Die Bürgerstiftung Bad Bentheim hat ihr Vorhaben in die Tat umgesetzt: Seit Sonnabend liegt in den Buchhandlungen ein Schulbuch über die Geschichte der Grafschaft Bentheim bereit. Das Original stammt aus dem Jahr 1821.
Bad Bentheim. „Tauchen Sie ein in das Lebensgefühl unserer Vorfahren in der Grafschaft“, empfiehlt das Kuratorium der Bürgerstiftung potenziellen Lesern die zwölf Gespräche eines Vaters mit seinen Kindern. Die von der Druckerei Hellendoorn produzierte Erstauflage von 500 Stück ist zum Preis von 15 Euro erhältlich. Im Laufe der Woche wird auch über die Website der Bürgerstiftung eine Online-Bestellung möglich sein.
Der Bad Bentheimer Johannes Baumann berichtete im Frühjahr von dem alten Schulbuch aus der Grafschaft, das bald 200 Jahre alt wird und zerfällt. Der Gründungsstifter Dr. Horst-Otto Müller fotografiert es, fertigt ein Digitalisat an, schreibt das Buch in moderner Schrift ab und macht auf diese Weise – durch synoptische Darstellung – regionale Geschichte allen zugänglich. Über diese Arbeit des inzwischen in Ratzeburg lebenden gebürtigen Bad Bentheimers freuen sich Dr. Angelika Rieckeheer und Peter Pille vom Kuratorium der Bürgerstiftung sehr. Sie empfehlen das Büchlein als „Entschleunigung pur“ für den Advent 2014, zumal es in einer Zeit entstand, als es noch kein Radio, keinen Fernseher, kein Telefon und auch keinen Computer gab – und Goethe noch lebte. „Man muss das Buch ja nicht in einem durchlesen, vielleicht an jedem zweiten Tag im Advent ein Gespräch bei Kerzenschein, Keks und Kandistee“, lautet der Vorschlag der Kuratoriumsmitglieder.
Im Vorwort der Erstauflage freut sich Johannes Baumann über den Blick auf ein Visch-Originalwerk: Postkartenformat, Dicke wie Zwieback, 80 Seiten, Fraktur, gedruckt 1821 in Lingen, als Schulbuch für die Grafschaft zugelassen und empfohlen ab 1820 durch den königlichen Oberkirchenrat. Im Vorwort des alten Werkes, eines Gespräches des Vaters mit seinen Söhnen (zwölf und elf) und seiner Tochter (neun Jahre alt) verweist W.F. Visch auf damals offenbar aktuelle pädagogisch-methodische Vorbilder, um seine Vermittlung von Geschichte als modern einstufen zu können.
Von Mutter Gutmann ist keine Rede, vielleicht weil (der offenbar allwissende) Vater Gutmann Alleinerziehender war? Denn die Kinder sind eher Stichwortgeber – und unterbrechen wenigstens so den überwältigenden Gesprächsanteil des patriarchalischen Vaters, schreibt der pensionierte Oberstudienrat.
Vorab Inhaltsangaben liefert Johannes Baumann aber nicht, sagt aber über den Inhalt: „Vieles davon ist inzwischen angezweifelt, längst widerlegt, manches auch als konfessionell gefärbt zur Seite gelegt worden.“ Visch schreibe die Geschichte der Grafschaft als Schulbuch, „damit auch der damals heranwachsenden Generation dieses Bewusstsein vermittelt wird“. Heute würde man diese Perspektive Regionalismus nennen.