­a­ri­en höher als vor­her aus der Ursa­che ange­schla­ge­nen Zoll, weil sol­cher nach dem neu­en Zoll Regle­ment mehr wie vor­her ein­tra­gen wür­de, nicht pas­si­ren las­sen woll­ten. Unge­ach­tet nun der Herr Graf in die­ser Rück­sicht end­lich zum Nach­ge­ben bewo­gen wur­de, so hat den­noch der Zoll nach­dem [sic!] neu­en Regle­ment in der Fol­ge mehr, als die ange­schla­ge­ne Sum­me, ein­ge­tra­gen, die nach­he­ri­gen Korn-Ein­künf­te aber haben schon in den Jah­ren, da die Prei­se mit­tel­mä­ßig waren, den dafür bey der Ver­pfän­dung fixir­ten Anschlag über­trof­fen, u. und [lt. Druck­feh­ler­ver­zeich­nis muss es hier hei­ßen: sind] voll­ends bey den in neu­ern Zei­ten außer­or­dent­lich gestie­ge­nen Korn­prei­sen so beträcht­lich gewor­den, daß dage­gen der Anschlag vom Jah­re 1752 gar nicht mehr in Betracht kom­men kann.

Fer­ner woll­ten die gr. Com­mis­s­a­ri­en bey Auf­stel­lung der Etats der Domä­nen-Ein­künf­te von den der Herr­schaft con­cord­at­mä­ßig jähr­lich zuste­hen­den Land­fol­gen Eine der­sel­ben mit in Anschlag brin­gen, die Chur-Han­no­ve­ri­schen Com­mis-

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I) Sieh §. 40.

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sari­en aber dafür unter andern aus der Ursa­che Nichts pas­si­ren las­sen, weil es gegen die Con­corda­te zu strei­ten schien, die Land­fol­gen, wenn sie nicht in Natur geleis­tet wür­den, sich mit Geld beza­len zu laßen, jedoch mit dem Anhan­ge, daß, wenn bey der Land­schaft ein Resul­tat aus­ge­wirkt wer­den dürf­te, ob sol­che in Natur ent­behr­li­che Natu­ral-Leis­tung mit Gel­de, und zu wel­chem Prei­se ein Spann- und Hand­dienst, zu beza­len seyn woll­te, dar­über nähe­re Erklä­rung erfol­gen könn­te. Obgleich nun unbe­kant, ja nicht ein­mal zu ver­mu­ten ist, daß bey der Land­schaft der­glei­chen Resul­tat aus­ge­bracht wor­den, so sind den­noch von vie­len Jah­ren her die in Natur nicht erfor­der­lich gewe­se­nen Land­fol­gen Andern für Geld über­la­ßen wor­den, ohne daß dem Herrn Reichs­gra­fen das Gerings­te dafür ver­gü­tet wur­de. Die­sem wur­de viel­mehr seit meh­rern Jah­ren wider alle Bil­lig­keit, unge­ach­tet der trif­tigs­ten Vor­stel­lun­gen dage­gen, zu Fol­ge einer Reso­lu­ti­on der könig­li­chen Kam­mer zu Han­no­ver vom Jah­re 1770, auf­ge­drun­gen, die Land­fol­gen, wel­che er wäh­rend sei­nes Auf­ent­halts in der Grafsch. nötig hat­te, wie ein Pri­vat­mann mit Geld zu beza­len. So soll­te dem Gr. von Bent­heim kein Schat­te von Lan­des­ho­heit in sei­nem Lan­de gelas­sen wer­den, indes­sen Han­nö­ve­ri­sche Beam­ten sich mit so vie­len erschli­che­nen Per­len des Gra­fen Hutes zie­re­ten u. sich wohl gar das Anse­hen der Väter des Vater­lan­des zu geben wuß­ten.

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Was die Ein­lösnng [sic!] der anti­ch­re­tisch ver­setzt gewe­se­nen und wie­der käuf­lich ver­äu­ßer­ten Domä­nen betrift, so ist dabey die Vor­schrift des Pfand­schafts-Exe­cu­ti­on-Reces­ses gar nicht beob­ach­tet wor­den, wor­in ver­spro­chen war, daß die Ein­künf­te der ein­ge­lö­se­ten Domä­nen nach den bey dem Anschla­ge der übri­gen Domä­nen Reve­nü­en zum Grun­de geleg­ten Prin­ci­pi­en, das ist, nach einem mehr­jäh­ri­gen Durch­schnit­te, berech­net, der her­aus­ge­brach­te Anschlag dem gesam­ten Quan­tum von 20,125 Rthlr. I) hin­zu­ge­fügt, und die dazu her­ge­schoß­e­nen Gel­der vom Gra­fen mit zwey Pro Cent ver­zin­set wer­den soll­ten. Die­ses ist auch als nicht gesche­hen, son­dern es sind bloß die Zin­sen, wel­che die Inha­ber der ver­setz­ten Domä­nen von den dar­auf gehaf­te­ten Capi­ta­li­en geno­ßen hat­ten, ohne wei­te­re Berech­nung dem jähr­li­chen Quan­to tota­li ver­mö­ge königl. Chur­fürstl. Kam­mer Rescrip­te hin­zu­ge­fü­get wor­den. Hier­durch hat aber Chur-Han­no­ver auf Kos­ten des Gra­fen einen gro­ßen Vort­heil gehabt, weil bey vie­len der ver­setz­ten Domä­nen die Ein­künf­te, wel­che die Inha­ber statt der Zin­sen zogen, weit­mehr als 5 Pro­cent betru­gen. Wäre daher die obi­ge Vor­schrift des Pfandsch.-Executions-Recesses beob­ach­tet wor­den, so wür­de sich bey vie­len ver­setz­ten Per­ti­nenz­en erge­ben haben, daß sel­bi­ge wegen zu viel genos­se­ner Zin­sen nicht allein ohne

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I) Sieh §. 40.

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eini­ge Erstat­tung der vor­ge­schoß­e­nen Haupt­sum­men wirk­lich von dem Ver­ban­de wür­de [lt. Druck­feh­ler­ver­zeich­nis muss es hier hei­ßen: wür­den] befrey­et, son­dern auch noch sogar ein Ziem­li­ches von den Inha­bern her­aus zu geben gewe­sen seyn. Ueber­haupt sind wäh­rend der gan­zen drei­ßig­jäh­ri­gen Ver­satz­zeit nur weni­ge ver­setz­te Domä­nen aus­ge­lö­set wor­den, wodurch der Graf dem Inhal­te des Pfandsch.-Executions-Recesses zuwi­der einen gro­ßen Nacht­heil gehabt hat, weil ihm, wenn wenigs­tens nach erfolg­tem Frie­den die Ein­lö­sung der Domä­nen erfol­get wäre, jähr­lich eine Sum­me von 990 Rthlrn. zu gut gekom­men, und dadurch am Ende der Ver­satz­zeit die Hälf­te der auf die ver­setz­ten Domä­nen vor­ge­schoß­e­nen Capi­ta­li­en getilgt gewe­sen seyn wür­de. Woll­te man alle die­se und ande­re baa­re Vor­tei­le, zum Bei­spie­le die vie­len Pos­ten, zu deren Beza­lung der Herr Reichs­gr. nicht schul­dig war, und die ihm den­noch in den Admi­nis­tra­ti­ons-Rech­nun­gen in Aus­ga­be zur Last geschrie­ben wor­den sind, berech­nen, so wür­de sich dadurch bald ein Exceß der Reichs­ge­setz­li­chen Zin­sen, und folg­lich die Schul­dig­keit zu einer Liqui­da­ti­on erge­ben, unge­ach­tet die­se im Pfandsch.-Contracte außer Acht gelas­sen wor­den ist, da ein sol­ches Han­nö­ve­ri­sches Ver­fah­ren nicht zu ver­mu­then war I). -

§. 43.

I) G. L. MENCKEN DISS. NULLUM EXCESSUM USURARUM IN PACTO ANTICHRETICO ESSE TOLERANDUM. IN OPUSCULIS HALAE 1770. 8.

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Es sind zwar über die Ver­let­zun­gen des Pfandsch.-Contracts und Pfandsch.-Executions-Recesses von Zeit zu Zeit vom Herrn Gra­fen von Bent­heim bey dem königl. Chur­fürstl. Minis­te­ri­um zu Han­no­ver Beschwer­den geführt wor­den, aber ohne Erfolg.

So war in dem Pfandsch.-Executions-Recesse Art. 3. aus­drück­lich ver­spro­chen wor­den, daß die Domä­nen und deren Nut­zun­gen wirth­schaft­lich gebraucht, ins­be­son­de­re aber die Fors­ten, deren jähr­li­cher Ertrag zu drey­hun­dert Reichs­tha­lern ange­schla­gen wur­de, nicht allein haus­häl­te­risch und forst­mä­ßig behan­delt, son­dern auch deren Ver­be­ße­rung beför­dert wer­den soll­te. Wie sehr aber der Graf sich genö­ti­get gese­hen hat, dar­über die bit­ters­ten Kla­gen zu füh­ren, daß der gesche­he­nen Zusa­ge zuwi­der nicht allein bey den herr­schaft­li­chen Eigen­be­hö­ri­gen die bes­ten Capi­tal- Bau‑, auch so gar zum Schif­baue taug­li­chen Krum­höl­zer nicht allein den herr­schaft­li­chen Eigen­be­hö­ri­gen zur gerin­gern Aus­be­ße­rung ihrer Gebäu­de und sons­ten ange­wie­sen, son­dern auch in den herr­schaft­li­chen Fors­ten, beson­ders in dem Bent­hei­mer Wal­de I) und dem so gen­an­ten Rott

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I) Die nicht gehe­ge­ten Hir­sche des­sel­ben sind eine har­te Lan­des Pla­ge.

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eine nicht gerin­ge Ver­wüs­tung ange­rich­tet wor­den, bezeu­gen die hoch­gräf­li­chen an das Minis­te­ri­um zu Han­no­ver erlas­se­nen Promemoria’s vom 10. Mai 1772 und 22. Jun. 1776, und wenn der im Letz­te­ren ein­ge­leg­ten Bit­te, um eine unpar­tei­ische Unter­su­chungs-Com­miss­son [sic!] wäre statt gege­ben wor­den, so wür­de sich bey der Unter­su­chung augen­schein­lich erge­ben haben, daß dem Herrn Reichs­gr. die größ­te Ursa­che zu der gesche­he­nen Beschwer­de gege­ben wor­den. So aber wur­de das Ver­wüs­ten des Hol­zes iu [sic!] den benan­ten Fors­ten noch ver­grö­ßert, und dadurch der Rott von den in Anwachs begrif­fe­nen Buchen immer mehr ent­blößt, der Bent­hei­mer Wald aber in sol­che miß­li­che und bekla­gens­wert­he Umstän­de gesetzt, daß an statt der­sel­be eini­ge Jah­re vor der Ver­pfän­dung der Grafsch. bey einer vol­kom­me­nen Eichen­mast, wel­che, im Jah­re 1747, 428 Gul­den auf­ge­bracht hat­te, zwey­mal mit 600 Schwel­ne betrie­ben, und die­se dar­in feist gemacht wor­den, am Ende der Ver­satz­zeit, wenn auch die vol­kom­mens­te Mast sich erge­ben hat­te, nicht ein­mal 300 Schwei­ne die gan­ze Mast­zeit hin­durch dar­in feist gemacht wer­den konn­ten; wel­ches gewiß einen in mehr als acht­zig Jah­ren nicht zu erset­zen­den Scha­den mit sich führ­te. Man bemü­he­te sich zwar dem Anschei­ne nach die­sem ver­derb­li­chen Holz­hie­be durch ande­re Bestel­lun­gen, und beson­ders drey gro­ße Zu- oder Auf­schlä­ge oder Käm­pe fast mit­ten im Bent­hei­mer Wal­de,

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wel­che mit Tan­nen Saa­men besä­et wor­den, erset­zen, und dadurch den Forst ver­be­ßern zu wol­len, allein es hät­te dabey bil­lig in Erwe­gung gezo­gen wer­den sol­len, daß eines Thei­les der Wald den Bent­hei­mer und Schüt­tor­fer Bür­gern, auch den angren­zen­den Bau­er­schaf­ten zur Hut und Wei­de dien­te, jetzt aber zur Her­vor­brin­gung der­je­ni­gen Mast, wozu der Wald doch vor­züg­lich von eini­gen hun­dert Jah­ren her mit gedient hat­te, nicht mehr nütz­lich seyn konn­te; zu geschwei­gen, daß unter den Tan­nen bekan­ter­ma­ßen auch kein Gras wächst, andern Thei­les die Gegen­den, wo die­se Käm­pe zum Tan­nen Aus­sä­en ange­legt wur­den, in lei­mig­ten oder ton­ar­ti­gen Boden aus fet­ter Erde bestehen, mit­hin weit nütz­li­cher mit Eichen und Hain­bu­chen hät­te bepflan­zet wer­den sol­len; ohne zu geden­ken, daß zur Bef­rech­tung die­ser Käm­pe die schöns­ten im bes­ten Wachsthu­me begrif­fe­nen Eichen­bäu­me, um dar­aus Schlet­te, Rei­en und Pos­ten sägen und ver­fer­ti­gen zu laßen, gefäl­let wor­den, so daß es das Ansehn hat­te, als wenn es nur dar­auf ange­se­hen sey, die Fors­ten auf vie­le Jah­re hin­aus ver­der­ben zu wol­len.

