Jacob Isaacksz. van Ruis­da­el: Burg Bent­heim und die Bent­hei­mer West­müh­le


Die Bür­ger­stif­tung hilft, Ver­trau­tes neu zu sehen!

Die in Öl gemal­ten Ansich­ten von Jakob v. Ruis­da­el mit der Burg Bent­heim und der bewal­de­ten Umge­bung bil­den eine umfang­rei­che Werk­grup­pe inner­halb sei­nes OEu­vres (mehr als ein Dut­zend Gemäl­de haben sich erhal­ten). Erkenn­bar wird in allen die opti­sche Fas­zi­na­ti­on, wel­che die­ser Gebäu­de­kom­plex auf Ruis­da­el als Bewoh­ner des typisch nie­der­län­di­schen Flach­lan­des auf ihn aus­ge­übt hat: die klei­ne Stadt am Hügel, domi­niert von einer mäch­ti­gen Burg. Mehr als ein­mal hat Ruis­da­el die tat­säch­li­che Höhe der Burg­an­la­ge noch krea­tiv ver­stärkt, so dass eini­gen Moti­ven ein fast alpi­ner Cha­rak­ter eigen ist. Wer heu­te zu Fuß die Fun­kenstie­ge her­un­ter­spa­ziert, kann noch etwas von dem Fas­zi­no­sum erah­nen, das Ruis­da­el und sei­nen Rei­se­ge­fähr­ten Nico­laes Ber­chem ergrif­fen haben muss, gera­de weil um 1650 die Ansied­lung nur aus ein paar ver­streu­ten Häu­sern an den unte­ren Berei­chen des Hügels, zwei Müh­len und der Höhen­burg bestand.

Zwei­fel­los sind Ruis­da­els Gemäl­de span­nend, aber (vor­be­rei­ten­de) Zeich­nun­gen machen min­des­tens genau­so viel Freu­de. Eine davon befin­det sich im Frank­fur­ter “Stä­del Muse­um”. Sie ist nicht leicht auf­zu­fin­den, weil die Orts­an­ga­be fehlt und weil die Burg nur ein Hin­ter­grund­de­tail der Zeich­nung bil­det. Die gra­phi­sche Arbeit fir­miert auf der Web­sei­te des Muse­ums unter: “Wind­müh­le bei einem Schloss…”. Dass wir sie hier pro­blem­frei prä­sen­tie­ren kön­nen, liegt an einer erfreu­li­chen Erkennt­nis der Besit­zer: wäh­rend ande­re Muse­en bis heu­te ver­su­chen, den Zugang zu ihren alten und uralten “Schät­zen” nach Kräf­ten zu erschwe­ren (Kopier­schutz, bewußt unbrauch­ba­re Mini-Abbil­dun­gen usw.), gehen die Frank­fur­ter Fach­leu­te einen ande­ren Weg: in der ‘Frank­fur­ter Rund­schau’ vom 3. Janu­ar 2021 heißt es unter der Arti­kel­über­schrift “Kunst ohne Kopier­schutz”, daß hier (end­lich!) eine Demo­kra­ti­sie­rung der Kunst statt­fin­det. 70 Jah­re nach Able­ben einer Künstlerin/eines Künst­lers endet der gesetz­lich vor­ge­se­he­ne Schutz, also liegt es doch nahe, die­se Tat­sa­che auch umset­zen und danach die Bli­cke dar­auf frei­zu­ge­ben. Beson­ders erfreu­lich erscheint das, weil vie­le der jetzt im Inter­net ver­füg­ba­ren Wer­ke nor­ma­ler­wei­se dau­er­haft im Depot “ver­har­ren” und frü­her somit für nor­ma­le Muse­ums­be­su­cher unzu­gäng­lich sind.

Nut­zen wir also die Chan­ce und ver­tie­fen uns in den fei­nen Fern­blick (von Osten) auf die ehe­ma­li­ge baro­cke Hau­be der Katha­ri­nen­kir­che und die West­müh­le!

Viel Freu­de damit wünscht Ihnen
Dr. Horst Otto Mül­ler


Neue Nach­rich­ten zu Ruis­da­el

Geleb­te Demo­kra­tie: Inter­net-Gra­fi­ken mit Bent­heim­be­zug

Wer schon ein­mal ver­sucht hat, sich in einem Kup­fer­stich­ka­bi­nett oder Stu­di­en­saal Wunsch­gra­fi­ken zu nähern, weiß, wie schwer das sein kann (Restrik­tio­nen, feh­len­de Such­mög­lich­kei­ten; vie­le Blät­ter wer­den ohne nach­weis­ba­res For­schungs­in­ter­es­se gar nicht erst vor­ge­legt, z. B. im Ham­bur­ger Kup­fer­stich­ka­bi­nett).

