Moritz Becker spricht im Forum über Medienalltag von Jugendlichen
Einen Einblick in den medialen Alltag von Jugendlichen hat Sozialpädagoge Moritz Becker vom Verein „Smiley“ am Mittwochabend im Burg-Gymnasium in Bad Bentheim geboten. In dem Vortrag schilderte er, welche Chancen und Risiken das Internet bieten kann.
Bad Bentheim. Wenn es um den Umgang ihres Nachwuchses mit „Facebook“ und „WhatsApp“ geht, können Eltern eigentlich nichts falsch machen – sofern sie sich für ihre Kinder interessieren, sich Zeit für sie nehmen und sich in Erziehungsfragen auf ihr Bauchgefühl verlassen, das meinte Medienexperte Moritz Becker vom Verein „Smiley“ aus Hannover am Mittwochabend im Forum des Burg-Gymnasiums.
Denn all das, was im Internet oder in sozialen Netzwerken geschieht, basiert laut Moritz Becker auf uralten Eigenschaften und Bedürfnissen: Unbekümmertheit, Aufmerksamkeit, Freiheit, Orientierung, Neugierde, Identitätsentwicklung und Anerkennung. Der Umgang mit diesen Eigenschaften und Bedürfnissen sei von Generation zu Generation weitergegeben worden – nur jetzt finden sie sich im virtuellen Raum wieder. Für diese neue Situation gelte es, Verhaltensetiketten zu entwickeln. Denn heutige Eltern haben von ihren Vätern und Müttern nicht gelernt, was sich beispielsweise in „Facebook“ gehört und was nicht.
Fast zwei Stunden hat Moritz Becker ununterbrochen gesprochen und die Zuhörer dabei in seinen Bann gezogen. Er berichtete über den Medien-Alltag von Jugendlichen und gab Tipps, wie Eltern damit umgehen und ihre Kinder gegebenenfalls schützen können. Veranstaltet wurde der Vortrag von den Bentheimer Schulen. Unterstützung haben sie dabei von der Bad Bentheimer Bürgerstiftung erfahren. Die Einladung richtete sich vor allem an Eltern und viele folgten dieser auch, dennoch war ein Großteil der Plätze im Forum noch frei.
Der 36-jährige Moritz Becker ist Sozialpädagoge, Eltern-Medien-Trainer und Vater zweier Mädchen. Außer seiner Tätigkeit bei „Smiley“ ist er Lehrbeauftragter an der Fachhochschule Hildesheim und freiberuflich unter anderem für den Verein „Blickwechsel“ sowie als Dozent für die niedersächsische Landesmedienanstalt tätig. Mit anschaulichen Beispielen tauchte Becker mit den Zuhörern in die mediale Welt von Jugendlichen ein und beleuchtete Risiken und Chancen der sogenannten Neuen Medien. Behilflich waren ihm dabei zwei Puppen namens Max und Lisa und einige Stellwände, auf denen Beispiele vom sozialen Netzwerk „Facebook“ und der Chat-Anwendung „WhatsApp“ dargestellt waren.
Das richtige Benehmen müsste in der Familie und auch in der Schule erlernt werden. „Wenn es zwischen den Jugendlichen kracht, liegt das nicht am Internet oder ‚WhatsApp‘, sondern an der Sozialkompetenz im echten Leben“, zeigte sich der Medien-Experte überzeugt. In der Schule müsse viel Wert darauf gelegt werden, die Klassengemeinschaft zu stärken. „Sie war niemals so wichtig wie heute“, meinte Becker und erläuterte, dass viele Schüler mittlerweile Mitglied in einem Klassen-Chat bei „Whats-App“ seien. Durch die ständige Konversation mit ihren Mitschülern beginne der Schulalltag so bereits morgens nach dem Aufstehen und ende erst abends vor dem Einschlafen. Es kommen laut Becker schon mal 750 Nachrichten zusammen – allein vor dem Frühstück.
Erziehungsberechtigte sollten Motivation und Orientierung bieten, denn das ist es, was Jugendliche brauchen, erklärte Becker. Fänden sie dies nicht zu Hause, suchen sie nach Bestätigung im Internet, laden dort möglicherweise intime Fotos hoch oder beleidigen andere. Becker warnte in diesem Zusammenhang davor, solche Situationen zu verharmlosen, da sie ja nur virtuell seien: „Blamage und Anerkennung im Internet sind real!“
Wann darf ein Jugendlicher also „Facebook“ nutzen, fragte Moritz Becker und lieferte sogleich die Antwort: wenn er weiß, wie er seine Privatsphäre schützen kann. Dazu müsse jedoch zunächst geklärt werden, was Privatsphäre überhaupt ist. „Es ist das Gefühl, jemand kommt mir zu nahe“, erklärte der Sozialpädagoge. Eltern sollten mit ihren Kindern offen über Privatsphäre sprechen und sich wiederum auch gerne von ihren Sprösslingen erklären lassen, was diese im Internet eigentlich so machen.
Als konkrete Hilfestellungen bezüglich „WhatsApp“ riet Moritz Becker durchzusetzen, das Handy beim Essen und nachts wegzulegen. Denn viele Jugendliche sähen sich dazu verpflichtet, auf Nachrichten in einem Chat direkt zu antworten, sobald sie diese lesen. „Die meisten Konflikte im Netz entstehen nachts und basieren auf Missverständnissen“, machte Moritz Becker deutlich. Dass man sich nicht ständig mitzuteilen braucht, könnten junge Mediennutzer beispielsweise in einem Familien-Chat erfahren: „Hier können sie lernen, zu unterscheiden, was relevant und irrelevant ist“, begründete Becker seinen Vorschlag.
Nach einer kurzen Fragerunde beendete der Pädagoge seinen Vortrag und erntete kräftigen Applaus.