Auch in Anse­hung der gräfl. Gebäu­de, zu deren Unter­hal­tung von den Han­nö­ve­ri­schen Com­mis­s­a­ri­en ein Etat auf­ge­füh­ret, es auch dabey bela­ßen wur­de, ist es ganz dem Pfandsch.-Executions-Recesse (Art. 3.) zuwi­der gehan­delt wor­den, wodurch ver­ab­re­det, über­nom­men und ver-

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spro­chen wur­de, daß die Gräfl. Gebäu­de und deren Zube­hö­run­gen nach ihrer dama­li­gen Beschaf­fen­heit in erfor­der­li­chem Baue und Bes­se­rung erhal­ten wer­den soll­ten. Denn obgleich wäh­rend des sie­ben­jäh­ri­gen Krie­ges auf dem gräfl. Schlo­ße zu Bent­heim ein Gebäu­de, der hohe oder Rit­ter­saal gen­ant, mit Zube­hör, wel­ches fast alle Jah­re die meis­ten Repa­ra­ti­ons-Kos­ten erfor­dert hat­te, durch ange­leg­te Mie­nen zer­sprengt und daher bey erfolg­tem Frie­den als unher­s­tel­bar nie­der­ge­ri­ßen wur­de, so dann der groß­te Theil des Amt­hau­ses zu Neu­en­haus und die Scheu­er in der gro­ßen Mate bey Bent­heim (von wel­chen bei­den Letz­tern gar die Abbre­chungs-Kos­ten dem Hrn. Gra­fen zur Last gekom­men sind) wie auch der Flü­gel vom Pfer­de­stal­le zu Bent­heim völ­lig abge­bro­chen, die­ser ganz neu erbau­et, die Burg Alte­na zu Schüt­torf aber fast ohne die min­des­te Repa­ra­ti­on dar­an zu thun, ihrem Schick­sa­le des Ein­fal­lens über­las­sen wur­de, hier­durch mit­hin an den Repa­ra­ti­ons-Kos­ten jähr­lich weit mehr als die Hälf­te der dafür in Anschlag gebrach­ten Sum­men erspa­ret wor­den; so wur­de den­noch auf den gehö­ri­gen Unter­halt so wenig Obsor­ge genom­men, daß viel­mehr, wie in einem unterm 7. Septbr. 1778 der Cam­mer- Admi­nis­tra­ti­on zu Bent­heim über­ge­be­nen Pro Memo­ria gezei­get wor­den, es blos der Nach­läs­sig­keit bey­zu­mes­sen war, daß das Holz­werk an der Spit­ze des sogen­an­ten Bin­gel- oder Klock­thur­mes auf dem Schlo­ße zu Bent­heim

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ver­fault war, wor­auf den­sel­ben bis auf eine siche­re Höhe abneh­men zu las­sen zwar dien­lich erach­tet, zu des­sen Wie­der­auf­bau­ung aber die min­des­te Anstalt zu machen, oder auf gedach­tes Pro Memo­ria etwas in Ant­wort erwie­dern zu las­sen, so wenig Bedacht genom­men wur­de, daß viel­mehr der schrift­lich gesche­he­nen Erin­ne­run­gen unge­ach­tet das an die­sem Thur­me noch gut geblie­be­ne Holz durch Wie­der­au­sie­gung des abge­nom­me­nen Dach­blei­es von der Ver­fau­lung uud [sic!] gleich­mä­ßi­gen Unter­gan­ge zu ret­ten, außer Acht gela­ßen wur­de. Ja unan­ge­se­hen so gro­ßer ein­ge­stan­de­nen jähr­li­chen Repa­ra­ti­ons-Sum­men erstreck­te sich die weni­ge über­haupt der Unter­hal­tung der Gräfl. Gebäu­de gewid­me­te Absicht so weit, daß nicht ein­mal in Anse­hung der Woh­nung des Com­man­dan­ten auf dem Schlo­ße zu Bent­heim die höchst nöti­gen Repa­ra­tio­nen an Fens­ter, Dach und sons­ten besor­get wer­den wol­len, der­ma­ßen, daß der Com­man­dant mit sei­ner Fami­lie bey etwas star­kem Regen­wet­ter nicht tro­cken blei­ben konn­te.

Eben so war auch in dem Pfand­schafts-Exe­cu­ti­ons-Reces­se ver­spro­chen wor­den, daß die bei­den Schloß­gar­ten zu Bent­heim jedes­mal durch einen Gärt­ner in gehö­ri­gem Stan­de soll­ten gehal­ten wer­den. Gleich­wohl wur­den, um wider die bey Errich­tung der Etats von bei­den Sei­ten geheg­te Inten­ti­on Etwas zu erspa­ren, sol­che Ein­rich­tun­gen getrof­fen, wodurch die Gär­ten, wie sol­ches

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der Augen­schein sogleich Jedem dar­stel­let, der­mas­sen ver­wil­der­ten, daß deren Bete und Pfa­de ganz mit Que­cken durch­wuch­sen, also um die­se gänz­lich zu ver­til­gen, und die Gär­ten in den vori­gen Stand her­zu­stel­len, eini­ge Jah­re damit ver­lau­fen wür­den. Die­ser miß­li­che, der gesche­he­nen Zusa­ge gar nicht ent­spre­chen­de Zustand der Gär­ten, und um fei­ne­re Gemü­se, als in jedem Bau­ern­gar­ten gezo­gen wer­den, zu erhal­ten, und sol­che nicht mit grö­ßern Kos­ten aus dem Hol­lan­di­schen kom­men zu las­sen, bewog den Herrn Reichs­gra­fen, mit­telst eines P. M. vom 10. Nov. 1778. bey der Kam­mer-Admi­nis­tra­ti­on zu Bent­heim den Antrag machen zu las­sen, daß ihm die bei­den Schloß­gar­ten wie­der über­las­sen wer­den mög­ten, damit das, was in Anse­hung des Aus­brin­gens zum Emp­fang gebracht wor­den, mit den im Etat zum Unter­halt der Gär­ten auf­ge­führ­ten Kos­ten gegen ein­an­der gehal­ten, und was die Kos­ten mehr, dann die in Anschlag gebrach­ten Früch­te, aus­bräch­ten, dem Herrn Gra­fen zur selbst eige­nen Unter­hal­tung der Gär­ten jähr­lich aus­ge­kehrt wer­den mög­te. Da hier­auf nach eilf Mona­ten noch kei­ne Ant­wort erfolg­te, so sah sich der Graf genö­ti­get, sich am 11. Octo­ber 1779 an das Minis­te­ri­um zu wen­den, wor­auf aber so wenig eine Reso­lu­ti­on oder Ant­wort erfolg­te, als wenig die gerings­te Ver­an­stal­tung vor­ge­kehrt wur­de, die Schloß­gär­ten in den gehö­ri­gen Stand wie­der her­stel­len zu las­sen, daß es also das Anse­hen hat­te, daß die die­ser­halb in dem Exe­cu-

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ions-Reces­se gesche­he­ne Zusa­ge uner­füllt blei­ben soll­te.

In dem Pfand­schafts-Con­trac­te war fer­ner ver­spro­chen wor­den, die dem Hoch­gräf­li­chen Hau­se Bent­heim zuste­hen­den Lan­des­herr­li­che Hoheit und der­sel­ben ankle­ben­den Gerecht­sa­me auf alle Wei­se zu hand­ha­ben und zu vert­hei­di­gen, wie sich dann sol­ches von einer einst­wei­li­gen Pfand­schaft­li­chen Regie­rung von selbst ver­stand. Nun ist es eine im Staats­rech­te aus­ge­mach­te und bekan­te Sache, daß kei­ne frem­de Macht, und noch viel weni­ger ein Par­ti­cu­lier befugt ist, einen Post­hal­ter in dem Gebie­te eines Reichs­stan­des, ohne des­sen Bewil­li­gung anzu­set­zen. Bey Able­ben der Wit­we Bür­ger­meis­te­rin Kel­ler, als Post­hal­te­rin der von Ams­ter­dam über Neu­haus nach Ham­burg rei­ten­den Post wur­de von der Han­nö­ve­ri­schen inte­ri­mis­ti­schen Regie­rung zu Bent­heim gut gefun­den, den Haus­vogt Köh­ler zum eins­wei­li­gen [sic!] Post­hal­ter anzu­set­zen, dage­gen aber von Sei­te derer, wovon die­se Post im Hol­län­di­schen mit abhängt, pro­testi­ret und dar­auf bestan­den, in Anse­hung des anmaß­lich her­ge­brach­ten Besit­zes berech­tigt zu seyn, nach ihrem Belie­ben und Gut­dün­ken einen Post­hal­ter zu Neu­en­haus anord­nen zu kön­nen. Zu meh­rer Beru­hi­gung und Sicher­heit, damit der Herr Reichs­graf bey die­ser Gele­gen­heit an sei­ner Lan­des­ho­heit nicht benach­tei­li­get wer­den mög­te, fand Der­sel­be für gut, dem Minis­te­rio zu Han­no­ver mit­telst eines

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P. M. vom 23. Apr. 1779 die­ser Ange­le­gen­heit hal­ber gezie­men­de Vor­stellnng [sic!] zu thun, und zugleich zu bit­ten, Das­sel­be mög­te auf den vor­ge­schütz­ten, dahier nicht Platz fin­den­den Besitz kei­ne Rück­sicht neh­men, viel­mehr das Hol­län­di­sche Comp­toir zur Bey­brin­gung der etwa in vori­gen Zei­ten erhal­te­nen Lan­des­herr­li­chen Con­ces­si­on anhal­ten las­sen, und bis dar­an die­ses gesche­hen, dem­sel­ben in sei­ner Bit­te nicht will­fah­ren. Als der Herr Reichs Graf hier­auf kei­ner Ant­wort gewür­di­get wor­den, son­dern statt der­sel­ben äußer­lich ver­neb­men müßen, daß die pro­vi­sio­na­li­ter gemach­te Ver­fü­gung wie­der ein­ge­zo­gen, und dage­gen dem Zwol­li­schen Post­com­toir, ohne vor­gän­gi­ge Bey­brin­gung einer vor­mals erhal­te­nen Lan­des­herr­li­chen Con­ces­si­on das Anstel­len eines Post­hal­ters zu Neu­en­haus ver­stat­tet wor­den, so wur­de von dem Gräfl. Bevol­mäch­tig­ten zu Fol­ge erhal­te­nen Auf­tra­ges durch ein P. M. unterm 7. Jul. 1779 der Regie­rung zu Bent­heim zu erken­nen gege­ben, daß der Herr Graf bey sol­cher dem Minis­te­rio belieb­ten Ver­fü­gung die noch fort dau­ern­den Pfand­schafts Jah­re hin­durch es bewen­den zu las­sen zwar wil­lig wäre, sich aber dadurch in sei­nen Lan­des­herr­li­chen Gerecht­sa­men im Min­des­ten nicht benach­tei­li­get wißen, viel­mehr die­sel­ben voll­stän­dig und auf das feyer­lichs­te bei­be­hal­ten woll­te; wobey zugleich von gedach­ter Regie­rung ver­langt wur­de, von sotha­ner Aeus­se­rung u. Vor­be­halt der Lan­des­herr­li­chen Gerecht­sa­me eine

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beglaub­te Abschrift an das Zwol­li­sche Post­com­toir gelan­gen, und wie sol­ches gesche­hen, auch was dar­auf erwie­dert wer­den dürf­te, Nach­richt zukom­men zu laßen; wel­chem Gesu­che allem Ver­mu­ten nach nicht ein­mal statt gege­ben wor­den, indem die Regie­rung sich ent­hielt, auf die­ses P. M. zu ant­wor­ten. Die Regie­rung betref­fend, so war bey der Ueber­tra­gung der Grafsch. die­sel­be mit einem Land­dros­ten und drey­en Räthen besetzt gewe­sen, deren Gehal­te auch mit im Anschla­ge auf­ge­füh­ret wur­den; nach der Ueber­tra­gung aber wur­de sel­bi­ge auf einen ein­zi­gen Rath redu­zirt, aus wel­chem, so wie dem Regie­rungs-Secre­tär und Canz­lis­ten dann nach­her die gan­ze Regie­rung bestand. Daß hier­aus vie­le Unord­nun­gen und Ver­zö­ge­run­gen ent­stan­den, die auf das Bes­te des Lan­des den nach­tei­ligs­ten Ein­fluß haben muß­ten, war nicht zu ver­wun­dern.

