Vor knapp einem Jahr ist das Haus von Jürgen Meendermann am Brinkweg in Bad Bentheim niedergebrannt. Die Ruine ist inzwischen abgerissen, übrig sind noch rund zwölf Tonnen Sandstein. Diese werden künftig im Schlosspark ein neues Zuhause finden.
Von Jonas Schönrock
Bad Bentheim Am Nachmittag des 9. Juni 2019, es ist Pfingstsonntag, brennt das Haus von Jürgen Meendermann. Rund 120 Einsatzkräfte sind am Brinkweg in Bad Bentheim damit beschäftigt, zu retten, was von dem 1901 erbauten Gebäude noch zu retten ist. Das Haus ist zu diesem Zeitpunkt leer, die Meendermanns sind in einem Kurzurlaub in Bremerhaven. Ihre Tochter informiert sie am Abend über das Unglück.
„Als wir nach Hause kamen, standen wir vor dem Nichts“, sagt Jürgen Meendermann heute. Fast elf Monate sind seit dem Feuer vergangen, inzwischen lebt er mit seiner Frau in deren Elternhaus in Bad Bentheim. Die Brandruine ist längst abgerissen.
Völlig niedergebrannt ist das Haus am Pfingstsonntag vergangenen Jahres. Archivfoto: Hille
Jetzt steht Jürgen Meendermann auf dem leeren Grundstück, auf dem einmal sein Haus gestanden hat. Das Haus, das er 1985 gekauft und von Grund auf saniert hat. Elf Jahre später erweitert er es um einen Anbau. „Unsere inzwischen auf fünf Mitglieder angewachsene Familie hatte dadurch mehr Platz am Esstisch“, blickt er zurück. Wenn alle zu Besuch waren, saßen bis zu 13 Familienmitglieder am Tisch, inklusive fünf Enkelkinder. Zuletzt wohnten nur noch er und seine Frau in dem Haus. Bis zu jenem 9. Juni 2019.
Was den Brand verursacht hat, ist Jürgen Meendermann immer noch ein Rätsel. Die Ursache konnte nie ermittelt werden. „Die Haustechnik ist 1985 komplett erneuert worden. Es gab keine alten Stromleitungen, die einen Kurzschluss hätten verursachen können“, sagt er.
Was Jürgen Meendermann tief berührt, ist die Hilfe, die ihnen damals angeboten wird. „Viele haben gefragt, wie sie helfen können, ob wir etwas benötigen. Alle wollten helfen – Freunde, Bekannte, die Nachbarschaft, die Bogengemeinschaft, Bentheimer Institutionen und die Verwaltung.“ Es sei kaum möglich, sich bei allen persönlich zu bedanken.
Mit Maske und Sicherheitsabstand bei der Übergabe der Sandsteine (von links): Dr. Angelika Rieckeheer und Bernd Hofste (beide Bürgerstiftung), Spender Jürgen Meendermann, der neue Besitzer des Grundstücks, Dr. Athanasios Tsianakas und Peter Wiering (Bürgerstiftung). Foto: Hille
Jürgen Meendermann überlegt, eine Dankes-Party zu schmeißen. Doch Corona macht ihm derzeit einen Strich durch die Rechnung. Dann kommt ihm eine andere Idee. Auf dem leeren Grundstück, das er inzwischen verkauft hat, liegen noch jede Menge Sandsteine aus dem alten Haus, die unter anderem im Sockel verbaut waren. Er nimmt Kontakt zur Bürgerstiftung auf und spendet sie für den geplanten Nachbau des Batavia-Portals im Schlosspark. „Wir hoffen, dass alle Bentheimer etwas davon haben und sich darüber freuen“, sagt er. Er habe zwar darüber nachgedacht, aus den Steinen eine Mauer für den aktuellen Wohnsitz zu bauen. „Doch vom Stil her hat das nicht gepasst“, meint er.
Auch der neue Eigentümer des Grundstücks ist einverstanden. Dr. Athanasios Tsianakas, Chefarzt der Dermatologie an der Fachklinik Bad Bentheim, hat es gekauft und wird dort ein Haus für sich und seine Familie bauen. Derzeit lebt er noch in Münster und pendelt täglich in die Burgstadt. „Eine tolle und sehr lobenswerte Idee von Herrn Meendermann, die Steine zu spenden“, sagt der Mediziner. Einige der Steine wird Tsianakas zwar behalten und verbauen. Der überwiegende Teil geht jedoch an die Bürgerstiftung – insgesamt zwölf Tonnen.
Bis es im Schlosspark mit den Arbeiten losgeht, werden die Steine beim Servicebetrieb der Stadt eingelagert. Am Montag war Helmut Bruns vom Servicebetrieb mit Lkw und Bagger gekommen, um die Brocken aufzuladen. „Es ist toll, dass die Stadt die Steine kostenlos abholt und uns wieder einmal unterstützt“, sagt Dr. Angelika Rieckeheer, Vorsitzender der Bürgerstiftung. „Wir freuen uns sehr über diese Spende“, bedankt sich Bernd Hofste aus der Projektgruppe der Bürgerstiftung bei Jürgen Meendermann. Die Steine sollen voraussichtlich für die Platzgestaltung rund um das Batavia-Portal verwendet werden. „Zum Behauen, um sie für das Tor selber zu verwenden, sind sie nicht unbedingt geeignet“, erklärt Hofste.
Die schweren Sandsteine sollen für die Platzgestaltung rund um das im Schlosspark entstehende Batavia-Portal verwendet werden. Foto: Hille
Wie mehrfach berichtet, plant die Bürgerstiftung, im Schlosspark einen Nachbau des Sandsteinportals zu errichten, das ursprünglich einmal für die Festung der niederländischen „Vereenigde Oost-indische Compagnie“ (VOC) in Batavia, dem heutigen Jakarta, bestimmt war. 1629 sank das VOC-Handelsschiff, das auch Batavia hieß, vor der Küste Australiens mit 137 Blöcken Bentheimer Sandstein an Bord. 1963 wurde das Wrack entdeckt, 1976 schließlich geborgen. Der Torbogen wurde wieder aufgebaut und steht seitdem in einem Museum im australischen Geraldton. Die Bürgerstiftung plant eine offene Baustelle im Schlosspark, an der auch Bürger, unter fachlicher Anleitung, sich am Bau des Portals beteiligen können. Laut Bernd Hofste wird es vermutlich im Sommer losgehen. Demnächst soll in der Nähe des Sandsteinmuseums eine Bauhütte aufgebaut werden. „Die Dachziegel dafür haben wir schon gespendet bekommen und sind bereits vom Bauhof an die Baustelle transportiert worden.“ Dann werde das Balkengerüst errichtet. Von der Corona-Krise ist der Zeitplan der Bürgerstiftung nur ein bisschen betroffen. „Viele unserer Aktivitäten finden ja draußen statt“, erklärt Bernd Hofste.
Wenn das Batavia-Portal fertig und der Platz drumherum gestaltet ist, wird Jürgen Meendermann dort stehen – auf seinen Sandsteinen. Sie werden ihn an sein altes Haus erinnern.
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