Noch um die Jahr­tau­send­wen­de war die Zahl der im Inter­net ver­füg­ba­ren Künst­ler­zeich­nun­gen und ‑druck­gra­fi­ken ziem­lich über­schau­bar, doch zusam­men mit stark güns­ti­ger wer­den­den Prei­sen für Web-Spei­cher­platz keim­te in den kunst­ge­schicht­li­chen Insti­tu­tio­nen die Über­zeu­gung, daß es Sinn macht, die meist sehr gro­ßen Depot­be­stän­de zumin­dest in Aus­wahl zugäng­lich zu machen, um die Attrak­ti­vi­tät und Außen­wir­kung des Hau­ses zu erhö­hen.

Einer der Vor­rei­ter war hier das Rijks­mu­se­um Ams­ter­dam, das Nutzer*Innen der Web­sei­te gera­de­zu ermun­ter­te, etwas Eige­nes aus den hinterlegten/downloadbaren Vor­la­gen zu schaf­fen und eine ent­spre­chen­de Rück­mel­dung dar­über zu geben, was letzt­lich aus der Vor­la­ge ent­stan­den ist.

Das Frank­fur­ter Stä­del hat eben­falls eine aus­ge­dehn­te digi­ta­le Samm­lung zugäng­lich gemacht:

https://sammlung.staedelmuseum.de

Ohne Ticketzwang kann hier nach Lust und Lau­ne gestör­bert wer­den, was ich dank­bar als wun­der­ba­re Demo­kra­ti­sie­rung erle­be: ‘Kunst für Alle’ (okay, nur für Alle, die Inter­net­zu­gang haben, aber das sind heu­te schon sehr vie­le). Ich habe im digi­ta­len Stä­del nach bis­lang viel­leicht nicht ent­deck­ten Moti­ven von Bent­heim gesucht und gemerkt, daß zunächst Gemäl­de­tref­fer ange­zeigt wer­den, daher umge­schal­tet auf den Bereich “Gra­phi­sche Samm­lung”.

Und da waren sie, die Bent­heim-Moti­ve, zum Teil uner­kannt (genau wie eine Schüt­torf-Sze­ne­rie, dort blaß beti­telt als “Stadt am Was­ser mit Kir­che”)! Neben J. v. Ruis­da­el auch Nico­laes Ber­chem und Antho­nie Water­loo mit einem Fern­blick auf Bent­heim, der — wenn es ihn damals schon gege­ben hät­te — auf dem Aus­sichts­turm auf dem Ister­berg hät­te ent­stan­den sein kön­nen: span­nend und beglü­ckend zu sehen, aber: “Müh­le bei einem Schloß” ist lokal­pa­trio­ti­schen Bent­hei­mern natür­lich etwas zu wenig, da soll­te man tätig wer­den!

Und das geschah auch: 

Die ehe­ma­li­ge Bent­hei­me­rin Karin Ski­ba — Mit­glied des Stif­tungs­ra­tes, wohn­haft in Frank­furt- stell­te einen Kon­takt zu einer Mit­ar­bei­te­rin des Stä­del­mu­se­ums her und konn­te errei­chen, dass der unspe­zi­fi­sche Titel „Müh­le bei einem Schloss“ ersetzt wur­de durch den prä­zi­se­ren „Blick  auf Burg Bent­heim“.

So kann die Ruis­da­el-Zeich­nung über Such­ma­schi­nen­an­fra­gen schnel­ler gefun­den wer­den.

Wir freu­en uns über die­se rare Gele­gen­heit eines sol­chen ‘Zeit­fens­ters’ und wer­den auf der Suche blei­ben nach wei­te­ren!

Horst Otto Mül­ler
Ange­li­ka Rieck­e­heer


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Bild­in­fo:
Jacob Isaacksz. van Ruis­da­el:
Burg Bent­heim und die Bent­hei­mer West­müh­le (Detail)
Stä­del Muse­um, Frank­furt am Main, Inven­tar­num­mer 938
Ver­so bezeich­net unten links (mit Blei­stift): Ruys­da­el / 5731.102/E
Ver­so unten links Stem­pel des Stä­del­schen Kunst­in­sti­tuts, Frank­furt am Main
Schwar­ze Krei­de, braun und grau­braun laviert, auf Büt­ten­pa­pier
112 x 188 mm
Erwor­ben 1816 als Stif­tung aus der Samm­lung Johann Fried­rich Stä­del
Per­ma­link: staedelmuseum.de/go/ds/938z