Nun hat­te sich der Herr Reichs Graf zwar durch den ein­ge­gan­ge­nen Con­tract der Regie­rung und alles des­sen was davon eini­ger maßen abhängt, bege­ben, indes­sen konn­te es ihm doch unmög­lich gleich­gül­tig seyn, ob die Regie­rung, die ihm der­einst zurück erstat­tet wer­den konn­te, wohl oder übel geführt, die Gerech­tig­keit gehö­rig ver­wal­tet, und die Unter­ta­nen von deren Nach­su­chung durch Ver­zö­ge­rung und neue ein­ge­schli­che­ne Kos­ten abge­schröckt wur­den oder nicht. Er wur­de daher, um sei­nem Gewis­sen und sei­nen Pflich­ten,

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als ange­bohr­ner Lan­des­herr ein Genü­ge zu leis­ten, end­lich bewo­gen, des­fals unterm 17. Oct. 1779 dem Minis­te­rio zu Han­no­ver ein P. M. zu über­ge­ben, wor­auf aber so wenig eine Ant­wort ertei­let, als auf eine aber­ma­li­ge Vor­stel­lung im Jah­re 1781 reflec­tirt wur­de, wor­in der Graf wie­der­hohlt unter andern dar­auf antrug: die Bent­hei­mi­sche Regie­rung mit einem Land­dros­ten oder Prä­si­den­ten und zwey­en Räthen, wovon der Eine die ADVOCATURAM DOMUS zu ver­wal­ten hät­te, und dar­un­ter mit einem Römisch Catho­li­schen, da die meis­ten Land­stän­de die­ser Reli­gi­on erge­ben wären, zu beset­zen, auch die Regie­rung anzu­hal­ten, daß sie dem Herrn Reichs Gra­fen bey sei­ner Anwe­sen­heit in der Grafsch. meh­re­re schul­di­ge Ach­tung bewei­sen mög­te.

§. 44.

Da nun auf sol­che Art die durch den Pfand­schafts-Con­tract und Pfand­schafts-Exe­cu­ti­on-Receß aus­be­dun­ge­nen und zuge­sag­ten Ver­bind­lich­kei­ten von dem Chur Han­no­ve­ri­schen Minis­te­rio, der Kam­mer und den Bedien­ten so wenig erfül­let wor­den waren, so war es nicht zu ver­wun­dern, daß der Herr Reichs Graf von Bent­heim schon vor Ablauf der drei­ßig­jäh­ri­gen Ver­satz­zeit auf die Wie­der­ein­lö­sung bedacht war, wozu er voll­kom­men recht­li­chen Grund hat­te, wenn gleich die Ver­pfän­dung anti­ch­re­tisch war. Wäre näm-

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lich die Ver­pfän­dung nicht nutz­nieß­lich gewe­sen, so wür­de die der­sel­ben hin­zu­ge­füg­te Ver­satz­zeit von drei­ßig Jah­ren nach dem Begrif­fe vom Pfand­rech­te, als wodurch bekant­lich das Pfand dem Gläu­bi­ger blos zur Sicher­heit der Schuld gege­ben wird, damit es nach gesche­he­ner Beza­lung der Schuld wie­der resti­tuirt wer­de, und ver­mö­ge des­sen also nach gesche­he­ner Beza­lung der Schuld dem Gläu­bi­ger wei­ter kein Recht auf den Pfand­be­sitz zusteht, — - — blos als ein TERMINUS AD QUEM, das ist, dahin zu ver­ste­hen gewe­sen seyn, daß der Graf das Pfand längs­tens bin­nen drei­ßig Jah­ren ein­lö­se, inner­halb wel­cher ihm es aber wider sei­nen Wil­len nicht loß­ge­kün­di­get soll­te wer­den kön­nen, und es hat­te ihm also in sol­chem Fal­le, ohne daß es dabey eines Grun­des bedurft hät­te, eine Anti­ci­pa­ti­on des Ter­mins nicht ver­weh­ret wer­den kön­nen. So aber war die Ver­pfän­dung anti­ch­re­tisch, und die der­sel­ben hin­zu­ge­füg­te Ver­satz­zeit als ein TERMINUS A QUO, das ist, dahin bey­ge­fü­get wor­den, daß der Herr Graf die Graf­schaft nicht ehe­n­der, als nach Ver­lauf von drei­ßig Jah­ren aus­lö­sen soll­te. Da indes­sen durch eine anti­ch­re­ti­sche Ver­ab­re­dung der Pfand-Con­tract Nichts von sei­nen Eigen­schaf­ten ver­liert, viel­mehr immer der Haupt-Con­tract, der anti­ch­re­ti­sche aber immer der Neben-Con­tract bleibt, so fol­get dar­aus, daß die dem­sel­ben hin­zu­ge­füg­te Ver­satz­zeit nur unter der Vor­aus­set­zung als ein TERMINUS A QUO zu ver­ste­hen sey, daß der Gläu-

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biger durch den Pfand­schafts-Con­tract über­nom­me­nen Ver­bind­lich­kei­ten erfül­le, und das ihm zur Nutz­nie­ßung über­las­se­ne Pfand, zuma­len ein ansehn­li­ches Reichs-Gebiet, nicht aufs ver­derb­lichs­te miß­brauche, wid­ri­gen­fals dem Schuld­ner, im vor­lie­gen­den Fal­le einem regie­ren­den, dem Kai­ser und Rei­che, wie sei­nem illüs­tern Hau­se und Lan­de ver­ant­wort­li­chen Reichs Gra­fen, die Relui­ti­on ohne Rück­sicht auf die dem­sel­ben hin­zu­ge­füg­te Ver­satz­zeit zuste­hen muß. Des­sen unge­ach­tet waren aber alle Bemü­hun­gen des Herrn Reichs Gra­fen, sei­ne Grafsch. vor Ablauf der Con­ven­ti­ons-Jah­re wie­der zu erhal­ten, ver­geb­lich.

Denn bey Gele­gen­heit eines im Jah­re 1763 vom Herrn Erb­stat­hal­ter auf Ver­an­las­sung des Herrn Gra­fen des­fals gesche­he­nen Antra­ges erfolg­te von Sei­ten des Minis­te­rii zu Han­no­ver die Ant­wort, daß der König nicht abge­neigt sey, unter sichern Bedin­gun­gen vor Been­di­gung der Ver­satz­jah­re dem Gra­fen sei­ne Graf­schaft wie­der abzu­tre­ten, wor­auf die­ser im Jah­re 1772 bey dem Minis­te­rio um die über­flü­ßi­ge Erlaub­niß nach­such­te, über die Her­bey­schaf­fung der erfor­der­li­chen Gel­der mit den Land­stän­den das Nöti­ge zu ver­ab­re­den. Die­se Erlaub­niß wur­de zwar nicht gege­ben, jedoch vor­ge­dach­te Aeu­ße­rung, aus­weis­lich der Ant­wor­ten vom 22. Jul., 13. Aug. und 14. Octob. 1772 nicht zurück­ge­nom­men, son­dern selbst, nach­dem hier­auf direc­te dem Köni­ge jener Erlaub­niß wegen

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das Nöti­ge vom Herrn Reichs­gra­fen vor­ge­stellt wor­den, auf Königl. Befehl vom Gehei­men­rath von Alvens­le­ben SUB DATO Lon­don den 10. Nov. 1772 dem Gra­fen in Ant­wort eröff­net: „Daß des „Köni­ges Majes­tät, um den Herrn Gra­fen in Stand zu set­zen, von der­je­ni­gen Erklä­rung Gebrauch zu machen, die Sie im Jah­re 1768 dahin hät­ten thun las­sen, daß Sie bereit wären allen­fals vor Ablauf der Con­ven­ti­ons-Jah­re die Beza­lung aller Dero auf der Graf­schaft haf­ten­den For­de­run­gen auf einem Bret­te, und nach vor­gän­gi­ger ein­jäh­ri­ger Loß­kün­di­gung, anzu­neh­men, gesche­hen laßen wol­len, daß der Herr Reichs­graf dar­über durch sei­nen Bevol­mäch­tig­ten mit den Stän­den der Graf­schaft die nöti­ge Rück­spra­che hal­ten laße, ohne daß des Köni­ges Maje­si­ät zur Aus­fin­dig­ma­chung des erfor­der­li­chen Gel­des behüf­lich seyn, son­dern sich dabey pas­siv ver­hal­ten, und aus­drück­lich vor­be­hal­ten woll­ten, vor­ge­dach­te Erlaub­niß, mit den Stän­den Rück­spra­che zu hal­ten, nach Belie­ben wie­der zurück zu neh­men.

Wie aber der Herr Graf nach vie­len stets ange­wand­ten, jedoch immer frucht­lo­sen Bemü­hun­gen, end­lich im Jah­re 1779 so glück­lich war, Gele­gen­heit zu fin­den, die­se Gel­der gegen leid­li­che Zin­sen erhal­ten zu kön­nen, so erhielt Er ganz uner­war­tet und zu sei­nem Befrem­den die Nach­richt: „Daß der König an sei­ne vor­mals gesche­he­ne, aber von dem Herrn Rechs­gra­fen damals unbe-

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nutzt gela­ßene Erklä­rung sich nicht wei­ter gebun­den hiel­te;” und auf eine unterm 30. Jun. 1779 hier­auf an den König erlas­se­ne Vor­stel­lung von dem Minis­te­rio unterm 30. Jul. 1779 eine wie­der­hol­te abschläg­li­che Ant­wort, wor­in unter andern behaup­tet wur­de, „daß die im Jah­re 1768 ‘gesche­he­ne’ (obgleich 1772 wie­der­hol­te) Erklä­rung zu einem bestän­di­gen und (angeb­lich) mit Hin­weg­wer­fung der hin­zu­ge­setz­ten Bedin­gun­gen gel­ten­den PACTO nicht gemacht wer­den kön­ne[“], son­dern, „daß der jet­zi­ge Antrag in der That dahin gin­ge, daß Sei­ne König­li­che Majes­tät einen in Hän­den haben­den gewis­sen und bün­di­gen Con­tract ver­la­ßen, und dage­gen einen andern erst zu machen­den weit­läuf­ti­gen, beschwer­li­chen und unge­wi­ßen sich gefal­len, und auf das Schick­sal ankom­men las­sen soll­te, ob auf sol­chem Wege ein neu­er MODUS RELUENDI wer­de aus­ge­fun­den wer­den, wovon ent­we­der der Vol­zug frucht­loß seyn, oder wel­cher zum wah­ren Bes­ten weder des Gräf­li­chen Hau­ses, noch der Bent­hei­mi­schen Land­stän­de, noch der last­tra­gen­den Unter­ta­nen gerei­chen dürf­te.”

