Schau­platz der Fünf Thei­le der Welt von Franz J. J. von Reil­ly (Abb. Nr. 290: Die Graf­schaft Bent­heim, 1791)


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Die GRAFSCHAFT BENTHEIM.
42,2 x 31cm. Abbil­dung Nr. 290 aus:

Franz J. J. von Reil­ly (Hrsg.):
Schau­platz der Fünf Thei­le der Welt: Mit Bestaen­di­ger Rück­sicht Auf Die Bes­ten Ori­gi­nal­wer­ke. In Drey Theile(n) Zusam­men­ge­tra­gen Von Einer Gesell­schaft Geo­gra­phen […].
Wien, 1791. — [338] Bl. Gesto­chen von Ignatz Albrecht.


Im Zeit­al­ter der digi­ta­len Land­kar­ten ist eine Auf­sicht auf (ver­trau­te) Land­stri­che all­täg­lich gewor­den, aber das Auf­fin­den bestimm­ter Orte ist nur DANN ein­fach, wenn es eine Such­funk­ti­on gibt. Fehlt sie, kann der Betrach­ter ange­sichts einer naht­los inein­an­der über­ge­hen­den Fol­ge von schier unzäh­li­gen Farb­fle­cken nur zu leicht die Ori­en­tie­rung ver­lie­ren.

Viel­leicht ist das EIN Grund für die Fas­zi­na­ti­on, die die­se anti­ke grenz­ko­lo­rier­te Kar­te der Graf­schaft Bent­heim in sich trägt (dazu kommt der Sym­bol­wert der gewähl­ten Kon­tur­far­be Grün: gute Hoff­nung und pro­spe­rie­ren­de Ent­wick­lung).

Ver­stärkt wird die­ser Ein­druck durch die opti­sche Kraft des Baum­stam­mes vor dem Stein­pos­ta­ment: obwohl einst sei­ner Kro­ne durch har­ten Schnitt beraubt, trotzt er dem Schick­sal durch das Vor­schie­ßen kräf­ti­ger jun­ger Äste.

Die durch die Grün-Kon­tur gestif­te­ten Zuord­nun­gen geben Anlaß zu lokal­pa­trio­ti­schem Freud und Leid: es wird ein­ge­fleisch­te Schüt­tor­fer sicher freu­en, daß hier die gesam­te Unter­graf­schaft bis zur süd­li­chen Gren­ze zu West­fa­len ein­schließ­lich Bent­heim unter “Amt Schüt­torf” fir­miert.

Nett wirkt auch das — beson­ders bei älte­ren Land­kar­ten — belieb­te Wech­sel­spiel aus Wirk­lich­keit und Phan­ta­sie. Der Her­aus­ge­ber war durch­aus bemüht, Benut­zern sach­li­che Infor­ma­tio­nen zu offe­rie­ren; etwas nörd­lich von Brand­lecht heißt es: “Hier wird die Vech­te schif(f)bar.” Da aber Leer­flä­chen auf Kar­ten uner­wünscht waren, ent­ste­hen dann auch gern Orte, die die rea­le Welt nie gese­hen hat, es las­sen sich eini­ge hübsch klin­gen­de auf der Kar­te fin­den. Flan­kie­rend wer­den dann auch Ber­ge ein­ge­zeich­net, die bei Lich­te bese­hen eher Hügel sind, aber genau das erhöht den opti­schen Reiz der Kar­te. Wer woll­te nicht schon immer mal die Unweg­sam­kei­ten der “Ulse­ner Berg­ket­ten” erfor­schen?

Aus heu­ti­ger Sicht erfreu­lich erscheint die ganz zar­te Flä­chen­kon­tur des Gebie­tes, denn sie meint mit: in ande­ren Zonen (Nie­der­lan­de, Ems­land) lebt es sich nicht gänz­lich anders; Gren­zen sind oft will­kür­lich, und — wie uns ein altes nie­der­säch­si­sches Sprich­wort wis­sen läßt: “hin­term Berg wird AUCH But­ter­ku­chen geba­cken”.

Die Fra­ge, ob Kar­ten aus ihrem ursprüng­li­chen Zusam­men­hang (hier ein Map­pen­werk) her­aus­ge­löst wer­den soll­ten, wird zu Recht kon­tro­vers dis­ku­tiert: da sind auf der einen Sei­te die bekann­ten Fir­men, wel­che stän­dig illus­trier­te his­to­ri­sche Wer­ke durch Zer­schnitt aus­schlach­ten, sys­te­ma­tisch Abbildungen/Karten pas­se­par­tou­ie­ren, in Glanz­fo­lie ste­cken und zum Kauf anbie­ten. Ande­rer­seits bie­tet genau dies Vie­len erst die Mög­lich­keit, zu erschwing­li­chem Preis eine über 200 Jah­re alte Ein­zel­kar­te zu erwer­ben, so wie das hier, bei einer Inter­net­auk­ti­on, der Fall war.

Las­sen Sie sich vom Reiz die­ses Ein­blicks in die Graf­schaft Bent­heim im spä­ten 18. Jahr­hun­dert ein­fan­gen: die gera­de­zu fröh­lich wir­ken­de Blu­men-Gir­lan­de auf dem Stein run­det den Gesamt­ein­druck die­ses his­to­ri­schen Druck­werks aufs Ange­nehms­te nach oben ab.

Dr. Horst Otto Mül­ler, 2020