Von Helmut Schönrock
Der knapp sieben Meter hohe Nachbau des Batavia-Portals ist, bis auf kleinere Restarbeiten, fertig aufgebaut. Die Original-Sandsteine für das Portal waren — wie berichtet — als Ballast an Bord des Schiffes „Batavia“ gewesen, das 1629 vor der Küste Australiens sank. Die Umstände, unter denen das Portal entstanden war und verwendet werden sollte, wurden in den vergangenen drei Jahren aufgearbeitet. An diese Geschichte rund um das Portal, das den Eingang zur Festung der Vereinigten Ostindischen Kompanie in Batavia (dem heutigen Jakarta in Indonesien) zieren sollte, will die Bürgerstiftung Bad Bentheim mit ihrem Projekt erinnern.
Die Geschichte um das Batavia-Portal ist omnipräsent. Das am 7. Oktober 2023 zur Einweihung des Portals stattfindende Symposium wird deutlich machen, wie weltumspannend die Geschichte des Bentheimer Sandsteins ist.
Die Region um Bad Bentheim ist geprägt von 1000 Jahren Sandsteinabbau. Neben den großen Bauten aus Bentheimer Sandstein, wie Burg und Kirchen, findet man den Sandstein heute noch an Häusern, Mauern und Wegen wieder. 65 durch Sandsteinabbau entstandene Stiegen prägen bis heute das Stadtbild von Bad Bentheim. Die Spuren der schweren und gesundheitsschädlichen Arbeit der Kuhlkerle, die den Sandstein mühsam förderten, der Transport des Sandsteins über die Vechte in die Niederlande sind bis heute präsent. Dies wird Thema der kurzen Einführung sein: Wie kamen wir auf diese „verrückte“ Idee?
- Jeremy Green vom Western Australian Museum, der von 1970 bis 1974 die Leitung der Schiffsbergung der Batavia hatte, wird per Zoom aus Australien berichten. Thema: die Erkenntnis des Museums, dass die an der Wrackstelle entdeckten Bentheimer Sandsteine Teile des Portikus von Batavia waren. Zudem gibt er Einblicke in den Bergungsprozess. Ellen Bock wird den Vortrag simultan übersetzen und einen kurzen Überblick der Geschichte Australiens um 1628 geben.
- Dr. Jochen Lepper und Dr. Jutta Weber aus Hannover haben Originalproben des Portals untersucht. Darüber wird Lepper berichten. Sein Thema lautet: Materialkundlicher Provenienz-Nachweis für den Batavia Sandstein.
- Das Batavia-Portal ist hervorragend geeignet, das koloniale Erbe im nationalen und auch im internationalen Rahmen zu hinterfragen. Prof. Jos Gommans vom Institut for Colonial and Global History der Universität Leiden wird darüber referieren. Sein Thema: How German was the Dutch Empire in Asia?
- Dr. Tristan Mostert, Dozent am Institut für Geschichte an der Universität Leiden, thematisiert: Teuflisches Dilemma: das geplante Stadttor von Batavia im Kontext des Kolonialismus des frühen 17. Jahrhunderts in seinem Erbe/Vermächtnis.
- Bjarne Stahmer, Student an der Universität Leiden, stellt dar: The Portal and its meaning to applied history.
- Die Universität Paderborn und die Technische Universität Darmstadt suchten in einem Projekt „Sandstein als globales Naturgut“ Indizien für eine Art Vorfabrikation und Modulbauweise in vorindustrieller Zeit. Prof. Dr. Michael Ströhmer von der Universiät Paderborn wird dazu referieren: „Schweiß, Staub und Meeresgischt — der lange Weg des Steins nach Batavia!“
- Helmut Schönrock, Kurator des Museums am Herrenberg in Bad Bentheim, wird das nach dem Goldenen Schnitt gestaltete Renaissance-Portal vorstellen. Sein Thema: der Code des Batavia-Portals — eine kunstgeschichtliche Einordnung.
Das Interesse Indonesiens an dem Batavia-Projekt ist grundsätzlich als niedrig zu betrachten, da sich in Indonesien derzeit wenige Wissenschaftler mit dieser Thematik beschäftigen.
Für das 1527 gegründete Jakarta, zwischenzeitlich (bis 1942) von den niederländischen Kolonialherren in Batavia umbenannt, geht 2027 ein halbes Jahrtausend Hauptstadtgeschichte in verschiedenen Reichen zu Ende. Jakarta droht zu versinken. Deshalb entsteht im Dschungel auf der Insel Borneo die neue Hauptstadt Nusantara. 2024 sollen schon Teile der Regierung und des Parlaments aus Jakarta die neue Hauptstadt umziehen. Dazu passt die lediglich kurze Grußbotschaft von der indonesischen Botschaft aus Berlin: Man wolle eher in die Zukunft schauen und nicht zurück!
Die Niederlande waren einmal eine der bedeutendsten Kolonialmächte der Welt. Gestützt auf die Handelsgesellschaften Westindien-Kompanie und Vereinigte Ostindische Kompanie erwarb und eroberte man ab dem 17. Jahrhundert Gebiete in Amerika und Asien. Die Diskussion über ihre koloniale Vergangenheit wird in den Niederlanden teils sehr kontrovers geführt.
Durch die Unterstützung der Grafschafter Sparkassenstiftung ist es möglich, eine länderübergreifende Studie zur Kolonialgeschichte zu erstellen, in die auch die Ergebnisse des Symposiums einfließen werden.
Bad Bentheims Bürgermeister Dr. Volker Pannen äußerte bei der Grundsteinlegung des Portals: Das Portal, das keine Tür habe und daher offen sei, stehe stellvertretend für Bad Bentheim als weltoffene Kleinstadt. Es sei aber nicht nur ein Eingang, sondern auch „ein Ausgang für uns“, um „Erfahrungen außerhalb unserer Stadt zu sammeln“, um den Horizont zu erweitern.
Nicht nur die Bentheimer Geschichte, sondern auch die Geschichten um das Batavia-Portal werden also in Zukunft den neu entstanden „Kommunikationsplatz am Batavia-Portal“ im Schlosspark lebendig halten.
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