Hier­ge­gen braucht aber nur bemerkt zu wer­den, daß die im Jah­re 1768 gesche­he­ne und 1772 wie­der­hol­te Erklä­rung gar nicht auf eine siche­re Zeit, bin­nen wel­cher sel­bi­ge ihren Bestand haben soll­te, gege­ben, viel­mehr dar­in nur der Zeit wegen bedun­gen wor­den war, daß die Lose ein Jahr vor-

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her gesche­hen soll­te. So dann erhel­let aus dem unterm 30. Jun. 1779 an den König erlas­se­nen Bit­schrei­ben, daß die Befol­gung der gemach­ten Bedin­gun­gen ange­bo­ten, nicht aber dadurch ein ande­rer mit dem 1768 gesche­he­nen strei­ten­der Antrag gethan, son­dern nur um die Erlaub­niß gebe­ten wor­den, die auf der Graf­schaft haf­ten­den, dem Gra­fen vor­ge­streck­ten Gel­der, gegen Zurück­ga­be der Graf­schaft, der gesche­he­nen Erklä­rung gemäß, wie­der zurück zu neh­men. End­lich erhel­let auch aus den von dem Herrn Gra­fen gegen die Chur­han­nö­ve­ri­sche Admi­nis­tra­ti­on geführ­ten Beschwer­den, um der neu­ern Kla­gen der Land­stän­de und Ande­rer hier nicht zu erwäh­nen, wie sehr die wirt­li­che Wie­der­ein­lö­sung zum wah­ren Bes­ten des hoch­gräf­li­chen Hau­ses, der Land­stän­de und der Unter­ta­nen gerei­chen wür­de. Viel­mehr muß man, wenn man den Vor­be­halt, die zur Rück­spra­che mit den Bent­hei­mi­schen Land­stän­den gege­be­ne Erlaub­niß wie­der zurück neh­men zu dür­fen, betrach­tet, und dabey erwä­get, daß, wenn auch so fort die­se ver­stat­te­te Rück­spra­che erfol­get wäre, und ein glück­li­ches Resul­tat ver­spro­chen haben wür­de, die Erlaub­niß dazu eben so wohl zurück genom­men seyn wür­de, als im Jah­re 1779 nach sich erge­be­ner güns­ti­ger Gele­gen­heit die abge­ge­be­ne und mehr­mals wie­der­hol­te Erklä­rung als nicht mehr statt fin­dend hat ange­se­hen wer­den wol­len — - — mit Recht in Zwei­fel zie­hen, ob es auch dem Han­no­ve­ri­schen Minis­te­rio jemals

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Ernst gewe­sen, in die Wie­der­ein­lö­sung der Graf­schaft Bent­heim vor Ablauf der Con­tract Jah­re zu wil­li­gen.

§. 45.

Indes­sen wur­de die­se Wie­der­ein­lö­sung, wie es in dem Schrei­ben des Gehei­men­raths von Alvens­le­ben aus­drück­lich heißt, mit aus der Ursa­che abge­schla­gen, „weil die Ein­rich­tun­gen des Köni­ges in der Graf­schaft Bent­heim auf die noch übri­ge Dau­er des Pfand­schafts-Con­tracts gemacht wor­den, auch ein und ande­re Gegen­stän­de von der Bewand­niß wären, daß sie erst zur sti­pu­lir­ten Relui­ti­ons-Zeit ihre Erle­di­gung am bequems­ten wür­den erhal­ten kön­nen.” Unge­ach­tet nun nicht ein­zu­se­hen ist, wor­in die­se Ein­rich­tun­gen und Gegen­stän­de bestan­den haben sol­len, so sehr die Han­no­ve­risch-Bent­hei­mi­sche Regie­rung die VERPFÄNDUNG auch bey man­chen Gele­gen­hei­ten, nur nicht in den Land­tags-Pro­po­si­tio­nen zu ver­schwei­gen weiß, um ein höhe­res Sub­si­di­um, dem Vor­ge­ben nach, zur Erfül­lung der Ver­bind­lich­kei­ten gegen den Herrn Reichs­gra­fen erhal­ten zu kön­nen, so war doch schon dar­aus zu ver­mu­ten, daß nach erfolg­tem Ablau­fe der Ver­satz­jah­re, der Relui­ti­on nichts wei­ter ent­ge­gen ste­hen wür­de. In die­ser Ver­mu­tung wur­de man noch weit mehr dadurch ver­stärkt, daß ein Paar Jah­re nach­her der Herr Reichs­graf, der es emp­fun­den hat­te, wie lüs­tern

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man zu Han­no­ver nach der Graf­schaft Bent­heim war, sich ver­ge­bens in Pro­po­si­tio­nen zur Ver­län­ge­rung des Pfand­schafts-Con­tracts ein­ließ. Nach­dem näm­lich der Herr Graf zu die­sem Ende im Jah­re 1781 einen Bevol­mäch­tig­ten nach Han­no­ver abge­sandt hat­te, und von die­sem die Pro­po­si­tio­nen zur Ver­län­ge­rung des Pfand­schafts-Con­tracts in einem Pro Memo­ria vom 21 Septbr. dem Minis­te­rio waren vor­ge­tra­gen wor­den, so erfolg­te von die­sen die Ant­wort: „Daß die Fra­ge unbe­rührt gela­ßen wäre, ob die Gräf­li­chen Agna­ten in die vor­ha­ben­de ander­wei­te Über­las­sung der Grafsch. an den König und Con­ti­nua­tion des Con­tracts von 1752 bereits con­sen­tirt hät­ten,” und auf die hier­auf mit­telst eines aber­ma­li­gen P. M. vom 11. Oct. 1781 gesche­he­ne Vor­stel­lung, daß der Herr Reichs Graf den agna­ti­schen Con­sens nicht für nötig ansä­he, unterm 29 Nov. l781 die aber­ma­li­ge abschläg­li­che Ant­wort dahin: „daß ohne den Gräfl. Bent­hei­mi­schen Agna­ti­schen Con­sens zu ver­schaf­fen, und ohne vor­her davon gewiß zu seyn, daß von den Bent­hei­mi­schen Land­stän­den das bis­he­ri­ge Sub­si­di­um auf wenigs­tens ander­wei­te drei­ßig Jah­re wer­de con­ti­nuirt wer­den wol­len, an eine Ver­län­ge­rung des zwi­schen bei­den Thei­len wegen der Grafsch. Bent­heim sub­sisti­ren­den Con­trac­tes nicht zu den­ken sey.” So über­zeugt war man damals zu Han­no­ver, daß der Pfand­schafts-Con­tract nicht aus sich selbst auf aber­ma­li­ge drei­ßig

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Jah­re erneu­ert und erstre­cket wäre, weil man sonst die­se aus­drück­li­che Ver­si­che­rung nicht ver­langt haben wür­de, wovon her­nach mehr.

Die­se von Sei­ten des Minis­te­rii gezeig­te UnWill­fäh­rig­keit, sich auf die vom Herrn Reichs-Gra­fen ange­son­ne­ne Ver­län­ge­rung des Pfand­schafts-Con­tracts ein­zu­las­sen, war daher die Ursa­che, daß der­sel­be beym Ein­trit des letz­ten Ver­satz-Jah­res in einem unterm 4. Dec. 1781 dem Minis­te­rio über­ge­be­nen P. M., nach Vor­schrift des 16. Arti­kels des Pfand­schafts-Con­tracts die Lose that. In die­sem 16. Art. des Pfandsch.-Contr. war näm­lich sti­pu­lirt wor­den, daß NACH VERLAUF DERJENIGENN DREISZIG JAHRE, WORAUF DER CONTRACT GERICHTET wäre, und nach Til­gung des zu Fol­ge des­sel­ben zu thuen­den Vor­schu­ßes, Sei­ne Königl. Maj. und Dero K. Chur­haus sich wei­ter kei­nes Rechts an sel­bi­gem anma­ßen, son­dern das Pfand ohne alle Wider­re­de und Wei­ge­rung wie­der her­aus­ge­ben und abtre­ten woll­te.” Es wur­de auch die­se Lose ver­mö­ge der dar­auf unterm 10. Decbr. 1781 erteil­ten Ant­wort vom Minis­te­rio ange­nom­men; hier­auf, um sel­bi­ge, und die Auf­nah­me des zur Abtra­gung des von Chur-Han­no­ver gesche­he­nen Vor­schu­ßes nöti­gen Kapi­tals zu bewür­ken, von dem Herrn Reichs Gra­fen beym kai­serl. Reichs-Hof­ra­the der ober­lehns­herr­li­che Con­sens nach gesu­chet, und die­ser auch unterm 27. Mai 1782 dahin ertei­let: die Reichs-

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Graf­schaft Bent­heim mit Vor­wi­ßen und Ein­wil­li­gung des Herrn Reichs-Gra­fen von Bent­heim STEINFURT auf ander­wei­te drei­ßig Jah­re ver­pfän­den zu dür­fen; eine Frist, wel­che die natür­li­che Aus­le­gung mit sich führ­te, daß die Ein­lö­sung zwar frü­her, aber nicht spä­ter erfol­gen dürf­te, da Ver­set­zung der Leh­ne gewiß kein Vor­teil für sel­bi­ge ist.

Nun konn­te die an Chur-Han­no­ver ver­pfän­de­te Lan­des­ho­heit der Graf­schaft Bent­heim auf dop­pel­te Art wie­der ein­ge­lö­set wer­den, näm­lich ent­we­der durch baa­re Erle­gung des Pfand­schil­lings, nach Vor­schrift des 16. Artik. des Pfand­schafts-Contr., oder durch die Aus­übung des in Gemäs­heit des zwey­ten Sepa­rat Arti­kels sti­pu­lir­ten Näher­rechts, so daß gegen die zu tref­fen­den Bedin­gun­gen der pfand­schaft­li­che Vor­schuß auf der Graf­schaft ste­hen blie­be, die Lan­des­ho­heit der­sel­ben aber zurück gege­ben wür­de. Es hat­te sich näm­lich der Graf in die­sem Sepa­rat Arti­kel für sich, sei­ne Erbe [lt. Druck­feh­ler­ver­zeich­nis muss es hier hei­ßen: Erben] und Erb­neh­mer ver­bun­den, daß, wofern Er oder Sie die Sr. Königl. Maj. ver­setz­ten Gräfl. Län­der oder Güter nach Ver­flie­ßung der Con­ven­ti­on ander­weit zu ver­hy­po­the­zi­ren, zu ver­pfän­den, oder zu ver­schrei­ben, oder gar zu ver­kau­fen dem­nächst resol­vi­ren soll­ten, so dann Sr. K. Maj., Dero Erben und Nach­kom­men das Näher­recht dar­an zu ste­hen soll­te. In die­ser Rück­sicht ver­fehl­te der Herr

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Reichs-Graf nicht, jetzt sei­nen Ent­schluß der ander­wei­ten Ver­hy­po­the­zi­rung der Grafsch. dem Minis­te­rio zur rech­ten Zeit zu eröf­fe­nen [sic!], u. dem­sel­ben in einem von Ihm und sei­nem hohen Herrn Agna­ten, der übri­gens an kei­nen [sic!] Ver­spre­chen gebun­den war, die sich wei­ter als auf die Per­son des dama­li­gen Gra­fen von Bent­heim erstreck­ten, unterm 7. Oct. 1782 über­ge­be­nen Pro Memo­ria zu erken­nen zu geben, daß er die­je­ni­ge Sum­me, wor­über der Kai­serl. Con­sens ert­heilt wor­den, bey Pri­vat­per­so­nen zu vier­te­halb und respec­ti­ve vier Pro Cent zu erhal­ten wüs­te, zugleich aber anheim zu geben, ob der König gegen siche­re dabey bemerk­te Bedin­gun­gen, und zwar vor­züg­lich, daß dem Herrn Reichs Gra­fen die Regie­rung über sei­ne Grafsch. wie­der über­la­ßen wür­de, die Gel­der fer­ner auf der­sel­ben ste­hen las­sen woll­te. Hier­auf ant­wor­te­te aber das Minis­te­ri­um unterm 26. Nov. 1782. „Daß man es auf unge­fehr­li­che Bedin­gun­gen und Trac­ta­ten nicht kön­ne ankom­men las­sen, son­dern einen wirk­li­chen Con­tract ver­lan­ge.” Dage­gen wur­de Dem­sel­ben zwar vor­ge­stel­let: wel­che über­mä­ßi­ge und gar dop­pel­te Zins­za­lung nebst sons­ti­gem Scha­den dar­aus ent­ste­hen wür­de, wenn wegen Auf­nah­me der oberst­lehn­herr­lich ver­wil­lig­ten Sum­me wirk­lich ein bün­di­ger Con­tract mit den Dar­leh­nern ein­ge­gan­gen wür­de und hier­auf erst der König gut fin­den wür­de, sich des aus­be­dun­ge­nen Näher­rechts zu bedie­nen; es erging aber den­noch unterm 17. Dec.

