Syri­sches Kam­mer­or­ches­ter tritt in Bad Bent­heim auf

Ein hoch­klas­si­ges Kam­mer­kon­zert erklingt am Sonn­tag, 5. Novem­ber, im Forum des Burg-Gym­na­si­ums. Umrahmt wird es von einem Film über die syri­schen Exil­mu­si­ker, einer Podi­ums­dis­kus­si­on und einem Aus­klang mit ara­bi­schen Spe­zia­li­tä­ten.

Von Dag­mar Thiel

Bad Bent­heim. „Sehn­sucht und Schön­heit“ lau­tet der Titel des Kon­zer­tes, das das Kam­mer­or­ches­ter der syri­schen Exil­phil­har­mo­ni­ker auf­führt. Gelei­tet wird es vom deutsch-syri­schen Kom­po­nis­ten und Diri­gen­ten Nuri El Ruhe­i­ba­ny. Das Ensem­ble besteht aus 15 Strei­chern und einer Har­fe. Die geflüch­te­ten Künst­ler prä­sen­tie­ren im Exil die kul­tu­rel­le Sei­te Syri­ens. Die Idee zum Kon­zert ent­stand im Arbeits­kreis Zuwan­de­rung. Hol­ger Berg, Fach­be­reichs­lei­ter für Jugend, Kul­tur und Sport der Stadt Bad Bent­heim, nahm dar­auf­hin Kon­takt zum syri­schen Musi­ker Raed Jaz­beh auf. Der aus Alep­po geflo­he­ne Kon­tra­bas­sist ist Grün­der des Orches­ters. Sehr kurz­fris­tig hat sich jetzt die Gele­gen­heit eines Kon­zer­tes in Bad Bent­heim erge­ben.

„Die Stadt Bad Bent­heim möch­te mit die­sem Kon­zert ein deut­li­ches Zei­chen set­zen für mehr gegen­sei­ti­ges Inter­es­se und Ver­ständ­nis“, sagt Hol­ger Berg. Seit 2015 enga­gie­ren sich auch vie­le Bür­ge­rin­nen und Bür­ger in Bad Bent­heim ehren­amt­lich für Flücht­lin­ge. Das Kon­zert samt gro­ßem Rah­men­pro­gramm wird gemein­sam mit der Musik-Aka­de­mie Ober­graf­schaft, dem Arbeits­kreis Zuwan­de­rung und dem Unab­hän­gi­gen Jugend­haus orga­ni­siert. „Das Kon­zert soll Begeg­nun­gen schaf­fen. Musik ist ein wich­ti­ger Bestand­teil von Kul­tur und bie­tet vie­le Gemein­sam­kei­ten. Auch in der Musik-Aka­de­mie erle­ben wir immer wie­der, wie Flücht­lings­el­tern und ihre Kin­der durch die Musik ers­te Schrit­te in eine ande­re Kul­tur wagen“, sagt Bodo Wolff, Lei­ter der Musik-Aka­de­mie Ober­graf­schaft.

Orches­ter­grün­der Raed Jaz­beh hat­te per Face­book ande­re geflüch­te­te Musi­ker aus Syri­en gesucht und gefun­den. Ent­stan­den ist dar­aus 2015 in Bre­men ein Exil-Orches­ter – das Syri­an Expat Phil­har­mo­nic Orches­tra, kurz SEPO. Ursprüng­lich kom­men alle Musi­ker aus Damas­kus und Alep­po. Die Dik­ta­tur Assads und der Bür­ger­krieg ver­trieb sie in alle Län­der der EU. Nach Aus­kunft von Raed Jaz­beh kämp­fen sie dort wie alle ande­ren Flücht­lin­ge um ihren Auf­ent­halts-Sta­tus und ban­gen um ihre Zukunft. Für vie­le von ihnen sei die klas­si­sche Musik auch ein Akt des Wider­stands gegen den Krieg und die poli­ti­schen Ver­hält­nis­se in ihrer Hei­mat.

Das Syri­an Expat Phil­har­mo­nic Orches­tra wird inzwi­schen regel­mä­ßig zu Auf­trit­ten in ver­schie­de­ne deut­sche Städ­te ein­ge­la­den. So spiel­te es zum Auf­takt des tra­di­tio­nel­len Wald­büh­nen­kon­zer­tes der Ber­li­ner Phil­har­mo­ni­ker. Im März 2017 gab es zudem ein Kon­zert in der Ham­bur­ger Elb­phil­har­mo­nie. Als musi­ka­li­sche Beson­der­heit nennt Raed Jaz­beh die Kom­bi­na­ti­on von ori­en­ta­li­scher Musik und Sym­pho­nie. Musik sei völ­ker­ver­bin­dend und die­se Arbeit gebe dem Orches­ter vor allem Hoff­nung. Das gel­te vor allem für die Musi­ker, die sich bei der Flucht über das Meer in Lebens­ge­fahr bege­ben hät­ten.

Vor dem Kon­zert wird um 15 Uhr die 25-minü­ti­ge Arte-Repor­ta­ge „Das syri­sche Exil-Orches­ter“ gezeigt, die vie­le Hin­ter­grund­in­for­ma­tio­nen bie­tet. Um 15.30 Uhr geht es wei­ter mit einer Podi­ums­dis­kus­si­on. Neben Raed Jaz­beh und wei­te­ren Musi­kern des­sy­ri­schen Orches­ters wer­den auch in Bad Bent­heim leben­de Geflüch­te­te, Flücht­lings­pa­ten, Lokal­po­li­ti­ker sowie Schü­ler aus Musik­aka­de­mie und Jugend­haus teil­neh­men. Mode­riert wird die Dis­kus­si­ons­run­de von GN-Redak­teur Jonas Schön­rock und Bodo Wolff. Dabei geht es um Flucht und Ver­lust, Zuflucht in der neu­en Hei­mat, Hoff­nun­gen, Ent­täu­schun­gen, kul­tu­rel­le Viel­falt und Inte­gra­ti­on durch Musik. Um 17 Uhr beginnt das etwa zwei­stün­di­ge Kon­zert. Ab 19.30 Uhr gibt es dann Gele­gen­heit zum Aus­tausch, bei dem in Bad Bent­heim leben­de Flücht­lings­fa­mi­li­en klei­ne ara­bi­sche Gerich­te anbie­ten.

Das Lan­des­amt für Sozia­les, Jugend und Fami­lie sowie die Graf­schaf­ter Volks­bank unter­stüt­zen das Pro­jekt finan­zi­ell. „Das Kon­zert bie­tet die Mög­lich­keit, Flücht­lin­ge auch ein­mal anders zu sehen. Das Orches­ter zeigt, wie sich Men­schen durch die Musik ein­brin­gen. Sie haben ihre Hei­mat nicht ver­ges­sen, wol­len aber auch hier bei uns ein nor­ma­les Leben füh­ren“, sagt Han­na Vos, Vor­sit­zen­de des Arbeits­krei­ses Zuwan­de­rung.

Kar­ten sind in der Tou­rist­infor­ma­ti­on Bad Bent­heim sowie über www.reservix.de für 21 Euro erhält­lich, mit GN-Card 18 Euro, ermä­ßigt 10 Euro.

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