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1782 die Minis­te­ri­al-Reso­lu­ti­on dahin: „daß der König I. auf den Zeit­punct, da die bis­he­ri­gen Pfand­schafts-Jah­re abge­lau­fen, die völ­li­ge Abtra­gung der Schuld, mit­hin sei­ne völ­li­ge Befrie­di­gung zu ver­lan­gen, und 2. im Fal­le die Grafsch. ander­weit ver­hy­po­the­zirt, ver­schrie­ben, ver­pfän­det oder gar ver­kauft wer­den soll­te, das Näher­recht aus­zu­üben hät­te.” Eine Aeu­ße­rung, die dem ange­führ­ten Sepa­rat Arti­kel ganz ent­ge­gen war, als wel­cher nicht ent­hielt, daß der Herr Reichs­graf von Bent­heim sei­ne ver­setz­ten Lan­der und Güter wirk­lich ander­wärts ver­hy­po­the­zi­ren, ver­pfän­den oder gar ver­kau­fen müß­te, und dem Köni­ge als­dann das Näher­recht dar­an zuste­hen soll­te, son­dern mit dür­ren Buch­sta­ben besag­te, daß, wenn der Graf sich dazu resol­vi­ren soll­te, als­dann jenes Näher­recht statt haben soll­te. Wor­aus folg­lich von selbst her­vor­ging, daß, so bald der Herr Graf sei­ne des­fal­si­ge Erklä­rung zu erken­nen gege­ben hat­te, auch von Sei­ten des Köni­ges die Ant­wort hät­te erfol­gen müßen: ob man die Wie­der­be­za­lung der rück­stän­di­gen Gel­der erwar­ten, oder sich des Näher­rechts bedie­nen wolIe, oder lie­ber, daß man Letz­te­res anneh­men woll­te, da hier­auf der Antrag gesche­hen war.

Allein obgleich nach Recht und Bil­lig­keit Nichts mehr erfor­dert wer­den konn­te, als eine Bekant­ma­chung [sic!] der Bedin­gun­gen, unter wel­chen der Herr Reichs-Graf sei­ne Graf­schaft und sei­ne Ein-

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künf­te ander­weit zu ver­set­zen resol­virt und vor­ha­bens wäre, so war doch weder das Eine noch das Ande­re ver­mö­gend, bey dem Minis­te­rio einen beßern Ein­druck zu machen und die ver­lang­te Erklä­rung zu bewür­ken, wel­cher der Graf doch um des­to unge­zwei­fel­ter hat­te ent­ge­gen sehen kön­nen, als es mit der ihm vom König ver­spro­che­nen Zunei­gung für die auf­nah­me des Hoch­gräfl. Hau­ses und die Wohl­fahrt der Graf­schaft, wovon der Pfand­schafts-Con­c­tract und Pfand­schafts-Exe­cu­ti­ons-Receß die deut­lichs­ten Pro­ben an den Tag legen, so wie zu die­sem heil­sa­men End­zwe­cke die gan­ze Ver­pfän­dung auch gesche­hen war, nicht wohl zu ver­ein­ba­ren ist, daß der König durch Ein­ge­hung des­ag­ten [sic!] Sepa­rat Arti­kels den Herrn Gr. in sol­che her­be, den­sel­ben zu sei­ner Zeit höchst nacht­hei­li­ge, ja uner­träg­li­che Bedin­gun­gen hät­te set­zen, dadurch mit­hin ihm die Wie­der­ein­lö­sung sei­ner Lan­de und Güter so beschwer­lich machen, ja sel­bi­ge ihm wäh­rend sei­ner Lebens­ta­ge vor­ent­hal­ten wol­len. Wobey es jedem Unpar­tei­ischen ein­leuch­ten muß, daß nach wirk­lich abge­schlo­ße­nen Haupt-Con­trac­te der Herr Reichs-Graf den Sepa­rat Arti­kel, wenn man dem­sel­ben damals solch unsin­ni­ge Deu­tung gege­ben hät­te, nicht ein­ge­gan­gen seyn wür­de. Denn da der Pfandsch. Con­tract der Haupt-Ver­trag, die Sepa­rat Arti­kel hin­ge­gen hin­zu­ge­füg­ter Eigen­schaft waren, so muß Jener aus die­sen, nicht aber umge­kehrt erklä­ret wer­den. Deut­li­cher, im Pfandsch.-Contr. war die

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Lose mit baa­rem Gel­de vor­be­hal­ten, in jenem Sepa­rat Arti­kel noch näher bedun­gen wor­den, daß das dazu nöti­ge ohne Hypo­the­ken wohl nicht zu erhal­te­ne Geld auf die Grafsch. Bent­heim nego­zi­irt wer­den könn­te, Chur-Han­no­ver aber hier­zu ein Näher­recht haben soll­te, wenn es die Bedin­gun­gen eines jeden andern Dar­leh­ners oder Käu­fers ein­ge­hen woll­te. Die­se Erklä­rung grün­der [sic!] sich auf den Rechts­sät­zen, daß durch Schlie­ßung der Ver­trä­ge bei­de con­trahi­ren­de Thei­le ihren Nut­zen zu beför­dern suchen, daß nicht ein Theil allein sein Leo­ni­ni­sches Bes­te aus dem Ver­der­ben des Andern schöp­fen kann und daß das gehä­ßi­ge Näher­recht von der enges­ten Ein­schrän­kung ist. Alle ande­re dar­aus zu erzwin­gen­de Erklä­run­gen konn­te der hoch­see­li­ge Graf ohne Con­sens des Reichs-Ober­haup­tes und sei­ner hohen Agna­ten nicht ein­ge­hen, am wenigs­ten zum Vor­tei­le der Chur Han­no­ver, da die Kro­ne Eug­land [sic!] den Bie­le­fel­di­schen Ver­trag gua­ran­ti­ret hat, wor­in die Suc­ces­si­ons-Ord­nung im Hau­se Bent­heim zum Ueber­flu­ße noch bestim­met ist. — - — Sonst ist der­ma­len die­ser Sepa­rat Arti­kel frei­lich von kei­ner Erheb­lich­keit mehr, da es dem ers­ten gesam­ten Pfandsch.-Vertrage mit allen sei­nen Neben-Arti­keln an der Kai­serl. Bestä­ti­gung und an dem hoch­gräf­lich Bent­hei­mi­schen Agna­ti­schen Con­sen­se erman­gelt, wor­auf doch Chur Han­no­ver selbst bey Erneue­rung der Pfand­schaft so sehr drang. — - Wäre hier­über sonst noch eine Con­tro­vers (zu)

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erdenken, so wäre dar­über, aller Pri­vi­le­gi­en der Aus­wahl der Gerichts-Instan­zen des Hau­ses Braun­schweig unge­ach­tet, der Kai­serl. Reichs­hof­rath der ein­zi­ge höchs­te com­pe­ten­te Rich­ter, da es hier ein gan­zes Reichs­lehn, und die bedenk­li­che Fra­ge betrift [sic!], ob die Grafsch. Bent­heim dem hoch­gräfl. Hau­se von einem zeit­li­chen mäch­ti­gern Pfand­herrn, der wei­ter kei­ne Rech­te dar­auf hat, auf immer vor­ent­hal­ten wer­den soll oder nicht, und ob min­der mäch­ti­ge aus grö­ßern Häu­sern ent­spro­ße­ne Reichs­stän­de zu Ost­in­di­schen Nabobs einer Eng­li­schen Han­dels-Com­pa­gnie her­un­ter sin­ken sol­len oder nicht. — - — Man ver­zei­he die­se Ver­glei­chung, da Lon­don und Han­no­ver das Bent­hei­mi­sche Haus und Land zu sehr miß­han­delt haben, so wenig der aller­höchs­ten Haupt­per­son in die­sem Trau­er­spie­le auch davon die Schuld bey­ge­mes­sen wer­den kann. Aller bis­he­ri­gen rechts­wid­ri­gen Hand­lun­gen setz­te das Han­no­ve­ri­sche Minis­te­ri­um noch kein Ziel und Maß, als es auf ein aber­ma­li­ges P. M. vom 10. Nov. 1782 unbe­stim­te, dem Pfand­schafts Ver­tra­ge wider­spre­chen­de Reso­lu­tio­nen erteil­te, wodurch es sei­nem Pla­ne gemäß das letz­te Ver­satz-Jahr frucht­loß ver­strei­chen ließ.

Nun aber glaub­te es Zeit zu seyn, aus sei­nem arg­lis­ti­gen Hin­ter­hal­te her­vor zu bre­chen, und ließ an den Herrn Reichs-Gra­fen so wohl, als an die Regie­rung zu Bent­heim eine Reso­lu-

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tion erge­hen, wel­che dahin lau­te­te: „Daß nach Vor­schrift des l6ten Arti­kels des Pfand­schafts-Con­tracts, wegen nicht erfolg­ter Befrie­di­gung, der Ver­satz nun­mehr IPSO FACTO erneu­ert und erstreckt sey.” Es wur­de aber dabey die gehof­te [sic!] Erklä­rung nicht ert­heilt, auf wel­che Art die Befrie­di­gung ver­langt wür­de, und noch weni­ger der wesent­li­che Inhalt des besag­ten Arti­kels, daß der Ver­satz nur bis zur VERTRAGSMÄSZIGEN Befrie­di­gung erstreckt und erneu­ert seyn soll­te, berüh­ret.

Obgleich näm­lich in die­sem l6ten Arti­kel Nichts wei­ter sti­pu­lirt wor­den war, als daß der Ver­satz nach Ablauf von drei­ßig Jah­ren IPSO FACTO bis zur CONTRACTMÄSZIGEN Befrie­di­gung, im Fal­le die­se als­dann nicht erfol­gen soll­te, erneu­ert und erstreckt seyn soll­te, folg­lich die­ser Arti­kel nur die­je­ni­gen Befug­ni­ße ent­hielt und erklär­te, wel­che nach gemei­nen Rech­ten und dem Begrif­fe des Pfand­rechts jedem Pfand­gläu­bi­ger dahin zusteht, das Pfand so lan­ge, bis die Abtra­gung der Schuld, zu deren Sicher­heit es bestellt war, erfolgt ist, oder kurz gesagt, solan­ge die Ursa­che des Pfand-Rechts fort dau­ert, behal­ten zu dür­fen, und also, wenn auch hier­über im Pfand­schafts-Con­trac­te Nichts aus­ge­macht wor­den wäre, den­noch die Des­po­si­ti­on der gemei­nen Rech­te hät­te zur Richt­schnur die­nen müßen, so hat doch das Minis­te­ri­um dar­aus Anlaß ge-

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nom­men, wie­wohl nicht gra­de her­aus, son­dern mit Ver­schwei­gung der der Sache eigent­lich oblie­gen­den Wor­te: bis zur völ­li­gen con­tract­mä­ßi­gen Befrie­di­gnng [sic!] Sr. Königl. Majes­tät, zu behaup­ten, daß der Ver­satz zu Ende des letz­ten Ver­satz-Jah­res ander­weit unbe­stimt, und also auf drei­ßig Jah­re aber­mals erneu­ert und erstreckt seyn soll­te. Allein die­ser Aus­le­gung des Han­nö­ve­ri­schen Minis­te­rii steht nicht nur die im besag­ten 16. Art. ent­hal­te­ne, mit den gemei­nen Rech­ten und der Bil­lig­keit über­ein­stim­men­de Ver­ein­ba­rung ent­ge­gen, son­dern es erge­ben auch dage­gen die König­li­chen und Hoch­gräf­li­chen bey Über­tra­gung der Graf­schaft erlas­se­nen Plac­ca­te [sic!] des Meh­rern, wie und wel­cher Gestalt besag­ter 16. Art. und die dar­in zum Ueber­flu­ße gedach­te Erneue­rung und Erstre­ckung des Ver­sat­zes, so wohl König­li­cher als Gräf­li­cher Sei­te, damals ver­stan­den wor­den, indem in Bey­den sich ganz deut­lich aus­ge­drückt fin­det: „Daß die Grafsch. Bent­heim mit allen ihren Rech­ten und Gerech­tig­kei­ten auf drei­ßig nach ein­an­der fol­gen­de Jah­re, und bis dahin NB. daß der von Sei­ner König­li­chen Majes­tät zu thuen­de Vor­schuß wie­der abge­legt seyn wür­de, zum wirk­li­chen Pfand­be­sit­ze und Genu­ße über­tra­gen wordeu [sic!].” Außer­dem ist auch in dem ange­zo­ge­nen Sepa­rat Arti­kel, wel­cher nach sei­nem Inhal­te eben die Kraft und Ver­bind­lich­keit haben soll­te, als wenn er der Haupt-Con­ven­ti­on ein­ver­leibt wordeu [sic!], mit

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dür­ren Wor­ten aus­ge­drückt: „Daß, wenn der Herr Reichs­graf nach Ablauf der Con­ven­ti­on sei­ne ver­setz­ten Län­der und Güter ander­wärts zu ver­hy­po­the­zie­ren, zu verv­fän­den dem­nächst resol­virt seyn soll­te,” wor­aus der Lage der Sache nach nichts Ver­ständ­li­che­res und mit der gesun­den Ver­nunft Ueber­ein­stim­mer­en­des kann gefol­gert wer­den, als daß es dem Gra­fen unbe­nom­men seyn soll­te, nach Ver­flie­ßung der Con­ven­ti­on, das ist, nach Ablauf der in dem Pfand­schafts-Con­trac­te ver­ein­bar­ten und fest gesetz­ten drei­ßig Jah­re sei­ne ver­setz­ten Län­der und Güter, mit Vor­be­halt des dem Köni­ge dar­an zuge­stan­de­nen Näher­rechts, zu ver­pfän­den und zu ver­schrei­ben.

Es kann also dem von dem Chur Han­nö­ve­ri­schen Minis­te­rio, wie­wohl nicht gra­de her­aus, son­dern viel­mehr mit Ueber­ge­hung der Wor­te: BIS ZUR VÖLLIGEN BEFRIEDIGUNG behaup­te­ten Sat­ze, daß der Ver­satz schlech­ter­dings erneu­ert und ver­län­gert sey, mit­hin bin­nen der ander­wei­ten 30 Jah­re ein Abtrag des Vor­schu­ßes nicht Platz fin­den kön­ne, von kei­nem Unbe­fan­ge­nen und die Sache nach ihrer Lage ein­se­hen­den ver­nünf­ti­gen Men­schen bey­ge­flich­tet [sic!] wer­den. Viel­mehr erhel­let aus obi­ger mit dem Sin­ne und den Wor­ten des Sepa­rat Arti­kels über­ein­stim­men­den Aus­füh­rung deut­lich, daß das zuge­stan­de­ne Näher­recht, in der in der Natur der Sache lie­gen­den

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gung, daß dar­in von kei­ner wirk­li­chen Ver­pfän­dung, son­dern nur von einer Reso­lu­ti­on oder einem Vor­ha­ben, die Güter zu ver­set­zen, die Rede ist, nicht als existi­rend beur­tei­let und der Fall einer wirk­li­chen Ver­pfän­dung zum Grun­de gele­get wer­den kön­ne, son­dern der erst zu neh­men­den Reso­lu­ti­on gemäß aus­zu­üben sey. Es ergie­bt sich folg­lich dar­aus von selbst, daß das Minis­te­ri­um sich nach Recht und Bil­lig­keit, vor wie nach nicht ent­zie­hen konn­te, die nach­ge­such­te Erklä­rung abzu­ge­ben, ob es die­je­ni­gen Con­di­tio­nen, unter wel­chen der Herr Reichs Graf die von Kai­ser­li­cher Majes­tät con­sen­tir­te Geld­sum­me ander­wärts zu nego­ti­iren vor­ha­bens war, anzu­neh­men sich ent­schlie­ßen, oder lie­ber den Abtrag der vor­ge­streck­ten Gel­der erwar­ten woll­te. Indes­sen ver­an­laß­te die­ser Vor­gang den Herrn Reichs Gra­fen, mit Ein­wil­li­gung des Köni­ges einen Abge­ord­ne­ten nach Han­no­ver zu sen­den, in der Absicht, mit dem Minis­te­rio eine Ver­ei­ni­gung zu tref­fen und dadurch die­ser Pfand­schafts Ange­le­gen­heit ein güns­ti­ges Ende zu geben. Unge­ach­tet aber damals die wie­der­hol­tes­ten drin­gends­ten Vor­stel­lun­gen gescha­hen, die dem Pfandsch.-Vertrage durch­aus ange­mes­sen waren, so blieb doch das Minis­te­ri­um bey der ein­mal gefaß­ten Reso­lu­ti­on ste­hen, und erklär­te sich über die Aus­übung des Näher­rechts nicht. Bey die­ser Lage der Sache blieb also der Herr Graf noch immer außer Stan­de, zur Auf­nah­me der benö­tig-

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ten Geld­sum­me, und zum Abtra­ge des Pfand­schil­lings zu schrei­ten, wohin­ge­gen der Erfolg jener so kost­ba­ren Absen­dung kein and­rer war, als daß man dadurch die bis­her zurück gehal­te­ne Gesin­nung des Minis­te­rii näher ent­deck­te, einen Acti­en Han­del mit einem Reichs-Gebie­te trei­ben zu wol­len. Aus einem P. M. des­sel­ben vom 16. June [sic!] 1783 muß­te näm­lich der Graf wahr­neh­men, daß das Minis­te­ri­um kei­ne ande­re Absicht hat­te, als die Graf­schaft noch fer­ner­hin inne zu behal­ten, und die­se Absicht auf Grün­de zu stüt­zen, die doch gewis dem Wort­ver­stan­de des Pfandsch.-Vertrags nicht ange­mes­sen waren, dabey auch weder mit dem Sin­ne der ehe­ma­li­gen Con­tra­hen­ten, noch aus den ein­schla­gen­den gesetz­li­chen Ver­ord­nun­gen erläu­tert wer­den mog­ten [sic!].

Bey die­sem vor­wal­ten­den Miß­ver­stan­de hielt es daher der Herr Graf für gut, sich mit einer Vor­stel­lung gra­de an den König zu wen­den, ihm den gan­zen Her­gang der Sache dar­zu­stel­len, und sich ein con­tract­mä­ßi­ges Ver­fah­ren des Minis­te­rii zu erbit­ten. Nach­dem er aber auch da nach dem Bey­spie­le Aller, die jemals über das Han­nö­ve­ri­sche Minis­te­ri­um zu kia­gen [sic!] hat­ten, uner­hört geblie­ben war, und sich hier­auf ver­ge­bens um eine Kai­serl. Inter­ces­si­on bey dem Lon­do­ner Hofe bemü­het hat­te, als wel­che ihm aus der Ursa­che ver­wei­gert wur­de, weil der ein­ge­gan­ge­ne Pfand­schafts-Con­tract ohne Kai­serl. Bewil­li-

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gung geschlos­sen wor­den, und daher für nich­tig gehal­ten wur­de, so wur­de mit­telst einer im Mai 1784 über­ge­be­nen Vor­stel­lung bey dem Kai­serl. Reichs-Hof­ra­te gebe­ten, durch ein an den König von Eng­land, als Chur­fürs­ten von Han­no­ver zu erlas­sen­des Rescript die Abge­bung einer Erklä­rung zu gesin­nen [sic!], ob Der­sel­be die Bedin­gun­gen ein­ge­hen, oder aber die Wie­der­be­za­lung der noch rück­ste­hen­den Gel­der anneh­men wol­le. Es erhel­let aber nicht, daß die­se Vor­stel­lung von Erfolg gewe­sen sey, son­dern das Ein­lö­sungs-Geschäft ist seit die­ser Zeit nicht wei­ter betrie­ben wor­den.

§. 46.

Unge­ach­tet nun aber auf die­se Art die Graf­schaft Bent­heim auch nach Ablauf der Ver­satz-Jah­re bis jetzt ver­pfän­det geblie­ben ist, so sind den­noch vor wie nach die dar­auf haf­ten­den Domä­nen-Schul­den, so wenig wie die durch die Krie­ge­ri­schen Umstän­de, des Han­nö­ve­ri­schen zeit­li­chen Nexus wegen, noch ver­mehr­ten enor­men Lan­des­schul­den, nicht abbe­zah­let wor­den, obschon von den ver­setz­ten Domä­nen Meh­re­re als vor­her, jedoch auch bey Wei­tem nicht Alle ein­ge­lö­set wur­den. So geschah im Jah­re 1786 eine Ein­lö­sung von l600 Rthlrn., im Jah­re 1788 eine von 7680 Rthlrn., im J. 1790 eine von 1000 Rthlrn., im Jah­re 1791 eine von 288 Rthlrn., so wie ohne Anfüh­rung des Jahrs eine von 120 Rthlrn.

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hol­län­disch. Der Fond hin­ge­gen hat sich seit dem Jah­re 1792 dadurch ver­rin­gert, daß von den Lan­des­stän­den nicht mehr das vori­ge Sub­si­di­en-Quan­tum von vier­zehn­tau­send ein­hun­der [sic!] acht und zwan­zig Reichs­tha­lern jähr­lich, als wel­ches Sie, unge­ach­tet es nach Ablauf der Ver­satz­zeit nicht fer­ner fixirt wor­den ist, den­noch bis zu jenem Jah­re bewil­lig­ten, ver­langt wor­den, son­dern man sich in die­sem und den fol­gen­den Jah­ren mit einer, in eini­gen Jah­ren um meh­re­re tau­send Reichs­tha­ler gerin­gern Sum­me begnü­get hat. Was aber die Admi­nis­tra­ti­on der Grafsch. betrift [sic!], so ist sel­bi­ge nach Ablauf der Ver­satz­zeit nicht ver­be­ßert, son­dern so gar noch ver­schlim­mert wor­den, indem in allen obi­gen Beschwer­den kei­ne Reme­dur erfolgt ist. Denn das Hau­en des bes­ten Eichen­hol­zes hat jähr­lich zuge­nom­men; die bei­den Schloß-Gär­ten und die dar­in befind­li­chen Obst­bäu­me und Hecken sind gänz­lich ver­wil­dert. Der Schlich­mar­teich, aus wel­chem 1753 die Fische beym Abla­ßen für einen gerin­gen Preis ver­kauft wur­den, und 88 Gul­den auf­brach­ten, die Steck­horst-Tei­che, wel­che 1754 gefischt wor­den waren, und 16 Rthl. 18 Stbr. auf­ge­bracht hat­ten, so wie der Kar­pen­teich und die sie­ben Tei­che im Schloß­gar­ten, des­glei­chen der Krick­mar­teich, wel­cher sonst hun­der­te Pfun­de an Fische gelie­fert hat­te, sind jetzt ganz­lich zuge­san­det. Was end­lich ins­be­son­de­re die Beschwer­den über die Regie­rung und das Forst­amt betrift, so wur­den sel­bi­ge auf von

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den­sel­ben an das Minis­te­ri­um zu Han­no­ver erstat­te­te ein­sei­ti­ge Berich­te im Jah­re 1784 für unge­grün­det erklä­ret da doch dem Herrn Reichs-Gra­fen von Bent­heim bey sei­ner Anwe­sen­heit in Han­no­ver münd­lich von den Minis­tern ver­si­chert wor­den war, daß die­se Beschwer­den unter­sucht wer­den soll­ten, und der viel­fäl­tig von den Lan­des­stän­den und Unter­ta­nen ein­ge­schick­ten Kla­gen unge­ach­tet vor­ge­ge­ben, daß von sel­bi­gen noch kei­ne Beschwer­den ein­ge­lau­fen wären.

Mit den Gräfl. Gebäu­den, da die sonst so schö­ne Burg Alte­na zu Schüt­torf seit der Han­nö­ve­ri­schen inte­ri­mis­ti­schen Regie­rung ein Schut­hau­fe gewor­den, ist es so weit gekom­men, daß kei­ne Lan­des­herr­li­che Resi­denz in der gan­zen fürst­li­chen Grafsch. Bent­heim mehr in Wesen ist. Das ehe­ma­li­ge Wun­der West­pha­lens, das Schloß zu Bent­heim wur­de im Jah­re 1795 von den Han­no­ve­ra­nern zum Larar­et ein­ge­rich­tet, wodurch die Zim­mer mit allen dar­in befind­li­chen schö­nen Möbeln völ­lig rui­nirt wur­den, und Letz­te­re größ­ten Thei­les abhan­den kamen, hier­auf so gar for­ti­fi­zi­ret und gegen die Fran­zö­si­sche Armee ver­tei­di­get, woge­gen so man­che heu­ti­ge Fes­tung nicht hat­te bestehen kön­nen, von die­ser aber durch ein hef­ti­ges Bom­bar­de­ment in den Grund­ge­scho­ßen; ist hier­auf bis jetzt rui­nirt lie­gen geblie­ben, und dadurch, daß aller Remon-

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stra­tio­nen auch der Lan­des-Stän­de uner­ach­tet uicht [sic!] die gerings­te Repa­ra­tur dar­an vor­ge­nom­men wor­den, noch weit mehr ver­fal­len. Zum Tros­te aller Drangsa­le des sie­ben­jäh­ri­gen Krie­ges, wor­in die Fran­zo­sen das Bent­hei­mi­sche als ein Han­no­ve­ri­sches Land behau­delt [sic!] hat­ten, und des Bey­spiel­lo­sen Jet­zi­gen, wor­in eine zahl­rei­che Fran­zö­si­sche Armee die ali­ir­te Armee, wovon die sogen­an­ten Emi­gran­ten-Corps das Bent­hei­mi­sche hart mit­nah­men, die gan­ze Grafsch. durch ver­folg­te, so dann sich zahl­reich in Neu­en­haus und in der Nie­der­graf­schaft auf lan­ge Zeit ein­quar­tir­te, for­der­te nun der zeit­li­che Han­nö­ve­ri­sche Pfand­herr, des­sen recht­mä­ßi­ger inte­ri­mis­ti­scher Besitz der Graf­schaft schon lan­ge geen­di­get war, von der­sel­ben einen enor­men Bey­trag zu den Kos­ten der Demar­ca­ti­ons-Linie, wovon sie nicht den gerings­ten Nut­zen hat­te und nicht dazu, so wenig als die ste­ten Hes­si­schen Per­ti­nenz­i­en in West­pha­len, gehör­te, und glaub­te den­sel­ben unter Bedro­hun­gen mit mili­tä­ri­scher Exe­cu­ti­on wider die ver­wei­gern­den Lan­des-Stän­de erpres­sen zu kön­nen. Eine sol­che Befug­niß eines zeit­li­chen Pfand­herrn zu einer so drü­cken­den Schat­zung, wovon der Herr Reichs-Graf und das Hoch­gräf­li­che Bent­hei­mi­sche Haus nicht den gerings­ten Nut­zen hat­ten, war um des­to uner­hör­ter, da auf dem Con­gres­se zu Hil­des­heim, wor­auf die gan­ze Affä­re der Demar­ca­ti­ons-Linie ver­han­delt und der frei­wil­li­ge Bey-

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trag der dazu bey­ge­tre­te­nen Reichs­stän­de, fest­ge­setzt­wor­den [sic!] war, der Reichs-Graf­schaft Bent­heim, die von Han­no­ver kei­nes Weges exi­mi­ret wird, im Min­des­ten nicht erwäh­net wor­den war, und ohne Con­sens des Herrn Reichs-Gra­fen, da kein Reichs-Gesetz dazu ver­pflich­te­te, nicht erwäh­net wer­den konn­te; wenn dann auch die Bent­hei­mi­schen Con­corda­ten, zu Fol­ge wel­cher alle Erhö­hung der Schat­zun­gen, Auf­la­gen u. s. w. ein­stim­mig bewil­li­get wer­den müßen, hier in Betracht kamen. Das Betra­gen des Han­no­ve­ri­schen Minis­te­rii war übri­gens auch hier um des­to schrei­en­der unge­recht, da es die Bent­hei­mi­schen Stän­de für ihre mit der Fran­zö­si­schen Gene­ra­li­tät geschlo­ße­ne, und von der­sel­ben stets respec­tir­te Neu­tra­li­tät, obschon man im Bent­hei­mi­schen noch für die Eng­li­sche Armee hat­te wer­ben wol­len, wie die Fran­zö­si­sche schon in Anmarsch aus dem benach­bar­ten Hol­län­di­schen war, fei­er­lich gedankt hat­te. Ein durch die Noth gerecht­fer­tig­ter Schritt, weil die Bent­hei­mi­sche Regie­rung sich damals ent­fernt hat­te, der aber jetzt mit den Ber­lep­si­schen Hän­deln nicht zu ver­ei­ni­gen war, wovon ein drit­tes einem Andern gehö­ri­ges Land ein Opfer wer­den soll­te I). End­lich schie­nen die Bent­hei­mi­schen Sachen eine güns­ti­ge­re Lage erhal­ten zu kön­nen, da der zu Paris sich schon lan­ge auf­ge­hal­ten haben­de Herr Reichs-Graf von

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I) Wie­wohl die Fran­zö­si­sche Regie­rung die Bent­hei­mi­sche Neu­tra­li­tät rati­fi­zier­te.

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Bent­heim, weil ihm sein Land zuwi­der gemacht wor­den war, den 6. Apr. 1797 den Herrn Reichs-Gra­fen von Bent­heim-Stein­furt, als unbe­zwei­fel­ten Erben bevol­mäch­tig­te, Alles, was ihn in der die Graf­schaft Bent­heim betref­fen­den Ange­le­gen­hei­ten con­cer­ni­ren könn­te, in sei­ner Abwe­sen­heit wahr­zu­neh­men, und mit­telst einer beson­dern Vol­macht vom 4. Sept, 1797 noch die Ein­lö­sung der ver­setz­ten Domä­nen über­trug. Eo wie die ers­te­re Bevol­mäch­ti­gung von Chur Han­no­ver ohne Anstand ange­nom­men wur­de, eben so hät­te man auch glau­ben sol­len, daß Letz­te­re kei­nen Schwie­rig­kei­ten von die­ser Sei­te aus­ge­setzt seyn wür­de, indem sich aus der von Chur-Han­no­ver bis­her con­tract­wid­rig, und meh­re­rer gesche­he­nen Erin­ne­run­gen unge­ach­tet unter­la­ße­nen Ein­lö­sung gewiß nichts Anders konn­te schlie­ßen las­sen, als daß es ihr um eine sol­che ihrem Inter­es­se nicht ent­spre­chen­de Ein­lö­sung nicht zu thun sey, weil sie die­se Ein­lö­sung sonst gewiß längst wür­de vor­ge­nom­men haben. Wider alle Erwar­tung aber schlug sie die Ein­lö­sung, wel­che sie viel­leicht jeden Andern wür­de haben vor­neh­men las­sen, dem Herrn Reichs-Gra­fen von Bent­heim-Stein­furt aus Grün­den ab, die dem Pfand­schafts-Exe­cu­ti­ons-Reces­se, wor­auf sie sich dabey bezog, gra­de zuwi­der waren, und ver­riet eben dadurch, daß sie ihr Inter­es­se dabey habe, damit die auf der Graf­schaft Bent­heim haf­ten­den Schul­den con­tract wid­rig dar­auf ste­hen blie­ben, da

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doch dem Herrn Reichs-Gra­fen von Bent­heim-Stein­furt 1752 ver­spro­chen wor­den war, daß auf die in dem Pfand­schafts-Con­trac­te ver­ab­re­de­te, und in dem Pfand­schafts-Exe­cu­ti­ons-Reces­se auf die Ein­lö­sung der ver­setz­ten Domä­nen exten­dir­te, Art und Wei­se die Graf­schaft Bent­heim bin­nen der dazu damals erfor­der­li­chen Jah­re Schaar, von den alten bis­he­ri­gen Schul­den frey gemacht wer­den soll­te.

§. 47.

End­lich starb Graf Fried­rich Karl am neun­zehn­ten Febr. 1823 zu Paris, woselbst Er sich seit 1790 auf­ge­hal­ten hat­te. Er war mit einer Fran­zö­si­schen Mar­qui­se Marie Loui­se von Bour­non­ville ver­mählt gewe­sen, so daß sei­ne Nach­kom­men­schaft in unsern Tagen, da die Reichs­ge­set­ze etwas bestim­ter die Ver­mä­lun­gen hoher Häu­ser fest­ge­setzt haben, wohl schwer­lich zur Suce­es­si­on [sic!] in die Grafsch. Bent­heim gelangt seyn wür­de, da die nun­meh­ri­ge Bent­heim Stein­fur­ti­sche Voll und Eben­bür­tig­keit durch die Alli­an­zen mit den Häu­sern Horn, Lip­pe, Nas­sau-Sie­gen und Hol­stein-Glücks­burg so auf­fal­lend dage­gen her­vor­sticht.

Allein Er starb als Wit­wer Kin­derloß [sic!] und gab ein Bey­spiel, daß unge­rech­tes Gut nicht auf

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den vier­ten Erben kömt. Ver­mö­ge der bestehen­den Erb­ver­ei­ni­gung, sons­ti­ger Haus-Ver­trä­ge und Kai­ser­li­cher Mit­be­leh­nung fiel dadurch die Suc­ces­si­on an des­sen nächs­ten Agna­ten den Herrn Reichs-Gra­fen LUDWIG von Bent­heim-Stein­furt, der schon bey des­sen Leb­zei­ten als Nach­fol­ger mehr­mals von Chur Han­no­ver aner­kant wor­den war. Sel­bi­ger ließ gleich nach erhal­te­ner Nach­richt von dem Able­ben sei­nes Oheims, des­sen Pri­vat-Ver­la­ßen­schaft und Alles das, wovon dadurch der Besitz in der Grafsch. Bent­heim erle­digt wor­den war, wozu nament­lich ver­mö­ge des Pfand­schafts-Exe­cu­ti­on-Reces­ses die Resi­denz im Schlo­ße zu Bent­heim gehört, in Besitz neh­men, nach­dem davon die Königl. Chur­fürst­li­che inte­ri­mis­ti­sche Regie­rung zu Bent­heim benach­rich­ti­get wor­den war; in Anse­hung der von der Ver­pfän­dung bis­her noch nicht befrey­ten Graf­schaft selbst aber erklä­ren, daß man sich des­halb alle Rechts-Zustän­dig­kei­ten aus­drück­lich vor­be­hal­te.

Bekant­lich ist bald dar­auf der Krieg zwi­schen Frank­reich und Großb­ritta­ni­en [sic!] wie­der aus­ge­bro­chen, wor­in die gan­ze Fran­zö­si­sche Armee durch die Graf­schaft Bent­heim zur Beset­zung des Chur­fürs­t­ent­hu­mes Han­no­ver mar­schir­te. In der Fol­ge wur­de auch die Graf­schaft von den Fran­zö­si­schen Trup­pen besetzt, nach eini­gen Mona­ten zwar wie­der geräu­met, aber wie­der in Besitz genom­men.

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Wohin übri­gens die Cri­sis unse­rer hoch­ge­span­ten Zei­ten sich auch ent­wi­ckeln mag, so ist es Recht und Pflicht des jet­zi­gen regie­ren­den Herrn Reichs­gra­fen von Bent­heim, sei­nem erlauch­ten Hau­se das ihm bey­na­he zwey Jahr­hun­der­te ent­zo­ge­ne vor­vä­ter­li­che Erb­teil wie­der zu ver­schaf­fen; es ist die Sache des aller­höchs­ten Reichs-Ober­haup­tes, wovon Er bereits mit der Graf­schaft Bent­heim belehnt wor­den ist, so wie des illüs­tern Teut­schen-Reichs, vor­züg­lich der min­der mäch­ti­gen Reichs­stän­de, Ihn dar­in zu unter­stüt­zen. Die Garan­tie des Bie­le­fel­der Ver­tra­ges legt den Kro­nen Eng­land nnd [sic!] Preus­sen, so wie der Bata­vi­schen Repu­blick, noch eine beson­de­re Ver­pflich­tung dazu auf.

Jedoch beym Abdru­cke die­ses Werk­chens sind die­se Wün­sche erfül­let, der Herr Reichs-Graf LUDWIG von Bent­heim-Stein­furt hat die Pfand­schaft der Graf­schaft Bent­heim ein­ge­lö­set und die­ses glück­li­che Land ist von allen Drangsa­len befrey­et.

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zweiter_band_s_249_anhang

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ANHANG.

Nach­dem Obi­ges abge­druckt war, bekam ich noch des SANDHOFF ANTISTITUM OSNABRUGENSIS ECCLESIAE RES GESTAE zu Gesich­te, der den vier und zwan­zigs­ten Osna­brü­cki­schen Bischof Udo, so von 1137. [sic!] bis 1140. [sic!] regier­te, für einen Dynas­ten von Stein­furt hält, da die Brü­der Ludolf und Udo von Stein­furt das Got­tes­haus Klar­holz im heu­ti­gen Rhe­dai­schen Osna­brü­cki­scher Diö­ces 1137 stif­te­ten, wie aus Scha­tens Pader­bor­ni­schen Anna­len erhel­let. Der 39. Bischof Joh. von Hoed ließ den 27 Sep­tem­ber 1350, wie er eben sei­nen Vasal­len die fei­er­li­che Beleh­nung erteil­te, den edeln Herrn Bal­du­in von Stein­furt gefan­gen neh­men, aber auch wie­der in Frei­heit set­zen, nach­dem er eine Urfe­de geleis­tet hat­te; wor­auf er nach sei­nes Vaters Ludolphs Tod mit ver­schie­de­nen Zehn­ten belehnt wur­de. Laut des Osna­brü­cki­schen Lehns-Ver­zeich­ni­ßes. Der dama­li­ge Graf von Teck­len­burg war nicht erschie­nen und woll­te kei­ne Osna­brü­cki­sche Beleh­nung

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anneh­men, zum Bewei­se der dama­li­gen Stein­fur­ti­schen und Teck­len­bur­gi­schen Ueber­macht gegen ande­re West­phä­li­sche Gro­ßen, die sich gut­wil­lig beleh­nen lie­ßen. Unter den Zeu­gen jener Ver­zicht­leis­tung des Gra­fen Nico­laus von Teck­len­burg auf alle sei­ne Recht­sa­me im Osna­brü­cki­schen, wie auf Klop­pen­burg und Bever­ger­ne, nach sei­ner unglück­li­chen Feh­de mit den Bischö­fen Otto von Müns­ter und Theo­dor von Horn ein und vier­zigs­ten Bisch­ofe zu Osna­brück, kom­men 1400 Ber­nard Graf von Bent­heim und Arnold Dynast von Güters­wick vor allen Andern vor. Gedach­ter Bischof Otto von Hoja zu Müns­ter wur­de 1404 auch Admi­nis­tra­tor von Osna­brück und erober­te und zer­stö­re­te 1408 das Schloß Otten­stein des Gra­fen Otto von Solms, des­sen ein­zi­ge Toch­ter die Sol­mi­schen Güter ins Haus Güters­wyk und so an Bent­heim und Stein­furt bracht [sic!]. Graf Ever­win von Bent­heim und Herr von Stein­furt war 1447 Ver­mit­ler [sic!] der Stadt Müns­ter wider die gegen die Städ­te ver­ei­nig­ten Fürs­ten, wel­che die Städ­te vom Bünd­niße mit der Stadt Soest zu tren­nen such­ten. Der Osna­brü­cki­sche Geschicht­schrei­ber Erd­mann hat­te im Bent­hei­mi­schen Schlo­ße die Beding­ni­ße gele­sen, nach wel­chen die Stadt Müns­ter wie­der ver­söh­net gewor­den war. Der Graf von Bent­heim und Stein­furt, die Dynas­ten von Külen­burg und Geh­men waren um 14Z2 unter andern Gro­ßen auf der Sei­te des Con­rad von Diepholt wider Albert von Hoja in

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der bekann­ten strit­ti­gen Müns­teri­schen Bischofs-Wahl und in den heil­lo­sen Hoja­i­schen Tru­beln im Müns­teri­schen.

Von Urknn­den [sic!] die­ses Wer­kes sind die 94., die 100., die 147., die 148. und 159., die 168. und 184. Urkun­de merk­wür­dig für die Bent­hei­mi­sche und Stein­fur­ti­sche Geschich­te. In der ers­ten die­ser sie­ben Urkun­den sagt der Osna­brü­cki­sche Fürst­bi­schof Bal­de­win von Rus­le 1262 daß der edle Mann, der Graf (Otto der Vier­te) von Bent­heim sei­nen vom Hoch­stif­te Osna­brück lehn­rüh­ri­gen Zehn­ten von den Höfen Boclo und West­or­pe dem Klos­ter Ber­sen­brück ver­macht hät­te.

Im Zwei­ten die­ser Docu­men­te beken­net Johann (von) Bahr gedach­tem Klos­ter den Hof zu Tal­ge 1267 für hun­dert Mark ver­kau­fet zu haben, wel­ches vom edeln Man­ne Ludolf gen­ant von Stein­vor­de, unter die­sem Prä­di­cat allein unter und vor allen übri­gen Gro­ßen bezeu­get wird. In der drit­ten Urkun­de gie­bt 1293 Bal­de­win der Edle Mann gen­ant von Sten­vor­dia, mit Con­sens sei­ner Gema­lin und sei­ner Söh­ne Ludolph und Bal­de­win, sei­nen Zehn­ten zu Bachem sei­nem Lehn­herrn, dem Bisch­ofe Con­rad von Rit­berg zu Osna­brück, abwe­send zurück, mit dem Bedin­ge, sol­chen dem Klos­ter Ber­sen­brück zu ver­lei­hen. Im vier­ten der ange­führ­ten Docu­men­te bezeu­gen der Pri­or, der Kel­ner [sic!] und die Brü­der des Johan­ni-

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ter Hau­ses zu Sten­vor­de 1293, daß der Probst von Ber­sen­brück Namens der Abtis­sin und des Con­ven­tes daselbst dem Johann von Wül­len und Johann von Det­ten 20 Mar­ken aus­be­za­let hät­te, um Sol­che dem edeln Man­ne, Herrn Bal­de­win, Herrn von Sten­vor­de für sei­nen Zehn­ten in Bachem zu ent­rich­ten. Aus­drü­cke die­ses Zeit­al­ters, wel­che die Reichs-Unmit­tel­bar­keit der Graf­schaft Stein­furt und die Unter­tä­nig­keit der von der­sel­ben als ein Hos­pi­tal gestif­te­ten Mal­te­ser Com­men­de zu Stein­furt aber­mals bewei­sen. So wie Kind­lin­ger in sei­nen Müns­teri­schen Bei­trä­gen zur Geschich­te Teutsch­lan­des haupt­säch­lich West­pha­lens, im zwei­ten Thei­le Sei­te 209 Note h. die­ses auch erken­net, wo er das Ordens-Haus der Johans­rit­ter auf der Berg­stra­ße zu Müns­ter als eine ehe­ma­li­ge Woh­nung der Edlen Herrn nun Gra­fen von Stein­furt bezeich­net, da bekannt­lich die Müns­teri­sche Mal­te­ser Com­men­de eine Per­ti­nenz der Stein­fur­ti­schen ist, so sehr auch die­ser Müns­teri­scher Geist­li­cher und Geschicht­for­scher die Müns­teri­sche-Hoheit [sic!] über alle benach­bar­te Gebie­te zu bewäh­ren suchet. In der fünf­ten der erwähn­ten Urkun­den bezeu­get im näm­li­chen Jah­re der eben gedach­te Fürst­bisch. v. Osna­brück in Gegen­wart unter Andern sei­nes Bru­ders, des Bisch. v. Pader­born und des edeln Man­nes Ever­hard Gr. v. der Mark, daß Bal­de­win der ede­le Mann Herr von Sten­vor­dia gedach­ten Zehn­ten zu Bachem in sei­ne, des Bisch­ofes, Hän­de unterm Mene­klin­gen-

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baum zurück und wei­ter dem Klos­ter Ber­sen­brück gege­ben hät­te. Im sechs­ten die­ser Docu­men­te refut­irt 1311 Johann von Got­tes Gna­des Graf in Bent­heim dem Osna­brü­cki­schen Fürst­bi­sch­ofe Engel­bert von Wyhe zu Osna­brück sein Lehn am Zehn­ten zu Alf­hau­sen zum Bes­ten des Klos­ters Ger­tru­den­berg bey Osna­brück. In der sie­ben­ten und Letz­ten die­ser Urkun­den gibt Simon von Got­tes Gna­den Graf in Bent­heim 1343 dem Bur­chard von Bes­ten sei­nen Con­sens, die vom Gra­fen lehn­rüh­ri­gen Zehn­ten in Ankun und Tütin­gen dem Klos­ter Ber­sen­brück ver­lei­hen zu mögen.

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zweiter_band_s_254_beschluss

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BESCHLUß.

So viel als Bent­hei­mi­sche und Stein­fur­ti­sche Bei­trä­ge zur Geschich­te West­pha­lens; eine Pro­vin­zi­al-Geschich­te der Graf­schaft Stein­furt wird die Geschich­te des Gebie­tes die­ser uralten Reichs-Dynas­tie im Umfan­ge des Stein­fur­ti­schen A‑stroms von des­sen Ent­ste­hung bis zu sei­ner Ergie­ßung in die Vech­te befas­sen; wie zu die­sen Rega­li­en des öffent­li­chen Flu­ßes, z. B. Schwa­nen dar­auf zu hal­ten, wovon das Stein­fur­ti­sche Wap­pen die Schwa­ne, die Frei­graf­schaft oder das Fehm­ge­richt Laer in sei­nem gan­zen dama­li­gen Umfan­ge, das Goge­richt aufm Rüsch­fel­de oder Rüschau, nebst der Edeln Vog­tei über Borg­horst kamen; wel­che Kai­ser­li­che dem Stein­fur­ti­schen Hau­se ver­lie­he­ne, wel­che Lan­des­herr­li­che Rech­te das Alles befaß­te, über wie vie­le benach­bar­te Kirch­spie­le, z. B. Wetrin­gen, Wel­ber­gen u. s. w. es sich erstreck­te, wovon noch eini­ge Stein­fur­ti­sche Recht­sa­me sich daselbst erhal­ten haben. Der den vor­ma­li­gen Bischö­fen von Müns­ter gezwun­gen abge­tre­te­ne ansehn­li­che Theil der Graf­schaft Stein­furt wur­de übri­gens

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von den­sel­ben wegen der Reichs­las­ten exi­mi­ret, war ein sepa­ra­ter Dis­trict, wur­de eine Stein­fur­ti­sche Unter­herr­lich­keit und kein eigent­li­cher Theil des vor­ma­li­gen Müns­teri­schen benach­bar­ten Amtes Horst­mar, das dem Rhein­gräf­li­chen Sal­mi­schen Hau­se, aber nicht dem Köni­ge von Preus­sen, der eigent­lich in die Stel­le der ehe­ma­li­gen Müns­teri­schen Bischö­fe getre­ten, zur Ent­schä­di­gung zufiel. — - -

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